Historia Aventurica

Die Geschichte Aventuriens

Da ist es. Das aventurische Geschichtsbuch. Mit stolzen 337 Seiten kommt das hier rezensierte pdf daher, die voll gepackt sind mit allem was das historische Herz benötigt, so zumindest der Eindruck, den das Werk auf den ersten Blick erweckt. Schauen wir also einmal ob der Wälzer dieses Versprechen auch hält.

Das ganze beginnt wie allgemein ja üblich bei Rollenspielen und dem Schwarzen Auge im Besonderen mit einem Vorwort. Dieses Vorwort allerdings erklärt ein bisschen wie man das Buch zu lesen hat, bzw wie die ersten Kapitel denn zustande gekommen sind. Und bereitet den Leser schon einmal darauf vor, dass das was jetzt kommt vielleicht ein bisschen anders ist, als er das bislang kannte. Denn die historischen Texte im Schwarzen Auge waren bis dato immer sehr vom Zwölfgötterglauben geprägt, was nun laut der Historia nicht ganz der Realität entspricht. Deswegen werden also nicht alte Geschichten der Menschen, Elfen oder Zwerge genutzt, sondern eine der Unsterblichen gefragt, die seit Anbeginn auf Dere wandeln. Die Wahl ist auf Chalwen gefallen, die die ersten Zeitalter so beschreibt wie sie wirklich waren [Eine nette Anekdote ist der Hinweis, dass Chalwen leider keine Zeit hatte für die Texte und man daher sie so geschrieben hat, wie Chalwen sie wohl gemacht hätte]. Der gesamte historische Textteil ist übrigens jeweils auf der linken Seite mit einem Zeitstrahl versehen auf dem die wichtigsten Ereignisse niedergeschrieben stehen, damit der Leser die im Text oftmals eher kausal zusammenhängenden Ereignisse in eine zeitliche Abfolge setzen kann.
Nach dieser Einleitung geht es schon los. Das Buch ist aufgeteilt in die elf bisherigen Zeitalter und dann noch mit extra Kapiteln ab Bosparans Fall. Wie geschrieben, die ersten neun Zeitalter sind aus Sicht der Unsterblichen Chalwen geschildert, enthalten aber am Ende auch immer einen Bericht darüber wie die Kirchen dieses Zeitalter sehen und was sie da aus den Geschichten machen – zum Teil auch darüber was andere Völker für Geschichten daraus kennen, wie etwa die Trolle. Die Beschreibung des Zeitalters startet immer direkt mit dem was dort passiert und endet mit dem Karmakorthäon, also der Zeitenwende, und der Angabe welche Götter im nächsten Zeitalter in Alveran sitzen. Ja, ihr habt richtig gelesen: Die gängige Theorie unter der Spielerschaft stimmt, die Götter entscheiden jedes Zeitalter neu, wer denn nun die Macht haben darf und wer nicht. Dies ist eine der neuen Ideen, welche jetzt zum ersten Mal niedergeschrieben wurden. Eine zweite Sache etwa ist, dass es deutlich mehr große Drachen gegeben hat als 12. Aber auch was wirklich mit dem Gott Nandus passierte und wie die beiden Alveraniare des Wissens entstanden sind, wird zu gegebener Zeit geklärt und stellt somit einiges an Aha Effekten für den Leser bereit.
Die ersten Zeitalter sind bis zum zehnten Zeitalter auf weniger als jeweils 10 Seiten beschrieben und nur mit den wichtigsten Änderungen und Neuerscheinungen, wie eben den großen Drachen, den Elementarschlüsseln, neuen Völkern und deren Errungenschaften versehen. Das zehnte Zeitalter hingegen umfasst schon fast 40 Seiten (Kundige wissen, dass ist das Zeitalter in dem die Elfen und Zwerge und Menschen ihre ersten Auftritte im großen Stil haben und das Antlitz Aventuriens zu einem Großteil so gemacht wird, wie man es heute vorfinden kann). Das elfte Zeitalter bis Bosparans Fall hat dann schon fast 80 Seiten, denn dieses ist das erste in dem es auch menschliche Aufzeichnungen in ordentlicher Menge gibt. Auch hier eine nette Anekdote aus dem Text: Die Menschen und besonders die Zwölfgötterkirchen beschreiben dieses Zeitalter gerne als das der Elfen und Zwerge. Das ist aber nun laut Historia völliger Blödsinn, da deren Hochkulturen im zehnten parallel zu denen der Echsen waren. Das elfte Zeitalter ist also das der Menschen gewesen und es stellt sich daher die Frage wer wirklich die vorherrschen Rasse im zwölften, gerade begonnenen, werden wird.
Was im zehnten Zeitalter schon mit Jahreszahlen begonnen wurde, wird hier im elften natürlich zu einem Muss. Alle wichtigen Ereignisse, von der Landung der verschiedenen Völker auf Aventurien, über das Zusammentreffen dieser mit den schon vorhandenen Völkern, den Alhani, der erste Dämonenschlacht und Fall Bosparans ist wirklich alles enthalten was man sich nur wünschen kann [Ja, das Kapitel endet mit der zweiten Dämonenschlacht und deren direkte Folgen obwohl das natürlich nicht das Ende des Zeitalters ist]. Ab und an hätte man zwar gerne auch ein bisschen mehr Information über die Hintergründe, aber dann wäre das Buch wohl drei mal so dick geworden und oftmals steht das was man wissen will auch dabei. Etwa das der Stern von Selem gar nicht der Komet ist, der auf Selem gefallen ist und was eigentlich genau mit Nemekath passierte nachdem er im Horasreich gestorben ist.
Nach diesem halben elften Zeitalter gibt es die Zeit nochmals genauer jetzt schon auf über 100 Seiten bis zur Wiederkehr von Borbarad, was wiederum ein eigenes Kapitel danach ist. Das ist dann allerdings recht kurz und schildert im Grunde die gesamten Ereignisse in Zusammenhang mit der ganzen Borbarad und sieben Gezeichneten Sache (wer das in ausführlich lesen möchte kann sich ja mal unser Tagebuch eines Gezeichneten anschauen). Danach folgt noch ein „Abriss“ um die Entwicklungen nach der dritten Dämonenschlacht und das Jahr des Feuers, sowie des Drachenkriegs im Horasreich (und natürlich zahlreicher anderer Dinge, die in der Zeit passiert sind).
Am Ende des Buches gibt es neben einem recht ausführlichen Index noch eine Liste der Herrscher für bestimmte.. ähm.. Dinge. Also Königreiche, Länder, Inseln… halt alles wo es mal Herrscher gegeben hat. Da scheinen allerdings nur die aufgeführt, die dann auch schon bekannt sind aus dem Text.

Das Buch bietet also einen kompletten Überblick über die Entwicklung Deres (wenn auch aventurienbezogen) und in den Texten der ersten Zeitalter gibt es tatsächlich jede menge Neuerungen und Ideen, die schon beim Lesen Spaß darauf machen, dass einmal in ein Abenteuer oder auch als Spieler einzubauen (auch wenn der Text sagt, dass Spieler das Buch eigentlich besser nicht lesen – weil sie dann auf dumme Ideen kommen mit ihren Helden). So etwa das die dreiäugigen Magier aus Myranor auf dem Teil Deres entstanden sind, der mal Aventurien werden wird und deswegen so magisch toll sind, weil sie direkt daneben standen als Mada ihren Frevel begangen hat.
Leider haben sich aber auch zahlreiche Fehler in das Dokument geschlichen, vor allem natürlich in den späteren Teil zu dem es ja schon in diversen Publikationen Daten und Fakten gegeben hat. Ein Beispiel ist etwa, dass die Sonnenlegion wohl zweimal gegründet wurde, einmal um 200 v.BF, einmal 2 BF. Andere schon von Lesern gefundene Unstimmigkeiten können auf der Errataseite zu diesem Büchlein auf der wiki Aventurica nachgeschaut werden. Den hier genannten Fehler, so wie einige der aufgelisteten hätte man mit einem (weiteren?) Korrekturleser sehr leicht vermeiden können. Schade eigentlich.
Einige andere schon in diversen Foren genannte Kritikpunkte betreffen wohl eher den Geschmack der Spielerschaft, welche gerade in diesem Zusammenhang ein wenig den Eindruck erweckt Neues grundsätzlich erst einmal schlecht zu finden. Dabei besticht dieses Buch gerade in der Beschreibung der ersten zehn Zeitalter durch interessante Ideen und Anregungen, die dem Ganzen eine neue Ordnung geben, die eben durch zahlreiche Publikationen nicht nur verstreut, sondern auch sehr viel mehr widersprüchlich war.
Ein bisschen enttäuschend ist dann die „neuere“ Geschichte, da es bloß eine Aneinanderreihung von inhaltlichen und halbwegs zeitlichen Ereignissen ist, ohne wohl gemerkt bei vielem den Sinn dahinter zu beschreiben (also was sich der Autor des Ereignisses dabei gedacht hat), wie es in vorherigen Kapiteln passiert. Da auch jegliche Einteilung in irgendwelche Kategorien (sieht man mal von den Hauptkapiteln ab) fehlt, ist ein gezieltes Suchen nach bestimmten Begebenheiten praktisch unmöglich, wenn man nicht genau weiß was man finden möchte und den Index benutzen kann. Und auch die schicke Zeitleiste an der Seite ist da nur wenig Hilfe, wenn man nicht weiß wann etwas gewesen ist. Hier wäre es mit Sicherheit besser gewesen nach Jahren und später Monaten zu gehen oder wie in den vorherigen Kapiteln eben thematische Texte zusammen zu fassen, auch wenn sie größere Zeitabschnitte umfassen. Man möchte einfach nicht mitten im Text über Weiden nach der dritten Dämonenschlacht irgendwelche damit überhaupt nicht zusammenhängende Thorwalerüberfälle haben (außer eben oben drüber steht Tsa 1023 BF). Es wirkt so, wie auch in einigen Forenbeiträgen kritisiert, als hätte man lediglich die Regionalspielhilfen zeitlich auseinander gezogen und alles was dann im selben Monat war in einen Text gepackt.
So richtig schade ist allerdings das das ganze 1030 BF endet. Ja, ihr habt richtig gehört. Es endet mit der ganzen Sache im Horasreich, die in Königsmacher nach gespielt werden kann. Alles was seitdem passiert ist ist nicht drin. Da hilft auch kein Werbungshinweis auf die aventurischen Jahrbücher. Denn davon gibt es nunmal erst zwei, nämlich 1035 BF und 1036 BF. Da fehlen ganze fünf Jahre. Und wichtige fünf Jahre. Böse Zungen könnten wohl behaupten, dass hängt damit zusammen, dass die Regionalspielhilfen nun mal etwas älteren Datums sind und keine so neuen Texte enthalten. Vielleicht möchte Ulisses aber auch einfach ein Addon veröffentlichen das die Jahre 1030 BF bis 1035 BF umfasst und den Spieler wirklich up-to-date bringt. Das wird wohl nur die Zukunft zeigen.

Fazit
Trotz einiger Fehler ist dieses Buch eines, welches jeder Fan in seinem Regal stehen haben sollte. Auch weil hier mal alles zusammen geschrieben wurde was so auf Dere (mit Bezugspunkt Aventurien) passierte, vor allem aber wegen den Ideen, die man aus Zeitalter 1 – 10 für seine eigenen Abenteuer ziehen kann und natürlich wegen zahlreicher Details über die man dann mit anderen Fans diskutieren kann.

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.

8 Kommentare zu Historia Aventurica

  1. Mal ne ketzerische Frage: Werden hier eigentlich ALLE DSA Produkte pauschal mit „empfehlenswert“ gewertet?

  2. Erstmal, danke für die Rezension.

    (fast) alles an einem Ort gebündelt zu haben ist eine nette Sache.

    Da es hier onehin von Spoilern wimmelt, kommt hier noch etwas zur G7:

    Wie verhält sich das denn jetzt mit den neuen Satzungen? Also… Neue Erfindungen sind schön und gut… Aber kann Borbarad denn jetzt noch problemlos Sohn des Nandus sein? Funktioniert noch die Mehrdeutigkeit der Prophezeiungen (zB die Bezeichnung „Sohn der Schlange“?)
    Wie ist das mit dem Weltzeitende innerhalb der G7? Hat sich der Vogel verzählt, als er das 12. Zeitalter verkündete und geirrt, als er die Menschen als ihre Herrscher auswählte mit dem Auftrag die Elementarschüssel zu sammeln? Oder war alles ein Trick Praios – immerhin heißt er ja „lichtvogel“ – um sich die Menschen treu und gefügig zu machen? Eine Lüge eines Gottes, der dir Karmalkräfte verwehrt, wenn du lügst.

    Ich finde das momentan alles etwas verwirrend und ich befürchte, dass ich die Abenteuer, die mir am meisten Spaß gemacht haben, weil sie die Welt Erklären, ab jetzt schlichtweg falsch sind…

    • Also Nandus hat sich nach der neuen Satzung (ich mag das Wort – das ist cool!) in zwei Wesenheiten aufgeteilt (eben Hesinde und Amaz.). Und zeitgleich hat sich Nandus‘ Alveraniar ebenfalls in zwei Wesenheiten aufgeteilt (nämlich Rohal und eben Borbarad). Von daher kommt Nandus Sohn schon irgendwo hin im weiteren Sinne. Nur das der Gott nicht mehr existiert. Damit ist natürlich auch Sohn der Schlange nicht ganz fehl am Platz.
      Also in der HA steht zur Zeitenwende: „Das Ritual der Erneuerung wird vollendet, der Lichtvogel verkündet das Ende des Elften und den bevorstehenden Beginn des Zwölften Weltzeitalters.“ 12 ist also schon die richtige Zahl, und auch das die Menschen vorherrschen ist nicht geklärt. Könnte also sein – von daher ist die Aussage in Ordnung.

  3. zwischennetz // März 19, 2015 um 12:28 // Antworten

    „… ist dieses Buch eines, welches jeder Fan in seinem Regal stehen haben sollte …“
    Offensichtlich ist das Buch so gut, dass Ulisses jetzt den Verkauf einstellt. Was sagt uns das über die Qualität dieser Rezension? Hat die Autorin das Buch vorher überhaupt vollständig gelesen? Oder gibt es keine Freiexemplare mehr, wenn sie zu viel negatives schreibt?

  4. So.. die überarbeitete Fassung ist seit Freitag abend raus (wohl schnell noch vor der RPC abgeschickt^^). Ich habe bislang nur drüber geblättert, bin aber angetan davon – was vermutlich im Umkehrschluss heißt, dass es nicht unbedingt andere Fans sind. Denn der Inhalt ist offensichtlich zu vielen Teilen gleich geblieben. Es ist nur deutlich klar gestellt worden, dass eben die derzeitigen Bewohner der Welt die Dinge anders sehen als sie im Band dargestellt werden. Nach wie vor also sind Hesinde und Iribaar die „Kinder“ Nandus, etc.
    Hinzugefügt wurden auch die Jahre nach 1030BF. Damit ist zumindest mein größter Kritikpunkt behoben! Daumen hoch!

2 Trackbacks & Pingbacks

  1. G steht für Glaube | Neue Abenteuer
  2. S steht für Selbstbewußtsein – bei Verlagen | Neue Abenteuer

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen