Battletech: Alpha Strike
Eine Tabletop-Rezension von Infernal Teddy
Eines meiner ersten beiden Tabletops war ein Spiel, in dem sich riesige Kampfroboter auf unwegsamen Planeten Duelle lieferten, bei denen sie sich mit Projektilen, Energiestrahlen und ihren Fäusten zu zerstören versuchten, ohne dabei selbst einen explosiven Hitzetod zu sterben. Kenner ahnen es bereits schon, die Rede ist natürlich von Battletech, ursprünglich von FASA und auf Deutsch von FanPro, heute von Catalyst bzw. Ulisses. Wir haben ein Paar Battletech–Produkte an dieser Stelle schon mal besprochen. Eigentlich hatte Battletech alles, was ein gutes Spiel braucht: Einen der detailreichsten Hintergründe eines SF-Universums überhaupt, eine leidenschaftliche Fanbase, eine sehr erfolgreiche Romanreihe, international gefeierte Computerspiele – was ging also schief? Nun, neben der FASA-Pleite waren es vor allem zwei Dinge, die Battletech seinerzeit das Genick brachen. Zum einen die sich immer weiter zersplitternde Fanbase – Battletech unterstützte mehrere Zeitepochen, deren Fans einander vorwarfen das Spiel kaputt zu machen. Zum anderen… nun, das Spiel funktionierte sehr gut, so lange man nicht mehr als vier Einheiten pro Seite auf dem Spielfeld hatte. Wollte man versuchen die Schlachten nach zu spielen, welche die Romanreihe dominierten, so war man unter Umständen – dank der vielen Werte und dem bisweilen umständlichen System – mehrere Tage zugange. Doch genau da verspricht Catalyst, beziehungsweise auf Deutsch jetzt Ulisses mit dem neuen Regelband Alpha Strike Abhilfe – ein schnelles, schlankes Regelsystem, gepaart mit (Zumindest in diesem Buch) eine einzelne, ikonische Epoche sollen dem geneigten Spieler zu einem schnellerem, direktem Einstieg verhelfen und große Gefechte ermöglichen. Ob das gelingt? Finden wir es doch zusammen heraus.
Alpha Strike liegt uns hier als PDF vor, vom Ulisses Spieleverlag zur Verfügung gestellt. Das PDF ist 33,9 MB groß, und komplett in Farbe gehalten. Das Layout ist sehr benutzerfreundlich gehalten, ohne zu viel Raum zu verschwenden, und es sind sehr viele Fotos und hilfreiche Diagramme enthalten um entweder bestimmte Sachverhalte klar zu stellen oder um den Text aufzulockern. Auch die (vielen, wir reden ja von Battletech) Tabellen sind angenehm zu lesen und heben sich angenehm vom restlichen Text ab. Die Printfassung ist vermutlich ein stabiler Hardcover, aber das werde ich erst am Wochenende auf der RPC 2014 nachprüfen können.
Aufgeteilt ist Alpha Strike in sieben Kapitel, neben der Einleitung. Die Einleitung selbst stellt das Alpha Strike vor, und weist direkt auf die Unterscheide zum “großen Bruder”, dem Total War-Regelwerk. Die wichtigsten Änderungen sind die starke Abstraktion im Vergleich zu Total War (Während bei Total War pro Battlemech eine ganze Seite A4 mit den Werten, Systemen und Panzerungsdiagrammen hinhalten muss bekommt man bei Alpha Strike auf eben einer solchen Seite acht Mechs unter. Der zweite große Unterschied ist, das Alpha Strike ganz ohne die bekannten Hexfeldkarten auskommt die für klassisches Battletech nach Total Warfare notwendig sind. Statt dessen sieht sich Alpha Strike als “richtiges” Miniaturenspiel, für welches dreidimensionales Gelände und auch ein Maßband notwendig sind. Nach einer Liste der wichtigsten Begriff des Spiels kommen dann die Einführungsregeln, mit denen wir an das Spiel herangeführt werden sollen. Ähnlich wie bei der Battletech Einsteigerbox kennen die Einführungsregeln nur Battlemechs. Infantrie, Fahrzeuge und andere Einheiten sind den vollständigen Regeln vorbehalten. Im Großen und Ganzen entsprechen die Regeln mehr oder weniger denen des “normalen” Battletechs. Es gibt eine Initiative, Bewegungsphase, eine Kampfphase, und eine Endphase. Nachdem die Initiative bestimmt worden ist geht es an die Bewegung, und Mechs können sich immer mindestens 2 Zoll bewegen, egal wie teuer die Bewegung normalerweise wäre. Die Bewegungsregeln sind eine gelungene Mischung aus den Standardregeln aus TW und den üblichen Regeln eines normalen Tabletops. Die Kampfphase ersetzt die Fern- und Nahkampfphasen, hier werden alle Angriffe in einer Phase abgehandelt. Während in der Bewegungsphase beide Spieler abwechselnd handeln finden hier alle Kämpfe gleichzeitig statt. Angriffe sind im Vergleich zu TW vereinfacht, aber Spieler müssen immer noch verschiedene Modifikatoren bestimmen, auf den Fertigkeitswert addieren, und dann 2w6 würfeln und über dem Ergebnis bleiben. Eine Stelle an der die Vereinfachung wieder zuschlägt ist Schaden: jeder Mech hat auf seiner Karte einen Schadenswert, und jeder erfolgreiche Angriff macht diesen Schaden gegen die – ebenfalls reduzierte Panzerung des Gegners. Kritische Treffer, der Feind eines jeden Battletechspielers, gibt es jetzt wirklich nur, wenn interne Struktur beschädigt wird. Kritische Treffer werden abgehandelt indem man auf einer Tabelle würfelt und das Ergebnis vergleicht. Da es keine internen Systeme als solches gibt wirken sich solche Treffer jetzt einfach als Modifikatoren aus. Als letztes haben wir noch die Endphase, in der die Hitze ermittelt wird. Die meisten Mechs haben einen Überhitzungswert den ein Spieler ausnutzen kann um mehr Schaden zu machen. Wird diese Option genutzt werden Wärmepunkte erzeugt, und wenn vier Punkte Hitze erzeugt worden sind wird die Maschine stillgelegt. Letzter Teil der Einführungsregeln sind sechs Sonderfertigkeiten, welche hier zum Tragen kommen – welche alte Mechbunnies als Ausrüstung kennen dürften, wie das CASE.
Nach den Einführungsregeln folgen die Standardregeln, welche auf die vorherigen Regeln aufbauen. In den Standardregeln können nun auch alle möglichen Einheiten, nicht nur Battlemechs aufgestellt werden. Auch in anderen Punkten handelt es sich eher um eine Vertiefung und eine Detaillierung der bereits vorgestellten Regeln. Auch die Liste der Sonderfertigkeiten wird hier deutlich ausgebaut. Das Ergebnis ist ein Spiel welches komplexer sein dürfte als die Einführungsregeln aus der Einführungsbox, aber dennoch auch mit größeren Mengen an Figuren auf dem Feld schneller sein dürfte. Gefolgt werden die Standardregeln vom “Abstrakten Luft-/Raumkampfsystem”, welches den Einsatz von Jägern in Alpha Strike-Gefechten einbindet. Hier greift eine ähnliche Vereinfachung wie auch sonst im System. Wem im Standardsystem allerdings zu wenige Optionen enthalten sind findet im Kapitel “Erweiterte Optionen” eine Fülle von Möglichkeiten mit denen man dem Spiel eine Twist geben kann, wie die verschiedenen Munitionssorten, Regeln für besonderen Witterungsverhältnisse, verstecke Einheiten, dem Einsatz von Alpha Strike mit Hexfeldern und vielem mehr. Das letzte Regelkapitel widmet sich dem Kampagnenspiel. Hier werden verschiedene Kampagnenarten vorgestellt, welche bisher in Battletech zum Einsatz gekommen sind, auch alle wieder an den Detailgrad von Alpha Strike angepasst.
Die letzten beiden Kapitel widmen sich dann dem umfangreichen Hintergrund der sich um Battletech aufgebaut hat. Das erste Kapitel stellt die für Alpha Strike gewählte Epoche da, die Claninvasion und deren Nachwehen. Dich wichtigsten Gefechte und Feldzüge dieser Epoche werden ebenso vorgestellt wie ein allgemeiner historischer Überblick, eine Beschreibung der Art und weise der Kriegsführung der Clans und sieben Beispiel Kompanien mit Werten für den Einsatz in Alpha Strike. Das letzte Kapitel bietet eine Zusammenfassung des Battletech-Universums, eine grobe Einführung für diejenigen die in dieser Ecke des Multiversums neu sind. Abgerundet wird das Buch durch eine Übersicht über alle erhältlichen Battletech-Produkte, Einheitenbögen, Schablonen zum Ausschneiden, und einer Zusammenfassung der wichtigsten Tabellen des Buchs. Ein Index fehlt leider.
Fazit:
Puh. Alpha Strike ist ohne Zweifel eine erhebliche Vereinfachung des mittlerweile 30 Jahre alten Battletechsystems. Eine mittlerweile notwendige Vereinfachung, und das sage ich als jemand der früher leidenschaftlich gerne Battletech gespielt hat. Allerdings – auch nach dieser Vereinfachung und Entschlackung haben wir es immer noch mit einem System zu tun das auf knapp 180 Seiten daher kommt. Allerdings gehen diese 180 Seiten über bloße Grundregeln hinaus und bieten eine unglaubliche Vielfalt von Optionen an. Was ist also mein Fazit aus dem ganzen? Fans von Battletech – oder auch ehemalige Fans – sollten sich auf jeden Fall Alpha Strike zumindest anschauen. Es geht durch die Vereinfachung vieles von dem Verloren das zum besonderen Geschmack von Battletech gehört, auf der anderen Seite ist das Spiel immer noch Battletech – und es werden endlich die großen Schlachten möglich, die man uns in den Romanen vorgesetzt haben. Was nun diejenigen angeht die Battletech noch nicht kennen… ich würde immer noch vorschlagen mit der Einsteigerbox los zulegen, aber wenn die geneigte Spieler festgestellt hat das ihm Battletech liegt würde ich heute vorschlagen, zunächst Alpha Strike auszuprobieren bevor er zu Total Warfare greift. Alpha Strike ist noch nicht meine Lieblingsversion von Battletech, aber es könnte sie werden.
Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.
Kommentar hinterlassen