Battletech: Tactical Operations
Eine Tabletop-Rezension von Infernal Teddy
Battletech ist noch nie ein einfaches Spiel gewesen. Oh, die Grundregeln an sich sind einfach, keine Frage, aber das ist ein wenig wie mit DSA – packt man statt den Grundregeln das richtige Regelwerk aus, dann ist Battletech ein hochkompliziertes Spiel. Um Battletech mit den Standardregeln zu spielen benötigt man zwei dicke Hardcover, mit insgesamt über 600 Seiten. Ich erzähle euch das, damit ihr versteht was es bedeutet wenn ich euch erzähle dass das vorliegende Buch, welches uns freundlicherweise von Ulisses als PDF zur Verfügung gestellt wurde, über 400 Seiten mit zusätzlichen und optionalen Regeln füllt. Zusätzliche Regeln, die das Spiel um Möglichkeiten und Varianten bereichern, die bisher in älteren Veröffentlichungen verteilt waren. Die Frage ist also, bereichert das Buch wirklich das Spiel, oder haben wir es hier mit unnötigen Zusatzsystemen zu tun, die keiner braucht?
Wenn es um die Aufmachung geht kann man zumindest bei den Regelbüchern bei Battletech nicht meckern. Tactical Operations kommt mit 426 Seiten in Vollfarbe daher, mit einem sehr ansprechenden, aufgeräumten und vor allem praktischen Layout, welches aber trotzdem das Auge anspricht. Als PDF hat das Buch einen Umfang von 19,4 MB, die Printfassung ist ein schicker Hardcoverband. Einziger Wermutstropfen ist die vergleichsweise geringe Anzahl an Bilder – so verkommt das Buch zu einer Textwüste, und die Bilder die es gibt sind Fotos von Miniaturen im Gefecht. Der Inhalt verteilt sich auf acht Kapitel inklusive Einleitung, und wird ergänzt durch einen umfangreichen Index sowie durch eine Sammlung von erweiterter und neuer Datenbögen sowie einem Tabellenteil. Das PDF ist mit Lesezeichen versehen und ist durchsuchbar, was die Arbeit mit dem Buch erleichtert.
Bereits die Einleitung von Tactical Operations unterstreicht auf ihre Weise den Baukastencharakter des Buches. Zunächst stellt es die drei “Erweiterten Regelbücher” vor, welche auf Total Warfare und dem Tech Manual aufbauen, und von denen jedes einen anderen Schwerpunkt einnimmt. Diese sind neben dem vorliegenden Band noch Strategic Operations und Interstellar Operations. Als nächster Punkt auf der Tagesordnung empfehlen die Autoren, man solle als Gruppe entscheiden, welche der Zusatzregeln aus diesem Band zum Einsatz kommen sollen, und weist darauf hin das die Fiktion des Battletech-Universums sich zum Teil deutlich vom tatsächlichen Spiel unterscheiden kann. Anschließend werden verschiedene Einheitentypen kurz angerissen, welche bisher erwähnt worden sind, aber noch nicht im Regelwerk abgebildet wurden, und die neuen, erweiterten Datenbögen werden beschrieben. Abgeschlossen wird die Einleitung durch den eigentlich bereits sattsam bekannten Überblick über die Innere Sphäre, wofür vier Seiten draufgehen. Das erste “richtige” Kapitel widmet sich der erweiterten Bodenbewegung. Das mag zunächst als merkwürdiges Thema erscheinen, aber wer Battletech schon etwas kennt wird ahnen das es sich hier um ein durchaus sehr ernst zu nehmendes Thema handelt. Als erstes werden neue Bewegungsmodi vorgestellt, Optionen für die Bewegungsphase, zu denen Möglichkeiten gehören wie das Sprinten (Ein schnelleres, wenn auch gefährlicheres, Rennen bei dem der Mech sonst keine Aktionen ausführen darf) oder das Abschirmen (Man bewegt sich zusammen mit einer anderen Einheit, um diese von feindlichen Angriffen abzusichern). Diese Modi bieten tatsächlich erweiterte taktische Optionen welche das Spiel erweitern. Danach werden die Rutschregeln modifiziert, um ein realistischeres – aber auch komplizierteres – Rutschen darzustellen, und ein paar neue Situationen vorgestellt in denen es zu Pilotenwürfe kommen kann. Fahrzeuge und Infanterie bekommen jeweils neue, zusätzliche Bewegungsregeln, und es wird das Konzept der Bewegungswürfel vorgestellt (Also im Prinzip das darzustellen von Würfeln um anzuzeigen wie weit die Einheit sich in der Runde bewegt hat, bzw. um bei Mechs außerdem die Torsodrehung darzustellen. Eigentlich etwas, das viele Gruppen schon seid Jahren praktizieren). Letzter und umfangreichster Teil dieses Kapitels sind die Regeln für planetarische Bedingungen, sprich: wie ist die Welt beschaffen, und welche Auswirkungen hat das auf die Einheiten bzw. das Spiel. Diese sind umfangreich, und für den Durchschnittsspieler wahrscheinlich zu aufwendig, auf der anderen Seite kenne ich genug Spieler die genau so etwas seid Jahren suchen. Die einzige Frage die sich mir stellt ist, warum das nicht auch ein eigenes Kapitel hätte sein können.
Nach einer Kurzgeschichte, welche ich einfach mal übersprungen habe, geht es dann weiter mit den erweiterten Kampfregeln. Ähnlich wie schon die erweiterten Bodenbewegungen handelt es sich auch hier um eine Vielzahl an Optionen, welche die Grundregeln erweitern und nur an wenigen Stellen auch Regeln vollständig ersetzen können. Erster Themenkomplex sind die erweiterten Regeln für kritische Treffer und deren Schaden, samt der dazugehörigen Tabellen. Ziel der Regeln ist es, mehr Varianz ins Spiel zu bringen, und zwar dadurch das Bauteile nicht mehr direkt unbrauchbar gemacht werden durch einen kritischen Treffer, sondern erst mal nur beschädigt, wodurch eine Reihe von Effekten auftreten können. Danach folgen eine Vielzahl an Optionen für den Fernkampf, wie tote Winkel durch Höhenunterschiede, Streifschüsse, verknüpfte Waffensysteme oder Schadensreduzierung durch Deckung. Auch für den Nahkampf gibt es eine Reihe von Optionen in diesem Buch, wie eine Modifikation des Angriffs durch Unterschiede in der Gewichtsklasse, oder dem Einsatz von Sprungdüsen als Nahkampfwaffen. Dem Aufheben, Tragen und Werfen von Gegenständen wird sich hier ebenfalls gewidmet. Nachdem man sich da dann durchgearbeitet hat sind erweiterte Regeln für bestimmte Ausrüstungselemente wie ECM dran, und wie man deren Einsatz im Gefecht besser simulieren kann. Auch für den größten Feind des Battletech-Spielers, der Wärme, gibt es hier Optionalregeln, mit der Möglichkeit die Kühlung so umzulenken das bestimmte Ausrüstungskomponenten bevorzugt werden (Das wird alle Liebhaber der PPK freuen, denke ich). Fahrzeuge und Infanterie erhalten noch jeweils ein oder zwei Optionen (Vor allem bei den Fahrzeugen die Schussfelddiagramme), es folgen ein paar Tipps wie man mit Würfel – ähnlich wie bei der Bewegung – die bereits abgefeuerten Waffen verwalten kann, eine weitere Kurzgeschichte, und schon sind wir beim nächsten Kapitel.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den erweiterten Gebäuderegeln. Auch hier hat sich einiges getan, so gibt es jetzt neue Gebäudeklassen, und Erweiterungen für die Standardgebäuderegeln. So ist es mit den hier vorgestellten Regeln auch für Mechs möglich an Gebäuden hochzuklettern. Kern dieses Kapitels sind aber die Regeln zur Gebäudekonstruktion und die erweiterten Gebäueausrüstung. Statt also um die üblichen generischen Gebäude zu kämpfen wie es sonst bei Battletech der Fall ist kann man mit diesen Regeln ganz spezifische Gebäude oder Anlagen entwerfen, womit wir beim nächsten Thema wären, Briankastell-Komplexe, riesige Festungsanlagen aus der Zeit des Sternenbundes welche nur zum Teil oberirdisch angelegt wurden. Solche Monster sollten in der Regel eher selten in einem Spiel vorkommen, aber für jene Spieler die schon immer eine solche Festung erobern wollten – nur zu. Eine übersprungene Kurzgeschichte später sind wir auch schon bei den erweiterten Regeln für Hilfsfahrzeuge. Hierzu werden neue Fahrzeugtypen vorgestellt: Satelliten, Schienenfahrzeuge, Luftschiffe, und sogar mobile Gebäude, alle mit ihren eigenen Sonderregeln. Für Hilfsfahrzeuge gibt es zudem noch erweiterte Konstruktionsregeln, welche nach dem folgenden Kapitel folgen und sich hauptsächlich um die Sorte von Einheiten kümmern, welche hier beschrieben werden.
Zwischen diesen beiden Kapiteln liegen noch die allgemeinen Regelergänzungen und -Erweiterungen. Hier finden sich eine Vielzahl von Optionen für alle möglichen und unmöglichen Situationen: Ein Gefecht im Inneren eines Landungsschiffes? Kein Thema. Regeln für taktische Kommunikation im Spiel? Auch kein Problem. Regeln für Doppelblind-Gefechte bei denen die Spieler die gegnerischen Einheiten erst sehen wenn sie in Sensorreichweite kommen? Ein leichtes. Gerade in diesem Kapitel müssen sich die Spieler im Vorfeld einig sein was sie nutzen wollen, denn der gleichzeitige Einsatz aller hier enthaltenen Regeln würde das eh schon langsame Spiel auf ein Schneckentempo reduzieren. Statt einer Kurzgeschichte endet dieses Kapitel mit einer spielweltinternen Übersicht über die eher ungewöhnlichen Fahrzeugtypen des Battletech-Universums. Nach den erweiterten Konstruktionsregeln für Hilfsfahrzeuge kommen wir dann zur erweiterten Ausrüstung und Waffen. Hier finden sich jede Menge neuer Ausrüstungssystem, welche sowohl in Mechs als auch in anderen Fahrzeugtypen zum Einsatz kommen, zusammen mit Beschreibungen und Regeltexten. Viel kann man jetzt nicht dazu schreiben, im Prinzip ist es halt ein Ausrüstungskatalog mit exotischen Spielsachen. Abgerundet wird der Band durch einen sehr umfangreichen Index, einer Zusammenstellung aller relevanten Datenbögen, und alle wichtigen Tabellen des Buches nochmal an einer Stelle gebündelt.
Fazit:
Wie gesagt, Battletech war noch nie ein einfaches oder schnelles Spiel. Tactical Operations unterstreicht das deutlich – wer mit allen Optionen spielen möchte kann wahrscheinlich für eine Partie schon mal ein Wochenende einplanen. Dennoch sind die vielfältigen Optionen die hier vorgestellt werden keineswegs unnötig oder unsinnig, sondern eher eine Bereicherung – zumindest so lange man daran denkt sich auch nur auf die Optionen zu beschränken, die man für seine Partie auch wirklich braucht. Mir wäre dieses Buch zu viel an Regeln, aber ich vermisse ja auch die Zeit als es noch ausreichte, sich die Starterbox und Citytech zuzulegen um losspielen zu können. Wem das nicht so geht, dem kann ich Tactical Operations nur wärmstens empfohlen.
Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.
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