Die gejagten Jäger II

Ein Quellenbuch für Vampire:V20

Wie auch schon gaaaaaanz früher, als die Welt der Dunkelheit noch neu war, gibt es hier als eines der ersten Quellenbände einen Band in dem die sterbliche Seite beschrieben wird. Aber nicht etwa diejenigen, die naive und blind durch die Welt stapfen (die sind ja auch irgendwo langweilig), sondern die, welche die Vampire bemerkt haben. Die aufgestanden sind. Die hingehen und die Kreaturen der Finsternis zerstören wollen. Damit ist dieser Band sowohl für eine rein menschliche Spielgruppe von Jägern geeignet, als auch für Spielleiter, die so jemanden als Antagonisten für ihre Chronik verwenden wollen.

Wie bei White Wolf (und damit nun auch CCP und Ulisses Spiele) üblich beginnt der Band mit einer kleinen Geschichte. Genauer gesagt von einem Abschiedsbrief eines Jägers, welcher herausgefunden hat das Vampire existieren und sich dann aufgemacht hat um einen von ihnen auszuschalten. Somit wird dem Leser das Thema des Bandes direkt verdeutlicht, allerdings wirkt die Geschichte oder Übersetzung an einigen Stellen etwas holprig und nicht so natürlich wie sich das eigentlich lesen sollte. Davon ist aber bei den Regeltexten dann nichts mehr zu spüren.

Allein in der Nacht
Ähnlich wie schon die Eingangsgeschichte wird hier dem Leser von einem Jäger erzählt was Sache ist. Das heißt der ganze Text dieses Kapitels ist im Grunde Flavourtext, enthält aber natürlich durchaus Hinweise wie man das Spiel als Jäger spielt, nur eben verpackt in eine Erzählung. Dabei wird nicht nur darauf eingegangen warum jemand beginnt zu jagen (und das sehr ausführlich), sondern auch wer das in der Regel macht (technisch jeder, aber alle werden durch etwas bestimmtes motiviert), und ob man das alleine oder in einer Gruppe tut. Es werden aber auch Hinweise gegeben wie man die Sache mit der Polizei regelt (die das meistens weniger lustig findet, wenn man mit Schusswaffen durch die Gegend rennt – selbst in den USA) und wie genau man etwa eine solche Gruppe aufbaut, also zum Beispiel, dass man auf bestimmte Gemeinsamkeiten achten sollte und sich nicht wegen Paranoia gegenseitig tötet. Zum Abschluss wird kurz gesagt, was so die Jäger im allgemeinen über Vampire wissen (fast nichts) und wie sie damit umgehen und welche größeren Organisationen es noch gibt (auf die aber in einem späteren Kapitel nochmal eingegangen wird).
Letztlich dient dieses Kapitel mehr dem Ideen finden und einem kurzen Überblick über das Thema, denn wirklichen Regelhinweisen – die hier ja auch schlicht nicht drinnen stehen. Somit ist das Kapitel für die Spieler, die schon wissen was sie wollen, relativ nutzlos, da die wichtigen Themen aus diesem Kapitel (etwa die Tipps für Gruppenspiel, oder die Organisationen und Fähigkeiten) sowieso nochmal später genauer beschrieben sind. Man fragt sich also warum das da ist. Antwort: Als Einleitung nach der Einleitung. Und für “ich weiß noch nicht ob ich den Rest des Buches lesen will um zu wissen ob ich das mag”-Menschen.

Charaktererschaffung und Eigenschaften
Bevor es tatsächlich an die Charaktererschaffung geht, wird erst einmal genannt, was es denn für verschiedene Themen in so einer Jägerchronik geben kann, wobei diese nur Beispiele sind, und nicht als vollständige Aufzählung verstanden werden wollen. Ebenso werden die Konzepte für eine Charaktererschaffung nochmal wiederholt, da es gaaaanz kleine Abweichungen von jenen gibt, die im Grundregelwerk beschrieben sind.
Die Erschaffung an sich ist aber natürlich vergleichbar mit jener aus dem Grundregelwerk, nur dass hier natürlich keine Vampire erschaffen werden (wohl aber Ghoule, wenn man möchte). Zuerst wird also ein Konzept ausgewählt, die Motivation und das daraus resultierende Wesen und Verhalten. Dann geht es an die Attribute, wobei hier 6/4/3 normal sind, aber durchaus auch 7/5/3 genommen werden können. Wie Vampircharaktere auch besitzen Jäger 13/9/5 Fertigkeitspunkte und haben dann 5 Hintergrundpunkte und 7 Tugendpunkte. An Hintergründen können natürlich nicht alle aus dem Grundregelwerk gewählt werden, aber es gibt in diesem Band neue Hintergründe für Jäger (etwa Operationsbasis oder Waffenkammer). An zusätzlichen freien Punkten stehen 21 zur Verfügung, die auch auf Menschlichkeit und Willenskraft ausgegeben werden können (sollten). Denn auch menschliche Jäger haben Menschlichkeit, wenngleich sich diese auch etwas anders darstellt als bei Vampire, die mit ihrem Tier ringen.
Neue Vorzüge und Schwächen haben Jäger natürlich auch, wenn auch nur recht wenige. Etwa “Schwarz und Weiß”, eine Schwäche bei der man Dinge nur in Gut oder Böse einteilt oder “Psi-Fokus”, der speziell auf die potentiellen Fähigkeiten der Jäger eingeht: Numina, auf die im vierten Kapitel eingegangen wird. Obwohl hier schon eine Menge drin steht ist das Kapitel nicht vollständig, was irgendwo blöde ist (die Organisationen haben nochmals eigene Hintergründe und Vorzüge und Schwächen in ihrem Kapitel). Denn so müssen Spieler immer im Buch umher blättern um wirklich alle Möglichkeiten zu sehen. Das hätte man wesentlich geschickter anstellen können.

Werkzeuge und Taktiken
So als Jäger ist man erst einmal ziemlich alleine und weiß nicht ganz wie man die Sache richtig machen soll. Was einem dann nach und nach zur Verfügung steht, steht hier in diesem Kapitel. Dabei geht es nicht nur um die Nachforschungen, die man so anstellen kann, sondern auch konkret um das Pläne schmieden und ausführen. Und es wird mehrfach erwähnt, dass zwar die Spieler wissen mögen, was Vampire so können, die Charaktere aber natürlich nicht. Und das man daher auch aufpassen muss als Charakter nicht von einem Vampir auf alle zu schließen – aber Popkultur durchaus als Wissenselement nutzen kann. Dieser Punkt wird auch nochmal im Spielleiterkapitel aufgegriffen.
Wer schon mal als Gruppe ein bestimmtes taktisches Ziel erreichen wollte (etwa Eindringen in ein Gebäude, Sachen stehlen, etc), der weiß wie wichtig gute Planung ist und was man da alles (falsch) machen kann. Da Überfalle auf Vampire auch zu etwas gehören, dass man besser mit einem ordentlichen Plan, also effizient und effektiv, angeht, ist das ein wichtiges Thema. Aber tatsächlich können gerade von dieser ausführlichen Erklärung nicht nur Vampire bzw Jägerspieler profitieren, sondern auch alle, deren Abenteuer aus solchen Situationen besteht. Spieler von Shadowrun etwa. Oder bestimmten Situationen in Cthulhu. Ja sogar Fantasyabenteuer können so etwas enthalten und da es doch vom Text her stellenweise sehr allgemein beschrieben ist, ist dieses Kapitel eine definitive Empfehlung.
Der zweite Teil des Kapitels handelt von Werkzeugen, also Waffen, Fallen, Feuer, aber auch Kameras und anderer High Tech Schnickschnack, die es dem Jäger leichter machen an seine Beute zu kommen. Hier sind allerdings keine konkreten Werte oder so aufgeführt, sondern mehr Ideen, wie eine Kategorie von Gegenständen verwendet werden kann.

Numina
Numina ist der Sammelbegriff für übernatürliche Fähigkeiten, die Menschen ausbilden können, aber nicht müssen. Spieler können damit ihre Jäger etwas aufwerten, bzw den Charakter runder machen. Diese werden rein über freie Zusatzpunkte gekauft und können auch im Verlaufe der Chronik wieder verloren werden, wenn bestimmte Ereignisse eintreten. Numina wird in drei Gruppen eingeteilt, die jeweils gemeinsame Konzepte, Erlangensarten und Anwendungen umfassen.
Scharlatanerie – Magiephänomene, die mit Aberglauben funktionieren (im weitesten Sinne). Hier gibt es den Pfad der Flüche, mit dem Opfer verflucht werden können, den Pfad der Wahrsagung (zum in die Zukunft schauen – wobei auch auf das Problem des unvorhersehbaren eingegangen wird), und den Pfad des Heilens (der wohl selbsterklärend ist).
Übernatürliche Numina – Alles was nicht Scharlatanerie oder Glaube ist. Hierunter fallen Cyberkinese, also die geistige Interaktion mit technischen Geräten, Psychometrie (geistiger Kontakt mit Gegenständen, wie Auspex/Irrsinn 3), Pyrokinese (Feuer machen ohne Feuerzeug) und Telekinese (Dinge mit der Kraft des Willens bewegen).
Wahrer Glaube – wohl manchen ein Begriff, hier handelt es sich um alles was mit Glauben zu tun hat (nicht zwangsweise katholisch!). Wahrer Glaube hat keine Pfade sondern nur einzelne Kräfte und potentiell Wunder, wenn man einen netten Spielleiter hat.
Bei Numina scheint es stark am Spielleiter und der Gruppe zu liegen, wie stark die Auswirkungen wirklich sind. Wenn man by the book spielt, ist es recht schwer überhaupt an Numina zu kommen und dieses dann zu nutzen und nicht zu verlieren – aber das kann man natürlich ignorieren. Ebenso die Angabe, dass man nur eine der drei Gruppierungen haben sollte. Potentiell lassen sich damit natürlich übelste Charaktere erstellen, die quasi heiliges Feuer an einen Ort entsenden, in dem in drei Sekunden der Vampir steht. Gedacht ist das aber eben anders. Als eine Kraft, die ein bisschen
Ausgleich für die Kräfte des Übernatürlichen ist.

Erzählen
Was der Spielleiter so alles beachten muss, steht in diesem Kapitel. Dabei werden zunächst mögliche Themen (und später noch Stimmungen) für eine Chronik genannt und dann die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen einer solchen Jägerchronik und einer Vampirchronik aufgezählt. Da aller Anfang schwer ist, wird kurz auf die Präludiumssituation eingegangen, der sich der Spielleiter und auch die Spieler stellen sollten. Geschichts- und Spielstruktur sind ebenfalls zwei große Themen in diesem Kapitel, also wie baue ich eine funktionierende Geschichte auf und wie leite ich die dann auch wirklich. Dabei sind die hier angegebenen Hinweise natürlich allgemein gültig und können somit auch für jede andere Chronik verwendet werden. Gute Geschichten will man schließlich überall. Konkrete Vorschläge gibt es dann unter dem Unterpunkt Genre, bevor es daran geht, wie man wohl am besten die Punkte eines Jägercharakters verteilt – denn es ist nicht immer nur das Körperliche von Vorteil.
Jeder, der schon mal eine Runde geleitet hat – gerade bei Spielen, die schon länger auf dem Markt sind – weiß wie lässt Aussagen ala “aber auf Seite xy steht, dass der das nicht kann” sind. Spielt man einen Haufen Sterbliche, die Vampire jagen und davon eigentlich keine Ahnung haben, aber hat Spieler, die das Regelwerk in- und auswendig kennen, dann kann es zu Problemen kommen. Daher wird auf dieses Thema ebenso eingegangen und extra erwähnt, dass man manchmal als Spielleiter auch die Regeln der eigenen Welt ändern sollte – aber nur um die Geschichte besser zu machen.
Den Abschluss des Kapitels bilden Ausblicke auf die übernatürlichen Fraktionen und wie diese in Kontakt mit Jägern kommen und was passieren kann. Dabei werden nicht nur die großen Fraktionen, sondern auch kleinere wie die Tal’mahe’Ra und auch welche Abseits der Vampire und sogar das sterbliche Recht beschrieben.

Organisationen
Dies ist das ausführlichste Kapitel des ganzen Bandes und berichtet über die großen Organisationen und deren Methoden und Fähigkeiten. Begonnen wird mit der Leopoldsgesellschaft, der mordernen Inquisition. Es wird allerhand an Hintergrundwissen geliefert, etwas zu einzelnen Orden oder Fraktionen, die an der Gesellschaft teil haben. Mitglieder der Gesellschaft können aus drei neuen Hintergründen (Mob, Relinquar, Status) und zwei Händen voll von Vorzügen und Schwächen wählen. Außerdem steht ihnen eine besondere Form von Scharlatanerie offen, die sogenannte Theurie, welche sich auch in Pfade aufteilt. Beim Via Geniorum wird sich mit Geistern beschäftigt und beim Via Necromantiæ mit den Toten.
Die zweite Organisation ist allgemein “Regierung” genannt. Darunter fallen also alle Unterorganisationen, welche irgendwo Abteilungen für Übernatürliches haben. Das sind – und das ist neu und war im gejagten Jäger I nicht der Fall – zuvorderst die NSA und ein kleiner Teil des FBI, welcher aber eher verdeckt und mannschwach agiert. Ein paar andere Regierungsorganisationen werden zusätzlich noch erwähnt (etwa die CIA mit dem einzigen Agenten, der weiß was Sache ist namens Bob Schnoblin und seine “Pyramide der satanischen Kräfte” oder die Heimatschutzbehörde). Für Regierungsbeamte gibt es zwei neue Hintergründe (Bedarfsanforderung und Rang), die aus einem unersichtlichen Grund aber hinter den neuen Vorzügen und Schwächen stehen, statt davor, wie bei der Leopoldsgesellschaft. Agenten können sogenannte Psychische Numina erhalten, aber ob das jetzt auch Übernatürliche Numina sind, steht da leider nicht. Zur Auswahl stehen Tier-Psi (mit Tieren sprechen) und Anti-Psi (anderes blockieren).
Die dritte Organisation ist das Arkanum, ein Haufen Leute, die versuchen das Übernatürliche wissenschaftlich zu Ergründen. Zunächst wird auch hier auf den Hintergrund, bzw den Aufbau des Arkanums eingegangen, das über Mutterhäuser operiert. An Hintergründen können Mitglieder des Arkanums Artefakt und Bibliothek bekommen und natürlich auch weitere Vorzüge und Schwächen. Und auch sie besitzen theoretisch zusätzliches Numina, nämlich den Pfad der Alchemie, der eine Form der Scharlatanerie ist.
Die letzte Gruppe, welche bislang im restlichen Text wenig in Erscheinung getreten ist, ist das organisierte Verbrechen. So findet es die Mafia gar nicht so toll, dass sie von Kainskindern unterwandert ist. Und auch andere größere Gruppen haben mit gewissen Problemen zu kämpfen. Alle wichtigen Gruppen sind für den Leser kurz zusammengefasst und auch diese eher zwielichtigen Charaktere bekommen.. nur neue Vorzüge.
Neben den großen Organisationen sind dann noch ein paar kleinere aufgeführt, die aber keine eigenen Vorzüge/Schwächen/Hintergründe oder Numina mit sich bringen, sondern mehr Ideen liefern.
Abschließend werden noch ein paar der hier genannten Hintergründe etwas mehr mit Fakten versehen, etwa welche Sachen man sich mit der Bedarfsanforderung holen kann, oder welche coolen Reliquien es gibt.

Fazit
Irgendwo ist das Thema dieses Bandes natürlich schon speziell. Nicht jede Gruppe möchte sich unbedingt damit beschäftigen, was ihre lieb-gewonnenen Charaktere umbringen kann, und noch weniger möchten vermutlich solche Charaktere spielen, weil sie eigentlich eben Vampire spielen möchten. Für diejenigen aber, die das eben doch möchten, ist dieses Buch eine wunderbare Ideensammlung, die gerade für Spielleiter eine Möglichkeit bietet spannende Chroniken zu erstellen. Selbst nicht-wod-Spieler können mit diesem Buch etwas anfangen, da die allgemeinen Tipps zur Chronikgestaltung, aber auch zum “wie erstelle ich Pläne und führe die aus” enthalten sind. Ein Manko, dass man aber definitiv erwähnen muss, ist der Aufbau des Bandes. Gerade die Möglichkeiten, was man alles spielen kann, geht kreuz und quer über mehr als ein Kapitel, so dass man fast gezwungen ist, dass ganze Buch zu lesen um zu wissen, was überhaupt möglich ist. Das hätte man wesentlich besser machen können.

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