Peraine Vademecum

Mit den Störchen ziehen

Am ehesten als olivgrün kann man wohl die Farbe des Peraine Vademecums nennen, das zehnte der kleinen Gebetsbücher für Das schwarze Auge. Getreu dem heiligen Tier dieser Kirche ist ein Storch auf dem Cover abgebildet und darunter Ähren. Auf der Rückseite ist wie bei den restlichen Vademeci auch „Das schwarze Auge“ und „Ulisses Spiele“ aufgedruckt.

Ähnlich wie auch die Organisation der beschriebene Kirche selbst, ist auch dieses Büchlein etwas, dass nicht nur Geweihte der Kirche nutzen können sollen, sondern vor allem auch Laien. So wird weniger hochtrabend über irgendwelche Organisationen und Strukturen in aller Ausführlichkeit berichtet, sondern eben mehr auf die tatsächliche Anwendung der Gebote der Peraine, auch wenn ersteres natürlich nicht fehlt.

Eben diese Tatsache wird auch in einem kurzen Vorwort dem Leser nahe gebracht, bevor dann auf kurzen sechs Seiten erst einmal erklärt wird, was denn die Grundlagen der Kirche sind (nämlich Fruchtbarkeit, Heilkunst, Bescheidenheit, Fleiß und Mission), die jeweils eine nette Bauernweisheit präsentiert bekomme haben und kurz erläutern worum es der Kirche geht. Danach geht es gleich weiter mit dem wichtigsten der Kirche überhaupt: Den Jahreszeiten und dem Saatkalender. Für den Fall, dass es also in einem Abenteuer mal darauf an kommt zu wissen, wann man denn in Aventurien Winterweizen aussät, findet der geneigte Spieler hier die entsprechenden Angaben. Natürlich sind nur recht wenige Feldfrüchte hier vertreten, aber man hat ja schließlich ein Büchlein über die Perainekirche erworben und nicht ‚Agrarkulturen in Aventurien – eine Abhandlung‘. Von daher ist diese kurze Liste, vor allem wieder mit niedlichen Bauernweisheiten („Warmer und trockener Efferdmond mit vielen Früchten reich belohnt“), völlig in Ordnung.
Die folgenden vier Kapitel sind zwar dem Namen nach die vier Jahreszeiten und manch Leser mag vielleicht erst befürchten, dass dort dann genauer auf irgendwelche Feldarbeit eingegangen wird, aber dem ist nicht so. Die Jahreszeiten werden im Grunde nur als entsprechender Begriff genommen um dann die in den restlichen Vademeci ebenfalls üblichen Themen näher zu erleuchten.
Eine Ausnahme hiervon ist der Frühling, in dem es tatsächlich um Saatmethoden geht. Drei-Felder-Wirtschaft ist nämlich auch in Aventurien, zumindest dort wo es die Perainekirche gibt, verbreitet. Hier findet der Leser auch eine kurze Aufzählung von heiligen Pflanzen, wie etwa Weizen, Arange oder Zwiebel, jeweils mit Erklärung warum dies so ist (als IT-Zitat und Reintext). Abgerundet wird es mit Gebeten und Liedern zur Saatzeit, die dann auch im Spiel Anwendung finden können.
Im Sommer reisen Peraineanhänger gerne, es ist die Zeit der Pilger, und so werden in diesem Kapitel heilige Dinge aufgelistet. Mit den heiligen Tieren der Peraine angefangen (den Störchen), über heilige Orte zu denen man pilgern kann (etwa die Heilige Quellen von Ilsur oder die Insel Frühlingsstrand), und den Heiligen der Kirche (angefangen beim Diener des Lebens Leatmon Phraisop der Jüngere bis zu Kedio Kalman d’Horanzio, der die rote Keuche bekämpfte), wobei die Liste nicht bei den aventurienweit bekannten aufhört, sondern auch einige Lokalheilige (gut 9 Stück sind schon recht viele)aufgelistet sind, bis zu heiligen Gegenständen (etwa dem Wasser des Lebens oder dem Honinger Tiegel). Und wie alle Wanderleute singen auch Pilger auf Peraines Pfaden gerne, so dass auch hier neben tatsächlichen Gottesdiensten ein entsprechendes Gebet und ein Lied zu finden sind.
Im Herbst ist Erntezeit und da es sich ja wie gesagt nicht um eine Abhandlung zum Ackerbau handelt, gibt es hier eigentlich nur entsprechende Gebete und Lieder zu finden und eine Beschreibung des aventurischen Erntedankfests, des ‚Fests der eingebrachten Früchte‘.
Da man im Winter weder wandern, noch auf dem Feld arbeiten kann, ist diese Jahreszeit dann dem zweiten Standbein der Perainekirche gewidmet, nämlich der Heilkunst. Neben einer kurzen Erklärung der verschiedenen Formen der Heilkunst finden sich hier vornehmlich heilkräftige Kräuter, wie etwa Belmart, Lulanie und Zwölfblatt, die aber alle lediglich mit IT-Quellen beschrieben werden (plus einem Bild). Ebenfalls in diese Jahreszeit fällt der Kampf gegen den jenseitige Seuchenpfuhl, für den es spezifische Gebete und Lieder gibt. Abgerundet wird dieses Kapitel wieder mit allgemeinen Gebeten und Gottesdiensten.
Das siebte Kapitel ist nun das erste, welches sich rein an Geweihte der Göttin richtet, da hier die Liturgien näher beschrieben werden und diese ja nunmal nur von Geweihten gewirkt werden können, im Gegensatz zu den Gebeten und Gottesdiensten aus den vorherigen Kapiteln, die auch von Laienpriestern genutzt werden. Eingeleitet wird das Kapitel mit heiligen Gesten und Gegenständen um dann zu jeder bekannten Liturgie eine kleine Erklärung und einem netten Aufsagsprüchlein zu liefern.
Eine kurze geschichtliche Übersicht bietet dann das vorletzte IT-Kapitel, welches aber wirklich nur die Schlaglichter der Perainekirche in Aventurien beschreibt, von der ‚Göttin selbst‘ über die Ankunft der Familie Phraisop bis zur jüngsten Tat, der Verteidigung der Heiligen Quellen in Ilsur.
Das letzte IT-Kapitel über die Organisation der Kirche ist tatsächlich recht kurz – viel Organisation gibt es da nämlich nicht – und beschreibt eigentlich mehr welche Orden und vor allem regionale Strömungen es gibt, die allerdings alle nur mit IT Quellen beschrieben werden.
Abschließend gibt es wie immer Tipps und Tricks zum Spielen eines Perainegeweihten. Und so ein Charakter ist gar nicht so leicht in ein Abenteuer ein zu bauen – in der Regel jedenfalls – denn immerhin verbringen viele ja ihr Leben in einem gewissen räumlichen Rahmen. Das es doch geht, zeigen die Beispiele in diesem Abschnitt. Nach einer Erklärung, wie man die Gebote der Kirche aus dem ersten Kapitel im Spiel umsetzen kann, findet der Leser Vorlagen für Perainegeweihte. Etwa ‚Die reisende Heilerin‘, eine ziemlich klassische Variante, oder ‚Die Missionarin‘, die natürlich besonders in Kampagnen in der Wildnis mit Eingeborenen, wie etwa Uthuria zu gebrauchen ist. Jedes Template hat eine kleine Erklärung, typische Vor-/Nachteile, typische Talente und typische Liturgien angegeben.

Fazit:
Und auch dieses Vademecum ist eines, welches sich wunderbar eignet um von einem Spieler eines Perainegeweihten im PnP oder sogar LARP mit sich herum geschleppt zu werden um dann bei Zeiten ein passendes Gebet oder Sprüchlein zur Hand zu haben. Aber auch ohne das man einen Geweihten spielt, ist dieses Vademecum brauchbar, wenn man eben einen Laien mit entsprechender Ausrichtung im Spiel hat. Das Buch besticht dadurch, dass viele Kapitel sehr offen geschrieben sind und eben gerade auch für solche Charaktere.
Natürlich hätte man diesen Punkt, also das es auch für Nicht-Geweihte brauchbar ist, noch deutlich mehr hervorheben und etwa mehr zu irgendwelchen Anbaumethoden oder Heilpflanzen schreiben können, aber der Rahmen ist nun einmal begrenzt für ein Vademecum. Es soll schließlich handlich sein und kein Wälzer. Was allerdings wirklich nicht geschadet hätte, wäre ein nettes Rezept zum aventurischen Erntedank – gerade jetzt wo man ja mit der Culinaria brauchbare Rezepte zur Hand hat – vielleicht bekommen wir die ja dann im Travia Vademecum.
Die Bilder im Buch sind recht wenige, verglichen mit einigen der anderen Vademeci, aber durchweg passend gut bäuerlich.
Wie bei den meisten Vademeci gibt es natürlich nur dann einen Grund sich dieses Buch zuzulegen, wenn man vor hat solch einen Charakter zu mimen. Ohne findet man zwar nette Texte, aber dürfte im Spiel damit nicht so richtig etwas anfangen können.
Die OT Tipps für das Spielen eines Perainegeweihten sind recht brauchbar, gerade wenn man gerne die Konzepte spielen möchte, aber nicht recht weiß, wie man das am besten in seine Gruppe integriert. Für Spielleiter ist dieses Vademecum tatsächlich nicht so sehr von Nöten bzw praktisch wie manch anderes, denn groß zu Plots inspiriert es eher weniger. Aber das muss es ja auch eigentlich nicht.

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.

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