Geschichten – Was mich antreibt
Seit kurzer Zeit droht leider eine Runde, die ich sehr gerne geleitet habe, den Bach runter zu gehen. Der Grund ist neben einer anderen Sache (falls unter dem Link nichts passiert seit ihr zu früh. Der Artikel kommt ein paar Tage nach dem hier online) schlussendlich der Unterschied in den gewünschten Spielstilen. Dabei war ich mir eigentlich recht sicher, dass zumindest das Problem für mich der Vergangenheit angehört. Ich war mir schon vor ziemlich langer Zeit genau über die Art von Geschichten, die ich leiten will, klar geworden. Klar geht das manchmal in die Hose, aber meistens bin ich eben doch recht nahe dran. Damit verbunden war natürlich auch, dass ich meinte zu wissen womit ich kompatibel bin und womit nicht. Außerdem hatte ich in meinem eigenen Rollenspielleben entdeckt, dass bis auf wenige Extreme die meisten Spielertypen durchaus Überschneidungspunkte haben, die für eine gute Runde ausreichen.
Nach also mehreren Spielsitzungen derartig überrascht zu werden mit der Erkenntnis, dass es doch nicht zusammen passt, war für mich also seit langer Zeit mal wieder was neues.
Grund genug für mich diesen Blog zu schreiben. Ein wenig ist dabei die Hoffnung, dass ich in Zukunft hierher verlinken kann und potentielle Spieler wissen, was ich so leite. Soviel zur Einleitung.
Es wurde schon viel darüber geschrieben, was für Motivationsstrukturen, welche Rollenspieltypen und Spielarten es gibt. Da brauche ich das Rad gar nicht neu erfinden. Immerhin bin ich in fast allen Situationen ziemlich genau ein Narrativist wie Ron Edwards es selbst beschrieben hat :
Narrativism is expressed by the creation, via role-playing, of a story with a recognizable theme. The characters are formal protagonists in the classic Lit 101 sense, and the players are often considered co-authors. […]
Narrativist Premises focus on producing Theme via events during play. Theme is defined as a value-judgment or point that may be inferred from the in-game events.[…]
Narrativist Premises vary regarding their origins: character-driven Premise vs. setting-driven Premise, for instance. They also vary a great deal in terms of unpredictable „shifts“ of events during play. The key to Narrativist Premises is that they are moral or ethical questions that engage the players‘ interest.
Wobei ich ganz klar nach der Definition nicht „character-driven“ sondern „setting-driven“ bin. Denn genaugenommen liebe ich vor allem Geschichten und das ist auch mein Zugang zum Rollenspiel.
Ich lese Bücher, weil sie mir Geschichten liefern, die meine Fantasy anregen.Ich schaue Serien und Filme, weil sie mir Geschichten liefern die bildgewaltig sind und mich fordern. Selbst Computerspiele werden von mir erst einmal nach guten Geschichten abgeklopft bevor ich auf Grafik und Mechanik schaue. Rollenspiel ist ein Medium, dass mir eine andere Form von Geschichten liefert: Besonders interaktive und unvorhersehbare.
Natürlich ist die Handlung eines Spielabends in der Regel nicht so dramatisch geschliffen wie auch nur ein mittelmäßiger Roman, aber er ist überraschend und das ist schon eine eigene Qualität in sich, wie jeder bestätigen kann, der das Ende eines Buches nach den ersten 20 Seiten schon kannte. Diese sich ständig anpassende Geschichte ist mir wichtig, auch wenn ich manchmal doch ein wenig zu sehr in Schienen denke. Da kämpfe ich als SL halt mit mir selbst.
Ich baue sehr gerne Welten, aber nicht zu Selbstzweck, sondern damit ich oder jemand anders darin schöne Abenteuer erleben kann. Ich liebe es wenn Charaktere sich im Spiel entwickeln, aber auch nicht im (für mich) Alltag sondern eben im Zusammenhang mit der hoffentlich spannenden Handlung. Ich mag sogar Kämpfe, denn sie sind ein weg Konflikte auszutragen und von Konflikten lebt jede Erzählung. Ich spiele auch selber gerne, aber auch dann ist mein Charakter und meine Immersion Mittel zum Zweck, denn ich will damit – ihr wisst es schon – eigentlich nur eine Geschichte erstellen.
Wenn also jemand der sich in den meisten Szenen wie ein Simulationist herbei kommt, der nur seinen Charakter konsequent spielen will, oder wi ein Gamist, der nur die Herausforderung sucht, dann finde ich hier und da Schnittpunkte. Nur eben nicht überall. Welche Szenen ich mag, kann man sich im Grunde sehr leicht selbst überlegen: Würde ich so eine Szene in einem Buch oder Film rauskürzen? Wenn ja, dann brauche ich sie nicht. Über ein gewisses Maß hinaus, funktioniert es leider nicht und (da hat Caninus schon recht) desto länger man dabei ist, ist man vielleicht weniger bereit faule Kompromisse einzugehen.
Guter Artikel, finde ich. Auch wenn noch ein wenig Kontext aus dem „Veranwortung – Was mich aufhält“ fehlt.
Für mich als Spieler (und manchmal auch SL) wird dann brenzlig/schwierig, wenn die Geschichte, bzw. die voraussehbare Handlung droht die Protagonisten erheblich in ihrem Handlungsspielraum einzuschränken. Wenn die Geschichte (und damit der SL) den Spielern die Kontrolle über ihre Figuren abnimmt ist die Reaktion eigentlich immer eine Frage des Vertrauens… und da wird es oft schwierig. Es gibt SLs bei denen ich eher misstrauischer Simulationist (nach deiner Def. oben) bin und es gibt SLs bei denen ich mir (relativ) sicher sein kann, dass auch ein Bisschen Railroading oder ein Zwang keinen Schaden darstellt, sondern einem größeren Guten dient. Wenn dieses Vertrauen fehlt – oder nicht im Vorfeld über kritische Situationen gesprochen wird, dann sind hier Konflikte einfach vorprogrammiert.
Anders herum gibt es auch die Möglichkeit das „Problem“ auf Charakterebene anzugehen. In Settings wie Scion oder im (hypothetisch vernünftig aufbereiteten *hust*) Scheibenwelt-RPG sind sich die Charaktere durchaus bewusst, dass höhere Mächte ihr Schicksal leiten und Geschichten ihr Eigenleben treiben. Im Extremfall halt auch wie Granny Weatherwax, die den Geschichten letztlich ihren eigenen Willen aufzwingt. Hier „wissen“ die Charaktere, dass es eine dramatische Schlussszene gibt, dass in der ersten Begegnung mit dem Antagonisten dieser nicht gestellt wird und dass selbst in aussichtslosen Situationen noch Hoffnung besteht – sonst wäre es ja eine schlechte Geschichte… ;-)
In Settings die dies Thema dagegen nüchterner angehen (Shadowrun oder CoC z.B.) „müssen“ die Charaktere Angst um ihr Leben haben. Alles andere wäre eine Form von Geistesstörung (CoC ^^) und bricht ggf. die Immersion erheblich.
Vielleicht sollte ich das noch mal in langer Form aufschreiben… hmm
Das sind einige sehr interessante Gedanken.
Würde mich über einen vollen Artikel darüber sehr freuen!
Ich mich auch *Mit Zaun wink*