Die Tieflinge Golarions

Pathfinder Handbuch

Ich sitze gerade vor dem verflixten ersten Satz dieser Rezi und frage mich ernsthaft, wie ich anfangen soll: Normalerweise sind die Völker-Handbücher ja meistens irgendwie mit besonderen Eigenheiten oder Vergleichbarem aufgebaut, das alle Individuen einer Bestimmte Art der Völker Golarions irgendwie verbindet. Das ist bei den Tieflingen so gesehen erstmal nicht der Fall.
Der Punkt hierbei ist, dass Tieflinge in erster Linie die (häufig ausgestoßenen) Abkömmlinge einer Linie sind, wo meist vor Jahrhunderten irgendjemand es für eine besonders tolle Idee gehalten hat, sich mit einem Scheusal von den niederen Sphären zu Paaren und damit Spritzer „niederer“ Macht in seine Ahnenlinie mit einzubringen. Wobei es dabei keine Rolle spielt, ob die entsprechenden Wesenheiten, die beim Zeugungsvorgang beteiligt war jetzt aus der Hölle, dem Abyss oder Abaddon ursprünglich stammte. Das Endergebnis ist Generationen später ein Individuum, dass mit den zumeist entstellenden Merkmalen seiner Vorfahren geschlagen wurde und jetzt mit einer Gesellschaft geschlagen ist, die zumeist ablehnend auf das jeweilige Wesen reagiert.

Das Handbuch zu den Tieflingen Golarions beschreibt diesen Umstand sehr ausführlich, sowie die daraus resultierenden Fakten, das Tieflinge eben Individuen sind, die aus der Situation totaler Ablehnung einen eigenen Weg mit eher zusammengewürfelten Versatzstücken wählen müssen, wenn sie denn eine Gruppe in irgendeiner Weise zu bilden versuchen. Allerdings muss man hinzufügen, dass dieser Umstand sich irgendwie vermischt darstellt: Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Paizo hier bei der entsprechenden Erstellung des Tieflinge-Bandes wirklich von so etwas wie einer Kultur oder gar einem „Volk“ der Tieflinge überhaupt in ihrem eigenen Konzept der Tieflinge vorgesehen haben, sondern hierbei dann einfach dem Umstand Rechenschaft tragen müssen, dass Spieler diese Tieflinge tatsächlich spielen wollen und daher nach solchen Details eventuell fragen.

Doch jenseits dieses angenommenen, fluffigen Lebens, dass Spielercharaktere in angenommenem Hintergrund der Spielwelt immer in die Extreme zu treiben scheint, gibt es natürlich auch Pathfinder-typisch eine gewisse Arena des Chrunches. Hierbei muss man sich der Tatsache stellen, dass die entsprechenden Stellen Variationen des Monsterbuch-Eintrages zu den Tieflingen sind. Das bedeutet, dass jenseits der Frage, wie man Tieflinge in bestimmten Klassen darstellen könnte, eine Zufallstabelle für abweichende Fähigkeiten der Tieflinge erhält.
Darüber hinaus sind Tieflinge hier auf ihre jeweils spezielle Abstammung aufgespalten. (Sprich: Hier werden die jeweiligen Herkünfte der verdammten Eltern/Ahnen nach jeweils entsprechender Ortschaft im Multiversum dargestellt. Sprich: Handelt es sich um ein Wesen aus Himmel, Hölle, Abyss oder darunter hinaus, so verändern sich phänotypische Wesensmerkmale genauso, wie entsprechende Modifikatoren aus dem Attributsbereich, wie dem Feritgkeitenbaum.) Am Ehesten kann man die Tieflinge also als eigenständige Rassen mit etwas seltsamer Herkunftsgeschichte betrachten. (Zum Teil muss man dabei erwähnen, dass es nicht nur um die sehr eindeutigen, übernatürlich-bösen Ortschaften dreht, sondern dabei auch ein paar realweltliche Kulturkreise ebenfalls abgebildet werden, die mehr oder weniger bestimmten Klischees entsprechen, die aber nicht im Normalen Kosmos der jeweiligen Hintergründe von christlich dominierten Ideenwelten anzutreffen sind. Ich wüsste jetzt zum Beispiel nicht, wo die Rakshasakinder letzten Endes herkommen. Aber ich kann mir grob vorstellen, warum eine Art Catgirl-Rasse entsprechend interessant ist.)

Aber neben diesen Rassen-Merkmalen, gibt es erneut besondere Elemente, die auch andere Bereiche des Regelwerkes abbilden, wie beispielsweise neue Talente, religiöse Organisationen mit entsprechend verliehenen Kräften und natürlich die entsprechend magischen Fähigkeiten, wobei hier ganz klar der Fokus auf der Magie der Barden liegt. Abgerundet wird das noch mit einer entsprechenden Zufallstabelle, die bestimmte Merkmale der jeweiligen Tieflinge bestimmt, um den Aspekt zu unterstreichen, dass man eben nicht sagen kann, wie ein Tiefling am Ende dann tatsächlich aussieht, bloß weil eine bestimmte Meta-Herkunft angenommen wird. (Das Ganze soll anscheinend tatsächlich den sehr zufälligen Aspekt des „es ist Blut aus den unteren Ebenen in diese Familie eingemischt worden“ unterstreichen, so dass die Exotik, die ein Tiefling ausstrahlt eher weniger auf einem Begriff von seltsamer Schönheit im weitesten Sinne aufbaut, sondern sehr stark als eine unter Umständen entstellende Mißgestaltung zu verstehen ist.

Fazit

Tieflinge sind ein sehr interessantes Thema, was die Frage nach den Spielercharakteren angeht. Das war schon zu D&D 3.x-Zeiten so und hat sich auch beim Umstieg auf Pathfinder nicht wirklich geändert. Dadurch dass dieses Buch jetzt einen speziellen Baukasten anbietet, wie man die entsprechende Vorstellungen, die ohnehin als Potential bereits im kollektiven Unterbewusstsein rumturnten, auf breiter Ebene verwirklichen könnte, macht das ganze jetzt nicht unwesentlich problematisch. Es ist eventuell nur ein wenig Frustrierend zu sehen, dass der tragische Aspekt, der einem bei Tieflingen eigentlich sofort in den Kopf springt, nicht ganz so neu ist, wie man es selbst zuerst vermuten würde. Ganz klar ist aber: Die Variationsmöglichkeiten, die man gerade in diesem Band findet, sind ein Ausbruch aus dieser gesamten Sache und bieten am Ende dann eventuell doch mehr Möglichkeiten um jenseits des Dramas noch etwas anderes herauszukitzeln. (Inklusive bestimmter Geschichten, die man im englischsprachigen Raum eventuell mit „kinky“ umschreiben würde.) Das aber ist dem jeweiligen Spieler überlassen, der den Charakter natürlich erstellen muss.
Als festzuhaltender Fakt bleibt jedenfalls bestehen: Hier ist ein Baukasten, der den ganzen „Halb-irgendwas“-Rassen noch einmal einen sehr erschreckenden Moment oben drauf legt.

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.

2 Kommentare zu Die Tieflinge Golarions

  1. Tieflinge gab es ja schon in Ad&d2 und eine Art Baukasten bzw. Zufallstabellen hinsichtlich Aussehen und Sonderfertigkeiten gabs da auch schon (siehe Planewalkers Handbook)

  2. ps: Tieflinge sind Humanoide mit einem Wesen aus den unteren Ebenen in ihrer Ahnenlinie. So war zumindest die ursprüngliche Definition, sprich Himmel fällt raus -> dafür gibt es dann Aasimare.

    … aber wen interessieren heute noch die 20 Jahre alten Planescapebücher …

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