Das Leben eines Gezeichneten – Teil 41

Pforte des Grauens - Teil 8

30 Praios
Einige Stunden nach dem Frühstück klärte sich der Nebel um die Bäume auf und die Luft begann nach Meer zu riechen. Bald konnten die Bäume den Anblick des Meeres nicht mehr verdecken und in den Geruch nach Meer mischte sich etwas anderes. Wir traten am oberen Ende eines Kliffs ins Licht der Praiosscheibe und ich konnte weiter unten die riesigen Skelette von Seeschlange erkennen. Das musste dieser Seeschlangenfriedhof sein, von dem Puspereiken gesprochen hatte. Weiter oben auf den Klippen erhob sich eine Art Tempel mit breiter Treppe zu einem Eingang und von der Bauart her sicherlich echsisch.
Wir hatten uns gerade entschieden in Richtung Tempel zu gehen, als zwei Bolzen auf uns zu flogen. Einer traf Latu, der andere landete vor meinen Füßen. Weiter oben konnten ich zwei Männer erkennen, und so ließ ich mich auf den Boden ins Gras fallen und versuchte genaueres auszumachen. Latu und Greifwin vollführten dieselbe Geste. Latu und ich robbten weiter den Hügel hinauf um näher an die beiden heran zu kommen, aber als wir wieder ein einigermaßen gutes Sichtfeld hatte, stand dort nur noch einer der beiden, der andere war verschwunden. Latu
sprang auf und ging mit seinem Speer auf ihn los und ich versuchte ihm so gut es ging zur Seite zu stehen. Leowulf schien den zweiten Mann gefunden zu haben, denn aus dem nahen lichten Wäldchen ertönte Kampfeslärm. Es gelang uns den ersten Mann zu töten und in Richtung der Geräusche zu laufen, um zu sehen wie Leowulfs Schwert – welches er von Greifwin geliehen bekommen hatte – unter dem Ansturm einer Attacke seines Gegners zerbrach. Greifwin war ebenfalls vor Ort und zu dritt konnten wir auch diesen Gegner kampfunfähig machen. Erst jetzt sah ich, dass dieser einen seltsam geformten Fuß aufwies. Vermutlich ebenfalls ein Paktierer, wie auch die beiden oben bei der Mine. Das ließ ja auf jede Menge Gutes hoffen…
Latu ging voraus zur Klippe und sah nach unten auf den Meeresspiegel. Ich tat es ihm mit einigem Unwohlsein gleich und sah eine erstaunlich andere Farbe als ich erwartet hatte, irgendwie blauer. Und ich konnte Gesänge von weiter unten vernehmen, zwar nicht die genauen Worte aber doch, dass es sich um eine Beschwörung handeln musste.
Unser zweiter Versuch in den Tempel zu gelangen wurde von zwei Echsen gestoppt die am oberen Ende der Treppe Wache hielten. Ich dachte es wäre eine gute Idee einfach mal mit ihnen zu sprechen, aber lag da wohl falsch, zumindest was die Gedanken der Mehrheit der Gruppe betrifft. Die anderen waren der Meinung sie einfach ebenso töten zu müssen – ob sie nun etwas damit zu tun hatten, oder vielleicht einfach als Wachen missbraucht worden sind – und griffen ohne Worte an.
Die Echsen trugen große axtähnliche Waffen mit sich und einen kleinen Dolch am Ende ihres Schwanzes, mit dem sie recht geschickt zuzuschlagen wussten. Jeweils zwei von uns stellten sich einer der Echsen entgegen und Leowulf schlug mit dem erbeuteten Schwert des einen Menschen auf die Echse ein, konnte aber seinen Schlägen weniger gut ausweichen und wurde von einem tödlich getroffen.
Ich wusste nicht was mich weiter drinnen noch erwarten würde und ob wir den Geweihten noch nötig hätten – zumal er mir doch immerhin in der Mine geholfen hatte – also versuchte ich ihn mittels reversaliertem Fulminictus zu heilen. Latu erstach beide Echsen und Leowulf kam wieder zu Bewusstsein. Greifwin, noch immer verärgert über das zerbrochene Schwert, kümmerte sich nicht weiter um den Verletzten und stieg an mir vorbei die Stufen weiter hinauf.
Etwas später, nachdem wir Leowulf wieder halbwegs auf die Beine gestellt hatten, folgte auch ich den Stufen zum großen – offen stehenden – Eingangsportal. Im Inneren des Gebäudes befanden sich eine große Eingangshalle und fünf weiterführende Türen, von denen wohl die geradeaus die beeindruckenste war. Drumherum war das Abbild eines riesigen Krakenschnabels geformt worden, so dass man direkt durch sein Maul in die Tiefe hinabsteigen musste. Die übrigen vier Türen, zwei auf jeder Seite, waren schlichte Holztüren, und hinter der ersten – aus einem mir unersichtlichen Grund hatte Greifwin beschlossen, dass Heimlichkeit ihn hier nicht weiterbringen würde und die Tür ohne weiteres einfach aufgestoßen – fanden wir eine Schmiede vor in der einige unfertige Gegenstände, Waffen und Rüstungen lagen. Und es fand sich ein Tagebuch auf thorwalsch, dass ich mit einigen Mühen entziffern konnte, aber keine wirklichen neuen Erkenntnisse brachte.
Hinter der nächsten Tür – ich hatte ihn immerhin dazu gebracht vorher daran zu lauschen – fanden sich einige Schlafstätten, aber sonst nichts weiter Interessantes. Der letzte Raum den wir uns ansahen enthielt jedoch etwas recht ungewöhnliches. Ein großes Bett. Und noch viel ungewöhnlicher auf diesem Bett eine Gestalt, die mit ziemlicher Sicherheit in den letzten Stadien der Duglumspest daniederlag. Kein schöner Anblick. Wahrlich nicht. Ich versuchte es den anderen schonend beizubringen was mit diesem Mann – hier sei dazu gesagt, dass ich mitnichten deutlich nachgesehen habe und somit das Geschlecht eine reine Spekulation bleibt – passieren würde, worauf hin Leowulf sein Schwert durch den Mann steckte um ihn zu töten. Ich wies ihn leise darauf hin ihm besser den Kopf ab zu schlagen, denn er regte sich nach wie vor und versuchte irgendetwas zu sagen. Greifwin hingegen interessierte alles nur marginal, denn
er machte sich an einer Truhe zu schaffen, die neben dem Bett stand. Zuerst hielt er sich den Finger hoch, nachdem ein seltsames metallisches Klacken aus dem Schloss gedrungen war und
dann versuchter er der Truhe mit dem Brecheisen zu Leibe zu rücken. Mit durchschlagendem Erfolg… sie explodierte just in dem Moment, als Leowulf dem Mann den Kopf abschlug, und die umher fliegenden Teile trafen uns allesamt. Ganz zu schweigen von den sich noch kräuselnden Überresten von Papier die durch den Druck in der Luft schwebten und langsam verkohlten.
Ja wie ich solche Situationen liebe..
Wir beschlossen den letzten Raum zu ignorieren und uns gleich der bemerkenswerten Tür zuzuwenden. Die beim Durchschreiten ein recht angenehmes Gefühl verursachte. Ich wäre beinahe noch mal zurück und wieder vor getreten, konnte mich aber rechtzeitig bremsen.
Wie erwartet befanden sich im folgenden Gang Stufen nach unten, die vom schwachen Leuchten schwarzer Gwenpetrylsteine erhellt wurde. Neben dem Gang befanden sich einige Räume, die aber abgesehen von ausschweifenden Szenen einer Verehrung von Meereswesen nichts enthielten. Die Bilder waren technisch nicht perfekt, erstaunten mich jedoch durch ihre Detailverliebtheit und Darstellung der vermutlichen Dämonen aus Gaal’k’zuuls Reich.
Am unteren Ende der Treppe öffnete sich der Gang in eine riesige Höhle in deren Mitte sich sieben Zähne erhoben in dessen Zentrum eine große schwarz schillernde Echse stand. Vor ihr schwebte eine goldene Keule in der Luft und um die Zähne herum hatten sich weitere Menschen postiert. Rechts von uns standen drei Dämonen mit schwarzen Schwertern im Rücken unbeweglich da. An den anderen Wänden der Höhle hingen Tore in der Luft durch die ich eine wundersame Landschaft sehen konnte, die nicht mit der gemeinen vergleichbar war. Die eine zeigte eine rote Ebene mit seltsamen aus Feuer geschaffenen Gebilden, die andere eine Wasserwelt. Von der dritten konnte ich nur den weißen Widerschein erkennen.
Der Höhlenboden war durch eine bis über den Knöchel reichende Wasserfläche bedeckt und spiegelte das Licht auf verzerrende Weise wieder.
Ich überlegte was wir tun sollten und gab Latu den Hinweis das Gefäß der Echsen zu zerstören um Hilfe zu rufen. Ich hatte aber mit Nichten daran gedacht, dass er es laut gegen die Wand drücken würde, so dass plötzlich ausnahmslos alle in unsere Richtung starrten.
Wunderbar… wir hätten nicht mehr Aufmerksamkeit haben können… Latu zog seinen Bogen und begann auf die schwarze Echse zu schießen, Greifwin auf die Keule, welches aber keinerlei Effekt zu haben schien. Leowulf machte sich daran die nahe Treppe die den Sims auf dem wir standen mit dem Boden verband, zu stürmen, während sich unten eine der Personen auf einen Stab schwang und nach oben kam um weiter hinten auf dem quer verlaufenden Sims zu landen. Plötzlich wallte grüner Nebel von der Decke hinunter in dem einige Geister auftauchten, welche die Menschen weiter unten angriffen. Greifwin trat der Hexe entgegen und ich wirkte zur Vorsicht einen Gardianum. Die schwarze Echse von Latus Pfeil getroffen erschuf eine große Wasserwand zwischen sich und uns, so dass ich sie nicht weiter beobachten konnte, geschweige denn die anderen auf sie schießen.
Greifwin schien regelrecht Spaß daran zu haben den Besen der Hexe soweit zurückzutreiben bis er sie selbst traf und sie ins Wasser stürzte. Leowulf und Latu hatten indes den Zwerg aus dem Weg geräumt, der die Treppe hinaufgelaufen gekommen war und liefen um die Wasserwand herum – die Geister hatten sich wieder verflüchtigt. Nach kurzer Zeit lief die schwarze Echse durch die Wand und in Richtung des bläulichen Meerestores, vor dem sie eine Beschwörung weiterführte. Ich hatte einen ziemlich thorwalsch aussehenden Menschen ausgemacht, von denen ja bekannt ist wie abergläubisch sie sind, so dass selbst kleinste Magie leichter wirken kann. Ich lief die Treppe runter und stoppte direkt vor ihm um ihn mit einem Grinsen meinerseits aus dem Konzept zu bringen und ihm dann zu befehlen den Zwerg neben sich zu töten.
Einigermaßen zufrieden mit dem Effekt musste ich beobachten wie aus dem Tor vor der Echse große Fangarme hervorschnellten, diese ergriffen und ins innere zogen. Ich lief an den beiden kämpfenden vorbei und ebenfalls um die Wasserwand herum. Greifwin war hinten vom Absatz gesprungen und auch dort anwesend. Er hielt, gerade als ich ins Innere sehen konnte, die goldene Keule in er Hand und versuchte den Schlägen eines Mannes mit einem wahrhaft riesigen Schwert auszuweichen. Latu und Leowulf lagen wie tot am Boden. Es sah nicht gut für
unsere Sache aus. Ich rief ihm zu, sie zu mir rüber zu werfen und nach einigem Zögern tat er es tatsächlich. Ich hob sie auf und lief zurück in Richtung Treppe. Die Fangarme hatten sich bereits ihren Weg durch das Gewölbe gesucht und waren bedrohlich näher gekommen. Einer Eingebung folgend veränderte ich meinen Weg in Richtung der Dämonen und zog mit der freien Hand eines der Schwerter aus dem Rücken.
Beide Hände voll lief ich zurück zur Treppe und erreichte sie knapp vor Greifwin. Oben auf dem Sims blieb ich stehen um noch einen weiteren abschließenden Blick auf die Szenerie zu werfen und sah das Leowulf langsam aber stetig die Treppe erklomm. Greifwin half ihm so gut wie möglich und ich lief die Treppe weiter hinauf um letztlich draußen vor dem Tempel, ein schreckliches Krachen und Bersten im Hintergrund, zusammenzubrechen und Latu unter sich begrabend.
Irgendwann fragte Greifwin nach dem Bündel das ich unter dem linken Arm trug – ich hatte das Schwert in meine Robe geschlagen um es nicht anfassen zu müssen – und ich breitete es vorsichtig auf dem Gras vor uns aus. Bisher hatte ich noch keine Zeit gehabt es genauer zu betrachten, und es war fantastisch gearbeitet. Vollkommen schwarz und doch in vielen Farben glänzend wanden sich die Arme eines Kraken um den Knauf und bildeten die Parierstangen. Oben auf dem Schwertknauf hatte der Schmied ein großes Auge eingefügt, ebenfalls aus schwarzem Material, welches bedrohlich glänzte.
Greifwin dachte wieder einmal nicht nach und fragte mich ob er das Schwert an sich nehmen dürfte. Ich hatte nichts dagegen, dachte ich mir doch schon, dass er es ohne jeglichen Schutz anfassen würde. Er ließ es sofort wieder fallen und hielt sich die Hand. Ich lächelte versonnen und ging ein paar Schritte weiter um mich zu Boden fallen zu lassen.
Greifwin machte uns darauf aufmerksam, dass sich das Gras bewegen würde und kurz drauf traten die drei Achaz vor uns, die uns mit der Suche nach dem Szepter beauftragt hatten… keine Armee. Einzig diese drei Echsenmenschen. Sie fragten nach dem Szepter, wollten es aber nicht selbst tragen, sondern würden uns bis zu ihrer Stadt begleiten, damit ich es selbst überreichte. Ich würde die heilige Stadt der Echsen zu Gesicht bekommen! Ich musste mir unbedingt den Weg merken.
Wir liefen sofort los, da die beiden nicht auf diesem Boden nächtigen wollten und nachdem wir dies entschieden hatten überreichten uns die Echsen jeweils einen Halbedelstein. Ich erhielt einen Bergkristall, der das Licht des abends rötlich widerspiegelte.
Etwa gegen Mitte der Nacht rasteten wir auf einer Lichtung und obwohl ich mich nicht so erschöpft fühlte, schlief ich sofort ein.

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