Das Leben eines Gezeichneten – Teil 39

Pforte des Grauens - Teil 6

20 Praios – 21 Praios
Den gesamten nächsten Tag liefen wir natürlich wieder durch den Dschungel, aber außer Greifwins Lamentieren über die Unzulänglichkeiten dieses Waldes passierte nicht viel. Am nächsten Tag erreichten wir dann die Hängebrücke die uns zum Lager der kaiserlichen und der Mine dahinter führen sollte. Sie wirkte recht morsch, hielt unseren Füßen aber stand.
Am anderen Ende der Brücke lag ein Wachposten, der sich beim Näher kommen allerdings als tot herausstellte. Greifwin verfiel der Idee, dass er die arme Seele retten könnte, wenn er sie einfach in den Fluss unter uns schmeißen würde… weit gefehlt würde ich sagen.
Ich zog mich etwas zurück und versuchte den Geist des Wachmannes – und so wie er gestorben war, war der sicherlich noch hier – zu rufen. Es erschien auch nach einiger Zeit ein Geist, nicht der von mir gewollte, aber es spielte keine Rolle. Er konnte mir ein bisschen Informationen über die Mine geben, aber wusste nicht wer sie umgebracht hatte, da er im Schlaf gestorben war. Während meiner Befragung hatten Latu und Greifwin eine Begegnung mit zwei großen Spinnen in
einem anderen Haus und machten dabei recht viel Lärm.
In einem Nebengebäude fanden sich zwei Paktierer… tot allerdings. Warum sie dort liegen gelassen worden waren ist mir schleierhaft. Wir trugen dann alle Leichen in die Baracke und verbrannte diese um uns dann dem großen schmiedeeisernen Tor zuzuwenden und nach einigem Gezerre der anderen den Weg in die Mine frei gab.
Innen führte der grob aus dem Stein gehauene Pfad zu einer großen Plattform neben der eine Maschinerie stand, die diese nach unten und oben bewegen konnte. Oben auf war ein Pentagramm gezeichnet worden, das nach einigem Betrachten meinerseits wohl dazu diente Dinge in den unteren Ebenen zu halten und nicht etwas zu rufen. Die Anführerin der Rebellen, die sich bisher recht ruhig verhalten hatte, wollte weiter nach unten um zu sehen ob dort ihre verschwundenen Kameraden arbeiteten, denn es drangen durchaus Laute aus dem dunklen Loch, an das ich mich allerdings nicht näher wagte sowie ein strenger Geruch nach Vitriol.
Wir ließen uns also von den anderen Rebellen in das Loch hinab lassen und bis zur ersten Ebene fahren, an der wir halt machten und ich mich umsehen konnte. Es führten drei ebenso grob behauene Gänge von der Plattform weg, einer von ihnen war mit einem Gitter versetzt, dass jedoch offen stand. Ich wählte diesen Gang zuerst und schritt, Fackel hell entzündet durch die Gittertür nur um kurz darauf hinter einer weiteren Tür einen großen Raum, der den Betten an den Wänden nach
zu urteilen als Baracke für die Arbeiter benutzt worden war, zu finden. Mehr Aufmerksamkeit jedoch zog ein riesiger Berg Leichen auf sich, der in der Mitte mehr lässig über einem Heptagramm platziert worden war. Ich begann die Leichen etwas zur Seite zu ziehen, um einen besseren Blick darauf zu werfen und zu meinem Erstauen schien auch die Rebellenführerin ein Interesse zu verfolgen. Sie besah sich die Leichen, die ähnlich wie der Wächter oben an der Brücke fast pergamentartige Haut besaßen, genauer und stellte nach einer Weile laut fest, dass der
eigentliche Führer der Rebellengruppe, der den Angriff geleitet hätte, nicht darunter gewesen war.
Endlich das Heptagramm in seinem vollen Ausmaß betrachtend, konnte ich erkennen, dass es sich wohl um einen Dämon der Domäne Widharcals handeln musste, und er für einen längeren Zeitraum gebannt worden war. Die Namensrunen jedoch sagten mir direkt nichts, wenn ich mir auch in etwa vorstellen konnte welche Art Dämon hier gerufen worden war und ich diese groben Informationen an die anderen weiter gab. Daraufhin entdeckte Greifwin ein Loch in der Decke des Raumes nah der Tür und versuchte ins innere zu klettern, stellte aber nach einiger Zeit fest, dass es natürlich zu dunkel dort drinnen war und kam wieder heraus.
Die weiteren Gänge der ersten Ebene offenbarten einige zerrissene Körper, Löcher in den Wänden und im Boden durch die sich wohl der Dämon bewegt hatte und die Geister der Menschen die hier von ihm – oder vielleicht für ihn? – getötet worden waren. Auch einige Pfützen Vitriol lagen auf dem Boden und der erste Kontakt Greifwins mit dieser Substanz äußerte sich in einem raueren Leder an
seinen Füßen. Trotz meiner Hinweise, dass das eine sehr harmlose Substanz war wollte er nicht weiter zuhören und hielt sein bisschen raues Leder für die schlimmste Sache der Welt. Wenn er nur wüsste…
Wir erreichten einen weiteren Raum in dem einige Leichen auf einem Heptagramm lagen, allerdings weniger säuberlich und eher zerfetzt als einfach gestorben. Hier wurde – nachdem ich mir die Symbole genauer angesehen hatten – ein Zant beschworen, und ich fragte mich warum. Die Menschen hier im Raum waren wohl Opfer der Beschwörungsvorbereitungen geworden, aber draußen hatten wir einige Überreste gefunden. Und warum sollte man einen Zant hier herumlaufen lassen? Die Menschen die hier arbeiteten konnten vermutlich eh nicht mehr fliehen und vermutlich waren nicht mehr viele übrig nachdem die Beschwörer wieder verschwunden waren. Auch stellt sich noch immer die Frage warum die beiden Paktierer draußen gestorben waren. Wirklich merkwürdig.
In den restlichen Gängen fanden sich weitere zerfetzte Leichen und Quergänge des Dämons, sowie Geister, die zumindest Greifwin irgendwie zu berühren schienen, welches mich doch etwas Genugtuung empfinde ließ. Wirklich Spuren fanden sich aber ebenso wenig wie wertvolles Erz.
In der zweiten Ebene bot sich ein ähnliches Bild, nur das hier bloß zwei Gänge in die Erde gebaut worden waren. Schon nach kurzer Zeit endete der Gang in dem wir liefen vor einem Loch und Greifwin begann vor sich hin zu murmeln nachdem er hineingesehen hatte, dann zu schreien und zu lärmen, so dass sich Leowulf und Latu um ihn kümmern mussten.
Ich zog mich weiter zurück und begann die Tunnelwand mit Kreide zu bemalen. Zum Beschwören konnte ich dieses Stück eh nicht weiter verwenden.
Etwas weiter entfernt – Greifwin hatte sich inzwischen beruhigt – hatte noch jemand die Wand bemalt. Allerdings mit Blut und nicht mit Kreide und auch bei weitem nicht so Kunstfertig wie meines geworden war. Etwas weiter wurde der Gang von Pilzen bewuchert, die schon an der Oberfläche auf den Leichen gewachsen waren und hier nach genauerem Hinsehen es ebenfalls taten. Ich lief ein Stück weit in den zugewachsenen Gang hinein, löste aber bloß einige kleiner Explosionen von Staub aus den Pilzen aus, die mir Kopfschmerzen und Schwindelgefühle verursachten und ich mich redlich bemühen musste meine Würde zu waren.
Die Geister wurden mehr und jetzt konnte ich sie auch körperlich sehen und nicht nur spüren, dass etwas vor Ort war, was nicht sein sollte. Auch ihre Stimmen wandelten sich von einem unhörbaren Klagen zu einem Wispern nach Rache und Vergeltung.
Die weiteren Gänge offenbarten nichts ungewöhnliches bis auf einen der mit Spinnennetzen verklebt war, die sich nur durch Magie auflösen ließen und auch dann auf eine komische Art und Weise verschmolzen, die mich neugierig auf den Verursacher werden ließ.
Einzig die dritte Ebene blieb noch übrig um untersucht zu werden – direkt nachdem wir alle Gänge in der zweiten Ebene abgelaufen waren, ließ ich uns durch die Rebellen oben bis nach ganz unten hinabfahren, da ich gerne vorher weiß wie lange so etwas dauern kann und demnach wie viele Ebene diese Mine hatte – und hier waren die Geister fast überall. Warum sie sich unten ansammelten war mir ein Rätsel, da hier kaum Tote lagen und die meisten wohl oben getötet worden waren.
Ob Geister im Allgemeinen der Schwerkraft unterlagen, die sie langsam aber unaufhörlich nach unten zog? Oder ob sie von etwas anderem hier unten angezogen wurden? Es blieben alles Spekulationen, die ich irgendwann, wenn ich wieder in zivilisierter Gegenden stoßen sollte mit jemandem vom Fach diskutieren würde müssen.
Die Gänge hier wirkten gröber als weiter oben und die schwarzen Adern im Gestein wurden häufiger, und schon nach kurzer Zeit stießen wir wieder auf einen Gang des Dämons, der jedoch auf dem von den Minenarbeitern gegrabenen Gang verlief. Die Rebellenführerin hatte sich etwas abgesetzt um einen kleinen Seitengang zu untersuchen und als Greifwin ihr Fehlen bemerkte war es schon zu spät. Wir standen alle etwa zwei Schritt von ihr entfernt, als sich von oben Dunkelheit
herabsenkte und die Frau nach oben zog. Ihre Beine spuckte es Augenblicke später wieder herunter. Klarer Fall von selbst Schuld, würde ich sagen. Wenn sie meint sich von uns zu entfernen, ist sie natürlich leichte Beute. Ärgerlich natürlich, weil uns dass die Rebellen von oben mit Sicherheit nicht glauben würden und bestimmt denken, wir hätten sie umgebracht.
Latu überkam wohl die Neugier, denn er meinte sich der Stelle nähern zu müssen um nach oben zu schauen. Und bekam als Antwort direkt einen Regen aus Säure auf seine Haut, die im Gang den einen seltsamen Geruch verbreitete und Latus Gesicht unförmig werden ließ.
Wir zogen uns zunächst schleunigst zurück und ich bat Leowulf meinen Mut zu stärken um dem Dämon entgegentreten zu können – ja eigentlich um ihn beherrschen zu können, aber das musste ich ihm ja nicht auf die Nase binden. Er begann mit seinem Gerede über Mut und Ehre und rondragefälligem Kampf, und ich bemühte mich wirklich zuzuhören, aber irgendwie glitten meine Gedanken immer wieder ins Nichts und ich folgte seinen Erzählungen nur halbherzig.
Irgendwann muss ich dem ganzen völlig entsprungen sein, denn ich hörte neben mir die Stimme der Blonden die mir sagte, dass sie mir helfen könnte, wenn ich nur wollen würde. Ich überlegte nicht lange, was hatte ich schon zu verlieren… ach ja mein Leben hier unten, wenn ich nicht alles probieren würde, was möglich ist. Ich sollte ihren Namen rufen um diese Hilfe zu erlangen. Also öffnete ich die Augen und sah Latu neben mir, der sich besorgt über mich beugte – ob er jetzt
dachte ich sei irgendwie besessen, weil ich während einer Zeremonie, oder wie auch immer die das nennen, bewusstlos geworden war? – und rief den Namen der mir in den Sinn kam. Sehr zum Schrecken der anderen, die mich mit Fragen bestürmten, was ich da gerufen hatte, welchen ich natürlich so gut es eben ging auswich.
Wir hatten gerade beschlossen, den Gang weiter entlang zu gehen, als sich vor uns aus einem weiteren Loch in der Decke der Dämon schob und sein großes Maul in unsere Richtung öffnete. Vielerlei spitze Zähne – die diese Bezeichnung eigentlich nicht verdient hatten – sowie vier tentakelartige Fortsätze und Hörner wiesen auf einen recht starken Gegner hin.
Ich rief Leowulf zu, dass ich Zeit brauchen würde und stimmte mich auf den geistigen Kampf mit dem Dämon ein. Ich versuchte ihn mit Gedanken in einen Käfig meinerseits zu bannen und zu halten konnte nur halb sehen, wie Latu und Leowulf gegen den Dämon angingen und schließlich Leowulf von ihm verschluckt wurde. Ich erhöhte meine Bemühungen fügte dem Käfig weitere Stangen hinzu und gewann schließlich die Kontrolle über ihn.
Erst jetzt wirklich der Situation in der sich Leowulf befand gewahr, hieß ich den Dämon an ihn abzusetzen und dann dorthin zu verschwinden wo er hergekommen war. Mit den üblichen Begleiterscheinungen von Kälte und Dämpfen entschwand er in die siebte Sphäre und ich konnte mir Leowulf genauer ansehen. Er war über und über mit Säure beschmutzt, seine Rüstung unbrauchbar und sein Schwert wohl mit dem Dämon zusammen verschwunden. Erst jetzt fiel mir auf, dass Greifwin fehlte. Feigling! Er hatte uns einfach so hier stehen lassen und da trat er auch aus dem Gang hervor, triumphierend eine große schwarze Kugel in den Händen haltend. Er würde schon noch erhalten was er verdient hatte.
Ich versuchte Leowulf und Latu von ihren Verletzungen wenigstens grob zu heilen und ließ mich dann erschöpft auf den Boden sinken. Greifwin begann davon zu erzählen, dass er in dem anderen Gang – in den er einen taktischen Rückzug unternommen hatte – diese Kugeln gefunden hatte, und dass da noch mehr waren. Schon ein bisschen neugierig lief ich in die Richtung und entdeckte tatsächlich
zwei weitere Kugeln. Eine nahm ich an mich – sie war erstaunlich schwer – und Latu ermahnte uns, dass uns diese aber nicht gehören würden und wir sie den örtlichen Stellen überbringen müssten. Ich hatte den Dämon beseitigt, als gehörten sie wohl am ehesten mir persönlich und nicht irgendeiner ewig weit entfernten Kirche! Aber ich sagte nichts dazu und ließ Latu in dem Glauben, dass wir sie dann übergeben würden, dabei war ich mir ziemlich sicher, dass auch Greifwin das nicht vorhatte.
Die restlichen Gänge offenbarten nichts Außergewöhnliches mehr und so ließen wie uns wieder nach oben bringen und teilten den Rebellen mit, dass ihre Anführerin nun ebenfalls den Tod gefunden hatte. Ob sie uns das glaubten oder nicht lässt sich nicht sagen, denn sie verschwanden, ja flüchteten, als plötzlich eine große Zahl Geister auftauchte und einer von ihnen zu uns zu sprechen begann. Wir sollten der Spur des Todes über den Pass folgen und sie rächen… und ich dachte
wir hätten das bereits getan… wohl ein Irrtum. Sie verschwanden darauf hin und ließen uns recht ratlos zurück.
Wieder draußen – inzwischen war es Nacht geworden – legten wir uns zunächst schlafen und überließen es dem morgigen Tag zu entscheiden was wir tun würden.

1 Kommentar zu Das Leben eines Gezeichneten – Teil 39

  1. Möge der Dämon eine ewig währende Magenverstimmung an meiner geweihten Klinge bekommen!

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