Splittermond – Die Welt
Eine Übersicht über den Kontinent Lorakis
Selten war wohl ein Rollenspielprodukt so lange in vieler Munde wie Splittermond vom Uhrwerk Verlag bis es dann schließlich das erste richtige Produkt dazu gab (zur letzten RPC gab es ja einen wunderbaren Schnellstarter als ersten Einblick). Für einige vielleicht verwunderlich sind nicht etwa die Regeln des Spiels zuerst erschienen, sondern ein Überblick über den bespielbaren Kontinent – für die Regeln wollte man sich extra Zeit lassen und eben alle Anmerkungen von Testspielern auch ordentlich einfügen. Wir haben also hier einen reinen Beschreibungsband der Welt.
Und da den Autoren und dem Verlag natürlich auch klar war, dass wenn sich jemand so eine Übersicht kauft, ja vielleicht auch schon mal damit spielen möchte, wird – irgendwo logisch – darauf hin gewiesen, dass man natürlich die Welt auch mit völlig anderen Regeln bespielen kann. Inhaltlich kann man den komplett in Vollfarbe gehaltenen Band in grob drei Teile aufteilen: Eine kurze Einführung in die Kosmologie, den Kontinent und die Rassen, die eigentliche Beschreibung der einzelnen Teile des Kontinents und einen wiederum recht kurzen Teil über die Tore, Geschichte, Wissenschaft, Waffen und Kulturmodelle.
Außerdem liegt dem Band eine wunderbar große Karte des Kontinents bei auf dessen Rückseite sich eine Übersicht über die größte Stadt des Kontinents befindet.
Einführung:
Hier wird zunächst das Domänenkonzept hinter Splittermond vorgestellt, bei dem der Kontinent Lorakis in einer der Domänen liegt und die anderen drei die Welt der Feen, die Welt der Götter und die der Toten sind und auf jede kurz eingegangen wird. Es folgt eine ganz kurze Übersicht über den Kontinent nach Subkontinenten unterteilt und dann eine Beschreibung der spielbaren und auch (noch?) nicht spielbaren Rassen mit körperlichen und Wesensmerkmalen und deren Verbreitung (bei der sich die Subpopulationen finden, so es welche gibt).
Kennern von DSA wird direkt zu Beginn bei der Beschreibung des Domänen Modells auffallen, dass das Wort „Spähren“ bewusst gemieden zu werden scheint. Obwohl die Beschreibung in vielen Punkten dem Spährenmodell von DSA gleicht, was – wenn man bedenkt woher die Schreiberlinge von Splittermond stammen – wohl kein großes Wunder ist. Der wohl wesentliche Unterschied zu DSA ist das Fehlen der Höllendimension. Solche Wesen werden bei Splittermond wohl aus anderen Domänen kommen.
Die Rassenschreibungen sind eher kurz denn ausführlich gehalten, die Bilder dazu allerdings.. nunja. Wer die bisherigen Bilder zu den Splittermond Charakteren aus dem Starter kennt, wird hier etwas überrascht sein von den doch vergleichsweise einfachen Charakterbildern. Schade eigentlich. Sowas interessiert die Leser doch meisten. Man will ja sehen, wie man aussieht… Das auch die nicht spielbare Rasse der Drachenlinge beschrieben wurden ist eine gute Möglichkeit für jene Spielgruppen, die halt dann doch mal etwas besonderes haben wollen.
Geografie:
Dieser Teil stellt den Hauptteil des Bandes dar und beschreibt Stück für Stück den ganzen Kontinent Lorakis. Dabei wurde besagter riesiger Kontinent (von der Größer her Eurasien), in einzelne große Subkontinente unterteilt, deren Regionen alle ein gemeinsames Thema haben und so inhaltlich zusammen gehören. In jedem dieser sieben großen Stücke werden dann noch je nach Stück zwischen 4 und 19 Unterteilungen in Regionen gemacht, die jeweils einzeln vorgestellt werden. So eine Vorstellung beginnt immer mit einer Übersicht, wie sie DSA Leser schon seit Jahren aus den Büchern kennen in der kurz das wichtigste der Region zusammengefasst wird. Ebenso gibt es bei allen Regionen eine kleine Karte, die diese zeigt und auf der Karte wichtige Stellen vermerkt, wie auch ein bis zwei Bereiche, die „weiße Flecken“ sind. Es gibt eigentlich bei allen Regionen einen Abschnitt über die Geographischen Grundlagen wie eine kurze Beschreibung und ebenso die Erwähnung der dortigen Flora und Fauna und einen ganz kurzen Abriss über die Vergangenheit der Region. Was neben diesen Standardbeschreibungen jedoch noch im jeweiligen Abschnitt zu finden ist, hängt von der beschrieben Region ab. So sind dies oft der dortige Glaube, eine nähere Beschreibung der Herrschaft und spezielles zu seinen Bewohnern. Außerdem gibt es in farbig markierten Kästen noch zusätzliche Informationen etwa zu besonders geheimnisvollen Orten oder Spezialitäten der Region.
Die Beschreibungen beginnen mit Dragorea, einem Subkontinent der am ehesten vergleichbar mit dem europäischem Mittelalter ist. Dort gibt es Ritter und Turniere und alles was so dazu gehört, auch wenn sich die einzelnen Regionen natürlich durchaus in ihrer Ausprägung des Themas unterscheiden und auch abweichen.
Der zweite Bereich Frostlande ist hoch im Norden und erinnert an nordische Legenden mit langen kalten Wintern und Trutzburgen. Er umfasst mit nur fünf Regionen auch den zweit kleinsten Teil, auch wenn es der Fläche nach kein kleiner Bereich ist.
Der dritte Takasadu erinnert den Leser an China und Japan, allerdings nicht das „mittelalterliche“, sondern zu Zeiten der großen Kaiser. Selbst eine Variante der chinesischen Mauer ist eingebaut worden. Dieser Subkontinent hat nur vier Regionen.
Bereich vier – die Smaragdküste – ist eher an Indien und Südostasien, sowie ein wenig an die Karibik mit Urwäldern und Küsten an denen Schätze gefunden werden können, angelegt worden.
Noch mehr Dschungel wartet auf den Leser im fünften Bereich Arakea, der die Dschungel aller Kontinente vereint, natürlich jeweils in eigenen Regionen. So findet man sowohl den afrikanischen als auch den südamerikanischen Dschungel mit seinen Stufenpyramiden.
Der nach Dragorea zweit größte – zumindest was die Menge an Regionen betrifft – Subkontinent Pash Anar ist unserem nahen Osten nachempfunden, und hat sogar wie das Zweistromland zwei Ströme die dort hindurch fließen. Hier findet man Karawanen, Zelte und Wüsten.
Der letzte Teil schließlich beschreibt die inneren Küsten des Kontinents und die „Haupt“stadt Ioria mit seinem Orakel.
Eines kann man direkt vorweg sagen: Der Kontinent ist riesig groß und sehr, sehr vielfältig. Das ganze schlägt sich dann natürlich irgendwo auf die Beschreibungen nieder, denn man kann eine Region von der Größe Deutschlands einfach nicht ausführlich auf drei Seiten beschreiben. Somit hat man beim Lesen zwar leider den „ich will aber meeehher! Infos“ Eindruck, kann sich aber vermutlich sicher sein, dass zu den einzelnen Regionen in Zukunft noch mehr erscheinen wird. Ihre Aufgabe – einen groben Überblick und Lust auf eben jenes mehr zu machen – tun die Beschreibungen jedenfalls hervorragend. Natürlich könnte man jetzt wieder anfangen darüber zu lamentieren ob so verschiedene Kulturen sich über 1000end Jahre halten können, wenn sie regelmäßig direkten Austausch haben ( da spaltet sich ja schon bei manch anderen Land oder Kontinent – Aventurien ganz vorne mit dabei – die Spielerschaft) und ob das so überhaupt einen Sinn ergibt. Das ist aber vermutlich für viele Spieler nicht der wichtige Teil. Sie wollen einfach in einer coolen Region ihre Abenteuer erleben und diese coole Region vielleicht auch mal wechseln.
Was die Vielfalt der Regionen betrifft kann man wahrlich nicht meckern. Wer gerne Mittelalter spielen möchte, bitte alles da, wer mehr asiatisch mag, auch kein Problem. Alte Inkas? Klar doch. Oder Piraten? Sicher. Mit der Vielfalt kommt allerdings auch irgendwo die Entscheidungsträgheit und vor allem auch das Problem, dass die für eine Spielrunde interessante Region vielleicht nie irgendwo in einem offiziellen Abenteuer oder Plot Beachtung finden wird. Einfach weil es viel zu viele dafür sind. Hier wäre es für die Zukunft sicherlich schön, wenn der Verlag Fokuspunkte für bestimmte Produkte bzw Jahre setzen könnte, oder noch besser: Die Spielerschaft entscheiden lassen würde welche Region sie haben wollen für ein Produkt.
Die Idee weiße Flecken auf der Karte zu lassen, die von den Spielgruppen beliebig ausgestaltet werden können ist sicherlich eine Gute gewesen, aber irgendwo kommen einem diese Fleckchen dann doch im Vergleich zum gesamten Kontinent etwas arg klein geraten vor. Natürlich sind sie für sich genommen genug um da 100 Jahre drin zu spielen, aber dennoch, sie wirken wenig.
Leider gibt es in diesem Buchabschnitt auch ein paar Mängel zu beklagen. Es finden sich immer wieder Rechtschreibfehler im Text – gut, dass kennt man ja schon von anderen Produkten aus der Rollenspielszene, aber sowas muss man ja doch nicht nach machen – und auch die Karten sind leider nicht immer so wie sie wollen. Bei zwei Regionen fehlen sie ganz, bei anderen fehlen Teile und Beschriftungen auf den Karten oder sind Namen doppelt. Insgesamt wirkt es einfach als wäre es bevor jemand nochmal drüber gegangen ist in den Druck gegeben worden damit es auch fertig wird. Etwas unklar ist leider auch wie denn jetzt die Sicht der Bewohner auf die Domänen ist. Im ersten Einführungskapitel wurde das ganze als „ja das wissen alle“ dargestellt, aber in den Beschreibungen der Regionen gibt es dann je nach Religion dort unter Umständen ganz andere Ansichten. Ebenfalls nicht klar wird ob es nun die Götter auf der Welt gibt und sie etwas dort tun, oder ob an diese nur geglaubt wird, sie aber entweder nicht existieren oder eben nicht eingreifen. Für beide Varianten finden sich Textstellen und eine klare Aussage wäre schon für zukünftige Spielleiter schön.. vielleicht steht sie auch irgendwo versteckt…
Etwas irritierend ist ebenfalls die Hauptstadt mit dem Orakel auf einer einsamen Insel im Meer. Da wird von zwei Millionen Einwohnern gesprochen – keine kleine Zahl (Wikipedia spuckt für Hamburg und München weniger aus!) und in der Beschreibung der Flora heißt es dann: karg. Hmpf. Im Text wird zwar erwähnt, dass es dort Landwirtschaft gibt, aber wie die auf einer Insel aussieht, die „karg“ ist, kann man sich wohl vorstellen. Schwierig auf jeden Fall. Und ja, es gibt einen Hafen (der aber nicht die Stadt selbst ist) und eines von den Toren (das sich alle zwei Monate öffnet), aber.. wie sollen bitte zwei Millionen Menschen dort ernährt werden? Über Fischfang und Handel, steht im Text, aber das reicht einfach bei zwei Millionen nicht. Nimmt man als Vergleich das römische Reich, dann konnte Rom nur deshalb derart groß werden, weil sie ständig (und ohne dafür bezahlen zu müssen) lecker Korn aus Ägypten bekommen haben. Als das zu ende war, war es das auch mit der Weltmetropole Rom für lange Zeit. Und daher passt das irgendwie nicht und es ist schade das nicht mal angesprochen wird, dass dieses Problem besteht. Die Leben da ja nicht von Orakelsprüchen. Hier wäre es schön wenn da nachträglich noch etwas mehr drauf eingegangen würde.
Zusätzliche Informationen:
Hier finden sich zunächst einmal die einzelnen fünf Mondpfade und Tore in aller Kürze (eine halbe Seite pro Pfad) mit deren Öffnungsrhythmus und der Wegstrecke zwischen den Portalen, die zurückgelegt werden muss – und durch die Feenwelt führt. Auf den darauf folgenden acht Seiten gibt es einen kurzen Abriss über die Geschichte des Kontinents mit den wichtigsten Ereignissen in den einzelnen Regionen und dann einen Überblick über die gesprochenen (und geschriebenen) Sprachen. Es folgen Übersichten über das Wissen und die Wissenschaft, Waffen und Rüstungen, Handel und die wichtigsten Götter des Kontinents.
Den letzten Abschnitt bilden die Kulturmodelle mit denen man dann später mit den Regeln zusammen Charaktere aus den entsprechenden Kulturen wird spielen können.
Geschichtskenner werden hier vermutlich wieder die Hände über dem Kopf zusammenschlagen über den Mischmasch an Wissen und Fertigkeiten, die da miteinander kombiniert wurden, aber zum Glück gibt es ja viele Spielgruppen, die das überhaupt nicht kratz und die bloß wissen möchte wie der „Ist“- Zustand gerade ist. Und das wird hier zwar recht knapp, aber für einen ersten Eindruck ausreichend beschrieben.
Fazit:
Der Weltenband von Splittermond ist eine vielfältige Beschreibung eines riesigen Kontinents, der Ideen und Lust auf Abenteuer dort erzeugt und wenn man die paar Lektorats- und Korrektoratsfehler ignorieren kann, einer Spielgruppe auch jetzt schon ohne die Splittermondregeln einen Kampagnenschauplatz bietet. Auf jeden Fall mal einen Blick reinwerfen.
P.S. Wer ein paar Bilder aus dem Buch sehen möchte, kann dies auf der Seite von Arkanil tun – die dortige Rezension vergleicht das Produkt direkt mit Aventurien und Myranor.
„Etwas irritierend ist ebenfalls die Hauptstadt mit dem Orakel auf einer einsamen Insel im Meer. Da wird von zwei Millionen Einwohnern gesprochen – keine kleine Zahl“
Kleiner Hinweis: Ioria hat „nur“ 1,2 Millionen Einwohner, so steht’s jedenfalls im Splittermond Welt-Band. Da ist die Nahrungsversorgung auf einer Insel natürlich immer noch eine logistische Herausforderung erster Güte, klar. Aber diese Zahl hat wenigstens ein historisches Vorbild, nämlich das antike Rom zur Zeit Kaiser Konstantins mit ca. 1 Million Einwohnern.
Das ist richtig, aber man muss sich dabei vor Augen führen welcher logistische Aufwand betrieben werden musste um Rom zu versorgen – ohne ägyptisches Getreide gab es in Rom Hungersnöte, und das schon zu Zeiten von Cäsar und Augustus
Die Versorgungsfrage von Ioria wird übrigens gerade im Splittermond-Forum diskutiert. Wen’s interessiert, kann sich hier informieren oder mitdiskutieren: Fragen über Ioria
http://forum.splittermond.de/index.php?topic=1596
Top! Bedankt für den Hinweis.