Eldritch Horror
Arkham Horror in weltweitem Gewand
Eldritch Horror ist der jüngste kooperative Neuzugang in der Cthulhu Familie von Fantasy Flight. Ähnlich wie auch die anderen Ableger nutzt das Spiel das gleiche Corporate Design, dieselben Charaktere und ähnliche Mechanismen die erstmals durch Arkham Horror eingeführt wurden. Im Gegensatz zum abstrakten Elder Sign gehen die Parallelen zu Arkham Horror aber diesmal deutlich über Äußerlichkeiten hinaus. Ganz im Gegenteil: Eldritch Horror ist so eng an dem großen alten Ungetüm angelehnt das es meines Erachtens als eine Art Arkham Horror 2.0 bezeichnet werden kann.
Grundidee
Eldritch Horror geht von einer ähnlichen Annahme aus wie die anderen kooperativen Cthulhu Spiele aus dem FFG Verlagshaus: Die cthuluiden Schrecken sind in die Welt eingebrochen und ein großer Alter steht kurz davor die Welt zu überrennen, es brechen überall Tore zu anderen Welten und Dimensionen auf und diverse Kreaturen kommen durch diese in die Welt der Roaring Twenties. Soweit haben wir es mit einer etwas pulpigen Variante des Lovecraftschen Horrors zu tun, die man nicht allzu eng an der Vorlage messen sollte aber den Stoff intensiv aufgreift. Wir schlüpfen selber in Charaktere aus den Lovecraftvorlagen die sich mit diesen Monstren anlegen, versuchen die Dimensionstore zu schließen und am Ende hoffentlich den großen Alten aus unserer Welt fernhalten. Soweit die Grundidee.
Mechanik
Spielmechanisch sind Arkham und Eldritch Horror der Versuch eines Brettrollenspiels das sich etwas verselbstständigt hat. Neben einer eher klassischen Planungsphase bei der wir unsere Charaktere nach recht simplen Regeln bewegen, ausruhen lassen etc. schließt sich eine Begegnungsphase an die den großen Teil des Spielerlebnisses ausmacht. Hier erleben wir eine kurze Begegnung die auf den jeweiligen Ort ausgerichtet ist und uns mit Proben oder Kosten in Form von Schaden, abzugebenden Markern etc. konfrontiert um uns meist einen kleinen Vorteil zu geben. In diesem Grundgerüst sind sich die beiden Spiele ähnlich und wer Arkham Horror kennt wird vieles wiederfinden – aber im Detail liegen doch stark spürbare Unterschiede.
Planen
Die – wie ich Sie nenne – Planungsphase macht den etwas klassischeren Teil einer Eldritch Horror Runde aus. Jeder Charakter verfügt über zwei Aktionen, die er in fast beliebiger Kombination verwenden kann. Zuerst wäre da natürlich die Bewegung. Die Charaktere spielen diesmal auf globalen Maßstab, bewegen sich dafür aber recht fix um die Welt. Mit einer Aktion können Sie ein Feld weit reisen, was in der Spielwelt zum Beispiel einem Sprung von Rom zu den großen Pyramiden bedeutet. Mit einer vorher durchgeführten Reisevorbereitung kann man sogar bis zu zwei weitere Felder reisen, also problemlos einen Kontinent wechseln. Das Reisen ist dabei geschickt gelöst. Die verschiedenen Orte sind durch Schienen, Bootsfahrten oder Trampelpfade verbunden, wobei man die beiden ersteren durch genannte Reisevorbereitungen schneller überqueren kann. In Städten mit Bahn- und/oder Schifffahrtsverbindungen kann nämlich ein Ticket für einen der beiden Typen erworben werden und später oder in derselben Runde als zusätzliche Bewegung genutzt werden. So können wir uns 2 oder in selteneren Fällen 3 Felder bewegen.
Finden sich keine Monster auf dem Feld können wir uns außerdem ausruhen, was uns einen Lebens- und Geisteskraftpunkt wiederherstellt und ermöglicht Verletzungen und Traumata auszukurieren. Außerdem können wir – neben Sonderaktionen die unsere Charaktere oder Gegenstände ermöglichen – einkaufen gehen. In jeder Monsterfreien Stadt können wir nämlich nützliche Gegenstände, Verbündete oder Serviceleistungen erwerben…
Shopping
Die Einkaufregeln sind ein gutes Beispiel dafür wie sich die beiden Horror-Spiele bei aller Ähnlichkeit unterscheiden. Zuerst einmal gibt es nur noch einen allgemeinen Kartenstapel der Verbündete ebenso wie Ausrüstungen oder einmalige Services umfasst. 4 Karten dieses Stapels liegen immer in einer offenen Auslage von der von jeder Stadt aus eingekauft werden kann. Statt also die schwarze Katze aus dem Sack zu kaufen wissen alle Ermittelnden immer was zur Verfügung steht und können fast überall auf dem Spielbrett eine Aktion aufwenden um einzukaufen. Es ist also keine lange Reise in einen Spezialitätenladen nötig der dann auch noch eine vorher unbekannte Auswahl feil bietet. Es ist noch nicht einmal mehr nötig wie in Arkham Horror auf eine Begegnung zu verzichten, da der Kauf lediglich eine Aktion der Planungsphase raubt.
Außerdem finden zwei weitere entscheidende Änderungen zu Arkham Horror statt. Zum ersten ist der Stapel deutlich übersichtlicher geworden und es finden sich eigentlich nur noch nützliche Gegenstände die meist deutlich einfachere und tendenziell stärkere Regeleffekte haben als in Arkham. Dadurch mag etwas Reiz verloren gehen, da auf manche komplexen Effekte verzichtet wurde und man die Gegenstände nach einigen Partien kennt, das shoppen wird aber deutlich attraktiver und taktisch kalkulierbarer.
Eine letzte große und vielleicht die entscheidende Änderung ist der komplette Verzicht auf Bargeld. Die Gegenstände haben zwar immer noch einen Preis, dieser Wert von 1-4 zeigt aber eine abstraktere Schwierigkeit an mit der das Objekt, der oder die Verbündete oder eine Serviceleistung über Kontakte oder ideelles Vermögen erworben werden kann. Um einzukaufen wird dabei einfach eine Probe auf den Einflusswert des Charakters geworfen, wobei so viele Würfel geworfen werden wie dem Wert entspricht und eine 5 oder 6 als Erfolg gilt ( das ist auch das Probensystem für das ganze Spiel ). Die Anzahl der Erfolge bestimmt nun das Vermögen mit dem Karten aus der Auslage erworben werden können. Um etwas mehr Stabilität zu gewährleisten darf man außerdem zwei zusätzliche Erfolge für einen Schuldschein kaufen. Dieser wird durch eine spezielle Konditionskarte dargestellt auf die ich später noch zurückkomme.
Begegnungen
Haben alle Spieler ihre beiden Aktionen ausgeführt beginnt die zweite Phase einer Runde – die Begegnungsphase. Im Grunde ist diese ganz simpel, es wird ein Kartentext verlesen der meist eine Probe verlangt um dem Charakter einen Vorteil oder zumindest keinen Nachteil zu verschaffen. Die Proben sind dabei in einen netten Text eingebunden der eine kleine Geschichte erzählt. Dabei werden meist Proben auf die vier Werte: Mythoswissen (Lore), Stärke, Aufmerksamkeit oder Willensstärke gefordert. Als Belohnung kann es Lebens- oder Geisteskraftgewinne, Gegenstände, Hinweismarker (dienen für Neuwürfe und als Kosten für bestimmte Aufgaben) oder besondere Vorteile geben, als Strafen lauern Lebens- und Geisteskraftverluste, geklaute Gegenstände, Verzögerungen für die Reise (der Charakter setzt eine Planungsphase aus) oder sogar Verletzungen die jeweils durch Konditionskarten dargestellt werden.
Soweit ist die Mechanik kaum innovativ, wenngleich die Begegnungen deutlich aufgeräumter und weniger chaotisch verlaufen als bei Arkham. Um den Geschichtseffekt möglichst konsistent zu erzielen gibt es wie gewohnt eine ganze Reihe an verschiedenen Begegnungskartenstapeln die je nach Situation zum Zuge kommen. Ein großer Unterschied zu Arkham ist dabei, dass die Ermittler bei verschiedenen möglichen Begegnungen selber auswählen dürfen welche Begegnung sie wählen.
Grundsätzlich ist jedes Feld auf der Welt einem von 3 Regionaltypen zugeordnet. Wir haben es entweder mit einer Stadt, einem Seefeld oder Wildnis zu tun. Daher können wir immer eine Begegnungskarte aus dem allgemeinen Begegnungsstapel wählen bei dem jede Karte eine Begegnung für jede der 3 Regionen bereithält. Dadurch passen die Begegnungen immer recht gut zum Ort und ist der Stapel praktisch dreimal so umfangreich da er je Regionaltyp eine eigene Begegnung erhält.
Diese Mechanik ist aus Arkham Horror bekannt und würde alleine ein recht langweiliges Spiel ergeben. Daher können wir uns auf den 9 namentlich benannten Städten außer der Standardbegegnung dafür entscheiden eine Stadtspezifische Begegnung zu erleben. In dem Fall kommt einer der 3 „Kontinentsstapel“ zur Verwendung der jeweils 3 Städte und somit 3 mögliche Begegnungen umfasst – wieder einmal je Stadt eine. Diese Begegnungen bringen einen vorher grob bekannten Effekt zu Tage. Jede Stadt enthält einen kurzen Hinweis auf die Art bzw. den Effekt der Begegnung. So können wir an manchen Orten ein Attribut erhöhen, an anderen Hinweismarker generieren und wieder anderswo Zauber erhalten. Wie das ganze von statten geht gibt uns dann die Begegnung an und in manchen seltenen Fällen werden wir leider auch enttäuscht.
Eine ähnliche Mechanik findet auch bei den bereits angesprochenen Hinweisen Anwendung. Die passenden Marker werden immer wieder zufällig auf dem Spielbrett platziert und an diesen Orten dürfen wir uns nun entscheiden eine besondere Hinweisbegegnung zu erhalten. Dieser recht umfangreiche Stapel wird durch den großen Alten gestellt und führt dazu, dass wir je nach großem Alten andere Hinweise sammeln die uns zu ihm führen. Dies ist zwar hauptsächlich ein Storyeffekt, da wir letztlich doch noch nur neutrale Hinweismarker sammeln, es werden aber je nach großem Alten andere Mechaniken eingesetzt, so dass sich das Spiel hier deutlich ändern kann. Ansonsten funktioniert das Sammeln von Hinweisen aber wie eine übliche Begegnung. Je nach Regionaltyp gibt es eine andere Aufgabe und bei Erfolg gibt es den Hinweismarker, bei großem Erfolg manchmal sogar einen zusätzlichen Marker aus dem Vorrat.
Damit nicht genug gibt es zusätzlich 6 namentlich benannte Expeditionsorte wie die Antarktis oder die großen Pyramiden. Diese geben in den meisten Fällen lediglich eine allgemeine Wildnisbegegnung, eines der Felder besitzt jedoch immer einen Expeditionsmarker der eine besondere Expeditionsbegegnung ermöglicht. Dazu existiert ein eigener Expeditionsbegegnungsstapel, dessen Rückseiten den jeweiligen Expeditionsort angeben. Dadurch wird immer eine passende Begegnung erzeugt und nach Erfolg oder Misslingen wird automatisch ein neuer Expeditionsort bestimmt, da die nächste Karte des Stapels nun als Expeditionsort gilt. Darüber hinaus sind diese Begegnungen zweistufig. Zuerst muss eine erste Teilbegegnung durchgeführt werden um direkt im Anschluss je nach Erfolg- oder Misserfolg eine positive oder negative zweite Teilbegegnung zu absolvieren. Haben wir also beispielsweise einen mysteriösen Begleiter nicht mit unserem Einfluss von uns überzeugen können folgt eine zweite Aufgabe um negative Effekte abzuwehren. Hätten wir ihn von uns begeistert würden wir eine andere zweite Aufgabe durchführen die uns eine Belohnung – meist in Form eines mächtigen Artefaktes – erbringen würde.
Ebenfalls auf diese mehrstufige Weise finden Begegnungen in anderen Dimensionen statt. Auch hier wurde wieder etwas entschlackt. Befinden wir uns auf einer Stadt mit Tor (nur in den namentlich bezeichneten Städten können sich Tore öffnen) können wir eine Begegnung von einem Andere-Welt-Stapel wählen und werden hier in eine zufällige andere Dimension geworfen die uns eine zweistufige Begegnung gibt. Laufen beide Teilbegegnungen gut ist das Tor meist geschlossen, läuft es schlecht haben wir vermutlich einige Blessuren davongetragen.
Damit sind (fast) alle möglichen Begegnungen abgehandelt. Auch Aktionen um Nebenaufgaben zu lösen werden meist in Form einer Begegnung abgehandelt, was die Spielstruktur sehr konsistent hält und noch mehr Abwechslung in den Begegnungsalltag bringt. Zudem können uns manche Konditionen (z.B. ein Gefängnisaufenthalt) zwingen die Begegnung auf der Rückseite der Kondition durchzuführen.
Monster
Befinden sich Monster auf einem Ort verhindern diese die meisten Aktionen. Die Ermittler können zwar noch manche Spezialfertigkeiten nutzen, sich problemlos wegbewegen oder ihre Reise vorbereiten. Rasten oder Einkaufen werden jedoch von der Präsenz des Monsters verhindert. Auch die Begegnungen dürfen erst genutzt werden wenn kein Monster mehr im Weg steht. In der Begegnungsphase müssen daher zuerst alle Monster bekämpft werden – was durch eine Geistes- und Kampfprobe geschieht. Wurde der jeweilige Schadenswert nicht erreicht erleidet man Schaden in Höhe der Differenz. Außerdem erzeugt jeder Kampferfolg einen Schadenspunkt beim Monster, was im Gegensatz zu Arkham Horror nun auch über mehrere Runden bekämpft werden kann. Das Kampfsystem ist etwas simpler geworden und reißt nicht mehr die Planungsphase auf, sondern findet einheitlich zu Beginn der Begegnung eines Charakters statt. Überhaupt sind die Monster nicht mehr so zentral da sie leichter umgangen werden können. Manche Sondereffekte hindern die Spieler jedoch daran die Monster zu ignorieren da Sie den Bedrohungslevel beeinflussen können, Ermittlern Schaden zufügen können oder andere Bosartigkeiten aushecken solange sie auf dem Spielfeld sind. Meist geschieht das im Rahmen eines „Reckoningeffektes“ auf den ich später zu Sprechen komme..
Ebenfalls schön ist, dass versucht wurde verschiedene Monster durch Sondereffekte zu erzeugen und dass manche Monster an vordefinierten Expeditionsorten erscheinen. Dass die Bewegung nur noch als Sondereffekt mancher Monster stattfindet macht das Spiel ebenfalls schneller, aber sicher auch ungewohnt für Arkham Horror Fans.
Der Mythos schlägt zurück
Sind alle Begegnungen abgehandelt ist der Mythos an der Reihe. es wird eine Mythoskarte aufgedeckt die allerhand schlimme Dinge für die Ermittler bereithält.
Grundsätzlich gibt es 3 verschiedene Typen von Mythoskarten. Der häufigste Typ lässt die Sternenkonstellation vorrücken, was bedeutet dass für jedes Dimensionstor mit dem passenden von 3 Symbolen der Bedrohungsgrad steigt und sich so die Zeit bis zum Erwachen des großen Alten reduziert. Direkt danach wird der schon erwähnte und erstaunlich mächtige Reckoningeffekt ausgelöst, der eine ganze Reihe von Karteneffekten aktiviert. Alle Konditionen, Monster und oft auch der große Alte selber, die ein Reckoningsymbol enthalten lösen nämlich jetzt die damit verbundenen Effekte aus. Häufig ist dies ein unbekannter Effekt der auf der Rückseite von Konditionen steht, es eskalieren Effekte oder eine Zeitleiste von Nebenaufgaben nimmt ab. Danach öffnet sich ein Tor in eine andere Welt, wobei der Torstapel aus 9 Toren besteht, deren Rückseite direkt den passenden Ort und das „Sternzeichen“ des Tores angibt.
Dazu gibt es – wie bei jeder Mythoskarte – einen kleinen Stimmungstext und ein besonderes Event das die Geschicke der Ermittler und Ermittlerinnen mal mehr und mal weniger betrifft.
Der zweite Typus ist etwas einfacher. Wiederum rückt das Sternzeichen vor und senkt die Zeit bis zum Erwachen des großen Alten und danach brechen an jedem Tor mit passenden Sternzeichen Monster in die Welt ein. Findet sich kein Tor des Zeichens auf dem Spielplan erscheint ein neues Tor. Bevor der Spezialeffekt der Karte abgewickelt wird werden außerdem noch Hinweismaker platziert, wobei die Rückseite jedes Markers wiederum den Ort angibt an dem er erscheint – entweder an einem der namentlich benannten Orte oder an den durchnummerierten Feldern. Der schöne Seiteneffekt ist das so keine Markerhäufchen entstehen und man auch nach versehentlichen verschieben feststellen kann wo der Marker hingehörte.
Der letzte seltene Typ sind die überaus einflussreichen Gerüchte. Diese haben meist andauernde Effekte die den Spielern das Leben schwer machen. Zwar werden mit Erscheinen dieser Gerüchte immer auch Hinweise platziert, ansonsten wird es aber meist haarig. Einige Gerüchte verhindern ab ihrem Erscheinen bestimmte Aktionen. So können z.B. keine Expeditionen unternommen oder keine Tore geschlossen werden. Um das Gerücht zu ‚lösen‘ muss zumeist an einen passenden Ort gereist werden und statt einer Begegnung eine Probe absolviert und eine gewisse Anzahl an Hinweismarkern oder Ähnlichem abgegeben werden. Manchmal muss auch ein episches Monster besiegt werden das durch das Gerücht passend bestimmt wird.
Auch die anderen Gerüchte werden meist auf diese Arten gelöst. Anstatt aber etwas zu verhindern lösen sie mit jedem Reckoningsymbol negative Effekte aus, wie das Ansteigen des Bedrohungslevels oder Lebenspunktverluste. Bei den meisten Gerüchten nimmt jedoch mit jedem Reckoningsymbol lediglich die Zeit ab bis ein starker Effekt eintritt. So kommen diese Gerüchte mit einer bestimmten Anzahl an Spielsteinen ins Spiel, wobei nach jedem Reckoningsymbol ein Marker entfernt wird. Die Effekte die nach Ablauf der Zeit eintreten sind meist einschneidend. So können alle Hinweismarker verloren werden oder das Spiel wird schlicht und ergreifend verloren.
Um den Effekt dieser Karten etwas zu kontrollieren findet eine bestimmte Vorauswahl der Karten statt. Da es fatal wäre wenn sich die harten Gerüchte früh häufen oder es keine Erholungen zwischen den Reckoningkarten gäbe wird die Zusammensetzung des Stapels durch den großen Alten bestimmt. Dabei wird nicht nur das Mischungsverhältnis der Karten bestimmt (es gibt meist 2 Gerüchte und etwa jede zweite Karte ist ein Reckoningeffekt) sondern auch dafür Sorge getragen dass sich die Gerüchte oder Reckoningeffekte nicht bündeln. Zu diesem Zweck werden drei kleine Stapel erstellt die jeweils separat gemischt und dann aufeinander gestapelt werden. Was in den ersten Partien unnötig wirken mag, zeigt sich als wichtiges Werkzeug um ein faires Spielerlebnis zu gewährleisten.
Der große Alte
Wie schon erwähnt ist es unsere Aufgabe das Erwachen des großen Alten zu verhindern. Dies geschieht im Gegensatz zu Arkham Horror jedoch nicht mehr durch das Schließen der Tore. Diese sollten wir kontrollieren um Monsterfluten zu vermeiden und den Bedrohungslevel niedrig zu halten, für das eigentliche Spielziel haben die Tore aber eigentlich keine Funktion mehr. Stattdessen kommt jeder große Alte mit mehreren Mysterykarten (5 im Grundspiel und eine zusätzliche in der ersten Erweiterung) von denen drei ausgewählt werden. Wurden diese drei nacheinander gelöst ist das Spiel gewonnen. Grundsätzlich funktionieren diese Karten ähnlich wie Gerüchte. Meistens muss eine Ressource an einen Ort gebracht werden und in einer Begegnung nach erfolgreicher Probe abgegeben werden. Diese Mechanik ist simpel und kehrt oft wieder, das Spiel unterscheidet sich aber deutlich dadurch welche Ressourcen gefragt werden. So müssen bei einem großen Alten Zauber abgelegt werden und bei einem anderen etwas einfacheren Hinweismarker platziert werden. Manchmal reicht es auch aus einfach gesammelte Hinweismarker direkt auf der Mysterykarte zu platzieren. Daneben gibt es recht überraschende Aufgaben, die uns teilweise für den großen Alten spezifische Begegnungen an einem vorher kaum genutzten Ort erleben lassen, mit einem epischen Monster konfrontieren oder uns zwingen Zauber zu sprechen die wir danach ablegen. Grundsätzlich sind diese Mechaniken gelungen und teilweise wirklich geschickt umgesetzt. Auch wenn die Standardaufgaben etwas eintönig werden können sind sie zumindest taktisch herausfordernd.
Der große Alte bestimmt sich neben den eigenen Ziel- und Hinweiskarten durch eigene Werte für die Kultisten und häufig einen eigenen Reckoningeffeckt, wodurch starke Abwechslung hinzukommt. Sinkt die Bedrohungsleiste auf 0 erwacht der große Alte und wird umgedreht wodurch meist eine zusätzliche Zielsetzung und härtere Kultisten und Reckoningeffekte ausgelst werden. Einen Endkampf wie man ihn von Arkham Horror kennt gibt es in der Form nicht.
Regelkniffe
Der Spielablauf selber ist nicht sonderlich innovativ, es bleibt letztlich bei einer Planungs-, einer Begegungs- und einer Mythosphase. Wesentlich innovativer sind einige kleine Regelmechanismen die das Spiel deutlich ballastärmer und runder machen als Arkham Horror oder auch andere größere Koopspiele wie z.B. Robinson Crusoe. Bereits bei der Einkaufsmechanik sollte deutlich geworden sein wie auf Kosten von Detailreichtum auf weitere Marker oder unplanbares Chaos verzichtet wurde. Und auch die Nutzung der Rückseiten um Hinweis- oder Tormarker zu platzieren ist eine deutliche Erleichterung gegenüber Arkham Horror. Mit letzterem werden sogar Regelkonflikte für mehrere Tore auf einem Ort vermieden und lässt sich etwas besser Planen wo noch Dimensionsrisse drohen.
Besonders hervorzuheben sind aber die bereits angedeuteten Konditionen. Sehr viele Effekte die durch Begegnungen entstehen können werden durch solche Konditionen dargestellt. Die Ermittler können diverse Wunden (Beinbrüche, Rückenverletzungen etc.), Geisteskrankheiten (Amnesien, Halluzinationen, Paranoia), Gefangennahmen, Segnungen (auch 4en gelten als Erfolge), Flüche (nur 6en gelten als Erfolge), Schulden oder sogar dunkle Pakte als Konditionen erhalten. Diese zeigen meist Unmittelbar keine Effekte und die Vorderseite gibt meist lediglich eine Option an wie die Karte abgeworfen werden kann. Dafür wird bei jedem Reckoningeffekt der rückseitige Effekt ausgelöst der manchmal durch eine Probe abgewehrt werden kann. Der Kniff daran ist, dass jede Kondition mehrmals vorhanden ist und man die Rückseite ohne Hellsichteigenschaft nicht anschauen darf. So können verhältnismäßig umfangreiche Effekte abgewickelt werden die durch die Karte immer präsent sind und wenig Raum einnehmen.
Ein ähnlicher Effekt findet auch für Zauber Anwendung. Die Zauber sind allgemein etwas einfacher gehalten als in Arkham und haben meist starke Effekte. Nach dem Zaubern wird allerdings die Rückseite betrachtet die je nach Erfolgszahl andere Effekte erzeugt. Wenige Erfolge führen meist zu negativen Konsequenzen für den Zaubernden, sehr viele Erfolge zu einem Zusatzeffekt und eine angemessene Erfolgsanzahl löst einfach den Standardeffekt aus. Auch hier gibt es je Zauber verschiedene Rückseiten, die natürlich nach dem ersten Wirken bekannt sind.
Spielumfang
Eine große Schwachstelle von Eldritch Horror ist leider der Umfang. Das Grundspiel kommt zwar mit 4 gut ausgearbeiteten großen Alten daher, dafür sind die Begegnungsstapel erstaunlich knapp bemessen. Je „Kontinent“ gibt es lediglich 9 Karten, was zwar immer noch 27 Begegnungen ergibt, es kommt aber spätestens bei der zweiten Partie zu deutlichen Wiederholungen. Verweilt man lange an einem Ort kann man sogar mit viel Pech mehrmals pro Partie die gleiche Begegnung erleben. Ähnlich schlecht steht es um die 11 Standardbegegnungskarten und um den Expeditions- und Andere-Welt-Stapel die ebenfalls nur eine gute Partie abdecken. Dieser Effekt wird mit der ersten bereits erhältlichen Erweiterung etwas besser. Mit dieser werden alle Stapel auf mindestens 16 Karten angehoben und es gibt sogar für die meisten Konditionen neue Karten. Dadurch wird die erste Erweiterung fast zur Pflicht und weiß mit Yig einen wirklich guten großen Alten mitzuliefern und versorgt die Spieler mit einer knackigen aber sehr gut umgesetzten Vergiftungskondition. Auch wenn leider keine neuen Ermittler und Standardmonster geliefert werden erhöht es den Wiederspielwert deutlich.
Fazit
Eldritch Horror ist für mich das beste Spiel in der Cthulhu Reihe. Die Regeln sind enorm klar und rund und auch der weltweite Rahmen des Spiels gefällt mir. Es ist für mich wesentlich passender das in einzelnen Städten auf der Welt Tore auftreten und Monster erscheinen als das ein kleines Städtchen in New England mit Monstermassen überflutet wird. Überhaupt mag mir der etwas klarere taktischere Ansatz zu gefallen. Dieser geht zwar etwas auf Kosten des vielleicht auch liebgewonnenen Chaos und der hunderten kleinen leicht unterschiedlichen Gegenstände die Arkham Horror mittlerweile auf den Markt gebracht hat, das aufgeräumtere Spielerlebnis fühlt sich aber dafür sehr frisch an.
Daher ist es meines Erachtens am ehesten für Gelegenheitsspieler geeignet. Zwar ist es immer noch ein anspruchsvolles Spiel das mit mindestens 3 Stunden zu Buche schlägt, der Regelwust ist aber deutlich schneller durchschaubar zumal auch die Regelhefte gut organisiert sind.
Der gemütliche lokale Flair des großen Bruders fällt leider etwas weg und die bereits erwähnte beschränktere Anzahl der Ereignisse und Gegenstände ist schade, aber letzteres wird sich hoffentlich mit weiteren Erweiterungen noch mehr beheben.
Wer sich also etwas für Cthulhu und Koopspiele interessiert und schwerere Spiele nicht scheut sollte meines Erachtens zuschlagen. Wer Arkham Horror besitzt und damit zufrieden ist sollte für mein Dafürhalten trotzdem einen Blick riskieren, da Eldritch Horror ein völlig eigenständiges Spiel ist das die meisten Ecken und Kanten des Vorbildes beheben konnte. Gerade wenn Arkham Horror eher verstaubt und man die große Aufbau- und Einstiegshürde scheut kann Eldritch Horror genau das richtige für einen gelegentlichen Spieleabend sein.
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