Drachendämmerung

Einsamer Wolf Band 18

Das es der Einsame Wolf mittlerweile auf Deutsch bis in den 18. Band geschafft hat ist allemal eine Leistung. Wurde die Serie in den 80ern bei Goldmann nur bis zum 12. Band veröffentlicht, kann man nun auch den Großteil der Großmeister-Reihe spielen, der sich mit dem Wiederaufbau des Kai-Ordens befasst.

Handlung

In Band 18 – Drachendämmerung – geht es entgegen dem Titel zuerst um die gefahrvolle Rückreise zu unserer Kai-Abtei. Rückkehrend aus dem 17. Band, wo wir uns dem Todeslord gestellt haben und schließlich in der Stadt Vadera gelandet sind. Hier erfahren wir von einem Angriff auf die wiedererrichtete Kai Abtei und machen uns schnellstmöglich auf den Weg in unser geliebtes Sommerlund. Da wir mittlerweile ein Kai Großmeister sind wissen wir das es am schnellsten ist die Strecke alleine zurückzulegen und machen uns gleich auf den Weg.
Diese Reise macht etwa 2/3 des Buches aus und führt zu einem der Abwechslungsreichsten Bänden der Reihe. Statt uns durch Dungeons, anderen Dimensionen oder eisige Länder des Bösen zu kämpfen geht es für uns direkt durch das nördliche zentrale Magnamund wo wir verschiedene Dörfer durchqueren und auch mit der normalen Bevölkerung in Kontakt kommen. Die Welt des Einsamen Wolfes ist rau und von Krieg und politischen Konflikten zerrissen. Auch wenn die Reise unter freiem Himmel viel Spaß macht und für durchaus amüsante Alltagsszenen sorgt darf man hier keine Fantasyidylle erwarten. Grausige Bestien, plündernde Menschenheere, Geisterreiter und anderes Kroppzeug können überall lauern. Eine der großen Konfliktlinien in diesem Band ist der Konflikt zwischen Palmyrion und Eldenora, wobei sich letztere hauptsächlich in der Gestalt wild plündernder Reiterbanden zeigen. Dieser Konflikt den wir auch im Bonusabenteuer begleiten ist stellenweise ziemlich blutig und wir bekommen ein relativ plausibles Bild vom Kriegsalltag. Zwar mischen wir uns nicht stark in den Konflikt ein, wir kommen aber mit einigen Geschehnissen des Konflikts in Kontakt und beziehen dabei Stellung gegen die Eldenoren hinter denen offensichtlich mehr steckt als bloß der Wille zu plündern. Auf diesem Weg können wir einige kleinere Geheimnisse lüften und erleben sogar einen sehr unerwarteten Verrat. Die Handlung kann überzeugen und erreicht in einem Finale an der Kai Abtei einen würdigen Höhepunkt.
Die Reise ist erstaunlich lang auch wenn sie sich über die üblichen 350 Abschnitte erstreckt. Dafür sorgt gerade am Anfang eine gewisse Linearität. Anfangs sind die meisten Entscheidungen Zufallsproben oder Fertigkeitsabfragen. Letztere fragen dabei fast immer die neuen Fertigkeiten ab, setzen aber zurecht voraus das wir die vorausgehenden Grunddisziplinen beherrschen. So bleibt es eine angemessene Herausforderung,der Text gesteht uns aber auch wenn wir Fertigkeiten nicht besitzen meist ein gewisses bestehen zu. Häufiger müssen wir so beispielsweise unsere Heilkünste einsetzen. Besitzen wir die Fertigkeit auf dem hohen Level des Großmeisters können wir Personen vor dem sicheren Tod retten bzw. diesen herauszögern, besitzen wir es nicht versagen wir aber nicht gleich, sondern können das Leben nur weitaus kürzer verlängern oder verliert in diesem Zuge selber Ausdauer. Auch wenn man unpassende Fertigkeiten besitzt kommt man also gut durch das Buch und blamiert sich nicht vor der einfachen Bevölkerung des Landes, die eigenen Ressourcen werden nur etwas angegriffen oder wir verpassen kleinere Zusatzinformationen. Spielbuchkrankheiten wie unausweichliche tote Enden oder enorm harte Konsequenzen wurden erfreulicherweise vermieden. Wer nicht alle passenden Fertigkeiten für einen Abschnitte vermissen lässt (meist sind mehrere Optionen möglich) und dann auch noch mehrmals enorm schlechte Zufallszahlen bestimmt wird nicht einfach in den Tod geschickt.
Nach einer etwas linearen Anfangsphase erhalten wir doch größere Entscheidungsfreiheit und können uns zwischen verschiedenen Wegen entscheiden die sich über längere Phasen erstrecken. Dabei erleben wir erstaunlich viel, dieses wird jedoch oft auf einen einzelnen Abschnitt heruntergebrochen. Spielen wir beispielsweise mit unseren Begleitern Karten kommt es zu einer lustigen Situation, ein System oder mehrere Abschnitte in denen wir beispielsweise Gold erspielen können gibt es aber nicht. Stark wird die reise auch, da wir zahlreiche alte Bekannte treffen. Wir durchqueren Orte die wir aus unserer Reise kennen können und treffen auf altbekannte Begleiter. Relativ häufig werden wir so danach gefragt ob wir bestimmte Orte oder Personen bereits in einem früheren Band getroffen haben und werden dann mit einem alternativen Abschnitt belohnt in dem wir anders begrüßt werden oder noch einmal Hintergrundinformationen aufgefrischt bekommen. Schade ist lediglich das wir uns dabei voll und ganz auf unser eigenes Erinnerungsvermögen verlassen müssen, da es keinen Code oder ähnliches gibt der uns erinnern lässt ob wir bestimmte Dinge bereits erlebt haben, das wäre aber auch schwierig gewesen da die frühen Bände kaum voraussehen konnten wer noch alles wiederkehren wird.
Auch wenn die Handlung stellenweise etwas linear ist und mir kleinere Spielereien oder Rätsel (fast jeder andere Band kam mit mindestens einem gut gemachten Zahlenrätsel daher) fehlen, ist der Band spannend und abwechslungsreich. Die Abschnittführung zeigt die Erfahrung Joe Devers (und vermutlich auch des Mantikore-Verlages), die Regelmechanismen sind gut eingebaut und die Rückgriffe auf vorhergehende Bände lassen die Welt von Magnamund sehr lebendig wirken.

Bonusabenteuer

Die Mantikore Ausgaben des Einsamen Wolfes enthalten immer auch ein kleineres Zusatzabenteuer. Diesmal haben sich der Verlagsinhaber Nic Bonczyk und Alexander Kühnert an einem solchen versucht. Mit 250 Abschnitten steht das Bonusabenteuer dem Hauptabenteuer im Umfang kaum nach und auch vom Niveau her kann das Abenteuer mithalten. Die Abschnittführung ist gelungen und das Spielsystem des Einsamen Wolfes wurde gut genutzt. Das Abenteuer ist weitgehend fair, auch wenn es ein paar schnellere tote Enden gibt, was aber bei einem kürzeren Abenteuer allemal zu verkraften ist.
In dem „Die Toten von Chrude“ betitelten Abenteuer schlüpfen wir in die Rolle eines Bauern aus dem palmyrischen Grenzland der in den bereits erwähnten Konflikt zwischen Palmyrion und Eldenora geraten ist. Als Aufhänger müssen wir für unsere Ehefrau ein Heilmittel besorgen um sie von ihrer mysteriösen Krankheit zu befreien. Was wie ein allzu gewohnter Einstieg wirkt, entpuppt sich als eine spannende Reise die vermittels mancher Rückblenden einen weit größeren Konflikt aufmacht und dessen Stränge zusammen ein plausibles Gesamtbild ergeben. Der Perspektivwechsel zu einem einfachen Bauern ist darüber hinaus eine gelungene Abwechslung und bietet einen Einblick in eine andere Seite des Konfliktes. Dies ergänzt das Hauptabenteuer in gewisser Weise was sich auch darin zeigt, dass sogar die Durchreise des Kai Lords am Rande eine Rolle spielt.
Was das Regelsystem angeht werden prinzipiell die gleichen Regeln angewandt wie für den Kailord. Unser Bauer besitzt aber natürlich keine Kai Disziplinen weswegen er sich mit 6 weltlicheren Fähigkeiten begnügen muss auf die er 8 Punkte verteilen muss und zwar jeweils bis zu 3 Punkte. Dies ermöglicht etwas Abwechslung führt aber zu einem sehr schnellen Start der einem kürzeren Abenteuer sehr angemessen ist. Alles in allem ist das Bonusabenteuer daher eine sehr schöne Ergänzung. Auch das Geheimnis der Krankheit wurde gut umgesetzt und führt auch zu einem für sich spannenden Abenteuer das sicherlich für einige kleine Überraschung sorgen wird.

Aufmachung

Zur Aufmachung von Mantikorebänden muss man kaum noch etwas verlieren. Die Bücher fühlen sich edel an, kommen mit starken Coverillustrationen daher und sind zahlreich illustriert. Eine Hochglanz-Farbkarte des nördlichen zentralen Magnamunds leitet den Band ein und auch die Innenillustrationen wissen zu überzeugen. In diesem band hat die Haupthandlung statt der üblichen Tuschezeichnungen etwas detailliertere Graustufenillustrationen verpasst bekommen die mich stilistisch diesmal leider nicht so sehr überzeugen können aber beim durchblättern gute Anhaltspunkte geben und eine Vorstellung davon geben was uns noch erwarten kann oder wir verpasst haben. Das Bonusabenteuer kommt mit den gewohnteren Tuschezeichnungen daher die deutlich moderner sind als die Illustrationen der 80er aber sich gut in den Stil einfügen. Ich persönlich hätte es anders herum schöner gefunden, also wenn die Haupthandlung in Tusche gehalten wäre und das Bonusabenteuer in Graustufen, aber das ist „meckern“ auf hohem Niveau, da alle Zeichnungen hochwertig sind und das Buch aufwerten.

Fazit

Die Drachendämmerung ist mir irgendwie ans Herz gewachsen. Der Band ist vielleicht einer der abwechslungsreichsten Einsame Wolf Bände und wird von einem sehr guten und umfangreichen Bonusabenteuer begleitet. Leider gilt hier stärker noch als bei anderen Bänden dass es sich an aktive Spieler der Reihe richtet. Die Reise entfaltet ihren ganzen Reiz erst wenn man die aufgegriffenen Konflikte, die beteiligten Gruppierungen, Personen und Orte bereits kennt. Ein Einstieg lohnt sich daher eher mit Band 13 – dem Beginn der Großmeister Reihe –  denn nach diesem Band wird man mehr wissen wollen über die Geschicke Magnamunds und der Kai-Abtei.

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