Vampire: die Maskerade – Jubiläumsausgabe

Eine Rezension aus der klassischen Welt der Dunkelheit von Infernal Teddy

Es gibt nicht viele Spiele von denen ich behaupten kann, sie hätten mein Leben verändert. AD&D, klar – war ja auch neben Fighting Fantasy mein erstes. Mage: the Ascension, natürlich. Rifts und Cyberpunk gehören auch ganz weit oben auf dieser Liste. Aber was auf jeden Fall auf diese Liste gehört ist natürlich Vampire: the Masquerade. Mage war zwar mein erstes Spiel der Welt der Dunkelheit, aber ich dürfte mehr Vampire gespielt haben, mehr Vampire geleitet habe, und generell mehr mit Vampire gemacht haben, als mit sonst einem Spiel von White Wolf. Es dürfte ca. 1995 gewesen sein als meine damalige Freundin mir Vampire vorstellte, und in den Neunzigern dürfte es in Deutschland neben DSA und Shadowrun das meistgespielte Rollenspiel gewesen sein. Mit der Jahrtausendwende kam auch der Wechsel von der 2nd Edition auf die Revised, und kurz danach habe ich dem Spiel den Rücken gekehrt. 2004 endete die Welt der Dunkelheit mit der Zeit der Abrechnung, im Falle von Vampire mit dem Buch Gehenna.

Und es gab ein großes Wehklagen und Jammern unter den langjährigen Fans, vor allem in deutschen Landen (Wobei die meisten Fans die so laut jammerten erst mit der Revised dazu kamen, aber das ist ein Thema für einen anderen Rant…).

Aber dann gab es ein Frohlocken unter den Fans, denn Onyx Path, der Nachfolger von White Wolf, veröffentlichte 2011 zum zwanzigjährigen Jubiläum des Spiels eine neue Ausgabe des Spiels, eine Art „Best of“ der verschiedenen Editionen und Quellenbücher um die ultimative Version des Spiels zu schaffen. Und noch mehr Frohlocken gab es in den deutschen Landen, als Anfang des Jahres bekannt wurde das Ulisses Spiele die Lizenz erworben hatte um eine deutsche Fassung zu veröffentlichen. Das Ganze wurde erfolgreich über Crowdfunding finanziert, was uns zu dem Produkt führt, welches wir heute besprechen werden: Vampire: die Maskerade Jubiläumsausgabe, die deutsche Ausgabe der „V20“.

Wir haben die Jubiläumsausgabe von Vampire: the Masquerade als PDF vorliegen, welches uns freundlicherweise von Ulisses Spiele zur Verfügung gestellt wurde. Das PDF ist 76,3 MB groß, 538 Seiten lang, und komplett in Farbe. Vom Layout her orientiert sich die V20 eher an die 2nd Edition als an der Revised, ein Rückgreifen auf die klassische Ära der Welt der Dunkelheit. Jedes Buch beginnt mit einer großen, farbig illustrierten Doppelseite, und jedes Kapitel beginnt mit einem von Tim Bradstreet bearbeitetem Farbfoto, welches ein Mitglied eines der Clans darstellen soll – auch hier greift Onyx Path zurück zu einer Ästhetik, welche man als das klassische Vampire bezeichnen kann. Ein weiterer Rückgriff ist auch ein Brief, welcher an „W.H.“ adressiert wurde, und signiert wurde von „V.T.“ – einen ähnlichen, längeren Brief mit Hintergrundinformationen gab es bereits in der zweiten Edition. Wer den klassischen Vampirroman gelesen hat kann sich vermutlich denken wer die Adressatin und der Absender sind… Aber genug über die Ästhetik geschwafelt, reden wir über das, was wirklich interessant ist: den Inhalt des Buches.

Das Buch beginnt mit drei Seiten voller Berichten von Menschen, deren Leben von dem Spiel Vampire: the Masquerade berührt und verändert wurde, gefolgt mit der Liste all der Menschen, die beim Crowdfunding dazu beigetragen haben, das eine deutsche Ausgabe der V20 ermöglicht wurde. So wohl die Berichte als auch die Spenderliste sind beeindruckend, und zeigen das auch so etwas einfaches wie ein Rollenspiel ein Leben verändern kann, und das es immer noch eine sehr große und aktive Vampire-Gemeinde da draußen gibt. Die V20 ist unterteilt in drei „Bücher“, Das Rätsel (Hintergrundinformation), Das Werden (Charaktererschaffung und Regeln), und Abwandlungen (Im Prinzip das Spielleitermaterial). Die Einleitung könnte man als alter Fan des Spiels fast überfliegen. Diese Einleitung erklärt als erstes, was dieses Buch sein will, nämlich eine Liebeserklärung an Maskerade in seiner Gesamtheit, das Beste aus allen Editionen. Darüber hinaus werden gewisse Grundkonzepte erklärt, eher für jene, die mit diesem Buch neu zum Spiel stoßen werden als für die alten Hasen, und auch auf das Thema LARP wird eingegangen. Alles in allem eine nette Einleitung, aber nichts weltbewegendes.

Das erste Kapitel trägt die Überschrift „Eine Welt der Dunkelheit“, und eine Beschreibung des Settings. Wir alte Hasen kennen das ja alles schon, aber für die Neuen da draußen will ich es hier mal kurz zusammenfassen. Die Welt der Dunkelheit ist eine finstere Reflexion unserer Welt, quasi ein dunkler Spiegel. Die Welt ist dunkler, korrupter, und gleichgültiger als unsere, als wäre die Stimmung des Cyberpunks schon im hier und jetzt, ohne das sie uns die coolen Spielzeuge aus der Zukunft mitgebracht hätte. Ähnlich überzeichnet wie es Gotham in den besten Batman-Comics ist, finden wir uns hier in etwas wieder, das die Autoren gerne als „Gothic Punk“ bezeichnen, ein Begriff der versucht die düstere Romantik des Schauerromans im Einklang zu bringen mit der ohnmächtigen jugendlichen Rebellion des Punks in den späten Siebzigern und frühen Achtzigern. Und in diese Welt wirft Vampire: die Maskerade die namensgebenden Vampire, oder wie sie sich selbst nennen, die Kainiten. Hier werden auch die Grundzüge der Vampirgesellschaft erklärt, die dreizehn Clans, die fünf Sekten, und natürlich die sechs Traditionen, welche das Zusammenleben der Vampire regeln. Anschließend wird die übliche Struktur eine typischen Camarilla- oder Sabbat-Stadt erklärt, mit allen Titeln und Ämtern die man in einer solchen Stadt findet. Ebenfalls ihren Platz in diesem Kapitel finden sich Elemente der Mythologie der Cainiten, eine kurze Übersicht über die anderen Wesen, welche die Schatten der Welt der Dunkelheit bevölkern, und ein Lexicon mit den Begriffen, welche in der Gesellschaft der Untoten Verwendung finden.

Im zweiten Kapitel geht die Betrachtung der Gesellschaft der Untoten stärker ins Detail, wir betrachten nämlich Sekten und Clans. Die Camarilla, möglicherweise die größte der Sekten, ist so etwas wie die „Vereinigten Staaten“ unter den Kainiten, ein Dachverband der kontrolliert wird durch die alten und mächtigen unter den Vampiren, welche sich auf die Gewohnheiten und Traditionen eben jener Alten berufen, um den Status Quo – und vor allem die Maskerade – aufrecht zu erhalten. Sie sind nicht die Guten, erst recht nicht die netten, aber möglicherweise jene Sekte, welche am menschenfreundlichsten ist, wenn auch nur, weil es ihrer Agenda am ehesten entgegen kommt. Ironischerweise ist die Camarilla die jüngste der modernen Sekten, gegründet als Reaktion auf den Anarchenaufstand. Als zweites wird der große Gegenspieler der Camarilla beleuchtet, der Sabbat. Diese Sekte hat gleich zwei Aspekte: zum einen sind die Mitglieder der Meinung, Kainiten sollten sich wie die Monster benehmen können, die sie ihrer Meinung nach sind, ohne Rücksicht auf Menschen, zum anderen sehen sie sich als die Armee Kains, des ersten Vampirs, im Kampf gegen dessen monströsen Enkelkinder, die Vorstintflutlichen. Die älteste der modernen Sekten ist die Anarchenbewegung, welche entstand als sich junge Vampire gegen ihre Ahnen auflehnten, welche ihre Kinder verheizten im Versuch, die Inquisition von sich abzulenken. Die Bewegung nahm weiter Fahrt auf, und wurde von einer Rebellion zu einem Bürgerkrieg, welche zur Gründung der Camarilla und des Sabbat führte. Danach wird noch kurz darauf eingegangen das es Vampire und sogar ganze Clans gibt, welche sich keiner der bekannten Sekten anschließen, sondern lieber ihre eigenen Wege gehen. Und nachdem wir jetzt mit den Sekten durch sind geht es jetzt an die Clans. Jeder Clan ist eine Familie von Vampiren, welche die selbe Schwäche, aber auch die selben mystischen Kräfte teilen, und sich auf einen der mythischen Vorstintflutlichen zurückführen. Diese Clans sind:

  • Die Assamiten sind ein Clan von religiösen Fanatikern und Mietkillern, welche von den Tremere unter einem Fluch gezwungen wurden, und jetzt nicht mehr in der Lage sind das Blut anderer Vampire zu trinken. Ihre Disziplin – die mystischen Fähigkeiten eines Vampirs – sind übernatürliche Geschwindigkeit, Unsichtbarkeit, und Quietus, eine Sammlung von Attentäterkräften.
  • Clan Brujah war mal als der Clan der Gelehrten bekannt, doch heute finden sich hier hauptsächlich Rebellen und Schläger, zwischen denen sich ab und an ein Philosoph verirrt. Den Mitgliedern dieses Clans ist die individuelle Freiheit das höchste Gut – ironischer weise ähneln die Mitglieder dieses Clans aber oft Schlägertrupps. Die Kräfte ihres Blutes sind übernatürliche Kraft, Ausdauer und Geschwindigkeit.
  • Die tierhaftesten unter den Kainiten sind die Mitglieder des Clans Gangrel, welche im Laufe der Zeit immer tierhafter werden, je häufiger sie in Raserei fallen. Die Gangrel sind meist Einzelgänger, welche sich von der Politik und den Machenschaften der anderen Blutsauger fernhalten. Die Macht ihres Blutes bietet ihnen die Herrschaft über Tiere, übernatürliche Zähigkeit, und die Fähigkeit, ihre Gestalt zu verändern.
  • Eine Ausnahmeerscheinung unter den Kindern Kains sind die Giovanni, ein Clan der zugleich eine Familie bildet – alle Mitglieder des Clans sind auch als sterbliche miteinander verwandt gewesen. Diese venezianischen Nekromanten sind zugleich mächtige Finanzleute und auch gefährliche Totenbeschwörer, deren okkulter Macht ihren… Perversionen entstammt. Ihre Kräfte schließen neben der Nekromantie auch die übernatürliche Stärke und die Beherrschung anderer ein.
  • Fast schon eine eigene Sekte sind die Jünger des Set, ein Clan der von sich behauptet, die Nachfahren eines dunklen ägyptischen Gottes zu sein. Ähnlich wie andere Clans sind die Settiten Geschäftsleute, aber sie handeln mit der Verzweiflung, der Korruption und den scheinbar unschuldigen Gefallen – ihr Ziel die Korruption aller der sie begegnen als religiöse Tat. Die Kräfte der Schlangen sind das Bezaubern anderer, die Unsichtbarkeit, und Serpentis, welches sie ihrem Ahnen ähnlicher macht.
  • Wenn es unter den Kainiten Meister der Manipulation gibt, dann sind das die Mitglieder des Clans Lasombra. In modernen Nächsten als die Herrscher des Sabbat bekannt waren sie früher eher in der Kirche zu hause, aber damals wie heute sind die Mitglieder des Clans die geborenen Politiker. Sie verlieren zusammen mit ihrem Leben bei der Vampirwerdung auch ihren Schatten, aber zu ihren übernatürlichen Kräften gehört neben der Beherrschung anderer und übernatürliche Kraft auch die Kontrolle über die Schatten anderer.
  • Es wird gesagt das in Wahnsinn Weisheit liegt. Sollte das zutreffen, so sind die Mitglieder des Clans Malkavianer die Weisesten unter den Kindern Kains. Wenn sie den Kuss des Untodes empfangen zerbricht in ihrem Verstand etwas, und kein Mitglied dieses Clans kann noch als klar bei Verstand genannt werden. Dafür erlangen sie allerdings eine okkulte Einsicht in Dingen und Personen, Unsichtbarkeit, und die Fähigkeit, ihren Wahnsinn vorübergehend auf andere zu projizieren.
  • Wer auch immer sagte, Schönheit läge im Auge des Betrachters, hatte niemals mit dem Clan Nosferatu zu tun. Angeblich wurde der Urvater des Clans von Kain verflucht, und seid dem tragen seine Nachfahren die Folgen dessen auf ihren monströsen, hässlichen Gesichtern. Dafür sind diese Vampire die Meister in Informationsbeschaffung und Spionage, und werden dafür auch fürstlich entlohnt. Ihre Gaben sind die Unsichtbarkeit, die Herrschaft über Tiere, und eine übernatürliche Stärke.
  • Herumtreiber und Diebe, das sind die Worte, die aus der Sicht der anderen Kainskinder den Clan der Ravnos am besten umschreiben. Der Clan als Ganzes hat sich in den verschiedensten Formen dem Zyklus der Wiedergeburt gewidmet, und damit auch dem Chaos – etwas, das sie oft und gerne in den Städten der anderen Vampire stiften. Ihre Gaben sind neben einer übernatürlichen Zähigkeit und der Beherrschung der Tiere auch die Fähigkeit, Illusionen zu erzeugen.
  • Die Mitglieder des Clans Toreador gibt es in zwei Arten: Künstler, und jene, die es gerne wären. Während erste das Geschenk des Untodes erhalten haben, weil ein anderer ihre Fähigkeiten für immer erhalten wollte, während letztere für eine gewisse Zeit die Faszination eines Älteren erweckt haben, nur um später fallen gelassen zu werden. Diese sind es auch, die sich auf das politische Parkett ihrer Städte bewegen. Neben übernatürlicher Geschwindigkeit und Wahrnehmung wissen sie auch, auf okkulter Art ihre Umgebung zu bezaubern.
  • Die Mitglieder von Haus und Clan Tremere werden zwar Kainiten genannt, aber es handelt sich bei ihnen keinesfalls um Kinder Kains – die ersten Tremere waren eine Kabale von sterblichen Zaubern, welche auf magische Art und Weise die Geheimnisse des Unlebens raubten, und bis heute wegen ihrer geheimnisvollen Thaumaturgie von anderen Vampiren gefürchtet werden. Stets wenige Schritte von der Versklavung an die Oberhäupter des Clans entfernt, liegen die Stärken des Hauses in ihrer mächtigen Blutmagie, ihrer hellsichtigen Gabe, und ihrer Beherrschung fremder Willen.
  • Die merkwürdigsten Vampire sind die Angehörigen von Clan Tzimisce, einer Familie von Kainiten aus Osteuropa, welche sich als die nächste Stufe des vampirischen Daseins sehen. Als einer der Gründungsclans des Sabbat haben die Tzimisce fast alle längst ihre Menschlichkeit abgelegt, und erkennen auch keine Verwandtschaft mehr mit ihrer ehemaligen Menschlichkeit. Einzig die Abhängigkeit von der Heimaterde gestaltet sich als ihre Schwäche. Ihre Fähigkeiten sind die übernatürliche Hellsicht, die Kontrolle über Tiere, und das widernatürliche Fleischformen, mit dem sie ihrer Gestalt neue, fremdartige Formen aufzwingen.
  • Fragt man dessen Angehörigen, so handelt es sich bei den Ventrue um den Adel der Kainiten. Die Blaublütigen sind der Clan, der das Spiel um Macht und Einfluss stets am erfolgreichsten gespielt hat, egal, ob es dabei um Adlige, Klerius, Kaufleute, Politiker oder Großindustrielle geht. Immer, wenn es um Macht geht kann man sicher sein das es im Hintergrund einen Ventrue gibt. Doch ein Ventrue kann sich auch immer nur von einer bestimmten Art von Blut ernähren, alles andere hat für ihn den Geschmack von Asche. Die Gaben des Clans sind die Unterdrückung fremder Willen, die Bezauberung ihrer Umgebung, und ihre unnatürliche Standhaftigkeit.

Damit wären wir mit dem ersten Teil unserer Rezension durch. Im nächsten Teil werden wir uns dem Storyteller-System zuwenden, dem Regelwerk also, welches Vampire: die Maskerade zugrunde liegt, und uns auch mit der Charaktererschaffung beschäftigen. In diesem Sinne wünsche ich euch, geneigte Leser, bis dahin den Segen der Nacht.

2 Kommentare zu Vampire: die Maskerade – Jubiläumsausgabe

  1. Guter Artikel, hat mir gefallen!! wo gehts denn weiter? ich sehe keinen Link und ein „nächster Artikel“ führt mich ganz woanders hin :(

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