RPG-Blog-O-Quest 24 – September 2017: Charaktere
Infernal Teddy beantwortet wieder Fragen
Eigentlich sollte ich mich diesen Monat am Blog-O-Quest gar nicht beteiligen. Schließlich drehen sich die Fragen, welche dieses Mal von Timberwere stammen, alle um Charaktere, und als der ewige Spielleiter war meine erste Reaktion „Na toll, ich komme ja eh nie wirklich dazu, einen Charakter zu spielen…“. Aber dann ist mir aufgefallen das ich in den letzten zwei Monaten mehr Charaktere gespielt habe als in den zwei Jahren davor (Drei, falls jemand mitzählen möchte). Außerdem spielt man ja als Spielleiter theoretisch ständig Charaktere…
Also, die Fragen und die Regeln findet ihr bei Timberwere, meine Antworten folgen nun:
Die Fragen:
1. Nach welchen Gesichtspunkten und aufgrund welcher Inspirationen baust du deine Charaktere?
Puh, das ist sehr, sehr abhängig vom jeweiligen Spiel. Ich schaue als Spieler meistens, was meine Mitspieler am Start haben, und lasse mich davon inspirieren. Das kann so einfach sein wie „Hey, unsere D&D-Runde hat keinen Nahkämpfer, was dagegen wenn ich mir einen Paladin baue?“, oder so kompliziert wie „Hey, wie wäre es wenn mein Charakter das lange verschwundene Familienmitglied ist, das du in deiner Backstory erwähnt hast? Ich würde dann X, Y, und Z abändern, wenn du dafür dann vielleicht A und B noch mit in die Geschichte einbaust – und bei dir könnte ich…“ (Ja, das Phasentrio aus Fate kommt mir da sehr entgegen…). Aber manchmal ist es auch „Das Regelbuch hat mich gerade auf eine Idee gebracht“, oder „Ich würde gerne etwas spielen, inspiriert von…“
Bei NSCs ist es wieder etwas anderes. Zugegeben, ich verarbeite dafür oft einfach Charaktere, welche ich niemals werde spielen können, aber meist ist es eine Sache von „Was für einen Charakter brauche ich denn jetzt gerade, und wie wird der denn ungefähr so sein?“. Reaktives spielleiten at it’s best, meine Damen und Herren.
2. Was fällt dir am Leichtesten bzw. am Schwersten beim Charakterbau und warum?
Als Spieler? Charakterbauen. Zumindest wenn ich für mich alleine im stillen Kämmerlein einen Charakter bauen soll – wie schon gesagt, ich baue am besten, wenn ich mich von den Mitspielern und ihren Charakteren inspirieren lassen kann.
Als Spielleiter ist die Herausforderung eher herauszufinden ob der Charakter, den ich entworfen habe und die Spieler interessieren soll, auch wirklich so interessant ist wie ich mir das vorstelle. Man hat als Spielleiter ja öfter mal das Problem das die Spieler den tollen NSC links liegen lassen, sich aber dafür an einem zufälligen Waisenkind aufhängen… *Seufz*
3. Recycelst du gelegentlich Charaktere, die du in einer früheren Runde schon einmal gespielt hast, für neue Runden und warum oder warum nicht?
Ich weiß nicht ob „recyceln“ hier das richtige Wort ist, wenn wir über NSCs sprechen. Kampagnen, welche in bestimmten Welten spielen, befinden sich bei mir persönlich immer in der selben Kontinuität. Alle Runden, die ich in der Welt der Dunkelheit geleitet habe, befinden sich in der selben Welt der Dunkelheit – wenn verschiedene Gruppen sich also am selben Ort aufhalten, und niemand den verrückten DJ umgelegt hat, dann werden auch alle den verrückten DJ treffen. Das gilt auch für Rifts, für Greyhawk, oder für meine eigenen D&D-Welten.
Als Spieler ist das was anderes. Ich lehne es ja schon als Spielleiter ab, wenn jemand einen Charakter einbringen will, den er bei einem anderen Spielleiter gespielt hat. Außerdem bin ich, wie schon erwähnt, zu abhängig von den Ideen meiner Mitspieler als das ich einfach so bestimmte Charaktertypen ohne weiteres neu aufstellen würde oder möchte. Klar, ich habe ein paar Charakterideen die ich im Zweifelsfall auspacken kann, aber die werden eigentlich nie wiederverwertet…
4. Wie stehst du zum Charaktertod? Darf dein Charakter sterben bzw. unter welchen Umständen?
Klar dürfen meine Charaktere sterben! Ich komme so selten zum spielen das ich – selbst wenn mir mein Charakter ans Herz gewachsen ist – jeden toten Charakter als eine neue Gelegenheit ansehe, etwas neues als Charakter auszuprobieren! Die Umstände sind dabei auch nicht all zu wichtig – klar wäre es mir lieber, episch im Endkampf gegen einen verhassten Gegner zu sterben, aber wenn die Würfel sagen das ich Toast bin, dann bin ich halt Toast. Ohne die Gefahr des Scheiterns, des Sterbens, ist jedes Abenteuer, jeder Heldenmut ohne Bedeutung.
Und Plotimmunität sollte es weder für SC noch für NSC geben.
5. Was bedeutet Charakterentwicklung für dich?
Für mich gibt es zwei Arten von Charakterentwicklung, die mechanische und die persönliche. Die Mechanische ist halt das, was durch Sachen wie Erfahrungspunkte, Entwicklungspunkte, Meilensteine, oder was auch immer passiert – der Einsatz von Entwicklungsmechanismen, welche durch das Spiel vorgegeben werden, und mit deren Hilfe ich die Werte des Charakters modifizieren kann.
Die persönliche Entwicklung ist die Reaktion der fiktiven Persönlichkeit auf das Erlebte, und ist meistens das Interessantere der beiden Arten. Wie reagiert der Charakter auf die Erkenntnis das seine Mutter eine Dämonin ist? Darauf das er einer Adelstocher versprochen worden ist in seiner Abwesenheit? Darauf, das eine Mitschülerin sich in sie verschossen hat? Oder auch darin, das er zum Wohle der anderen Charaktere oder der ganzen Stadt dazu gezwungen war, das Feuer auf Unschuldige zu eröffnen? Das ist die Entwicklung, welche für mich als Spieler (Und als Spielleiter, der dann in dem Moment quasi der Zuschauer ist) am faszinierendsten ist.
Und bevor jemand fragt, die mechanische Entwicklung sollte auch immer einen Einfluss auf die Persönliche haben.
Bonusfrage: Der für mich interessanteste Charakter, den ich je gespielt habe war Drusus, ein Warforged aus der D&D-Welt Eberron, weil ich im Zusammenspiel mit zwei anderen Charakteren für den Charakter erkunden konnte, was es denn bedeutet, plötzlich nicht mehr Besitz sondern eine Person zu sein, was denn für ein Konstrukt „Geschlecht“ bedeutet, und wie man sich in einer Welt zurechtfinden soll, in der es für einen selbst keinen Platz gibt. Und gleichzeitig konnte ich Monstern ziemlich in den Hintern treten.
Hey, ich hatte doch gesagt, Vollzeit-SLs dürfen die Fragen gerne auf ihre NSCs beziehen… :D
Aber dir sind ja dann doch auch ein paar Sachen zu deinen SCs eingefallen, das freut mich.
Ein sehr interessanter Beitrag jedenfalls, dem ich mich in vielen Belangen vollumfänglich ansschließen kann, auch und gerade, was die Dualität von Charakterentwicklung im mechanischen und persönlichen Bereich angeht – und dass die beiden einander im Idealfall tatsächlich bedingen und befruchten.
Schön, dass du mitgemacht hast!