Die Krone von Siyen
Die neuen Kai-Krieger 3
Der Titel des dritten Bandes der Kai-Krieger-Reiher (Band 1, Band 2) erinnert an klassische Spielbuchkost. Mächtige Kronen gehören schließlich zu den Klassikern der Fantasy- und Spielbuchliteratur. Ganz so einfach hat es sich Joe Dever jedoch nicht gemacht. Trotz 22 Bänden in der „Einsamer Wolf“-Reihe, ist es ihm immer noch gelungen, neue Ideen einzubringen.
Die Jagd nach der Krone
Statt auf Schatzjagd zu gehen, geraten wir im vorliegenden Band nämlich in eine politische Intrige. Oridon IV., König von Siyen wurde tot aufgefunden und der finstere Baron Sadanzo will Anspruch auf den Thron erheben. Der ist zwar für Plünderung und Tyrannei bekannt, will seine Macht aber durch eine legale Thronübernahme sichern. So kommt es nur gelegen, dass sich Prinz Karvas, der rechtmäßige Thronfolger, ins Exil zurückgezogen hat. Die Sitten verlangen jedoch, dass die Krönung erst am Erntemesstag stattfinden kann, der noch 50 Tage auf sich warten lässt. Etwas zu spät reisen wir daher nach Mydnacht, der einzigen Hafenstadt des gebeutelten Siyens um den Prinzen mithilfe eines gigantischen Luftschiffes ausfindig zu machen.
Da der Aufenthaltsort des Prinzen unbekannt ist, nutzen wir die erste Nacht zur Recherche in der Stadt. Auch wenn die Untersuchungen schnell abgeschlossen sind, stehen uns unterschiedliche Wege zur Verfügung um auf die richtige Fährte zu kommen. Nach turbulenter Luftreise dürfte es uns gelingen den Prinzen ausfindig zu machen. Was folgt ist schließlich eine gefahrvolle und eilige Rückreise und der Versuch den Verräter zu entlarven.
Die übergreifende Handlung ist gut konzipiert. Durch Berichte über andere Mitstreiter wirkt die Welt lebendig und das Gefühl von Zeitknappheit kommt gut auf. Mit Prinz Kervan finden wir einen sympathischen Mitstreiter und die feindliche Übernahme Siyens wird plastisch in Szene gesetzt. Auch die Reiseetappen sind spannend gestaltet und bieten interessante Entscheidungen an. Zwar werden wir immer wieder auf den Hauptweg katapultiert, dürfen aber unterschiedliche Lösungswege und Zwischenstopps auswählen. Auch wenn hier manche Entscheidung etwas vorgetäuscht ist, bietet sich so einige Abwechslung. Auch wenn diesmal die ganz großen Alternativwege fehlen, wird das durch die Länge des Abenteuers wettgemacht. Es tuen sich immer neue Probleme und Ziele auf und das Finale wirkt nicht vorschnell erzwungen. Besonders schön ist, dass uns hier noch einmal deutliche Alternativen erwarten, bevor wir ehrenhaft die Heimreise antreten.
Das solide Regelsystem der Einsame-Wolf-Reihe kommt auch im vorliegenden Band gelungen zum Einsatz. Mittlerweile wurden vorschnelle Tode und unverdiente Sackgassen weitgehend umgangen und außerdem häufig auf Proben zu Gunsten von Fertigkeitsabfragen verzichtet. Statt also permanent auf die Zufallszahlen-Tabelle zu schauen, reicht es nun oft aus, eine bestimmte Sonderfertigkeit zu besitzen. Auch die Kämpfe sind gut dosiert und zeichnen sich jeweils durch kleine Sonderregeln aus, die den Kampf dynamischer machen. Joe Devers Spielbucherfahrung zahlt sich aus. Etwas seltsam sind lediglich die Zahlenrätsel, die diesmal auf versteckte Informationen im Buch und Regelwerte verweisen.
Absturz in der Kelderödnis
Das Bonus-Abenteuer legt den Blick auf einen Absturz in der sogenannten Kelderödnis, der auch im Hauptabenteuer thematisiert wird. Das Zusatzabenteuer ermöglicht uns so, einen Seitenstrang des Abenteuers eingehender aus anderen Augen zu betrachten. Im „Absturz in der Kelderödnis“ verkörpern wir Zauberer Acraban, Mitglied der Bruderschaft des Kristallsterns und sind aufgeschreckt durch eine Explosion auf der Suche nach einer verschollenen Magierpatroullie.
Der Einstieg in das Abenteuer ist schnell gemacht. Die Charaktererstellung ist gelungen reduziert. So sind unsere Ausdauer- und Willenskraftpunkte ebenso vorgegeben wie unsere 10 Grundzauber. Individuell wird unser Charakter durch die Auswahl von 5 aus 8 Startgegenständen und 5 aus 10 fortgeschrittenen Bruderschaftszaubern. Das ist für das relativ kurze Abenteuer ein gutes Gleichgewicht aus Individualität und schneller Charaktererschaffung.
Ausgestattet mit einigen Zaubern und Psi-Kraft, sowie von zwei fähigen Magiern begleitet, machen wir uns so auf die Suche und stellen uns den Gefahren der Kelderödnis. Die Reise führt uns durch immerhin 150, meist umfangreiche Absätze. Neben den üblichen Fallen und Monstern, geraten wir in den Strudel ominöser okkulter Mächte und müssen uns einem finsteren Pakt hingeben. Die Handlung ist relativ geradlinig, erlaubt uns aber spannende Einblicke in die Geschichte Magnamunds und zweier mysteriöser Fraktionen. Das Zusatzabenteuer ergänzt die Haupthandlung gelungen indem es uns einen guten Einblick in einen angerissenen Seitenstrang der Haupthandlung gibt. Im besten Fall motiviert es sogar dazu, das Hauptabenteuer noch einmal neu zu spielen und übersehen Spuren zu suchen.
Aufmachung
Die Gestaltung der Mantikore-Spielbücher ist durchweg gelungen. Auch die „Krone von Siyen“ stellt dabei keine Ausnahme dar. Das Titelbild ist stilvoll und modern, der Textsatz angenehm luftig zu lesen. Eine vollfarbige Landkarte ermöglicht uns, in das zentrale südliche Magnamund zu versinken, während uns zahlreiche individuelle Vignetten und vollseitige Illustrationen das Lesevergnügen erhöhen und die Orientierung erleichtern. Die Illustrationen sind dabei etwas moderner als die ganz frühen Ausgaben der Bände der 80er Jahre, versuchen aber erfolgreich das klassische Flair beizubehalten. Die Illustrationen von Rich Longmore für das Kelderödnisabenteuers sind insgesamt etwas moderner gehalten, auf ihre Weise aber konsistent und passend.
Fazit
„Die Krone von Siyen“ ist ein gewohnt gelungenes Spielbucherlebnis. Die hohe Qualität der Reihe wird gehalten und wie üblich durch eine tolle Aufmachung unterstützt. Der dritte Band der neuen Kai-Krieger lässt sich auch alleinstehend gut spielen. Zur vollen Blüte kommt die Reihe aber nur als Ganzes. Mit über 550 Seiten Spielspaß und zahlreichen Illustrationen weiß auch das Preis-Leistungsverhältnis zu überzeugen. Für Fans der Reihe ist auch der dritte Band ein Muss. Für Neueinsteiger ist das Buch auch einen Blick wert, wenngleich der Start am besten mit der „Jagd nach dem Mondstein“ gemacht werden sollte.
„Die Krone von Siyen“ gibt es im Mantikore Webshop.
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