Der Ruf des Mittwalds

Abenteuer 213

Was passiert, wenn sich sieben Schüler und Schülerinnen der 11ten Klasse eines Gymnasiums hinsetzen und zusammen mit ihrem Lehrer eine Kampagne schreiben? Wisst ihr nicht? Tja, dabei kommt zum Beispiel dieses Produkt für die dunklen Zeiten heraus. Angedacht für erfahrene Helden ist diese kurze dreiteiligen Kampagne mit einer Schwierigkeit von hoch für Spielleiter und Spieler bezeichnet. Gefordert werden Talenteinsatz, Kampffertigkeiten und Interaktion und die Handlungszeit ist 430 vBF. Für die ganz Eiligen gibt es noch vier Beispielhelden mit denen sofort losgelegt werden kann.

[Diese Rezension ist für SpielLEITER gedacht und enthält dementsprechend Informationen über den gesamten Plot, damit dieser sich vollstens bewusst ist, auf was er sich und seine Gruppe einlässt. SPIELER sollten diese Rezension nur lesen, wenn sie kein Problem damit haben, den Plot dann im Voraus zu kennen]

Waldesahnung
Die Helden werden von Gaius Burianus, einem aufstrebenden bosparanischen Lokalpolitiker, angeheuert, heraus zu finden, wer hinter den Anschlägen gegen seinen Ruf steckt. Er hat sich selbst nämlich vor kurzem für den Posten des Statthalters in der Provinz Garetia beworben und ein Gelingen möchte wohl jemand verhindern. Die Helden haben drei Möglichkeiten, denen sie nachgehen können: Zum einen wurden Burianus’ Gladiatoren überfallen, zum zweiten lässt jemand im Kaiserforum negative Gerüchte über Burianus verbreiten und zum dritten sind ihm auch noch seine Rauschkräuter abhanden gekommen – und es kommen auch keine mehr nach. Folgen die Helden einer oder mehrerer Spuren, so stoßen sie mehr oder weniger schnell auf den zweiten Bewerber auf den Posten namens Movertus Mentula. Dieser hat seinen Gladiator gegen Burianus’ geschickt, einen Grolm damit beauftragt die Gerüchte zu verbreiten und einen Schlägertrupp angeheuert, um in den Rauschkrauthandel einzugreifen. Alle diese Taten können die Helden aufdecken und zumindest Indizien sammeln. Doch die wirklichen Beweise wird es nur in Mentulas Haus geben und da kommt dessen Orgie gerade recht. Einmal auf der Orgie müssen die Helden aber nicht nur die Beweise finden, sondern auch den Auswirkungen der besonderen Rauschkräuter entgehen bevor sie dann alles dem Horas vorlegen können.

Der Einstieg in die kleine Kampagne ist recht kurz und knackig. Auftrag her und los geht es schon. Natürlich kommt es dann sehr auf die Heldengruppe an, welcher Weg eingeschlagen wird und das Abenteuer listet auch mehr Möglichkeiten auf, die ergriffen werden können, denn zu schreiben was gemacht werden muss. Somit ist natürlich nicht vorher zu sehen mit welchem Wissensstand die Spieler dann in das kleine Finale dieses Abenteuers gehen, aber das macht tatsächlich gar nichts – denn dort können sie theoretisch auch genug aufdecken um einen positiven Ausgang zu erzeugen – ja sogar wenn sie hier versagen können immer noch gute rhetorisch Fähigkeiten helfen. Dieses Abenteuer ist mit Sicherheit eines der leichteren vom schwarzen Auge und mitnichten mit der Schwierigkeit “hoch” für den Spielleiter zu bezeichnen, da es sowohl modular als auch offen im Ausgang ist, kann er sich einfach von den Ideen der Spieler leiten lassen. Ein bisschen schade ist, dass es keine Karten gibt. Eine Karte der Arena oder von Mentulas Haus hätte nicht geschadet.
Die Orgie selbst ist – sicherlich altersbedingt – wenig beschreiben (hier kann sich ja geneigter Leser Ideen bei Namenlose Nacht – Orgien in den Thermen holen), und es wird mehr darauf eingegangen, dass das Rauschkraut, welches alle nehmen müssen, eine gedächtnislöschende Wirkung besitzt. Diese ordentlich auszuspielen (und alleine das alle davon beeinflusst sind und nicht erwähnt wird, ob man einen normalen Rettungswurf dagegen gibt) könnte einigen Spielern schwer fallen – und anderen sehr viel Spaß machen. Sollte man vorher kurz abklären ob die Spieler das mögen.

Waldesglühen
Nachdem Burianus nun wirklich Statthalter geworden ist, ist er jedoch keineswegs völlig zufrieden. In seiner Stadt geht nämlich ein (oder mehrere) Feuerteufel um und zündet Häuser an. Daher heuert er die Helden (erneut/zum ersten Mal) an, um der Sache auf den Grund zu gehen. Schon auf dem Weg ins ferne Garetien können die Helden darauf aufmerksam werden, dass es neben der Stadtbevölkerung eine weitere Gruppe in der Nähe gibt – das Waldvolk. Welches in den Augen vieler wohl die Ursache des Ganzen ist. Je nach Heldengruppe können sie diese in die geheime Organisation einschleichen oder diese zumindest beobachten und so erfahren, dass der Kerl, welchen sie zuerst gefunden haben doppeltes Spiel treibt. Nach seiner Enttarnung können sich die Helden dann Zugang zur eigentlichen Organisation verschaffen und damit von dem Plan erfahren Burianus Haus anzuzünden. Wie auch immer dies dann ausgeht (also ob die Helden ihn warnen, die Widerständler in eine Falle locken, etc), auf jeden Fall taucht plötzlich Mentula auf mit einer großen Gruppe Legionäre, greift Widerständler und Waldleute (die diesen helfen und Mentula für den Guten halten) an und zwingt so die Helden zur Flucht.

Dieses zweite Abenteuer ist etwas offener als das erste gestaltet und so können die Spieler in einem gewissen Rahmen relativ nach eigenem Geschmack vorgehen. Leider aber nur in eben jenem Rahmen, denn die Handlung verlangt zwingend, dass sich die Spieler mit dem Verräter in der Widerstandsgruppe beschäftigen und diesem auf die Schliche kommen und danach, dass sie in die Gruppe eindringen und von jenem Anschlag erfahren. Das ist aber nun mal nicht das was jede Gruppe machen wird (und man gewinnt denn Eindruck, dass die zweite Option – alles von außen zu machen – einfach fehlt). Die meisten werden vermutlich sogar versuchen von außen die Ermittlungen zu tätigen und haben gar keine Lust sich einzuschleichen. Da hat dann der Spielleiter ein ernstes Problem, die Handlung da hin zu bringen wo er sie haben will. Zwar gibt es Briefe, die die Charaktere etwas führen sollen, aber da müssen ja nicht alle drauf achten oder hören.
Das Ende dieses Abenteuers ist dann schon irgendwo ein Schlag ins Gesicht der Spieler. Denn sie können rein gar nichts gegen dieses machen und werden von der Handlung einfach platt gefahren. So müssen sie sich gefangen nehmen lassen (ob nun durch Legionäre oder einen Zauber ist völlig wurscht für die Gedanken der Spieler, auch wenn letzteres als ‘falls ihre Helden sich nicht gefangen nehmen lassen möchten’ Variante angepriesen wird) und werden dann auch noch zur Flucht getrieben und können allerhöchstens Burianus und eine Person des Waldvolks retten. Da reagieren nicht wenige Spieler sehr allergisch. Aber immerhin findet sich hier eine nette Karte des Dörfchens in dem das ganze spielt.

Waldesdunkel
Nachdem die Helden geflohen sind, besteht ihre einzige Chance darin, sich mit dem hintergangenen Waldvolk zusammen zu tun. Diese werden aber selbst von Problemen heimgesucht, bei denen die Helden helfen können. So haust seit einiger Zeit eine seltsame Krankheit unter den Bewohnern des Walddörfchens, für die ein Linderungsmittel herangeschafft werden muss. Auch haben sie derzeit Probleme mit der benachbarten Goblinsippe, welche von Mentula mit Alkohol abhängig gemacht wurde – die aber eigentlich in ein anderes Gebiet ziehen wollte. Und die Führung in der Sippe ist auch nicht ganz geklärt.
Sind diese Probleme beseitigt, können die Helden Mentula angehen und Burianus wieder zum Statthalter machen.

Wo noch im ersten Abenteuer der Spielleiter an die Hand genommen wurde und im zweite schon offener improvisiert werden musste, herrscht hier eine völlige Sandbox vor ohne jegliche Angaben von Zeit. Zwar werden für einzelne Aufgaben mal Angaben von Wochen gemacht, aber auch das ist mehr ein “könnte”, denn ein “muss”. Somit steht der Spielleiter hier vor einem Haufen Dinge und muss diese mit seinen Spielern irgendwie in eine entsprechende Reihenfolge bekommen. Gruppen, welche keine Erfahrung mit einem solchen Abenteueraufbau (der für DSA ja auch äußerst ungewöhnlich ist) haben, werden in arge Probleme kommen. Denn hier kann der Spielleiter den Spielern eben kaum sagen wie es weiter geht. Das müssen die Spieler schon selbst wissen. Und das ist eben nicht “jedergruppes” Ding. An sich sind hier natürlich schon alle Punkte enthalten, die der Spielleiter so benötigt, auch wenn alles sehr, sehr knapp gehalten ist und etwa auf die Rückeroberung der Stadt praktisch kaum eingegangen wird.
Ein weiteres Problem dieses Abenteuers ist aber einfach die Motivation. Denn im Grunde werden nur Gutmenschen sagen, dass sie Buranius helfen wollen – der sogar unter Umständen im letzten Abenteuer verstorben sein kann, was es dann irgenwie noch obsoleter macht – und alle anderen halt einfach wo anders hingehen…

Fazit:
Die Übersicht über die Autoren der einzelnen Teile zeigt schon, dass offensichtlich alle drei Abenteuer zwar als Ideen im Seminar vorhanden waren, aber nur das erste von den Schülern auch wirklich ausarbeitet worden ist. Dementsprechend fehlen dem zweiten und besonders dem dritten einzelne Handlungsstränge, die das Abenteuer rund machen würden. Besonders das dritte enthält nur Bausteine, die dann erst im Spielprozess selber zu einem Abenteuer werden müssen. Dis erklärt dann auch die Angabe ‘Hoch’ bei der Schwierigkeit für den Spielleiter, denn man muss schon gut improvisieren können um daraus ein sinnvolles Abenteuer zu basteln. Somit sollte sich der Spielleiter sehr gut im Voraus überlegen ob diese Art Abenteuer für seine Gruppe geeignet ist und ob er die nicht gerade wenige zusätzliche Arbeit investieren möchte. Das erste Abenteuer ist hingegen auch für Spielleiteranfänger geeignet.

P.S. Wer ein bisschen mehr über das Projekt lesen möchte, kann das hier und hier tun.

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.

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