Das Lied von Eis und Feuer – Der Kampagnenfuehrer
Eine Quellenbuchrezension von Infernal Teddy
„Das ist jetzt kein kleiner Band“ war mein erster Gedanke als der Kampagnenführer auf meinem Schreibtisch lag. Das neuste Quellenbuch aus dem Hause Mantikore zum Lied von Eis und Feuer Rollenspiel erschien ja vor kurzem, nämlich zur Spiel 2014. Ich war bereits im Vorfeld gespannt – ich habe ja nie ein Geheimnis daraus gemacht, das ich weder die Romane noch die Serie besonders interessant finde, deshalb würde ein Buch, welches den Status Quo in Westeros zu Beginn der Reihe beschreiben würde, einen schwereren Stand haben. Außerdem wäre da auch die Frage, ob dieses Buch jemanden helfen würde, der vor hat das System mit einem anderen Setting zu verwenden – mir schwebt ja immer noch etwas mit Britannien nach Artus vor. Schauen wir also, was uns der Kampagnenführer so zu bieten hat, und welchen Mehrwert er der geneigten Spielerschaft anzubieten hat.
Ich habe ja bereits bei den Vorgängerveröffentlichungen die Verarbeitungsqualität gelobt, die Mantikore der Reihe angedeihen lässt. Auch hier haben wir es mit offenem, freundlichen Layout, voll-farbig auf hellem, nicht blendenden schwerem Papier zu tun, mit einer stabilen Hardcovereinbindung und einem schicken roten Lesebändchen. Die LvEuF-Bücher sind definitiv für die Ewigkeit gemacht. Mit 279 Seiten ist dieses Quellenbuch nicht ganz so umfangreich wie das Grundregelwerk, aber im Regal macht das keinen Unterschied. Das Cover zeigt den Augenblick, nachdem Jamie Lannister… Verzeihung, Lennister Aerys Targaryen tötete und den Weg freimachte für Robert Baratheon (Seht ihr, ein paar Sachen weiß ich dann noch noch). Sonst gilt für die Optik dieses Buches eigentlich alles, was bereits zum Grundregelwerk gesagt wurde.
Die Einleitung des Kampagnenführers steckt direkt zu Anfang den Rahmen ab, innerhalb dessen der Text agiert: Dieses Buch beschreibt die Sieben Königreiche und ihre Geschichte bis zu einem Zeitpunkt, welcher ungefähr ein Jahr vor Beginn der Romanhandlung liegt. Dabei versteht sich das Buch sowohl als Regionalbeschreibung als auch als historischer Überblick und als kultureller Einblick in das Leben der Menschen, die in dieser Welt leben. Das erste Kapitel widmet sich einer Übersicht über die Geschichte von Westeros. Diese bleibt – alleine schon aufgrund der „Quellenlage“ – naturgemäß grobkörnig und kurz, vermittelt aber dennoch alle wichtigen Eckdaten, von der Zeit der Kinder des Waldes bis hin zu den letzten Jahren nach Graufreuds Rebellion. So entsteht ein Gefühl für die historischen Zusammenhänge der Sieben Königreiche, ohne das der Leser direkt von Fakten erschlagen wird. Die Kultur der sieben Königreiche ist dagegen das Thema des zweiten, umfangreicheren Kapitels. Hier werden wichtige Eckpfeiler der Gesellschaft angerissen, von Gesetzen und Recht über wichtige Bräuche und sozialer Status bis hin zu Handel, Sprachen und Religion. Alle hier zusammengefassten Details tragen dazu bei, Westeros glaubwürdiger wirken zu lassen, und lassen sich auch gut nutzen um Charaktere lebendiger zu gestalten. Danach bekommen wir nochmal die zweiseitge Karte von Westeros, welche uns schon aus dem Grundregelwerk bekannt ist, und dann geht es schon los mit den Regionalbeschriebungen, welche den größten Teil des Buches ausmachen.
Erster Halt auf unserer Reise durch die sieben Königreiche ist natürlich die Hauptstadt, Königsmund (Und hier mein Einwurf zur „Eindeutschung“, welcher sich Mantikore leider unterwerfen muss – wer zur Hölle fand Königsmund sei eine gute Übersetzung für King’s Landing? Derjenige möge sich doch bitte schon mal bei Paranoia zur Terminierung melden…). Hier bekommen wir einen groben historischen Abriss über die Stadt selbst, gefolgt von einer ebenso groben geographischen Übersicht – und dem nutzlosesten Stadtplan den ich bisher in einem Rollenspielregelwerk gesehen habe. Diese Karte haben wir ursprünglich im Grundregelwerk auf einer halben Seite gesehen (Seite 307, falls jemand nachschauen möchte). Da fand ich die Karte auch schon eher mies, aber ich dachte, sie sei nur dazu gedacht dem Spielleiter ein Gefühl für die Stadt zu geben. Hier aber wurde die selbe Karte auf zwei Seiten aufgeblasen – und sonderlich hilfreich ist sie nicht. Künstlerisch wertvoll, ja, aber wirklich damit arbeiten kann man nicht. Nach einige Schlüsselorten, also wichtigen Locations die im Spiel wahrscheinlich immer wieder vorkommen werden geht es an hier angesiedelte Gruppen (Wie der Hofstaat, die Goldröcke, oder die Alchemisten) und Personen (König Robert und seine verzogene Brut, Varys oder Jamie Lennister). Abgerundet wird dieses Kapitel von einer Auswahl an geringeren Adelshäusern, welche in und um Königsmund angesiedelt sind, und sich vor allem als Spielerhäuser anbieten – zu den meisten gibt es nicht mehr als ein oder zwei Sätzen, was den Spielern die Möglichkeit gibt, den jeweiligen Häusern ihren Stempel aufzudrücken.
Dieses Schema setzt sich in den neun darauf folgenden Kapiteln fort. Hier werden nacheinander die verschiedenen Regionen der Sieben Königreiche durchgesprochen, jeweils geographisch, historisch, und dann mit Blick auf die Bewohner bzw. die wichtigsten Personen. Besprochen werden Drachenstein (Inklusive einem genaueren Blick auf die Targaryens), der Norden (Inklusive Einblick in die Nachtwache und jenseits der Mauer – wer da aber gerne mehr wissen möchte sollte sich das entsprechende Quellenbuch zulegen), die Eiseninseln, die Flusslande, das Tal von Arryn (Mit den umliegenden Bergen), die Westlande, die Weite, die Sturmlande, und Dorne. Nach diesen Regionalbeschreibungen (welche den größten Teil des Buches ausmachen) folgt noch eine kurze Übersicht über die Länder, welche Östlich und Südlich von Westeros liegen, aber dennoch die Sieben Königreiche beeinflussen, allerdings gibt es hier leider keine Karten. Das ist zwar nicht so schlimm, da diese Regionen nicht der Fokus des Spiels sind, aber für Charaktere oder Gruppen welche vielleicht schon mal dort waren, wäre eine grobe Übersicht nett gewesen. Das letzte Kapitel trägt den Titel „Westeros Erkunden“. Hier wird dem Spielleiter nahegelegt wie diese Welt aussehen und wirken soll, und wie dieser die Welt präsentiert damit sie für die Spieler erkennbar Westeros wird. Am Ende folgen noch Tipps für Spielleiter, welche ihre Kampagne so aufbauen wollen, dass sie von der Handlung der Romane abweicht, und einige Kampagnen- und Abenteuervorschläge um dem geneigten Spielleiter den Einstieg zu erleichtern. Abgerundet wird der Band von einem umfangreichen und hilfreichen Index.
Fazit:
Puh. Also gut, das vorweg – wer nicht vorhat innerhalb von Westeros zu spielen braucht sich dieses Buch nicht zuzulegen. Es ist wirklich ein reines Settingbuch für die Welt in der George R. R. Martin seine Romane angesiedelt hat. Anderseits werden die meisten von euch die Bücher lesen oder die Serie schauen, und sich jetzt fragen „lohnt sich dieses Buch für mich?“ Die Antwort ist ein sehr eindeutiges JA! Der Kampagnenführer ist bis zum Bersten gefüllt mit Fakten, Daten und Hilfestellungen für jeden Spielleiter der eine Kampagne in den Sieben Königreichen beginnen möchte, und für jeden der mehr über die Welt erfahren will in der sein Charakter lebt. Um ehrlich zu sein, man könnte dieses Buch fast – trotz der Charakterwerte – als gutes Weihnachtsgeschenk ansehen für Freunde die keine Rollenspieler sind, die Serie oder die Bücher aber mögen. Lasst es mich also noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Dieses Buch sollte für jede Gruppe die das LvEuF-Rollenspiel spielt die zweite Anschaffung sein, direkt nach dem Grundregelwerk. Kritikpunkte? Eigentlich nur die für meine Ohren unangenehme Eindeutschung, aber das gehört zu den Dingen, für die man den Mantikore Verlag nicht verantwortlich machen kann. Für Fans auf jeden Fall eine Kaufempfehlung.
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