Das Leben eines Gezeichneten – Teil 91

Rohals Versprechen - Teil 13

27 Rahja
Wir brachen nach einem kleine Frühstück, das wir in unserer Kammer zu uns nahmen, auf um das Kloster wieder zu verlassen. Das Mädchen hatte gestern Abend noch zwei weitere Angreifer entkommen sehen, natürlich in die von uns geplante Richtung.
Wir namen also unsere Pferde und ritten weiter den steinigen Pfad hinauf. Gegen Abend erriechten wir eine Art Wegkreuzung auf der eine große Steinstatue stand und um die sich einige Ferkinas versammelt hatten. Da sie offensichtlich nicht für länger hier bleben würden – es fehlte Proviant und Zelte – beschloss ich für mich zu warten bis sie weg waren und nicht den Versuch zu unternehmen mich an ihnen vorbei zu schleichen. Aber bevor es richtig dunkel geworden war, hörte ich Hufgetrappel und etwa ein Dutzend Amazonen kam auf Pferden auf die Kreuzung
geritten und begannen die Ferkinas abzuschlachten, die sich nur unzureichend dagegen wehrten. Nach einigen Augenblicken – die letzten Ferkinas waren in alle Winde zerstreut – trat Darken auf der anderen Seite aus einem Wäldchen hervor und begann mit den Amazonen zu sprechen. Ich wunderte mich mehr als leicht darüber wie er denn hierher gekommen und ob er nicht vielleicht doch ein Gegner war und uns die Sache nur vorgespielt hatte, aber bevor ich einen Entschluss fassen konnte, entdeckte uns ein der Amazonen und wir verließen gezwungenermaßen unser Versteck. Die Amazonen hatten ein bisschen Ärger in der letzten Zeit mit den Ferkinas hier gehabt und wollten das nicht auf sich sitzen lassen, hatten aber keine Einwände gegen unseren Aufenthalt – sie waren sogar gewillt unsere Pferde mitzunehmen, da wir hier nicht mehr viel mit ihnen anfangen konnten – und zogen dann auch schnell wieder ab. Darken erklärte, dass er entführt worden war und sich etwas weiter von hier hatte befreien können. Er wollte zudem gerne wieder nach unten gehen, was mal so überhaupt nicht in unserer Richtung lag. Warum konnte er allerdings nicht so genau sagen und so lief ich einfach los
weiter nach Norden.
Nach einer Viertelstunde setzte ich mich neben den Weg und wir schlugen unser Lager auf. Nachdem auch Darken eingetroffen war und meinte das wir umkehren sollten, ging er mit dem Schwert auf mich los. Ich paralysierte ihn und wir banden ihn an einem Baum fest. Er verhielt sich recht ruhig, aber es ließ mir kein Ruhe warum er das so plötzlich und so plump machen wollte, so dass ich ihn magisch untersuchte und feststellen konnte, dass er magisch beherrscht wurde. Und eine Teil seiner Erinnerungen verloren haben musste. Er würde allerdings nur noch bis zum Morgen so bleiben, versuchte jedoch trotzdem merkwürdige Akrobatikstücke mit dem Schwert um sich loszumachen.

28 Rahja – 1 NLT
Die beiden nächsten Tage verliefen ruhig, wenn man einmal davon absah, dass Darken nicht wusste, was er vergessen hatte und sich sichtlich unwohl zu fühlen schien bei dem Gedanke so einfach unter die Kontrolle eines anderen geraten zu sein. Der Weg war trotz seiner Abgelegenheit recht gut zu begehen und stellte keine wirklichen Schwierigkeiten dar… bis wir etwa zwei Stunde nach dem kargen Frühstück am 30 Rahja die Treppe erreichten. Eine schier endlos nach oben gewundene Treppe, die in den Wolken selbst zu verschwinden schien. Wahrlich beeindruckend und noch viel anstrengender zu laufen, da die Stufen ein bisschen zu hoch für eine vernünftige Schrittfolge waren. Und auch zu ungleichmäßig. Wir musste einige Male Rast einlegen und so erwischte uns schließlich auch die Dunkelheit noch mitten auf der Treppe, das untere Ende schon längst im heraufziehenden Nebel verborgen, das obere noch immer in den Wolken. Zum ersten Mal wurde mir wirklich klar, dass Wolken und Nebel das gleiche sind.
Die Praiosscheibe am ersten der fünf Namenlosen Tage ließ sich eine lange Weile nicht blicken und so mussten wir weiter, von kaltem, nassen Nebel umwölkt auf der Treppe nach oben wandern, bis recht unvermittelt das Ende vor uns auftauchte und sich uns durch einen Torbogen eine riesige Hochebene offenbarte, die von Licht beschienen mitten im Nichts der Wolken zu schweben schien, nur von der gegenüberliegenden Seite durch eine riesige Festung und einige steile Klippen rechts und links umgrenzt. Entgegen meinen Vermutungen wuchsen hier, soweit oben jede Menge Pflanzen – schon seit Tagen hatten wir die Baumgrenze hinter uns gelassen und seit zwei Tagen auch nichts andere als Moose und Flechten gesehen – und die Wiese die sich zwischen uns und der Festung erstreckte ähnelte einem wahren Blütenmeer, vergleichbar mit jener Hochebene auf der der gläserene Turm steht, das ungute Gedanken in mir hervorrief.
Wir liefen gute zwei Stunden bis wir die andere Seite errichten, auf der jede Menge unterschiedliche und zu meinem Ärger alle nicht lesbare Wörter standen. Da auch von weitem – von nahmen erst recht nicht, da die Wand gute 30 Schritt hoch war – keine Tür in Sicht war, liefen wir einfach links an der Wand entlang, bis wir ein großes Bildnis eines Vogels erreichten, der halb aus der Wand herausragten. Ich versuchte es spontan mit einem Öffne und tatsächlich passierte etwas, aber nicht so wie ich gedacht hatte. Aus der Wand schälten sich sechs
Elementare und nahmen etwa zwei Schritt über dem Boden Aufstellung ein. Darken versuchte es mit einer Frage, ob sie uns öffnen würden und sie fragten nach einer Einladung, die ich ihnen vor die noch immer in der Wand steckenden Füße warf. War aber wohl nicht das was sie wollten, denn sie rührten sich nicht. Also trat Darken nach vorne, hob die Einladung auf und rollte sie aus, so dass die Elementare einen Blick darauf werfen konnten. Das schien zu genügen, denn sie
begannen das Tor zu öffnen. Beeindruckend groß, fast 6 Schritt hoch und sie öffneten es nach oben hin, wie eine Klappe in einer Tür um einem Haustier den Eingang zu ermöglichen.
Weiter drinnen konnte ich in einiger Entfernung eine Magierin ausmachen, die auf uns gewartet hatte. Zumindest hatte es diesen Anschein, doch bevor sie uns mehr als eine Begrüßung entgegnen konnte, hörte ich von hinten eine Stimme, die uns ebenfalls willkommen hieß. Seine Spektabilität Pyriander war draußen gewesen und war offensichtlich höchst erfreut über unsere Ankunft. Er führte uns weiter in Richtung Gästequartiere durch riesige Hallen mit weiteren unlesbaren Schriftzeichen an den Wänden, sowie beinahe noch größeren Toren und dann
schließlich hinaus auf einen Innenhof in dem sich jede Menge Pflanzen in die Höhe streckten und eine Frau mit einem Stecken an einem Brunnenrand saß. Wohl auch einer der Gäste. Dann fiel Darken ein warum wir denn hier seien, und er fragte seine Spektabilität nach der Rahjageweihten und dem Kind. Er erwiderte, dass beide sich hier befinden, aber er nicht wisse wo, da sie öfters alleine durch die Gegend streifen und sich jetzt zur Meditation zurückgezogen hatten. Wir würden also warten müssen.

2 NLT – 1 Praios
Die nächsten Tage verbrachte ich damit mich von dem Weg hier hinauf zu erholen, sowie mit einigen recht vergeblichen Versuchen zu entziffern was auf den Wänden und Toren in dieser riesigen Stätte stand. Es blieb einfach zu wenig Zeit um auch nur einen Funken davon zu erhaschen, was hier aufgezeichnet worden war – wenn gleich es eine merkwürdige Angelegenheit ist, Sachen einfach so an die Wände zu kritzeln. Darken hatte in einem Gespräch mit dem Schwertköng – der ebenfalls als Gast hier oben war – herausgefunden, dass er wohl die Erinnerungen an seine Familie verloren hatte.
Am ersten Praios verließen fast alle Bewohner inklusive der Gäste der Akademie diese durch das große Eingangsportal in recht geordneter – das muss an diesen Elementen liegen, dieser Hang zur Ordnung von allem –  Reihenfolge und wanderten den Pfad weiter zum Gipfel hinauf. Es lag ein leichter Nebel um die Berge herum, aber die Wiese lag wie vermutlich immer im Sonnenschein vor unseren Füßen. Nach guten zwei Stunden erreichten wir den Rand einer weiteren, dieses Mal kleineren Ebene, in deren Mitte sich ein großer Krater befand um den sich die sechs Elemente in Form großer Schreine befanden. Die Prozession lief in einem Kreis
die einzelnen Elemente ab und bei jedem trennte sich eine kleine Gruppe Magier von der Hauptgruppe ab. Uns hatte man gesagt, dass wir uns ebenfalls einem der Elemente zuordnen sollten und ich hatte das Feuer gewählt. Als alle verteilt waren folgte eine schier endlose, wiederum absolut perfekt geordnete Abfolge von Gebeten und Beschwörungen an die Elemente. Ich begann mich zu fragen, warum sie einen Haufen Proviant mitgebacht hatten und ob sie vielleicht dachten, dass das hier länger dauern könnte, als bloß ein paar Stunden, als plötzlich der Vogel über uns stand. Auch an ihm waren die sechs Elemente ersichtlich und wieder stahl sich mir eine Frage in den Kopf, wie wohl vor Urzeiten die Magie darin gewesen war, die ja jetzt nicht mehr zu den Elementen zählte. Und warum es noch immer vollständig aussah und nicht halb zerbrochen und ob nicht vielleicht diese ganze Geschichte mit der Magie, die freigelassen worden war, eine Lüge ist und gar nicht stimmte.
Bevor ich jedoch weitere Gedanken daran verlieren konnte, stürzte sich der Vogel in den Krater hinab und verschwand. Einige der Magier liefen neugierig zum Rand hin – ich bemühte mich nicht an die Tiefe dort zu denken und besah mir statt dessen den Himmel um uns herum. Der jedoch nicht mehr so blau war, wie noch vorhin, als ich das letzte Mal hingesehen hatte. Irgendetwas ballte sich da zusammen und dann spuckte der Limbus plötzlich einige Dämonen aus, die sich unserer Position schnell näherten. Ich rief Leo das Wort Karakil zu, aber er hatte mich wohl nicht gehört. Nachdem die Dämonen schon relativ nahe heran waren und ich zu meiner Bestürzung den mir bisher nur von Bildern bekannten Nachtdämon zwischen den sechs Karakilim und den drei Asquarati schweben sah, hatten auch endlich einige der anderen die Dämonen gesehen und suchten zum Großteil Schutz bei ihren Elementen. Die Karakilim begannen große Kugeln auf den Boden um den Krater zu schleudern, die dort aufgetroffen ein Pandämonium freisetzten, mit dem die Magier arge Problemen hatten. Einige von ihnen wurden direkt von den Krallenhänden erfasst und hatte kaum die Möglichkeit sich alleine wieder zu
befreien. Es brach Chaos und hilfloses Geschrei aus, das mir tatsächlich bei weitem besser gefiel, als der geordnete Singsang vorher. Einige der anderen Gäste wehrten sich recht erfolgreich gegen die Dämonen, aber die praktischste Variante wäre wohl, sie einzeln wieder zurück zu schicken. Also versuchte ich einen von ihnen zu übernehmen, was leider misslang, so dass der Karakil sich gezwungen sah mich als Ziel anzusehen. Keine gute Sache und bevor ich den Gardianum um mich herum vollständig aufgebaut hatte, fügte er mir zweimal schmerzhafte Wunden zu.
Da ich mich völlig mit dem Karakil beschäftigt hatte, nahm ich erst viel, viel später war, dass der Nachtdämon seine Position verlasse hatte und in die Tiefe des Kraters flog nur um wenig später mit einem Ei in den Klauen wieder daraus hervor zu brechen. Allerdings war keiner mehr in der Lage ihn auch nur Ansatzweise aufzuhalten und so flog er in die Richtung aus der er gekommen war, mit 3 verbliebenen Karakilim, die allerdings direkt im Limbus verschwanden.
Nachdem die Dämonen wieder gen Himmel verschwunden waren und der Nachtdämon triumphierend das Ei in seinen Händen davongetragen hatte, macht ich mich daran die anderen auf der Ebene zu suchen.
Der Bereich um den Krater war noch immer von vielen zuckenden Klauen und Mäulern umringt, die jedoch an Zielgenauigkeit verloren hatten und eines nach dem anderen unter Zuckungen und gräßlichem Gestank wieder im Erdboden verschwanden. Die meisten Magier des Konziels hatten sich wohl auf der gegenüberliegenden Seite versammelt und scheinen dort eine Besprechung abzuhalten.
Leowulf müsste irgendwo in der Nähe des Luftschreins zu finden sein…
Darken war einige Schritt vom Krater entfernt zusammengesunken. Er löste die Riemen seines Helms und nahm ihn vom Kopf, legte ihn achtlos neben sich, dann richtete er sich auf und versuchte, einen Überblick über die Lage zu gewinnen.
Ich konnte Leowulf zwischen den anderen und dem Pandämonium noch immer nicht ausmachen, hatte dafür aber Darken gesehen, der gegenüber stand.

“Ist alles in Ordung?” rief ich über den Schlund hinweg.
Darken stand nur halb, stützte sich dabei auf seinen Bidenhänder und nahm mein Rufen erst gar nicht wahr. Er sah das Pandämonium, er sah Tote und Verletzte, und er sah in der Ferne den kleinen Punkt am Horizont verschwinden, der wohl der Nachtdämon mit dem Ei sein mußte. Darkens Haut war gerötet, an manchen Stellen verbrannt, und Blut sickerte noch aus einigen Wunden. Irgendwann dämmerte es ihm, daß ich ihn meinte mit meinem Rufen, und er schaute hinüber. Es war kaum mehr als ein Krächzen, daß sich seiner vertrockneten Kehle entrang, und so schüttelte er den Kopf, heftig genug, daß es auf die Entfernung sichtbar war.
Nach einem kurzen Durchschnaufen schob er sein Schwert in das Rückengehänge, hängte sich die Panzerhandschuhe an den Gürtel, strich sich den Bart zurecht und macht sich langsam auf den Weg zur anderen Kraterseite.
Auch ich machte mich auf den Weg in Richtung Darkens. Das Pandämonium wich vor meinem Gardianum zurück und schlug hilflos auf die immer wieder schimmernde Kuppel, die mich umgab, was mir eine Art merkwürdige Aura verlieh. Noch immer suchte mein Blick nach Leowulf und sogar nach Odius, den ich zuletzt hinter einer Eiswand gesehen hatte, die aber schon lange in einzelne Splitter zerschlagen auf der anderen Seite lag.
Etwa gegenüber der Treppe die zu diesem Ort führte stoppte ich meine Bewegung und wartete auf Darken.
Darken blieb einige Schritt entfernt von mir und dem Pandämonium stehen. Er atmete schwer und stützte sich unwillkürlich an mir ab. “Sie haben das Ei des Allvogels geraubt”, stellte er fest.
“Wir müssen ihnen folgen!” Er machte einen Schritt, dann knickten ihm die Beine ein, und er sank schwer zu Boden. “Jemand muß ihnen folgen…”
Das Schild um mich war merklich kleiner geworden und einzelne der Tentakel und Mäuler vermochten schon ins Innere zu dringen. Ich packte Darkens Arm und versuchte ihn recht erfolglos zu einem Bereich außerhalb des Pandämoniums zu ziehen.
Das Ei. Was kann das schon heißen? Vielleicht wieder so eine Finte, wie Rohal. Warum mus er auch so schwer sein?!
“Falsch! Falsch!! Falsch!!! So ist es einfach falsch gelaufen!” Brüllte Leowulf dem Vulkan entgegen.
Obwohl nur leise zu verstehen, hört ich Leowulfs Worte und drehte mich, den Arm noch immer um Darken gelegt zu dem Geweihte um. “Leo!” Ich versuchte lauter als die mich umgebende Kakophonie aus Pandemonium, Vulkan, Schmerzenschreien und elementaren Geräuschen zu sein und ihn auf mich aufmerksam zu machen.

Dann fiel mir ein, dass ich noch einen der Pilze aus dem Boronkloster in der Tasche stecken hatte und dies vielleicht der richtige Zeitpunkt um ihn zu benutzen. Den weiteren Verlauf der Sache am Krater und den Rückweg nach Drakonia bekam ich dann leider nicht wirklich mit, aber es war wohl eine Rettungsgruppe für das Ei losgeschickt worden und wir sollten uns zunächst ausruhen und auf deren Rückkehr warten.

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