Das Leben eines Gezeichneten – Teil 86
Rohals Versprechen - Teil 8
5 Rahja – 7 Rahja
Nach einem von Adaque zubereiteten Frühstück brachen wir auf und folgten dem Verlauf der Straße weiter nach Süden. Gegen Abend machten wir wiederum in einem Gasthaus halt, dieses Mal erfuhren wir allerdings lediglich, dass das ein recht dunkler Zwerg nach uns gefragt hätte.
Am Abend des sechsten Rahja erreichten wir Arivor, die Stadt die ich beim letzten Besuch recht schnell wieder verlassen hatte. Die anderen machten sich auf verschiedene Tempel zu besuchen und ich legte mich schlafen.
Auch der nächste Tag brachte wenig Neues bis wir abends Silas erreichten und direkt auf der ersten Straße ein Bettler ansprachen. Adaque nahm die Gelegenheit war und fragte ihn ob er vielleicht jemanden gesehen hätte der nach uns gesucht hatte und er antwortete recht widersprüchlich, so dass ich ihn zunächst paralysierte und dann ein wenig in seinen Gedanken herum sah und tatsächlich eine Situation erkannte in der er mit einer großgewachsenen Gestalt gesprochen hatte in dessen Rücken weitere standen und zusahen. Ich konnte sie nur kurz und
recht undeutlich erkennen, beschrieb aber gleichzeitig den anderen wie sie aussahen. Zum Teil recht auffällig wie der dunkelhäutige Zwerg oder der große Thorwaller, aber es waren auch unscheinbarere dabei, wie ein einfacherer Söldner und zwei Magier. Adaque bestand darauf ihn wieder laufen zu lassen und er machte sich so schnell aus dem Staub, dass zu befürchten war, dass er noch mehr wusste, als ich schon erfahren hatte weshalb ich ihn wieder versteinerte – diese Möglichkeit seine Zauber zu unterbrechen ist wirklich praktisch – und wir ihm dann bis zu
einer kleinen Hütte folgten in der er aber schon von einem großen dem in der Scheune ähnlichen, unförmigen Klumpen bedroht wurde – natürlich noch immer versteinert und so konnte er ihm keine wirkliche Schaden zufügen, aber ich konnte trotzdem erkennen, dass er es irgendwie schaffte dem Bettler sein Lebenskraft zu entziehen.
Leo stürzte sich an mir vorbei in den Kampf mit dem Dämon und musste recht unwirkliche Arten von Schlägen hinnehmen. Leowulf rief mir zu den Zauber aufzuheben und drang genau in dem Moment mit seinem Schwert durch den Dämon und den Bettler als er wieder körperlich verletzbar war und tötete sowohl den Dämon, als auch den Bettler wurde aber von einer Art Implosion des Dämons zurück aus der Hütte geschleudert, die darauf in sich zusammen brach.
Adaque bestand darauf, dass sich Leo im Perainetempel untersuchen ließ wegen der Wunden, die er erhalten hatte und sie selbst wollte im Tsatempel bescheid geben, dass sie einen Geweihten schickten um den Ort von den dämonischen Überresten zu säubern. Wir anderen machten uns auf die Leiche zum Boronsanger zu tragen und dort abzuliefern – eigentlich schade, dass ich keine Möglichkeit hatte die Seelen anders zu sammeln.
8 Rahja – 9 Rahja
Die nächsten beiden Tage verliefen wieder einmal recht ruhig, und gegen Mittag des neunten Rahja erreichten wir unser Ziel – Belhanka.
Am Stadttor von Belhanka angekommen, wartete ich bis die anderen ebenfalls hinter mir waren und man als Gruppe durch das Tor reiten konnte.
Darken schaute ein ganz klein wenig verträumt drein, als er der Stadttore ansichtig wurde. “So”, stellte er fest, “da sind wir also. Jetzt stellt sich nur noch die Frage, ob Hochwürden überhaupt noch hier ist.”
Einzig ein kurzes Zittern meiner Schultern ließ darauf schließen, dass mich diese Möglichkeit nicht glücklich stimmte.
“Wohl eher ob sie noch lebendig ist, wenn wir sie erreichen, oder?” antwortete ich dann.
“Sicher ist sie noch am Leben. Ich habe ja nicht alles verraten.” Adaque schaute kurz etwas beschämt.
Dann glättete sich das Gesicht wieder und sie fuhr fort: “Ich mache mir eher Sorgen darüber, wie wir bei diesem Fest in ihre Nähe gelangen.”
“Warum? Das Fest ist vorbei. Es sollte bei einem Besuch im Tempel bleiben, oder?” antwortete ich mit einem schrägen Seitenblick auf Adaque.
“Frag bitte du nach dem Weg. Ich hatte da in letzter Zeit etwas zu viel Pech mit.”
Ein amüsiertes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht bevor ich mich einem der Stadtwächter vor dem Tor zuwandte: “Wir suchen den Rhajatempel.”
Er musterte mich kurz und sagte dann: “Das große Rosenmarmor Gebäude auf Paradisia.”
“Welche Richtung?” Besser nicht ärgern… besser nicht. fragte ich, offensichtlich immer noch bemüht das ganze normal zu halten.
“Die Straße runter und dann am Anlegesteg ein Boot mieten um herüberzugelangen.”
Herüber? Ist der auf ner Insel? Toll… Ich ritt wortlos am Gardisten vorbei in die Stadt hinein, langsam genug, dass die anderen mir folgen konnten. Darken nickte dem Gardisten zu und folgte.
Die Stadt schien den regsten Betrieb bereits hinter sich gelassen zu haben, kein Wunder, wenn man bedachte, dass das Fest ja auch seit einigen Tagen vorbei war. Dennoch waren überall Spuren der Feierlichkeiten erhalten geblieben, wie etwa bunte Tücher, die um Pfosten gewickelt und Blumengestecke in Hauseingängen die von den Besitzern noch nicht wieder entfernt worden waren.
Am unteren Ende der Staße stieg ich von meinem Pferd und führte es zu einem Pfosten um es dort anzubinden.
Alles rosa, von den Grundmauern bis zu den Fensterleibungen zeigte sich der Tempel. Wie kann man nur dort drinnen leben? Leowulf sah die Sache vermutlich ähnlich, denn auf meinen Vorschlag doch draußen zu warten, stimmte er zu und wir liefen ein bisschen am Strand entlang.
Etwa eine viertel Stunde später traten die anderen drei wieder hinaus und wir folgten ihnen langsam zum Ufer an dem ein großes Schwanenförmiges Schiff festgezurrt war. Die Geweihte – offensichtlich hatten die anderen die gesuchte Person gefunden – nahm kaum Notiz von uns und stieg in das Boot ein und hieß uns zu folgen. Ich trat also auf das schwankende Schiff und stellte mich vorne hin mit dem Rücken an den Schwanenhals gelehnt.
Die Aufgabe zu Rudern blieb also bei Leowulf und Darken und als wir etwa zwei Stunden gerudert waren und ich schon beinahe davon überzeugt war, dass sie bloß vor hatte uns hier draußen zu ertränken, offenbarte sie uns eine Geschichte von einer Rahjageweihten, die das Kind Satinavs und Rahjas ausgetragen hatte und nun auf der Flucht war und von uns gefunden werden musste. Was das jetzt eigentlich mit unserer Sache zu tun hatte? Darüber verlor sie natürlich kein Wort. Wäre ja auch zu schön gewesen. Ich glaube das soll alles bloß Ablenkung sein, die Frage ist bloß für was. Und zumindest Adaque sprang direkt auf die Geschichte an und
als die Geweihte auch noch erwähnte, dass der Ort an dem sich die Mutter wohl aufhalten würde Drakonia sei, wollte sie direkt dorthin aufbrechen.
Zurück in der Stadt wollte sie dann aber erstmal nach dem Weg fragen und daher die kleine Akademie besuchen, die zu allem Überfluss auch noch einen Aves Schrein besaß. Wirkliche Weghinweise bekam sie jedoch nicht und ich gedachte stumm der kleinen Wegbeschreibung, die in der Einladung zum Erscheinen des Lichtvogels gestanden hatte, die ich ihr etwas später auch zeigte. Da es aber schon recht spät war, wollten wir erst morgen aufbrechen um zurück über Punin in den Raschtulswall zu reisen.
Leo und ich besahen uns noch ein Pfandhaus, dass aber keinerlei interessante Gegenstände aufzuwarten hatte und ließen uns dann im Gasthaus nieder um zu Abend zu essen. Und als mein Blick über die Anwesenden wallte sah ich die Wahrsagerin, die ich damals in Kunchom und in Vinsalt gesehen hatte, die aber gerade damit beschäftigt war den Raum zu verlassen. Ich zuckte mehr oder weniger zu mir selbst mit den Schultern und beschloss schlafen zu gehen, als gerade Darken von seinem Besuch beim Parfümhersteller zurückkehrte – Adaque wollte über Nacht im
Rahjatempel bleiben.
Gerade als ich im Bett die Augen geschlossen hatte, betrat Leowulf das Zimmer und hielt mich zunächst von weiterem schlafen ab, indem er lautstark die Fensterläden schloss, dann jedoch beim Schließen des dritten Fensters hinten über fiel und liegen blieb. Ich ließ mich aus dem Bett fallen und rollte unter das Bett – nicht das ich auch noch attackiert werden würde – und besah mir
Leowulfs Silhouette genauer. Es steckte ein Bolzen in seinem Oberkörper und hatte ihn wohl umgeworfen. Langsam kroch ich unter dem Bett hervor und näher an das noch wenige Finger breit offen stehende Fenster heran um einen Blick nach draußen zu werfen, aber erst mit einem Odem konnte ich die schwache Spur eines Magiebegabten auf dem gegenüber liegenden Hausdach erkennen.
Ich schloss die Fensterläden vollständig und drehte mich zu Leowulf um, um seine Wunde zu begutachten. Eigentlich wollte ich den Bolzen vorsichtig herausziehen, aber als ich die kleinen Zahjadsymbole am Schaft erkannte, riss ich ihn einfach unter Leowulfs empörtem Geschrei aus seiner Brust heraus. Es stand das Symbol für Tyakra’Man auf dem Schaft in mehreren Ausführungen… merkwürdig. Ein Rachepfeil? Hatte Leowulf irgendwen so sehr verärgert? In diesen Überlegungen hängen geblieben hatte ich nicht mitbekommen, wie Darken mehrmals an die Tür geklopft haben musste und erst als diese gegen mich prallte und zu Boden warf, riss es mich aus meinen Gedankengängen. Er hatte den Schrei Leowulfs gehört und war nachsehen gekommen, konnte aber auch nichts mit der Situation anfangen und zu allem Überfluss zerbröselte der Bolzen in meine Händen zu Staub. Da dieses Zimmer nun keine Tür mehr hatte die gebrauchbar war, beschlossen wir im anderen Zimmer zu nächtigen und entsprechend Wache zu halten, falls weitere Übergriffe geplant waren.
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