Das Leben eines Gezeichneten – Teil 65

Goldene Blüten auf blauem Grund - Teil 4

10 Rahja
Ich erwachte mit einem unguten Gefühl Dinge verpasst zu haben, die wichtig waren. Die Praiosscheibe warf lange Schatten über den Rastplatz, den sich meine Gefährten ausgesucht hatten. Es musste früher Morgen sein und ich warf einen Blick um mich herum. Neben mir saß Undu, der irgendwie verwirrt dreinblickte und etwas weiter daneben Leowulf, der seine Waffe pflegte. Und dann war da noch die Amazone, die am Pfahl gehangen hatte, offensichtlich intakt.
Ich setzte mich auf und ließ mir von den anderen berichten, was weiter im Kampf passiert war – Die Keule hatte irgendwie Macht an sich gezogen und die Oger für Galotta kämpfen lassen, aber die Geister des Rondratempels hatten dieses dann wieder rückgängig gemacht und den Oger ihre Keule zurück gegeben, Undurael war schwer verletzt worden und mich hatte diese Rondrageweihte Amazone angetatscht. Das war es also gewesen was ich mitten drin gespürt hatte, mehr als alle Ängste… ich mag mich gar nicht daran erinnern.
Undu schaute immer noch so merkwürdig auf seine Hand und zeigte sie mir auch auf Nachfrage. Dort prangte ein Abdruck von Leowulfs Schwertknauf und ich ahnte schon wie der dort hingekommen war. Bestimmt keine schöne Sache für einen Elfen.
Die Amazone hatte vermutlich nichts von dem Widerstand bei ihrem Heilversuch an mir gemerkt, sonst hätte sie sicherlich andere Dinge gemacht, aber vielleicht wollte sie mich auch nur in Sicherheit wiegen und erst später zuschlagen? Jedenfalls wollte sie von uns zu ihrer Burg gebracht werden, da sie das alleine nicht schaffen konnte.
Wir brachen also auf und holten unterwegs Greifwin bei der noch lebenden Dorfbevölkerung ab, bevor wir uns in Richtung Kurkum – wo auch immer das liegen mag – wandten.

11 Rahja
Es dämmerte schon als ich auf dem Weg vor mir etwa 10 Schritt entfernt einen Ghul aus dem Unterholz treten sah. Er verschwand allerdings direkt wieder bevor wir etwas unternehmen konnten und als ich mir die Stelle genauer betrachtete, lag dort die Amazone, die uns vor zwei Tagen im Dorf begegnet war. Tot inzwischen. Da hatte sie ihre Nachricht wohl nicht überbringen können, und die Ghule sie geholt. Die dann auch prompt wieder auftauchten, so dass wir uns
gezwungen sahen den Rückzug anzutreten – nicht das ich großes Interesse hätte die Frau da zu verbuddeln.

12 Rahja
Das Tal öffnete sich vom Pass aus in einer länglichen Form in deren Mitte im Schein der untergehenden Praiosscheibe die rechte Seite einer großen Burganlage erhellt war, während sich der Rest in Schatten hüllte.

Zu Pferde war das Tal mit seinen wenigen Bauernhäuser, in denen schon das eine oder andere Licht brannte, schnell durchquert. Das Korn auf den Feldern war gut gewachsen und bewegte sich sanft im Wind, der von den umgebenden Bergen fiel. Der Fluß der die Burg wie ein natürlicher Wassergraben umspülte gab leise gürgelnde Geräusche von sich.
Vor dem Haupttor stoppte ich mein Pferd und blickte die Amazone an.
Undúrael schien über etwas zu brüten, das wie ein Schatten über ihm lag. „Wie schafft ihr es, so etwas offensichtliches geheimzuhalten?“ fragte er Ayla.
„Mit viel Überzeugungskraft und der Hilfe der Leuin“, sagte Ayla fast schon stolz.
Als wir vor dem Tor angelangt waren, kreuzten sich die Speere der beiden wachhabenden Amazonen um den Eingang zu versperren. Nach einem kurzen Wortwechsel mit Ayla jedoch nahmen sie wieder Haltung an. „Ich habe eine Botin ausgesand, welche eine Audienz bei Königin Yppolita für uns macht. Wir werden in Kürze bei der Königin selbst vorsprechen können. Wenn ihr mir folgen würdet?“
Sie schritt über die herabgelassene Zugbrücke in den Innenhof der Burg. Geweihte. Ich schüttelte nur den Kopf. Nicht das sie vermutlich nicht recht haben. Aber wie kann man sich nur auf so einen Gott verlassen? Na sie werden ja sehen, was sie davon haben am Ende. Dann lächelte ich sanft und fügte ein „Aber sicher doch,“ hinten an. Als ob mich das nur irgendwie tangieren würde… Aber Undu – merke, wenn ich eine Abkürzung haben möchte, frag ich eine Oger – und Greifwin wollen die bestimmt sehen. Wobei sich Undu irgendwie noch immer komisch
aufführte.
Plötzlich hielt alles an und zwei kleine Mädchen standen vor mir.
„Wir bringen dir Kunde. Innerhalb dieser Burg befindet sich ein Artefakt, dass unser Herr gerne haben möchte. Allerdings ist es nicht magisch aufspürbar, zumindest noch nicht. Das Artefakt muss sich erst magisch aufladen, und wir fürchten die Horden Borbarads könnten es in die Finger bekommen. Dies zu verhindern wird deine Aufgabe sein. Das Artefakt sollte auf Grund der
Sternenkonstellationen und des zukünftigen Blutvergießens sich zum 30 Rahja, spätestens 1 Praios‘ aufgeladen haben und auch magisch aufspürbar sein. Bringe es aus diesem Tal raus und warte auf weitere Anweisungen. Eine Belohnung ist dir für diese Aufgabe sicher, wir hatten da an so etwas wie die Fähigkeit Magie aufzuspüren ohne Astraleinsatz gedacht, ich denke das wäre doch etwas nettes für dich. “
Beide Mädchen lächelten sich an und verschwanden. Die Zeit fing wieder an zu laufen.
„…aber wie sieht es denn..,“ begann ich und schaute mich dann um, grummelte etwas und versuchte unbeteiligt drein zu schauen, während ich ebenfalls in den Burghof tratt.
Greifwin sprang von seinem Goldfeser ab, warf das Zaumzeug vorne über und tätschelte Luratas Hals. „Natürlich folgen wir, Ayla,“ und er warf einen flüchtigen Blick zu uns.
„Dann bitte hier lang.“
Die auffälligsten Gebäude im Innenhof waren die Hauptburg, die Scheune, sowie der Nord und Südturm. Ebenfalls zierte ein Rondratempel den Innenhof, neben welchem ein Kräutergarten angelegt worden war. Auffällig allerdings war ebenfalls ein ziemlich heruntergekommenes Gebäude, welches nicht mehr benutzt zu sein schien und von irgendwoher hörte ich das Wiehern von Pferden. Ich stieg von Nachtsturm, täschelte dem Pferd nochmal die schwarzen Nüstern und
schaute mich dann im Hof um. Nicht gerade wohnlich hier. Dann warf ich einen Seitenblick auf die anderen. Hmm.

Etwas irritiert lieferte ich mein Pferd im Stall ab und lief mit den anderen zusammen hinauf ins Haupthaus der Burg. Vor dem vermutlichen Thronsaal wurden wir jedoch gebeten unsere Waffen abzugeben und sie ließen mich tatsächlich mit meinem Stab nicht passieren! Man glaubt es kaum. In ganz Aventurien wird festgehalten, dass Magierstäbe in diesem Sinne nicht als Waffe zählen, aber hier in dieser hinterwäldlerischen Einsiedelei hatte man offensichtlich nicht vor
Rücksicht darauf zu nehmen. Nun würden sie eben ohne mich auskommen müssen. Ich
würde auch so erreichen, was ich wollte.
Auch Leowulf wollte sein schwarzes Schwert den Amazonen nicht so einfach überlassen – wäre auch sicherlich leicht riskant bei diesen Rondragläubigen. Wir stiegen also beide wieder die Treppe hinab zum Burghof und ließen uns dort nieder.
Nach einiger Zeit kehrten Greifwin und Undu wieder zurück und seltsamerweise mit ihnen Adaque, die ich nun überhaupt nicht erwartet hatte. Schon wieder leicht irritiert ließ ich mir ihre Umarmung gefallen.
Sie berichteten abwechselnd was oben vorgefallen war. Die Königin wollte entgegen aller Vernunft tatsächlich hier bleiben und auf seine Armee warten. Mit etwa achtzig weiteren Amazonen, die natürlich genauso lebensmüde waren. Und wir könnten wohl auch hier bleiben, wenn wir wollten. Hmm… ja sicher. Wenn ich nicht wüsste, dass es besser wäre hier zu blieben und zumindest bis zum Ende der Namenlosen Tage auszuharren, wäre ich ja schon längst auf dem Weg nach draußen, aber ich hatte ja wohl kaum eine Wahl. Erstaunlicherweise schienen die anderen das ähnlich zu sehen. Ohne die Pflicht natürlich, aber irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie ihren Realitätssinn verloren haben mussten. Die Lage ist völlig aussichtslos, aber es interessierte wohl niemanden. Vielleicht wollte sie auch nur länger die Unfähigkeit der Amazonen in Sachen Kriegsplanung beobachten? Wobei ich ihnen das auch nicht zutraute. Na ich würde ja sehen was kommt.
Wir zogen uns zurück in eine eigens für uns hergerichtete Kammer und legten uns schlafen… bis auf Adaque, die wohl der Meinung war, das erlebte notieren zu müssen. Und dann auch noch ihre Begründung! Weil sie als Aves Geweihte das ganze für die Nachwelt festhalte müsste. Ich konnte echt von Glück sagen, dass sie sich nicht für Nandus entschieden hatte. Welch Tortur das gewesen wäre, obwohl auch ihre Anwesenheit so schon reichlich unangenehm war, sich aber mit Willensanstrengung ertragen ließ.
Sie schrieb und kratze mit ihrer Feder über das Papier, bis ich sie schließlich überzeugen konnte uns ein wenig Ruhe zu lassen, auch wenn ich den Rest der Nacht in sehr merkwürdigen Träumen durch ihren Körperkontakt versank.

13 Rahja
Noch bevor ich richtig wach war, vernahm ich schon wieder das Kratzen ihrer Feder und dann sogar ihr Rufen ich möge mir das doch bitte mal ansehen. Ihre Feder schrieb rot… plötzlich… und erst danach sagte sie mir, dass es jene war, die sie bei Abu Terfas mitgehen hatte lassen. Ich untersuchte sie ein wenig und stellte fest, dass sie mit dem Blut des Besitzers schrieb, falls man keine Tinte mehr zur Hand hatte. Eine praktische Sache, falls man mal was Wichtiges notieren wollte, aber eigentlich auch nicht mehr als eine Spielerei.
Wir frühstückten und beschlossen dann den Fortschritt der gegnerischen Armee näher zu begutachten. Verfluchte Neugier. Undu informierte die Amazonen und Adaque erhielt eins der großen Pferde der Amazonen um mit uns Schritt zu halten.
Gerade als wir das Tal verlassen hatten zog es zu und begann zu regnen. Nach einiger Zeit hatte ich keine Lust mehr auf Regen und es schien noch schlimmer zu werden, als Greifwin eine Höhle am Wegesrand entdeckte in die wir uns zunächst zurückzogen.
Die Höhle war von einem Bären bewohnt, den Undu beschwichtige konnte so dass er in seiner Ecke weiter hinten blieb. Amüsanter waren dann die beiden Harpyien, die ebenfalls ein trockenes Plätzchen für sich suchten, die in die Höhle eindrangen und Greifwin so sehr erschreckten, dass er fast wieder mit dem Bären aneinander geraten wäre.
Sie wussten nichts von der Armee, wollten aber dann später mal nachsehen fliegen – wenn sie es nicht vergessen, was ich eher für wahrscheinlich hielt. Und als es aufgehört hatte zu regnen zogen wir auch weiter in Richtung Norden, der Armee entgegen.
Als es zu dunkel wurde um weiter zu reisen schlugen wir ein Lager auf und aßen die Reste die wir am Morgen aus der Burg mitgenommen hatten. Kurz darauf kehrten die Harpyien zurück und berichteten von dem Heer, konnte aber keine validen Informationen liefern, meinten dennoch uns mit irgendwelchen Geschichten ängstigen zu versuchen. Pah.
Hätten wohl doch drauf hören sollen. Ich schlief schon fast, als von Ferne seltsame Geräusche an mein Ohr drangen. Rascheln aus dem das Gebüsch umgebende Lager. Dann konnte ich auch das Aufblitzen grüner Augen und weißen Fells erkennen – Karmanthi. Schon wieder. Ich wirkte einen Gardianum um mich herum und ließ mich zu Boden fallen. Eigentlich wollte ich lieber weg, irgendetwas stimmte mit den Hunden nicht, aber Adaque hielt mich fest. Undurael musste das auch bemerkt haben, denn er sprang auf sein Pferd und ritt los. Greifwin und Leowulf zogen ihre Schwerter und sprangen auf die Hunde los. Nach ein paar Sekunden lag Greifwin blutend am Boden und Leowulf hatte sich in die Kuppel zurückgezogen. Jetzt wusste ich warum ich lieber weggelaufen wäre, aber Adaque hielt mich noch immer fest.
Die Hunde sprangen gegen die Kuppel, ließen Greifwin aber in Ruhe. Leowulf versuchte sie zu schlagen, aber sie wichen geschickt aus und zogen sich dann in den Wald zurück. Seltsam. Schien mir als wären sie gar nicht ausgesandt um uns zu töten. Das hätten sie locker schaffen können. Wirklich merkwürdig.
Den Rest der Nacht ließen sie sich auch nicht mehr blicken und Adaque kümmerte sich um Greifwin, der zu seinem Glück noch einen Heiltrank besaß. Undu kehrte erst am frühen Morgen zurück, getragen von einem Oger, der mit der Waldläuferin, die hier wohnte unterwegs war. Ein bizzarer Anblick, aber die Oger waren wohl noch immer froh ihre Keule wiederbekommen zu haben.

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