Das Leben eines Gezeichneten – Teil 114
Rausch der Ewigkeit - Teil 3
15 Phex
Unser Trollaufpasser trat am Morgen wiederum an uns heran – er erklärte mir, dass sie gestern den Troll beerdigt hätten – und meinte dass wir nur eine Stimme von den sieben Trollen für uns hätten, aber heute die Chance hätten uns weiter zu bewähren – mir gefiel das Wort weiter in dem Satz nicht sonderlich.
Auf der Versammlung warfen uns die Trolle Sachen vor, die nicht mal mein Urgroßvater gewusst hätte, da sie mindestens 500 Jahre her waren – wie kann man nur derart in der Vergangenheit leben. Kein Wunder dass sie nicht mit dem normalen Leben zurecht kamen! – Sie fragten uns der Reihe nach Dinge ab und nickten immer nur bei der Antwort. Von mir wollten sie wissen was ich in meinem Leben gelernt habe – vertraue keinem! – was meine Aufgabe hier sei – ich wache natürlich über die Welt, wer soll das sonst tun, sonst hätte ich hinter nur noch ein zerstörtes Überbleibsel, was äußerst unpraktisch wäre – und was meine größte Tugend bzw mein größter Fehler sei – die Neugier, was natürlich rein in der Natur der Sache des Seins an sich begründet liegt. Ich vermute sie waren mit den Antworten zufrieden, denn sie schickten uns wieder raus ohne Anstalten zu machen uns die Köpfe einzuschlagen – sie hatte Darken gefragt ob er schon mal einen Troll getötet hatte, hatte er wohl nicht, glücklicherweise.
Draußen wartete der Sohn des vermissten Schamanen – den wir ja suchten – auf uns und erklärte das etwas mit seinem Vater nicht stimme könnte, da er schon längst wieder hier hätte sein sollen. Wir sollten also mit ihm zu dem Berg fliegen, den er hatte aufsuchen wollen, was wir dann auch taten – der Luftgeist immer noch sehr unwillig.
Der gesuchte Troll war gerade beschäftigt einigen Tatzelwürmern die Schädel einzuschlagen, die wohl beschlossen hatten, dass Troll lecker schmecken müsste. Leowulf und Darken erledigten drei Würmer und ich schickte den letzten mit einem Imperavi fort und dann erklärte uns der Troll, dass er hier seit drei Tagen fest säße – sein Bein wahr ähnlich dem des anderen Trolls im Boden eingeschmolzen worden – und sich jetzt erstmal ausruhen müsste.
16 Phex
Nachdem sich die ersten Strahlen der Praiossonne zeigten, erhob sich der Troll und führt uns in ein kleines Tal und dort zu einer zunächst einmal
nichts sagenden Stelle an einer Felswand. Er erklärte uns, dass dahinter sich die Höhle der Gezeichneten befinden würde und er diese – obwohl nicht selbst gezeichnet – betreten könne, da er einen der Splitter bei sich trage, die zum sechsten Zeichen gehörte. Er berührte die Wand und darauf hin schob sich diese ein Stück zur Seite, so dass wir die dahinter liegende große Höhle betreten konnten. Ich machte mein Licht an und konnte erkennen, dass die Wände über und über mit Malereien vergangener Gezeichneter versehen waren und die Höhle verdammt groß war. An einer ausgeprägten Stelle an der Wand befanden sich lauter Abdrücke von Händen auf der Wand, vermutlich zurückgelassen von früheren Besuchern und ich fand es recht amüsant ebenfalls meine Handabdruck dort zu hinterlassen – die anderen wollten nicht.
Der Troll führte uns weiter durch die Höhle herum, aber letztlich kamen wir wieder zur Handabdruckwand zurück an der sich das vierte Zeichen zu schaffen machte und letztlich nach einigem herumprobieren einen Teil der Wand öffnete und so eine weiter Höhle offenbarte. Wir traten hindurch und ich erblickte ein fast Kreisrundes riesiges Loch im Boden, dessen Ende man nicht erkennen konnte und um dieses Loch herum sieben Splitter gleich dem den der Troll besaß frei schwebend zwischen kleine Felsen. Er fügte seinen Splitter an eine freie Stelle hinzu, aber außer einem tiefen Grollen aus dem Boden passierte zunächst weiter nichts. Dann beging ich den Fehler mir einen der Splitter mit einem Odem anzusehen…
Als ich wieder halbwegs zurechnungsfähig war, befanden wir uns auch schon wieder auf dem Weg nach draußen und zurück zu den Trollen.
Wir erreichten deren Festung in den frühen Abendstunden und Adaque und ich unterhielten uns noch ein wenig nachdem wir gegessen hatten auf einem der Außenbalkone. Wir bemerkten etwa gleichzeitig dass sich über uns zwei Schatten bewegten, allerdings zu spät das diese zwei Steinbrocken hatten fallen gelassen, so dass wir zwar versuchten sie nicht auf uns fallen zu lassen, aber keinen sonderlich großen Erfolg dabei hatten.
Zum zweiten Mal an einem Tag kam ich erst später wieder zu mir, als einer der Trolle mich von oben bis unten mit einem ekelig riechenden Zeugs beschmierte.
17 Phex
Wir wurden wiederum am Morgen zum Versammlungsraum geführt und mussten zunächst alle Waffen und Rüstungen ablegen – meine Stab durfte ich tatsächlich behalten – und sollten dann für die Trolle herausfinden wer ihre Herden überfiel. Mir behagte das nicht sonderlich, aber vermutlich ging es eh einzig darum, dass wir uns in irgendeiner Weise verhielten und sie damit eine Möglichkeit hatten uns einzuschätzen – was natürlich an und für sich völliger Schwachsinn ist, da wir ja uns einfach entsprechend verhalten können, dass sie eine guten Eindruck bekommen und sie so nie wissen was wirklich unsere Intention ist, außer sie davon zu überzeugen, dass unsere – meine – Seite die richtige ist.
Man brachte uns dann zu einer der Herden und ließ uns alleine. Adaque fand Spuren von Goblinfüßen, denen wir leicht folgen konnten und dann hinter einem Felsen acht dieser Wesen vor fanden von denen einer schon das zeitliche gesegnet hatte. Da wir ja offensichtlich nicht einfach sieben Goblins schlachten sollten – wer auch immer auf diesen Trick rein fallen würde – trat ich vor in der Hoffnung, dass sie zumindest nicht gleich weglaufen oder angreifen würden. Funktionierte recht gut, und ich konnte sie davon überzeugen, die Herden nicht weiter zu attackieren, wenn sie ab und an von den Trollen eines der Tiere erhalten würden. Darken missfiel diese Rederei recht offensichtlich. Vermutlich hielt er nicht viel von Goblins und hätte sie wohl lieber abgeschlachtet.
Zurück bei den Trollen stellte es sich als richtig heraus was ich vermutet hatte und sie waren sogar der Meinung, dass die Goblins hin und wieder eine ihrer Kühe haben könnten. Ich lief also mit Adaque zurück um ihnen das mitzuteilen – man weiß nie wann es praktisch ist Goblins zu haben…
Als wir wieder zurückkehrten, erklärte uns unser Schamane – also der den wir gerettet hatten – dass er jetzt aufbrechen wollte um mit dem letzten Wächter des sechsten Zeichens zu sprechen, auf das dieser uns mitteilen könnte wohin die restlichen beiden Splitter verschwunden waren.
Es war ein typisches Ritual wie man das so vermuten würde, mit Feuer, komischem Gesang und vor der Kulisse eines großen Kataraktes. An Information offenbarte er uns hingegen wenig, einzig dass die beiden Splitter vor Urzeiten von den Zwergen gestohlen worden waren und sich nun westlich des großen Walls aufhalten sollten.
Etwas grübelnd gingen wir dann zurück und schlafen, da uns unser Schamane auch nicht wirklich weiterhelfen konnte.
In einem mehr oder weniger größeren unbeachteten Moment, versuchte ich eines der beiden Mädchen in meinem Kopf zu erreichen.
„Ja?“ kam eine Stimme von hinter mir.
Ich drehte mich um und stand unmittelbar vor einen langem Tisch. An diesem saßen die beiden Mädchen und ein Rubin. Baharany war damit beschäftigt dem Rubin einen Tee einzuschenken.
Mir blieb zunächst der Mund etwas offen stehen und dann ging ich zwei Schritte auf sie zu.
„Ich würde da ganz gerne mal ein Gespräch führen.“
„Bitte“ Sie deutete auf einen freien Stuhl und stellt sie eine Tasse für mich auf den Tisch.
Ich setzte mich vorsichtig auf den Stuhl und wartete darauf was weiter passiert.
„Habt ihr schon einen Plan?“ fragte das Auge in die Runde, worauf die Schwarzhaaarige verwegen schaut und antwortete:“`Ich bin der Plan.“
Baharany dreht sich zu mir um. „Zucker oder Hirn?“
„Nicht sehr hilfreich…“` kommentierte ich das Ganze.
Sie griff in ein kleines Döschen und warf mir eine Wabbelmasse in den Tee. Dann reichte sie mir die Tasse und ich sah gerade noch rechtzeitig wie das blutige, weiße Etwas in den schwarzen Tiefen verschwand.
„Also. was möchtest du wissen?“
„Lerg… erstmal was das war,“ antwortete ich angewidert.
„Eine Erinnerung, und sonst?“
„Die muss schlecht geworden sein,“ mit noch immer angewidertem Gesicht stellte ich die Tasse zur Seite.
„Ja… was machen wir bezüglich dieser Bergsache?“
„Was willst du denn machen?“
„Wenn ich das wüsste, würde ich ja nicht fragen!“ Ich haute mit meiner Faust auf den Tisch.
Die Tasse kippte um und eine rot-braune Flüssigkeit ergoss sich über den Tisch. Vereinzelt wies sie weiße Flecken auf, fast so als hätte etwas ausgeflockt.
„Das war deine letzte Kindheitserinnerung, schade, ich dachte du wüsstest sie zu wertschätzen.“
„Aber was deine Frage betrifft, es sind noch einige Stühle an diesem Tisch frei.“
„Wenn die so aussehen jetzt, verzichte ich gerne drauf,“ antwortete ich und sah mich um wie viele da frei waren. Fünf leere Stühle und ein Thron.
„Tja… und was genau soll mir das sagen, hmm? Ich weiß ja nicht mal was das für ein Zeichen sein soll…“ antwortete ich.
Wortlos deutete sie mit einem angebissenem Keks auf dem ich in roter Schrift die Buchstaben RN ausmachen konnte, auf ein eingerahmtes Bild an einem der offenen Plätze. Es stellte einen Berg mit Flügeln dar auf dem der Name in alten echsischen Lettern stand. „Amul Dshadra.“
„Du meinst ich soll ihn mir… einverleiben wie einen Keks?“ fragte ich sie mit skeptischem Blick.
„Eher wie einen H’ratu’lsrzzz ip’na’grschm aber wenn du einen Keks bevorzugst, dann einen Keks,“ antwortete sie.
„Ja…. in der Tat, Keks ist mir lieber.“` Ich schaute mich nochmal in aller Ruhe um und frage dann: „Sag… warum sollte ich das tun?“
„Diese Frage musst du selber beantworten. Ich habe nur die Möglichkeiten aufgezeigt, die Entscheidung ist deine. Eine unglaublich mächtige Waffe haben oder nicht haben das ist hier die Antwort.“
„Ich hab die Entscheidung? Warum so auf einmal? Normalerweise bekomme ich doch hier die Anweisungen, hmm?“ antwortete ich schnippisch.
„Du hattest immer eine Wahl.“ Sie hobt die Augenbraue. „Einige Dinge sind gut für dich, andere nicht, alles was wir taten war dir diese Dinge zu zeigen. Hat dich jemals jemand zu etwas gezwungen? Und bist du nicht immer angemessen entlohnt worden?“ Sie verschränkte die Arme.
„Oder weist du es einfach nicht zu wertschätzen? Hmm?“
Sie griff nach einem weiterem Keks auf dem stand ‚Bake in Brabak‘.
„Ich hab doch überhaupt nichts über Wahlmöglichkeiten gesagt, sondern über Anweisungen gesprochen. Natürlich ist es meine Wahl die anzunehmen oder nicht!
„Also gibt es dieses Mal keine Anweisung?“
„Noin,“ antwortete sie genüsslich kauend.
„Und warum nicht?“
„Warum was nicht? Du keine „Anweisung“ erhältst? Lass mich mal überlegen… vielleicht weil es keine gibt? Oder möchtest du eine?“
„Ja…“, antwortete ich zerknirscht. „Sonst wäre ich wohl kaum hier.“
Sie schaute für einen kurzen Moment verwirrt, fing sich aber sofort wieder.
„Moment.“
Sie legte den Kopf schief und schien einer unsichtbaren Stimme zu lauschen. Nach kurzer Zeit schaute sie mich wieder an.
„Ok.“ Sie deutete mit einem Kopfnicken auf den Thron über dem ein einzelnes Glühwürmchen kreiste. Dann noch eines und noch eines, immer mehr bis der Thron von grünem Licht der Nachtkäfer überflutet wurde. Langsam schälte sich eine Gestalt aus dem Licht und so plötzlich wie das Licht gekommen war, verschwand es wieder. Auf dem Thron saß nun eine wunderschöne Elfe mit nachtschwarzem Haar und goldenen Augen. Aufreizend hatte sie die Beine übereinandergeschlagen.
„Du wünscht also eine Anweisung habe ich gehört.“
Meine linke Augenbraue zog sich unwillkürlich in die Höhe über diese dermaßen unpassende Erscheinung.
„Korrekt.“
„Der Meister schickt mich als Repräsentant. Du kannst mich Tira nennen wenn du willst.“
Sie musterte mich, dann beugte sie sich vor und flüsterte:
„Beschaffe das sechste Zeichen, auf dass es nicht in die Hand des Spärenschänders fällt. Allerdings.. ist es nicht für dich bestimmt, was heißt du wirst Unterstützung hier brauchen, denn alleine kannst du es nicht bändigen, und auch Baharany und Cele’zalar werden es nicht lange können. Aber zum Glück wird es auch nur für maximal ein halbes Jahr sein, denn der große Entscheidungskampf ist nah. Ich werde ab dem Zeitpunkt der Bindung hier warten und wachen, bis dahin wirst du von mir weder etwas hören noch sehen. Solltest du Fragen haben rufe nach mir.
Des weiteren, Hüte dich vor dem 7tem Zeichen, fasse es nicht an, unter keinen Umständen, denn sonst wird deine Tarnung und Existenz gefährdet werden.“
„Fein,“ lautete meine einzige Antwort.
Sie nickte mir zu, und ich sah wie sie mit der Umgebung verschwamm.
„Zufrieden?“ fragte eine Krümel spukende Blonde neben mir.
„Im Grunde ja,“ antwortete ich noch immer kurz angebunden.
Sie lächelte mich an.
„Sonst noch etwas?“
Ich schüttete den Kopf.
„Fein, dann lass uns etwas Spaß haben. Hast du die Erinnerung des Praioten gefunden ?“ rief sie zur Schwarzhaarigen herüber.
„Aber klar doch.“
„Na dann lass uns mal sehen wie ihm grün und rot steht,“ wobei sie eine überreife Tomate in den Händen wog und verschmitzt lächelte.
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