Aborea
Ein Fantasy RPG
Aborea gehört sicherlich zu den meist erwarteten Rollenspielen dieses Jahres. Dazu haben 13Mann mit Ihren 17 Countdownews nicht unwesentlich beigetragen. Zur RPC in Köln war es schließlich so weit dass das einsteigerfreundliche Rollenspiel das Licht der interessierten Welt erblickte.
Optik
Der Erste Eindruck des Produktes ist sicherlich von den beiliegenden Karten und der hohen Qualität der Hefte geprägt. Den zwei etwa 50 Seiten umfassenden Heften für Spieler- und Spielleiter sind zwei großformatige Karten (die Weltkarte erreicht sogar A0!) beigelegt die gerade bei erfahreneren Rollenspielern Erstaunen hervorrufen. Zum Preis von günstigen 20 Euro werden dem angehenden Rollenspieler nicht einfach großformatige Papier- oder Pappkarten präsentiert, sondern gigantische hochwertig laminierte Karten, wie man sie nur selten zu sehen bekommt. Und auch die Hefte müssen sich vor der Konkurrenz nicht verstecken. Sie sind angenehm glänzend, vollfarbig und nicht gerade spärlich mit hochwertigen Illustrationen versehen.
Leider wird der erste Eindruck nur teilweise erfüllt, da der hohe und verhältnismäßig kostenintensive Produktionsstandard nicht professionell genug genutzt wird.Am deutlichsten wird dies bei den Heften. Zuerst ist das zugegeben dickere Papier auch für den Umschlag genutzt worden, was die Hefte leider anfällig für Macken und Knicke macht. Ein zweites Manko stellt der Druck dar. Die offensichtlich detailliert und professionell gefertigten Illustrationen sind vom Drucker merklich zu Dunkel eingestellt worden, so dass sie ihr Potential nicht wirklich entfalten können. Gerade eh schon dunkleren Bildern fehlen einige Kontraste und bedürfen einiger zusätzlicher Blicke. Bei ungünstigem Licht wird das ganze auf Grund des Glanzeffektes noch einmal deutlich erschwert.
Dies fällt am deutlichsten bei den Symbolen der Götter auf. Diese sind nicht einfach in schwarz/ weiß dargestellt sondern als Steinrelief erstellt. Leider zwingt der schwache Kontrast und die zu dünnen Linien den Leser zum mehr als genauen gucken, so dass der erstrebte Wiedererkennungswert deutlich verloren geht.
Die zwei Karten sind vom Druck überzeugend, die etwas unbelebte Illustration des Dorfes ist für dieses Format (A2) vielleicht etwas enttäuschend. Besser schneidet da die Weltkarte ab, die grafisch gut gemacht ist und jede Beschwerde durch den Detailreichtum von Städten, Einflusslinien, Flüssen und Benennungen wettmacht
Der Spielnutzen von beiden Karten ist etwas fragwürdig. Beide sollen durch ihr Detailreichtum als Anregung dienen, das Dorf sicherlich auch um die ersten Spielrunden besser zu Illustrieren. Die Dorfkarte ist zumindest für die Ideenanregung etwas zu trostlos, die Karte ist hingegen auf Grund der Detailtiefe wirklich inspirierend, aber in diesem Format nur schwer Handhabbar.
Wer nach einer gigantischen und plausiblen Weltkarte mit viel Freiraum für Ideen sucht wird hier sicherlich fündig und kann sich die Box vielleicht wirklich allein auf Grund der Karten zulegen, Aborea ist jedoch keine Kartensammlung sondern will ein vollwertiges (Einsteiger-)Rollenspiel sein.
Präsentation
Als ein Rollenspiel dass sich gerade an Einsteiger richtet, versucht Aborea den angehenden Spielern Regeln und Rollenspiel neulingfreundlich darzustellen.
Das Buch nimmt den angehenden Spieler an die Hand, verweist darauf, dass erfahrene Rollenspieler auch querlesen können und macht sich dann ans Werk die Novizen kreativ einzuführen. Das ganze beginnt ab der ersten Zeile ohne ein Inhaltsverzeichnis das vielleicht erschlagend wirken würde und geschieht in einem Stil der die Spieler angenehm an die Hand nimmt. Ein erstes -kampfbetontes- Beispiel führt in erste Werte und Würfelproben ein und bittet den Spieler die Werte mitzuschreiben. Danach folgt eine kleine Atempause die das bisherige zusammenfasst, die ungenannten Attribute vorstellt und ein paar allgemeine Hinweise zum Rollenspiel gibt. Darauf folgt ein Soloabenteuer in dem der Spieler erste Entscheidungen fällen kann und weitere neue Regelelemente im Spielfluss lernt.
Der Aufbau ist merklich durchdacht, kann jedoch nur bedingt überzeugen. So ist die Einleitung mehr auf Regeln bezogen, als darauf wie Rollenspiel verläuft und nötigt einen unbewanderten Leser auch noch sich nach wenigen Seiten mit dem Konzept ‚Soloabenteuer‘ auseinanderzusetzen. Das besteht jedoch nur aus wenigen Schritten und je nachdem welchen Weg man geht, wird man offen gebeten neu zu starten, da man so mehr erfahren würde. Der Leser muss also hin- und herblättern, verpasst je nach Lösungsweg Hinweise und hat vermutlich meist das Gefühl etwas verpasst zu haben. Ein Gefühl für Handlungsfreiheit vermittelt es hingegen kaum.
Auch fällt hier bereits ein großes Problem auf. Einige Regelelemente werden im Fließtext eingeführt und später nicht mehr systematisiert. So werden bei den Attributen nur die ungenannten Attribute beschrieben, die bisher genannten wären bereits im Text eingeführt worden. Dort sind sie jedoch umständlich zu suchen und werden nur Situationsbezogen beschrieben. Die an die Hand nehmend beschriebenen Elemente werden also nicht immer strukturiert aufgegriffen und auch eine Spielleiterhilfe, gute Erklärungen für die Kernbegriffe oder einen Index wird man vermissen. Der Index fehlt dabei am deutlichsten, da es kein Inhaltsverzeichnis gibt und viele Verweise im Text nur auf Kapitel oder Abschnitte verweisen ohne Seitenzahlen zu nennen. Manche der Absätze sucht man außerdem vergebens. Überhaupt finden sich immer wieder andere Formen der Verweise, die mal auf Kapitel, mal auf Seiten und manchmal auch nur auf das Spielleiterheft in Toto verweisen. Auch fällt hier auf das eine Regelgrammatik fehlt. Kernbegriffe werden nicht kursiv dargestellt oder anders hervorgehoben Das macht den leider oft eh schon holprigen Schreibstil stellenweise sehr undurchsichtig.
Manchmal wird zur Systematisierung von Checkboxen Gebrauch gemacht, die Regeln und Vorgehensweisen zusammenfassen, es finden sich jedoch nicht immer Seitenhinweise und manche Informationen finden sich nur hier und nicht im Text. Auch von nützlichen Tabellen wird immer wieder Gebrauch gemacht, diese werden jedoch nicht zentral zusammengefasst, so dass beispielsweise für die Reichweiten von Waffen eine Seite mitten im Heft gefunden werden muss oder Völker- und Berufsspezifische Statistiken nur jeweils am Anfang des Kapitels stehen und nicht bei den jeweiligen Beschreibungen. Auch die allgemeine Struktur des Heftes ist einem schnellen Einstieg nicht gerade zuträglich. So sind Regeln und Hintergrundbeschreibungen vermischt, was dazu führt dass der Leser lange Strecken Hintergrundtext lesen muss, die für ihn ggf. nicht relevant sind (z.B. alle Völker und Berufe) und teilweise auf Regeln rekurriert wird die erst später erläutert werden. Auch lässt in den Hintergrundbeschreibungen die Struktur zu wünschen übrig. Informationen über Population, Größe und Gewicht der Völker finden sich nur im Text und sind für Vergleiche schwer wiederzufinden. Die wichtige Populationszahl für die Menschen, ohne die die Zahlen der anderen Völker kaum nützlich sind fehlt gleich völlig. Dafür haben die Sprachen einen eignen Unterabschnitt eingenommen der bei den Zwergen und Elfen fast absurde Züge annimmt. Bevor dem einstiegswilligen Rollenspieler die Fertigkeiten beschrieben werden, lernt er welchen Satzbau die Zwerge verwenden, wie die Elfen ein „T“ aussprechen und Beispielsätze die in der jeweiligen Volksschrift dargestellt sind. Diese kleinen Grafiken brechen dabei jedoch aufs schärfste mit dem Layout (so ist das Beispiel der Elfen mit einem beißenden Blau unterlegt) oder sind deutlich verpixelt (Zwerge). Ein wirklicher Spielbezug ist auch nicht gegeben, zwar erfährt man, dass Zwerge einen Plural durch einen Strich unter der Rune darstellen, ein Runenalphabet oder eine Liste gängiger und im Spiel anwendbarer beliebter Ausdrucksformen findet sich aber nicht.
Ansonsten sind die Beschreibungen der fünf Völker klischeenah und mit einigen Andeutungen über mögliche Geheimnisse, sowie Untervölker versehen. Kästen mit historischen Anekdoten und interessanten Nebendetails finden sich übrigens nur bei den Zwergen. Auch hier leidet die Systematik.
Die Regelteile und regelintensiveren Berufe sind mit deutlich mehr Unterabschnitten versehen. Sie werden in vielen Einzelhappen präsentiert die teilweise etwas unklar bleiben und manchmal redundant sind. Die meisten Regeln lassen sich jedoch mit den Beispielen verstehen bei denen sich teilweise verrechnet wurde und ein klares Format für Werte fehlt. Auch die eingestreuten Formeln die Probenfaktoren wiederholen sind vom Schriftbild nicht hervorgehoben und lassen sich nur schwer wiederfinden.
Auch wenn Aborea sich sichtlich bemüht Einsteigern die Hürden zu nehmen und das Regelwerk anders Aufbaut als man es gewohnt ist, gelingt es meines Erachtens nicht, einsteigerfreundlich zu sein. Die Einleitungen beziehen sich fast ausschließlich auf Regeln und gehen kaum darauf ein wie Tischrollenspiel überhaupt verläuft. Auch die Regeln sind letztlich noch undurchsichtiger aufbereitet als man es von anderen Systemen gewohnt ist. Das Fehlen einer klaren Hervorhebung für Regelbegriffe, Beispiele oder Formeln macht den Text unübersichtlich und erschwert ein wiederfinden deutlich. Dass nicht nur ein Index, sondern auch ein Inhaltsverzeichnis fehlt tut da doppelt weh.
Auch das Glossar von einer Seite ist nur bedingt hilfreich, und hätte neben mehr Begriffen Verweise auf Seitenzahlen dringend nötig gehabt. Gerade weil sich die Regeln nur über das Buch verstreut finden und da häufig willkürlich platziert sind, so finden sich beispielsweise Berechnungen für Bewegung und Belastung zwischen Anmerkungen zu Spielerwissen und Stufen-Aufstieg eingepfercht.
Allgemein muss der Leser sich teilweise durch unnötigen Text lesen und steht bei einer linearen Leseweise immer wieder vor dem Problem das Regelerklärungen nur mit Vorkenntnissen verständlich sind die später erläutert werden, manche Abkürzungen nicht eingeführt wurden oder rollenspieltypische Begriffe wie ‚Initiative‘ einfach vorausgesetzt werden.
Zumindest etwas Abhilfe schafft der Charakterbogen, der nicht nur kopierfreundlich auf die letzte Seite gesetzt wurde, sondern einige nützliche Berechnungen und Ankreuzkästchen enthält die manches Nachschlagen unnötig machen. Dafür fällt der Raum für eigene Notizen oder Listen enorm gering aus. Die Rassenboni für bestimmte Probensituationen (hier Manöver genannt) können ebenso wenig wie die wichtigen Zauber vermerkt werden.
Regeln
Die Regeln von Aborea sind zwar alles andere als einsteigerfreundlich präsentiert, aber durchaus simpel. Zu Grunde liegt ein W10 System, weshalb netter weise gleich zwei Würfel beigelegt wurden. Die meisten Würfe sind nach oben offene (eine 10 wird weitergewürfelt) Proben gegen eine Schwierigkeit bei dem ein Bonus aus Attribut und Fertigkeit addiert wird.
Die fünf Attribute reichen dabei zu Spielbeginn von 1-10 (später auch höher) und ergeben einen Bonus oder Malus. Jeder Punkt unter 5 gibt ein -1, alle angefangenen zwei Punkte über 5 geben ein +1 auf das Ergebnis einer passenden Probe. Die 5 ist die neutrale Mitte, was leider nicht als Maßstab hervorgehoben wird.
Durch diese Verteilung werden hohe Attribute etwas teurer, zusätzlich kosten diese bei der Erstellung zunehmend mehr Punkte. Hier werden die Kosten also auf zweierlei Weisen reduziert, was zu einem zusätzlichen Rechenschritt führt.
Hinzu kommt eine handvoll weit ausgelegter Fertigkeiten die mit Ausbildungspunkten(AP) erworben werden. Jede Stufe gibt linear +1 auf Proben, kostet aber ähnlich der Attribute mit zunehmender Stufe mehr, was dadurch erreicht wird dass die Spieler Kästchen erwerben, wobei ab einer Stufe von 6 mehrere Kästchen je Stufe erworben werden müssen. Die Kästchen wiederum müssen mit den Ausbildungspunkten erworben werden, wobei die genauen Kosten für ein Kästchen von der Berufswahl abhängen. Bei Spielbeginn und Erwerb einer neuen Stufe, die nach 1.000 Erfahrungspunkten das erste mal erreicht wird, gibt es 8 solcher Ausbildungspunkte. Es wird also auch hier auf mehreren Ebenen reguliert.
Die Fertigkeiten sind nicht eindeutig mit den Attributen verzahnt. Ob ein Attributsbonus veranschlagt wird ist nicht immer klar und auch die Notation in dem Abenteuer lässt dies teilweise offen.
Aborea legt also Wert auf ein distinktes Stufensystem und verbindet dies mit einem Kaufsystem. Außerdem ist die Volks- und Berufswahl wichtig. Während erstere neben einigen besonderen Eigenschaften vor allen Dingen Attributsboni und -mali mit sich bringt, entscheidet der Beruf über Steigerungskosten einzelner Fertigkeiten und bringt die weitaus meisten Sondereffekte mit sich. So bestimmt der Beruf mögliches Gefolge, mögliche Zauber, Sondereffekte oder die Möglichkeit bestimmte Mali zu ignorieren und auf bestimmte Manöver Boni zu erhalten
Das Proben- und Kampfsystem besteht im wesentlichen aus dem oben beschriebenen Wurf eines zehnseitigen Würfels auf den Attributsboni, Fertigkeiten und teilweise Berufsboni addiert werden.. Die einzige Schwierigkeit liegt hierbei in der Bestimmung der Schwierigkeit. Hier findet sich eine Vergleichstabelle, die jedoch nicht ganz linear aufgebaut ist. So beginnt sie bei der Schwierigkeit 5 für ‚Routine‘ , geht über die ’sehr einfache‘ 7 zur ‚einfachen‘ 8 um dann in Zweierschritten weiterzugehen. Das Problem besteht nun darin, dass Erschwernisse mancher Regeln auf diese Stufen und nicht die numerischen Werte verweisen, die Tabelle jedoch nur am Rande eingeführt wurde. Auch fehlt in Regeltexten häufig der Verweis auf die nötige Schwierigkeit und es wird einfach ein ‚Manöver‘ verlangt, welche manchmal mit Modifikationsangaben, aber nicht immer mit einer Grundschwierigkeit versehen sind. Erst aus den Beispielen und Kombinationsarbeit geht hervor, dass die Grundschwierigkeit in solchen Fällen wohl bei der ‚einfachen‘ 8 liegt, was sich leider nirgendwo explizit angeführt wird, sondern mühsam geschlossen werden muss.
Der Kampf hingegen ist wohltuend simpel aufgebaut, zwar wird er ohne große Facetten eingeführt, dafür läuft er verhältnismäßig flexibel und enorm schnell ab. Eine Probe geht direkt gegen eine Schwierigkeit die sich aus der Rüstung des Gegners ergibt und die Differenz bestimmt den Schaden, wobei außerdem Zusatzschaden durch Waffen hinzukommen kann. Bei einem besonders guten Treffer kann das Ziel nach Optionalregeln zusätzlich ‚bluten‘, wodurch kontinuierlicher Trefferpunktverlust einsetzt. Taktische Variation kommt dadurch hinein, dass ein Kampfbonus je Runde auf Offensiv- und Defensivwerte verteilt werden kann.
Die Initiative wird statisch bestimmt und nur bei Gleichstand ausgewürfelt. Hier wurde sich für die etwas aufwendigere aber interessantere Variante entschieden, dass der Initiativschwächste seine Aktion zuerst vorgeben muss, während der Schnellste sich nach allen anderen entscheiden kann und dann zuerst handelt.
Auch die Zauber sind wichtig, da die meisten Charaktere über Zauber verfügen können. Hierzu stehen Spruchlisten zur Verfügung die jeweils 10 Zauber erhalten die 10 Rängen entsprechen. Der Rang und etwaige Extraoptionen bestimmen den Magiepunktaufwand und ein eine Probe ist außer bei gezielten Zaubern (Zauber die ähnlich wie Angriffe wirken) nur nötig, wenn ein Zauber eines höheren Ranges gewirkt werden soll oder eine Extremsituation besteht Die Beschreibungen sind im Spielerheft enorm knapp und sind erst nach ein paar Beispielen solide nachvollziehbar, dann aber stringent aufgebaut.
Aborea ist also ein schnelles System, dass viel des Balancings auf die Erstellung verlegt und nicht immer den schnellsten Weg geht. Einige Ungewohntheiten wie Attributsstufen ohne zusätzlichen Effekt oder Verwirrungen über genaue Schwierigkeiten wären sicherlich vermeidbar gewesen, stören nach etwas Einübung jedoch sicherlich nicht mehr. Das Kampfsystem ist angenehm schnell, aber auf die Grundanfordernisse konzentriert. Die Verteilung des Kampfbonus gibt den Spielern dennoch Einflussmöglichkeiten.
Das Regelsystem leidet insgesamt wiederum unter den oben genannten Präsentationsmängeln. Neben der wirklich ärgerlichen unklaren Schwierigkeiten wird der Anwendungsrahmen der Fertigkeiten nur sehr grob angegeben und sind viele Spezialisierungen nur über die Berufswahl zu erlangen, wo eine noch gröbere Beschreibung erfolgt. Auch die Zauber sind enorm knapp beschrieben und werden erst im Spielleiterheft genauer geschildert.
Auch manche Sonderoptionen sind nur schwer verständlich. So bedarf es beim Einsatz mehrerer Pfeile manchen Mitdenkens, da zwar die Erschwernisse, nicht aber der wirkliche Nutzen des Effektes geschildert wird (vermutlich darf der Spieler extra Manöver, also Würfe durchführen). Hier würden mehr Beispiele und längere Regeltexte mit Rücksicht auf neue Spieler mehr als nur gut tun. Was erfahrene Spieler vllt. Hausregeln können oder aus dem Kontext erschließen, dürfte für Neueinsteiger für ordentlich Kopfzerbrechen sorgen
Spielleiten
Das Spielleiterheft widmet sich den Aufgaben des Spielleiters. Hier finden sich ein paar zusätzliche Regeln, zahlreiche Spielhilfen und allgemeine Hinweise zur Aufgabe des Spielleiters. Diese Hinweise zum Spielleiten sind an die Hand nehmend geschrieben und durchaus neutral. Zwar werden gewisse Spielstile präferiert, das hält sich aber in Grenzen und sollte eine Spielleiterkarriere nicht zu stark prägen. Zwar fehlen hinweise darauf, dass einige Überlegungen eben nur einen Spielstil repräsentieren (wie der Tipp jede Probe verdeckt zu würfeln), dies lässt sich aber verkraften, da die Hinweise im allgemeinen nützlich und verständlich sind. Dies zieht sich auch durch das erste Abenteuer. Hier werden Formulierungshilfen geboten, anwendungsnahe Tipps gegeben und auf Probleme hingewiesen. Leider ist die Aufbereitung nicht immer optimal. Eine ‚Battlemap‘ hätte für den fast sicheren Kampf ebenso geholfen, wie die Angabe aller Gegnerwerte die teilweise an anderen (angegebenen) Orten nachgeschlagen werden müssen. Dafür finden sich Tipps zu Reisen oder Lichtquellen, diese Listen finden sich dann wiederum nur im Abenteuer und sind nicht einmal immer Abenteuerbezogen.
Das Abenteuer ist zwar simpel, angemessen linear und etwas besser Strukturiert, ob ein Neueinsteiger damit jedoch sofort losleiten kann würde ich bezweifeln. Oft bleiben die Angaben zu wage, wird Improvisation gefordert ohne Hilfestellung zu geben und ein Grundverständnis vom Spielleiten vorausgesetzt.
Ansonsten wird der angehende Spielleiter gut mit Ideen versorgt. Es gibt drei, teilweise mit Karten versehene, Abenteuerideen die eine gute Grundlage für Abenteuer geben, sowie einen nützlichen einseitigen Abenteuergenerator. Dieser dürfte gerade wegen einigen offenen Formulierungen viel Anregungen geben und Hemmnisse bei neuen Spielern abbauen und auch für erfahrenere Rollenspieler ein nettes Spielzeug sein. Darauf folgen ausreichend beispielhafte Monster und Werte für Standard-NPCs sowie eine Zufallsbegegnungstabelle. Zuletzt folgen einige ausgewählte magische Artefakte und Hinweise und Listen zu Schätzen und Belohnungen.
Für den Spielleiter gibt es damit zahlreiche Tools um seine Runde in den meisten Situationen zu unterstützen und neue Tiefe einzuführen. Ein kleines Subsystem zum ‚Ruf‘ der Charaktere, weitere Spezialisierungen für Klassen, Erstellungshilfen für kleinere magische Gegenstände und ein System für die Verteilung von Erfahrungspunkten lassen wenig Wünsche übrig. Wiederum lassen sich die jeweiligen Tabellen, Tipps und Boxen nicht gerade leicht wiederfinden und muss das Heft immer und immer wieder gewälzt werden um die passenden Tabellen oder Regeln zu finden. Das ist zwar bei bei unter 50 Seiten machbar, aber dem Spielleiter wird hier in keiner Weise Hilfe angeboten.
Auch fehlt wie bereits erwähnt eine strukturierte Einführung in die Aufgaben des Spielleiters. Zwar finden sich zahlreiche und meistens gute Tipps, diese aber wie gewohnt nur an verschiedenen Stellen eingestreut. Die konkreten Beispiele von Spielrunden aus dem Spielerheft helfen dabei auch wenig weiter, da sie kaum Interaktion oder Spielfreiheit enthalten, sondern fast ausschließlich auf die Regelmomente eingehen. Und auch das Einführungsabenteuer lässt den SL hier erstaunlich alleine. Zwar gibt es Gerüchte und empfohlene Proben um diese einzuordnen, aufbereitete NPCs oder die Frage wie Informationen genau gesammelt werden können, welche Personen beispielsweise in der obligatorischen Starttaverne angetroffen werden können, müssen improvisiert oder aus dem Text geklaubt werden. Gerade das besondere am Rollenspiel -Interaktion mit NPCs und Spielfreiheit- bleibt etwas im Trüben.
Die Welt
Die Hintergrundwelt von Aborea ist klassische Mittelalterfantasy. Dies war eine durchaus bewusste Entscheidung um die Einstiegshürden niedrig zu halten. Man findet die üblichen Völker und diese entsprechen weitgehend ihrem Klischee. Kleine Brüche und Andeutungen auf Besonderheiten und Abweichungen lockern dies etwas auf. Die gigantische Welt von Palea (selber nur ein Kontinent auf Aborea) wird mit einem deutlichen Fokus auf Trion beschrieben, der Rest bleibt bewusst ein ‚weißer Fleck‘. Auch Trion selber wird nur auf wenigen Seiten beschrieben. Hier ist ein leichter Geschmack von spät antikem Reichsverfall zu spüren, ansonsten ist es jedoch eine klassische Fantasywelt. Nachdem auf planetarische Eigenheiten und die Topographie eingegangen wurde, folgt ein sehr grober Verweis auf die Geschichte des Kontinents und ein Abschnitt über die Sprachen inklusive grammatikalischer Besonderheiten wie das einsparen von Adverbien in der Gelehrtensprache. Darauf folgend wird auf die Wirtschaftsstruktur (inklusive detaillierter Münzbeschreibung und Bilder), die Gerichtsstruktur und die wiederum grob beschriebene Geschichte Trions eingegangen, sowie einige Städte näher beschrieben. Außerdem folgen inspirierende Machtgruppierungen sowie ein Einblick in mögliche Konflikte mit den Nachbarreichen. Besonders wichtig ist schließlich auch die Magietheorie, die Schöpfungsgeschichten und das Götterpantheon, welche bereits im Spielerheft behandelt werden. Die Konflikte und Geschichte Trions ist alles in allem plausibel, jedoch enorm grobkörnig. Einzelne Herrscher werden nur am Rande eingeführt und ein direkter Spielbezug ist über weite Strecken nicht zu finden. Ein solcher soll durch immer wieder eingestreute Besonderheiten oder Details erreicht werden, sowie die umrissenen Konflikte. Dies funktioniert Stellenweise sehr gut, es braucht jedoch viel Eigenaufwand hieran anzuknüpfen, zumal häufig sogar die Motivationen von Gruppierungen ungenannt bleiben.
Auch wird dieser Ansatz nicht konsequent verfolgt, so gibt es weite Stellen die sich auf spielferne Details konzentrieren oder nur auf indirekten Weg – durch unterschiedliche philosophische Ansichten der Charaktere – in das Spielgeschehen einfließen können. Absätze zu den Faktoren die die Topographie beeinflussen oder die im Spiel kaum ernsthaft anwendbaren Absätze zu linguistischen Sprachfeinheiten fallen hierunter. Dies ist zudem ärgerlich, da es trotz dieses Fokus keine Hinweise dazu gibt wie Spielrunden mit unterschiedlichen Sprachen umgehen sollen oder was mit diesen Informationen angestellt werden kann.
Fazit
Alles in allem ist Aborea nicht nur im Hinblick auf die starke Bewerbung enttäuschend. Zwar ist das Preis/Leistungsverhältnis ein gutes Argument für das Spiel, der eigentliche Inhalt enttäuscht aber. Weder Welt noch System sind im eigentlichen Sinne schlecht, beide sind aber auch nicht herausragend. Problematisch ist hier besonders, dass es kaum eine getroffene Zielgruppe gibt. Das geforderte Maß an Kreativität um die Spielwelt zu beleben wird nicht so inspiriert dass es Einsteigern beim Spielen ausreichend hilft oder erfahrene Spieler durch einen spannenden Twist fasziniert. Es ist eine an vielen Stellen unnachvollziehbar gewichtet dargestellte Welt, die zwar Bespielbar ist, aber wenig Gründe liefert sich für sie zu entscheiden. Auch fehlt für Einsteiger ein basales Level, dass das Alltagsleben präsentierbar machen würde.
Für das System gilt ähnliches. Zwar ist es weitgehend solide, für Einsteiger hätte aber noch Ballast abgeworfen werden können. Am bittersten sind hier die massiven didaktisch Fehler. Die Schwächen in der Regelbeschreibung hätten durch viel mehr Beispiele (ohne Rechenfehler) abgefedert werden müssen und einem klaren Faden folgen müssen. Auch das Fehlen eines einheitlichen Formats für Beispiele, Regelbegriffe, Formeln, Probennotationen oder Schwierigkeiten ist eigentlich unverzeihlich. Dass gerade bei einer solchen Struktur Inhaltsverzeichnisse, ein Index oder ein guter Appendix fehlen verschärft das Problem noch einmal. Hier bleibt Aborea unter dem Niveau der meisten Rollenspiele, was gerade für ein Einsteigerrollenspiel eine Zumutung darstellt. Selbst als erfahrener Rollenspiel gerät man oft ins Taumeln und Blättern.
Die größte Stärke liegt also neben dem Preis in den hochwertigen Karten und tollen Illustrationen, wobei zumindest die letzteren durch den Druck etwas leiden mussten. Hier wäre neben einem guten Lektorat auch eine gründliche Druckabnahme gut gewesen.
Für Einsteiger ist das System bei dieser Präsentation vermutlich Abschreckender als manches ‚große‘ System und hat dabei noch mit dem Gefühl eines Einsteigersystems zu leben. Funktionieren dürfte Aborea am ehesten mit einem erfahrenen Spielleiter der die Regeln gut präsentiert und dann mit dem funktionierenden und simplen System arbeiten kann, alleingelassene Neulinge dürften sich an dem System immer wieder die Zähne ausbeissen, womit Aborea gerade nicht die reklamierte Antwort auf die Frage des Kollegen „was ist eigentlich Rollenspiel?“ darstellt.
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