Numenera, Teil II

Eine Rollenspiel-Rezension von Infernal Teddy

So, nachdem wir beim ersten Teil unserer Rezension auch das erste Buch der deutschen Numenera-Box besprochen haben geht es heute weiter mit dem zweiten Heft, Die Welt. Mit 199 Seiten ist es der umfangreichste Teil des Spiels, und will Spielern und Spielleitern eine erste Übersicht über die Neunte Welt präsentieren. Schauen wir also mal, ob die Spielwelt dem Anspruch gerecht wird, Spielgruppen ein Erlebnis im Stil des New Weird zu ermöglichen.

Das Buch eröffnet mit20161109_131542 einer groben Übersicht über die Neunte Welt und ihrer Bewohner. Diese Neunte Welt ist von uns aus in einer unvorstellbar weit entfernten Zukunft, auf einer Erde, welche so oft schon umgeformt und neu geschaffen wurde, dass selbst der Staub auf der Straße aus einem nanotechnologischem Material besteht. Die Landmassen wurden immer wieder zusammengefügt und auseinandergerissen, aber derzeit bilden die wieder einen einzigen Superkontinent. Die meisten Bewohner dieser Welt sind Menschen, aber nur, wenn man bereit ist, die Definition „Mensch“ besonders weit zu fassen – zumal sowieso nicht klar ist, ob sie wirklich Menschen sind, da die Menschheit ein oder zweimal ausgestorben ist. Die bekannte Geschichte dieser Welt begann vor neunhundert Jahre, was davor passierte liegt im Dunkel der Vergangenheit. Diese neue Welt, diese Neunte Welt steht noch ganz am Anfang, und ist selbst für ihre Bewohner noch ein großes Rätsel.
Nach dieser kurzen Einführung geht es an die erste der drei großen Regionen, in denen Numenera seine Spielwelt unterteilt, nämlich die Heimfeste. Diese Region, auch bekannt als die Neun Königreiche, ist sozusagen die „zivilisierte Welt“ bei Numenera, auch wenn das nicht allzu viel bedeutet, da es auch in dieser Region jede Menge Geheimnisse und Rätsel zu erforschen gibt. Jedes der neun Königreiche wird hier vorgestellt, sowohl das jeweilige Reich im Detail, als auch bestimmte bedeutsame Örtlichkeiten, seien es Ruinen, Städte oder merkwürdigere Orte. Gleichzeitig ist die Heimfeste auch die Region, welche ich am ehesten als „normal“ beschreiben würde, wenn auch auf einer Skala, welche Geistersichtungen als normaler ansieht als Entführungen durch Aliens. Viele der hier vorgestellten Ortschaften könnten auch einer Fantasywelt entstammen, welche eher als High Fantasy bezeichnet werden könnte.
Die zweite große Region welche hier beschrieben wird, wird von den Bewohnern der Heimfeste als „Die Ferne“ bezeichnet. Die Ferne umfasst knapp die Hälfte der beiliegenden Posterkarte von Numenera, und wir ähnlich präsentiert wie schon die Heimfeste. Eigentlich ist „Die Ferne“ auch hauptsächlich eine politische Beschreibung, da mit diesem Begriff pauschal alle bekannten Länder umschrieben werden, welche nicht zu den Neun Königreichen gehören. Gleichzeitig erscheinen die hier vorgestellten Länder und Orte wilder und fremdartiger, als es noch in der Heimfeste der Fall ist, hier laueren Gefahr und Abenteuer mehr noch um die Ecke als es dort der Fall ist.
Die dritte und letzte Region, welche hier angeschnitten wird, wird als „Jenseits der Ferne“ bezeichnet. Hauptsächlich geht es hier um Dinge und Orte, welche sich außerhalb der bekannten Neunten Welt befinden, wie die Universität der Portale, eine Schule welche sich zwischen den Universen befindet, aber auch um das auffälligste Merkmal der Karte der Neunten Welt: die Uhr von Kala und das Land, welches sich im inneren dieser kreisrunden Gebirgskette befindet. Abgerundet wird die Übersicht über die Neunte Welt von einer kurzen Auswahl an Organisationen, welche innerhalb der bekannten Welt agieren.
Natürlich benötigt ein Spielleiter in einer solchen Welt auch eine Auswahl an Antagonisten, die er seinen Spielern entgegenwerfen kann. Auch hier bietet Numenera eine entsprechende Auswahl, es befinden sich – wenn ich mich nicht verzählt habe – 45 Kreaturen, von Stufe Eins bis Zehn, in diesem Buch, welche man seinen Spielern in den Weg stellen kann. Die Auswahl an Monstern reicht dabei von „Würde auch zu einigen der merkwürdigeren Wesen aus D&D passen“ über „japanische Manga-Maschinen“ bis hin zu „Was im Namen aller Götter ist denn DAS???“. Aber auch eine Handvoll NSCs werden präsentiert, damit der Spielleiter Beispiele zur Hand hat, wenn er beispielsweise die Stadtwache von Qi aufmarschieren lassen muss, weil die Spieler mal wieder Mist gebaut haben.
Die letzten vier Kapitel wenden sich dann den namensgebenden Numenera zu. Als „Numenera“ bezeichnen die Bewohner der Neunten Welt alles an Fundstücke, welche aus den vorherigen acht Welten stammt, wobei aus Spielersicht die sogenannten Cypher am interessantesten sind. Cypher sind „One Shot Items“, Gimmicks welche dem Charakter unter Umständen einen mehr oder weniger kleinen Vorteil verschaffen können, aber nach Gebrauch nicht mehr zu gebrauchen sind. Allerdings kann ein Charakter nur eine bestimmte Menge an Cypher gleichzeitig tragen, ohne dass sie sich gegenseitig beeinflussen. Und vielleicht explodieren. Eine Auswahl an möglichen Cypher stehen im Buch zur Auswahl, und wem einhundert Cypher nicht ausreichen, der kann sich auch an den Vorlagen hier orientieren – Richtlinien zur Erschaffung neuer Numenera finden sich am Ende des Heftes. Aber neben den Cyphern gibt es auch eine kleine Auswahl an Artefakten, wundersame Gerätschaften, welche ihre Fähigkeiten nicht so ohne weiteres verlieren. Positiv möchte ich an dieser Stelle anmerken das die Bindung des zweiten Buches offensichtlich stabiler ist als die des ersten Bandes.

Zur Weltbeschreibung gehört auch die Posterkarte der Neunten Welt. Diese Karte präsentiert die Neunte Welt, welche wir in kleinerem Format auch schon in der Weltbeschreibung gesehen haben, im A1-Format. Zur Karte selbst gibt es nicht so viel zu sagen, sie zeigt die bekannte Welt, und alle wichtigen Locations innerhalb des Settings, aber es mach das Ganze einfacher zu lesen bzw. zu erkennen.

Das dritte Heft dieser Box trägt den Titel „Abenteuer & Spielleitung“, und enthält neben einer Sammlung von Spielleitertipps vier Abenteuer und die Anhänge. Der Spielleiterteil erstreckt sich über drei Kapitel, von denen das Erste sich mit dem Einsatz der Spielregeln beschäftigt, wie zum Beispiel der Vergabe von Erfahrungspunkten und wie man als Spielleiter Eingriffe einsetzen sollte, sprich diese Komplikationen, für die man als Spielleiter Erfahrungspunkte vergibt, bzw. die der Spieler gegen Erfahrungspunkte abwehren darf. Das zweite Kapitel wendet sich dann eher dem Thema der Dramaturgie und dem Aufbau von Abenteuern zu, während das Dritte Tipps und Vorschläge präsentiert, wie man die neunte Welt als eine lebendige Welt präsentiert. Dieser Teil des Heftes ist nicht schlecht, aber für ein Spiel, welches bis hierhin eigentlich wirkte, als sei es sehr gut für Einsteiger geeignet, erscheinen mir der Spielleiterteil sehr… unfertig, aber dazu werde ich im Fazit noch mehr sagen. Zu den vier Kurzabenteuern kann ich nicht allzu viel sagen, sie wirken auf mich wie kompetente Einsteigerabenteuer, sowohl für erfahrene Rollenspieler, welche keine Erfahrung mit Numenera haben, als auch für völlige Frischlinge, aber wirklich beurteilen fällt mir als jemand, der seine Abenteuer fast immer selbst macht, eher schwer. Abgeschlossen wird das Heft wie schon erwähnt durch die Anhänge. Hier finden wir eine Schritt für Schritt Beschreibung der Charaktererschaffung, etwas, das ich zugegebenermaßen sehr hilfreich finde, da die Beschreibung im ersten Heft nicht ganz so klar strukturiert war wie ich es gerne gesehen hätte, eine kurze Bibliographie (Etwas zu kurz, meiner Meinung nach, aber das ist Geschmacksache), eine Liste der Kickstarter-backer (Wobei ich nicht erkennen kann, ob hier auch die Backer des deutschen Crowdfundings enthalten sind – wenn nicht wurden diese schlicht nirgends im Produkt erwähnt, was ich schade fände), der Index, eine Kopiervorlage des Charakterbogens, und ein paar Seiten für Notizen.

Damit hätten wir den Kern des Numenera-Paketes durch, das Material, welches den englischsprachigen Hardcoverband ausmacht. Nächstes Mal wenden wir uns noch dem Zusatzmaterial zu, welches durch das Crowdfunding finanziert wurde, und ziehen unser Fazit aus dem Gesamtpaket.

Infernal Teddys Infinite Playlist: Stranger in a Strange Land – Iron Maiden

2 Kommentare zu Numenera, Teil II

  1. Nein, die deutschen Backer werden in den Büchern nicht erwähnt. Ich habe meinen Namen zumindest noch nirgendwo gefunden.

    • Wir hatten uns in einer Abstimmung unter Backern dagegen, oder besser, nicht eindeutig dafür entschieden. Deswegen sind nur die Namen der amerikanischen Orginalfassung auf. Die mussten nach Maßgabe von MCG drin sein.
      Nur die Korrekturleser tauchen im Impressum auf.

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  1. Numenera, Teil III | Neue Abenteuer

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