Das Leben eines Gezeichneten – Teil 63

Goldene Blüten auf blauem Grund - Teil 2

19 Ingerimm
Noch beim Frühstück liefen zwei Magier der Akademie, sowie zwei Wachleute an uns vorbei, die sich vermutlich im ehemaligen Raum der Elfin umgesehen hatten. Natürlich wollten sie mir keine Informationen darüber geben, aber die würde ich später sicherlich auch anders bekommen können, falls sie überhaupt etwas gefunden haben sollten, wovon ich nicht ausging, warum sollte sie etwas in ihrem Zimmer liegen lassen?
Gerade als wir überlegten was wir noch so tun sollten bis das Schwert der Schwerter wieder in der Stadt weilte, trat eine Rondrageweihte auf uns zu und informierte uns, dass sie heute morgen eingetroffen sei und uns jetzt zu sprechen wünschte.
Mit gemischten Gefühlen folgte ich den anderen zur Löwenburg und auch Leowulf erschien mir weniger aufrecht als sonst – sein Schwert hatte er vorsichtshalber im Gasthaus gelassen.
Man ließ uns direkt vor und führte uns in eines der Turmzimmer in dem Ayla schon auf uns wartete. Ich hielt einen recht großen Abstand von ihr – nicht dass ich irgendetwas schlimmes befürchtete, aber besser Vorsicht walten lassen, denn hinterher Schlimmeres ausbaden zu müssen. Wir erzählte ihr abwechselnd von dem bisher Geschehenen, aber es überzeugte sie noch nicht wirklich handeln zu können, da wir auch nicht wirklich sagen konnte, wo er sich zurzeit aufhielt.
Eigentlich mit dem Gespräch schon fertig trat sie auf den kleinen Balkon heraus, wie sie es während des Gespräches schon mehrere Male getan hatte, aber dieses Mal klammerte sie sich am Geländer fest und empfing eine Vision des Rondrageweihten in Mendena. Dann drehte sie sich zu uns um und sagte mit fast Freude in der Stimme – vermutlich eher darüber, dass sie jetzt etwas körperliches hatte gegen welches sie kämpfen und ihre Mannen schicken konnte – dass Mendena unter dem Ansturm seiner Truppen gefallen sei und sie jetzt die erforderlichen Maßnahmen ergreifen könnte. Welche eine große Rondra-Zeremonie beinhalteten… von der ich schlecht wegbleiben konnte. Das würde auffallen. Ganz sicher. Ich musste es wohl oder übel riskieren.
Und es war sogar schlimmer als ich gedacht hatte. Obwohl ich mich zwischen den äußersten Säulen des gesamten Raumes aufhielt, konnte ich mich kaum zusammenreißen nicht schmerzhaft das Gesicht zu verziehen. Glücklicherweise waren alle anderen so von der Zeremonie gefangen und neben mir – so dass es nicht so aussah, als würde ich alleine abseits stehen – nur noch Leowulf und Undurael, dass es wohl niemandem auffiel wie arg ich um meine Fassung rang.
Ich weiß nicht wie lange ich dort stand und was bei der Zeremonie gesagt wurde, aber als plötzlich alle aufsprangen und begannen zu jubeln verließ ich den Tempel und atmete draußen erst einmal tief durch. Auch Leowulf war mir gefolgt, sagte aber nichts weiter. Ihn schien das Ganze nicht zu berühren.
Natürlich wollten wir aufbrechen und nach Tobrien reisen um uns dort den Truppen entgegen zu stellen, aber heute konnten wir das vergessen, denn es war schon fast dunkel als war am Gasthaus eintrafen und wir beschlossen noch eine Nacht hier zu verbringen. Gerade eingetreten trat ein Magier auf uns zu, jener der auch am Morgen hier gewesen war, und überreichte mir einen Brief, den sie im Zimmer der Elfin gefunden hatten. In einem Buch. Es erschien mir äußerst suspekt ausgerechnet jenen Brief zu finden in dem verzeichnet stand wohin sie reisen würden, aber wir hatten nichts besseres und da die Richtung in die sie zogen mit unserer gewählten Route übereinstimmte, und sie wohl auf der Suche nach einem Artefakt waren, würden wir ihnen zunächst folgen.

20 Ingerimm – 2 Rahja
Früh am Morgen ließen wir uns die Pferde zurecht machen, und Greifwin und Undurael liefen nochmals zur Löwenburg um dem Schwert der Schwerter unseren Weg zu erläutern. Sie kehrten mit einem Schriftstück, das uns auswies zurück – als bräuchte ich sowas – und mit der Information, dass die Elfe noch eine weitere Person umgebracht hatte. Einen Apotheker, dem dabei auch einige Kräuter abhanden gekommen waren, die man als Paraphernalia nutzen konnte. Wunderbar. Elfen die Dämonen rufen. Muss ja ne tolle Erfahrung für Undurael sein.
Wir ritten zunächst gen Norden und dann in Richtung Avepass, denn davon stand auch etwas im Brief. Zumal die Menschen in den Dörfern, durch die wir kamen, die schwarze Kutsche, die laut der Stadtwache die Flüchtigen beherbergen sollte, vorbeifahren hatten sehen.
Am Abend des 28 Ingerimm erreichten wir die Ausläufer des Avepass und da es schon dunkelte und wir eigentlich eine Lagerplatz suchten, fiel Undurael eine Kutsche auf, die den Hang hinunter auf dem Kopf lag. Ziemlich sicher von der Straße abgedrängt. Greifwin und Leowulf stiegen von ihren Pferden und begannen den Hang hinunter zu steigen und just in dem Augenblick trat ein Halbelf – so gut konnte ich das im Dämmerlicht nicht erkennen – auf die Straße vor uns. Undurael grüßte ihn auf Isdira und er grüßte recht annehmbar zurück. Er sei Graf
Ave, der hier seinen Wohnsitz hatte und eigentlich mit der Kutsche nach Altzoll wollte, als eine schwarze Kutsche sie vom Weg abgedrängt hatte. Sein Fahrer sei noch immer – seit eineinhalb Tagen – unter der Kutsche eingeklemmt.
Leowulf und Greifwin tauchten bald danach auch mit dem Fahrer auf, der eine wirklich scheußliche Wunde am Bein vorwies, die zunächst geschient und dann von Undurael mit einem Balsam wieder gerichtet wurde, so dass er weiterlaufen konnte. Der Graf hatte hier in der Nähe eine Waldhütte in die er uns einlud und wir hatten so die Gelegenheit ihn nach dem Artefakt zu fragen, dass die Flüchtige vielleicht suchen könnte. Er wusste aber leider nichts. Und wollte uns auch nicht verraten wie wir die Amazonen, zu der er eine Art enges Verhältnis zu pflegen schien, finden konnten, die ja vielleicht auch etwas wissen könnten.
Am nächsten Morgen zogen Ave und sein Diener weiter in Richtung Altzoll und wir machten uns auf den Weg über den Avepass, auf dem laut Brief ja irgendetwas Schreckliches wohnen sollte, womit vermutlich der Greif gemeint war, der den Pass überwachte und der jetzt schon Unbehagen in mir hervor rief.
Den Vormittag über konnten wir ihn auch mehrmals zwischen den Wolken über uns erblicken, aber er flog nie näher an uns heran, bis etwa gegen Mittag ein grässliches Kreischen ertönte und der Greif von zwei Asquarathi bedrängt würde. Undurael schoss mit seinen Pfeilen auf die Asquarathi und ich versuchte es mit mehreren Fulminicti, und tatsächlich konnten wir einen der Asquarathi zerstören. Dann landete der Greif vor uns auf der Straße, aber er wollte bloß auf die
beiden weiteren Asqaurathi aufmerksam machen, die hinter uns gelandet waren.
Er stürzte sich über uns in den Kampf mit beiden und ich versuchte einen von ihnen zu übernehmen, aber es gelang mir nicht und er griff an. Leowulf stellte sich zwischen uns und verwickelte den Irrhalken in einen Zweikampf während ich weiter Fulminictus gegen ihn zauberte und Undurael Pfeile schoss. Greifwin hatte abseits Platz genommen und sah dem Greifen zu, der mit dem anderen Asquarath über der Klippe verschwunden war.
Als Leowulf den Irrhalken tötete explodierte er in einem Feuerball und traf uns alle mit voller Wucht. Nachtsturm wieherte auf und rannte davon… mit mir…
Als ich endlich wieder am Ort des Geschehens angelangt war, musste ich einer zweiten Explosion beiwohnen, die mir beinahe den Rest und meiner Kleidung tatsächlich den Rest gab. Der Greif hingegen landete wieder vor uns auf der Straße und teilte uns mit, dass wir sein Zeichen – eine Feder, die er verlor und in die Hände Unduraels fiel – nach Beilunk zu seinem höchsten Diener dort bringen sollten. Boten für ein Göttertier. Toll.
Undurael versorgte meine Wunden und legte mir eine Decke um und wir zogen auf der anderen Seite der Berge den Pass hinunter und in die Ebene in der Beilunk liegt, vorbei an ergrünenden Wiesen und der Burg Leuinfels.

3 Rahja
Am späten Vormittag des 3 Rahja erreichten wir Beilunk. Greifwin und Undurael bestanden darauf direkt zum Praiostempel zu gehen um die Feder zu überreichen, aber mir passte die ganze Sache nicht. Das war dann doch ein wenig viel ‘Gottvertrauen’ und auch Leowulf hatte keinerlei Interesse sich in den Tempel zu begeben.
Also zogen wir los uns neue Kleidung zu besorgen, denn wir sahen eigentlich alle nicht sonderlich gut aus, und es war noch immer sehr, sehr kalt. Ich fand einen Schneider, der mir bis morgen eine Robe fertigen wollte, Leowulfs Auftrag dauerte etwas länger.
Als wir danach wieder beim Tempel ankamen waren Undurael und Greifwin noch immer
nicht fertig und so ärgerte ich eine der Tempelwachen indem ich sie unverwand anstarrte. Nach einiger Zeit traten dann auch endlich die beiden aus dem Tempel heraus und berichteten uns, dass sie die Feder abgeliefert hatte und es gestern einen Zwischenfall in einer Tavernen am Hafen mit der flüchtigen Elfin gegeben haben soll, aber dass darüber die Magier an der Akademie mehr wissen.
Also wanderten wir durch die Straßen von Beilunk, noch immer nicht wirklich gesellschaftsfähig, zur Magierakademie in der man uns aber nur wenig mehr sagen konnte als den Namen der Taverne in der es passiert war und zu der wir danach liefen.
Der Wirt beschrieb uns die Abläufe am Abend, auch wenn er noch immer ziemlich verwirrt darüber wirkte – man sah ja schließlich auch nicht jeden Tag einen Leichnam wieder aufstehen. Jedenfalls hatte die Flüchtige keine weiteren Hinweise auf ihre Aufgabe hinterlassen, denen wir nachgehen konnten, außer dass sie weiter nach Osten in Richtung Shamaham unterwegs war. Also begaben wir uns zum für uns vom Tempel reservierten Gasthaus – obwohl es mir ja missfällt so etwas anzunehmen – und entdeckten die Kleidung, die man uns vermutlich auf Geheiß von Undurael und Greifwin hergebracht hatte.
Irgendjemand war wohl auf die unglaublich komische Idee gekommen, dass es witzig sein könnte, wenn ich in einer weißen Robe herumlaufen würde. Ich würde das Ding natürlich nicht anziehen, denn immerhin sollte morgen meine eigene ja fertig sein.

4 Rahja – 7 Rahja
War sie natürlich nicht. Und ich war gezwungen, da nichts Besseres aufzutreiben war mit dieser grässlichen Farbe leben zu müssen. Na, was das jetzt wieder mit sich bringen würde…
Wir zogen weiter über die nur noch schlecht ausgebaute Landstraße mitten in den Ogerbusch hinein und auf dem Weg dorthin liefen uns die ersten Menschen mit Wagen voller Sachen über den Weg, die vermutlich vor seiner Armee flohen. Menschen machen so was im Allgemeinen, dabei bringt das meist wenig, aber gut. Müssen sie ja mit leben.
Am Mittag des siebten Rahja erreichten wir das kleine Dorf Shamaham, das sich als gar nicht so klein herausstellte, mit seinen etwa 40 Häusern. Interessanterweise konnten wir vom einzigen Gasthaus schon, die noch immer stehende Ruine des Rondratempel sehen. Normalerweise werden die nicht abgebrannt. Ich frage mich was das gewesen ist.
Wir mieteten uns ein Zimmer für die Nacht, da wir am nächsten Tag direkt in den Ogerbusch aufbrechen wollten. Immerhin sollte da ja auch diese flüchtige Elfe hin.
Die Wirtin konnte mir auf meine Frage was denn mit dem Rondratempel – verflucht sei meine Neugierde – passiert ist nicht beantworten, da sie zu dem Zeitpunkt gerade 3 Jahre – zumindest laut ihrer Aussage – gewesen sei. Aber eine schon recht alte, aber reiche Händlerin, die hier im Dorf im einzigen Steinhaus wohnte, sollte uns weiterhelfen können. Zumindest theoretisch. Sie stellte sich aber als überaus unkooperativ heraus und ich sah mich schon beinahe gezwungen
andere Saiten aufzuziehen, aber so wichtig war es dann eigentlich doch nicht. Immerhin wollte ich hier auch noch irgendwann schlafen.
Ein kurzer Besuch des Rondratempels brachte außer einem grässlichen Ziehen in meiner rechten Kopfseite keine weitere Erkenntnis. Und augenscheinlich ging diese geweihte Bodensache auch nicht spurlos an Leowulf vorbei, denn der beklagte sich lauthals über Kopfschmerzen, die Greifwin und Undurael aber auf entweihten Boden schoben. Wenn die wüssten. Greifwin meinte dort ein wenig graben zu müssen, wohl in der Hoffnung den einen oder anderen versteckten Schatz zu finden. Leowulf und ich gingen zurück zum Gasthaus um Abend zu essen.
Danach war Greifwin noch immer nicht zurück, aber die Wirtin hatte beim Essen fallen lassen, dass die Elfe oben ein Zimmer für sehr lange gebucht hatte uns auf Grund des Traviagesetzes aber nicht rein lassen wollte. Eine Aufgabe für Greifwin, der noch immer im Tempel buddelte, obwohl die Praiosscheibe schon längst versunken war.
Und er hatte sogar tatsächlich was gefunden. Irgendwelche Knochenüberreste. Und nein, ich wollte keinen Geist daraus rufen. Ich leg mich doch nicht mit geweihten Geistern an! Aber zur Vorsicht sah ich mir den Tempel – natürlich von außen – mit einem Odem und nachdem ich eine komisch leuchtende Stelle gefunden hatte, mittels Analys an. Da hatte wohl irgendwo hinter dem Altar mal ein großer Gegenstand gestanden, war aber nun verschwunden. Ob das das Ding war, was die Elfe suchen sollte?
Aber bevor ich in meinem Kopf eine vernünftige Antwort darauf finden konnte tauchte unvermittelt Nebel auf und umspülte unsere Beine, dann kamen noch Schemen und schließlich verblasste Geister – vermutlich tatsächlich von Geweihten – hinzu. Großartig. Die Geister die ich rief, oder was? Aber sie wollten wohl bloß mal Erscheinen und ihre Anwesenheit kundtun. Vielleicht auch
als kleine Warnung für mich und Leowulf. Nichts aufregendes jedenfalls und Greifwin hatte auch, nachdem wir den verschlossenen Raum erwähnten, anderes im Kopf, als weiter hier rum zugraben.
Zurück im Gasthaus legten wir uns schlafen, aber Greifwin musste mich natürlich mitten in der Nacht wecken um mir eine Sternenkarte zu zeigen, die er im Zimmer gefunden hatte. Sie wies auf ein Ereignis in den kommenden zwei Tagen und etwas in Zusammenhang mit dem Ogerkreuz hin. Tolle Aussichten für ein Dorf mitten im Ogerbusch.

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