Das Jahr des Greifen

Abenteuer 197

Ein weiterer Klassiker der DSA Abenteuer erhält hiermit sein DSA 4 Gewand, wie es zuvor auch schon etwa mit der Kampagne der sieben Gezeichneten geschehen ist. An diesem Werk hat der Autor viele Jahre lang gesessen um es auf die aktuelle Regeledition anzupassen und ein bisschen – so möglich – den Schienencharakter zu entfernen. Der Band wird für erfahrene Helden bis Experten angeben und hat eine hohe Schwierigkeit für den Spielleiter, eine mittlere für die Spieler. An Anforderungen wird den Helden alles was sie haben abverlangt.

In der Einleitung am Anfang des Buches wird ein grober Überblick über den Ablauf gegeben und hauptsächlich auf die für diese Kampagne zu verwendenden Helden eingegangen, die schon eine bestimmte Ausrichtung haben müssen um tauglich zu sein. Außerdem findet der Spielleiter hier ein paar Tipps zum Leiten dieses Abenteuers.
Jedes Kapitel hat eine Zusammenfassung am Ende welche Punkte in nach Wichtigkeit absteigender Reihenfolge erzielt worden sein müssen und gibt somit dem Spielleiter einen Leitfaden an die Hand. Ebenso wird für jeden Abschnitt eines oder mehrere von drei Symbolen verwendet, die dem Spielleiter sagen, was hier Thema ist: Der Krieg, der Krimiplot oder Verrat und Treue.

Blutbeflecktes Gold
Die Helden werden auf die eine oder andere Weise für die Garether Bürgerwehr gegen die vor den Toren stehenden Orks angeworben und müssen nach einer kurzen Ausbildung in der Schlacht auf den Silkwiesen ihr Können beweisen. In der Schlacht können die Helden etwa ein Banner retten und sogar dem Prinzen Brin wertvolle Dienste leisten, so dass sie nach der Schlacht von Baron Dexter Nemrod, Leiter der KGIA, persönlich gebeten werden zusammen mit seinem Mann Marcian zur besetzten Stadt Greifenfurt zu reisen und die Stadt von den Orks zu befreien bis dann wenig später das Heer dort eintreffen soll.

Ein Schlachtenabenteuer.. natürlich nicht die beste Art Abenteuer, wenn man sich nicht als Spielleiter damit auskennt und die Spielgruppe so etwas gerne spielt, aber darauf geht der Text sogar ein. Besser einmal zuviel erwähnen, dass man die ganze Sache mit der Schlacht auch bis auf wenige Spotlights erzählerisch abhandeln kann, als einmal zu viel unzufriedene ‚och nö! nicht schon wieder Kampf auswürfeln‘-Spieler zu haben. Inhaltlich bietet das Abenteuer natürlich bedingt durch das aventurisch feststehende Ergebnis, ja sogar den feststehenden Verlauf für die Spieler wenig Eingreifmöglichkeiten. Allerdings können sie innerhalb der Rahmenbedingungen völlig frei agieren – natürlich je nach Position in der Arme – und sollen dies sogar. Schließlich muss durch irgendeine Aktion Dexter Nemrod auf die Charaktere aufmerksam werden.
Für den Spielleiter bietet dieser Teil ein Übersicht über die Schlacht und eine genaue Ausführung der Teile bei denen die Helden agieren, sowie natürlich die Gabe des Auftrags am Ende inklusive eines kleine Subplots für ein oder zwei Spieler, die Marcian im Auge behalten sollen.

Operation Greifenschlag
Die Helden reisen zusammen mit Marcian bis Wehrheim und trennen sich dort von dem Inquisitor, so dass jede Gruppe für sich versuchen kann in die besetzte Stadt einzudringen. Auf dem Weg dorthin können die Helden auf Freischärler treffen, die aber kein Interesse an der Rückeroberung haben.
In der Stadt ist die Lage zwar nicht rosig, doch sie könnte schlechter sein. Die meisten Orks sind vor kurzem abgezogen und so kann einige Tage nach Ankunft der Helden mit einer Untergrundorganisation und der von den Helden organisierten Hilfe durch die Freischärler die Garnison gestürmt und die Orks aus der Stadt vertrieben werden.
Doch der Schrecken scheint damit nicht verschwunden, geschieht doch zumindest ein weiterer Mord innerhalb der Mauern recht schnell nach der Befreiung, die die Orks bloß vor die Stadt aber nicht davon getrieben hat.
Zu allem Überfluss ist das Heer nicht in Sicht und während der Namenlosen Tage passiert auch noch ein wirklich schlechtes Omen für die Bürger der Stadt, als ein Gottesurteil fällt.

Die Reise und erste Ankunft in Greifenfurt ist relativ frei und kann vom Spielleiter gestaltet werden wie er mag mit Orks dazwischen oder nicht, mit Freischärlern oder nicht, je nach Verhalten der Helden. Einmal in der Stadt jedoch werden die Spieler auf die Schiene gezwängt, die das Abenteuer rein von seiner Natur aus bietet, nämlich die Helden als Untergebene eines spielleitergelenkten Stadtführers stellt, dessen Befehle sie auszuführen haben. Das ist eine Sache, die den Spieler definitiv von Anfang an klar sein muss. Das ganze ist eine Militärkampagne und es gibt jemanden dessen Befehle zu befolgen sind. Als Spielleiter muss man dies seinen Spielern klar machen – im Band steht das nämlich leider nicht so deutlich drinnen – und sie fragen ob sie so spielen möchten. Es gibt nun mal nicht wenige Spieler, die bei einer solchen Art Problem machen.
Dementsprechend ist dieser Teil des Abenteuers auch relativ gradlinig beschrieben und enthält im Grunde einen Ablauf der Handlung, die statt findet, ob mit oder ohne Charaktere. Es mag auf den ersten Blick schade sein, dass zwar gesagt wird, dass die Freischärler auch nicht in der Stadt sein können bei der Befreiung und dann später aber immer vom Gegenteil ausgegangen wird, aber wenn man ernsthaft drüber nachdenkt, dann würde das Abenteuer vermutlich vier mal so lang, wenn man immer bei jeder Situation alle vorherig möglichen Ausgänge in textueller Form berücksichtigt. So etwas muss ein Spielleiter dann selber machen, falls es bei seiner Runde von den Gegebenheiten abweicht.
Innerhalb des Kapitels ist neben einer Karte für die Garnison auch eine Beschreibung der wichtigsten Persönlichkeiten, die sehr ausführlich (zusammen mit dem Anhang) diese darstellt und für den Spielleiter leichter macht, sie den Helden vertraut zu machen. Denn ganz wichtig ist eine enge (sei es freundschaftliche oder feindschaftliche) Bindung an die wichtigen Personen. Selbst an die fiesen Orks vor den Toren der Stadt.

Kampf um Greifenfurt
Nicht nur haben es sich die Orks inzwischen vor der Stadt gemütlich gemacht und Nachschub durch einen Zwergenbaumeister bekommen, der die Stadt mit Katapulten beschießen lässt, nein, auch in der Stadt gehen seltsame Dinge vor. Menschen werden abgeschlachtet und man hat eine merkwürdige Frau in rotem Mantel gesehen. Nun müssen die Helden nicht nur dem ständigen Beschuss, der zunehmend knapperen Nahrung und gelegentlichen Ausfällen stand halten, sondern auch herausfinden, wer in der Stadt für Tote sorgt. Dabei kommen sie auf ein Geheimnis das es in sich hat und entdecken vielleicht sogar was die Orks so interessant an der Stadt finde.

Das Thema dieses Kapitels ist im Grunde die zunehmende Verzweifelung gepaart mit einem Krimiplot. Krimiplots sind ja nicht einfach zu schreiben, so dass sie spannend und rätselhaft, aber eben dennoch lösbar sind. Dieser Krimiplot ist – wie der Rest des Abenteuers auch – geprägt von einer Menge fester Ereignisse, die eben stattfinden ob die Helden nun etwas tun oder nicht. Aber er bietet die Möglichkeit es die Spieler zumindest nicht spüren zu lassen. Bekommt der Spielleiter das nicht hin, werden sich die Spieler wohl schnell gegängelt fühlen und sich fragen, warum sie denn überhaupt vor Ort sind, wenn doch Marcian alles macht. Geschickte Spielleiter schaffen es aber vielleicht sogar die Helden die moralisch schwierige Entscheidung dieses Kapitels treffen zu lassen und eben nicht den NSC.
Die Schwierigkeit für den Spielleiter besteht nun darin, dass die Helden eigentlich schon am Ende wissen müssen was Sache ist mit den Orks genau hier, damit sie mit Recht auf den weiteren Auftrag im nächsten Kapitel geschickt werden können. Durch ein paar Zusätze seitens des neuen Autors ist dies aber nicht mehr ganz so dringend, da auch vorher schon genug Hinweise eingefügt wurden.

Das Reich im Krieg
Da die Orks einiges einbüßen mussten im letzten großen Ausfall der Greifenfurter, versuchen sie nun über andere Quellen die Stadt zu zermürben. Etwa durch einen seuchenbringenden Dämon. Aber auch ohne diese Gefahr wird das Essen langsam knapp und es ist an der Zeit endlich genaueres heraus zu finden über die Anwesenheit der Orks. Einige Hinweise zeigen auf, dass die Helden vielleicht in Xorlosch Hilfe bekommen könnten, nur müssen sie dafür an den Orks vorbei. Auf der Flucht durch die feindlichen Reihen können die Helden in ein Feenreich gelangen in dem sie unter Umständen weiteres erfahren um dann bei den Orks den wahren Grund in Stein gemeißelt zu haben. Ein uralter Tempel unter der Stadt, der ein Artefakt enthalten soll.
Auf dem Rückweg können die Helden entweder direkt nach Greifenfurt, oder mit einer Schiffsarmee des Prinzen die Breite hinauf fahren, und dann dabei helfen, dass die Orks nicht die Schiffe mit Vorräten direkt vom Fluß aus zerstören.

Okay.. Feenreich.. Xorlosch.. beides Orte, welche die Spieler nicht aufsuchen müssen, aber vorhanden sind um mal etwas Abwechselung in den Alltag zu bringen, der sich vermutlich inzwischen eingeschlichen hat: „Aufstehen, karge Ration essen, Felsbrocken ausweichen, rumlaufen…“. Die Helden können in der Feenwelt mal etwas völlig anderes sehen und in Xorlosch dann weitere Hintergründe erfahren. So sie denn möchten. Ebenso können sie wieder auf den Prinzen treffen und eine Bootsfahrt unternehmen. Alles optional und bei entsprechend fähigem Spielleiter ein angenehmer Teil des Abenteuers, der einen Luftholen lässt für das Finale.

Der Götterbote
Kurz nach Ankunft der Helden wird offenbar, dass die Orks es so eilig hatten, dass sie einfach direkt den Zugang zum Heiligtum gesucht haben und es Zeit wird, dass die Helden vorher dort sind. Doch im Heiligtum selbst – so es dann geöffnet wurde – findet sich nicht nur das Artefakt, sondern auch ein Greifenskelett.
Wieder zurück in der Stadt wird beschlossen, dass die nicht waffenfähigen Bürger mit den Schiffen evakuiert werden sollen um im Winter nicht auch noch Vorräte aufzuessen. Doch bei Abfahrt der Schiffe stellen die Befehlshaber schnell fest, dass die Orks aus unbekannter Quelle Hylalier Feuer bekommen haben und die Schiffe einfach anzünden.
Und während dieser Unruhen taucht auch noch altes Übel auf, das schon zu Beginn für die Morde in der Stadt verantwortlich war.

Das große Finale… das Ende der Belagerung und das Ende des Übels der Stadt. Auch dieses ist relativ gradlinig in dem was erreicht werden sollte, aber innerhalb dieses Rahmens sehr frei. Die Helden müssen das unterirdische Gewölbe finden, aber wie genau und was sie dort machen ist ihnen überlassen. Und das Rätsel was es dafür zu lösen gilt ist dabei eine nette Abwechselung. Im eigentlichen Endkampf können die Helden dann zwar theoretisch etwas machen, aber den Kampf selbst führt ein anderer für sie, was eventuell unbefriedigend sein kann. Da muss man als Spielleiter darauf achten, dass die Helden nicht zu Statisten verkommen, aber das Problem hatte der Spielleiter schon in den beiden Schlachten vorher und inzwischen vermutlich für die Runde befriedigend gelöst, wenn er hier angekommen ist.

Fazit
Das Abenteuer ist nun ein historisches Setting dessen Ausgang vermutlich vielen Spielern bewusst ist, dadurch, dass sie einfach schon jüngere Abenteuer gespielt haben, aber das ist für das Erspielen der Geschichte nicht wirklich schlimm. Etwas verwirrend ist, dass viele Informationen in den einzelnen Kapiteln zwei bis drei Mal drin stehen, so dass der Text arg unsortiert wirkt und man sich als Spielleiter das ganze vermutlich am besten farblich markiert. Das ist aber vermutlich einfach Überbleibsel der ganzen Arbeit die in diese Neuauflage gesteckt wurde und bei der vermutlich das ganze Abschnittsweise durchgegangen und später erst die Übersichtstexte hinzugefügt wurden. Aber tendenziell ist natürlich mehr Info immer besser als keine Info.
Die Tipps zur Ausgestaltung der NSCs und der Stimmung in der Stadt, sowie den Kriegsszenen sind durchaus auch für andere Abenteuer zu gebrauchen und lassen wenig zu wünschen übrig.
Natürlich bleibt es letztlich ein sehr gradliniges Eisenbahnabenteuer, aber wenn man sich darauf einlässt kann man damit trotzdem viele vergnügliche Stunden erleben.

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.

6 Kommentare zu Das Jahr des Greifen

  1. Ich habe damals die Romane gelesen, zumindest der erste war ganz nett, danach wurde es leider nur schlechter. Im Abenteuer könnte die Funktion des Marcian doch einfach von einem Ritter oder Krieger-Helden-SC übernommen werden. Dann hat man die ganze Stadt-im-Belagerungszustand-Management-Komponente noch viel mehr drin. Der Ritter in verantwortlicher Position berät sich bei seinen Entscheidungen mit seinen Gefährten (hat aber immer das letzte Wort ;-)). Ob der jetzt Marcian oder Alrik heißt ist doch total egal… und wenn man „verkackt“ gewinnen die Orks! ;-)

    – just my two cents

    • Theoretisch geht das natürlich, jedoch braucht man dafür wirklich eine entsprechende Spielergruppe die dann kein Problem hat, wenn einer von ihnen über die restlichen bestimmen kann. Ich hab da schon mal entsprechende Erfahrungen mit so einem Setting gemacht und die waren sehr schlecht, weil eben die Spieler so partout nicht auf Befehle hören wollten… und wir sprechen jetzt nicht von sinnlosen Sachen oder so, sie hatten da einfach keinen Bock drauf, dass irgendwer mehr zu sagen hat als sie selbst. Deswegen für so eine Variante unbedingt vorher absprechen am besten auch vorher testen.

    • Tatsächlich könnte man IMO beides haben: Man startet mit Marcian als Kommandanten. Am Ende des ersten Kampfes um Greifenfurt trifft dieser eine *wirklich* fragwürdige Entscheidung, die es problemlos rechtfertigen würde, ihn seines Postens zu entheben. Für die Geschichte ist er danach IMO nicht weiter wichtig – alle Entscheidungen, die er fällt, könnten auch von einem SC getroffen werden.

      Und ja, mit einer Gruppe zu spielen, die sich auf ein Machtgefälle einlassen kann, macht die Kampagne natürlich wesentlich spaßiger. Tatsächlich wird im Buch vor antiautoritären Charakteren gewarnt, sofern diese sich nicht durch ihre Kollegen überzeugen lassen.

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