Warum LARPer eher Katzen als Hunde sind

Eine Analyse von Belohnung und Bestrafung im LARP

Reißerischer Satz, nicht wahr? Aber das fasst es gut zusammen worüber ich heute berichten möchte. Warum das so ist, werdet ihr gleich lesen, ich hole dazu aber mal kurz aus was die Erziehung von Hunden und Katzen betrifft um dann besser auf den Punkt kommen zu können.

Hunde sind bedingt durch ihre Selektion, welche der Mensch immer wieder getroffen hat darauf fixiert eben jenem Menschen, bzw bei den meisten Hunden allen Menschen zu gefallen und das zu tun, was Mensch gerne hätte. Das macht und machte es leichter den Hund dazu zu bringen, Haus und Hof zu bewachen oder bei der Jagd zu helfen. Bei solchen Tätigkeiten nutzt ein Tier, was nicht per se gefallen und damit leicht erziehbar ist, wenig. Will man also einem Hund etwas beibringen funktioniert das schon recht einfach natürlich über eine Belohnung der gerade gewünschten Tätigkeit, aber tatsächlich ist ein Hund auch.. na sagen wir mal von bedröppelt bis zu Tode betrübt, wenn man ihn für eine Handlung, die er unterlassen soll bestraft – ich überspitze hier etwas um den Unterschied zu verdeutlichen. Das heißt NICHT, dass ich es gut finde Hunde durch Strafe zu erziehen, sondern nur, dass es leider funktioniert. Und wird je nach Hund das versuchen zu unterlassen, denn schließlich möchte er gefallen.

Katzen sind im Verlauf ihrer Entwicklung beim Menschen immer nur für zwei Dinge da gewesen: Ungeziefer killen und gut ausschauen/kuscheln. Dazu braucht es keine besondere Gelehrsamkeit. Kleinviech tötet eine Katze von alleine, wenn sie die Gelegenheit dazu hat, da braucht es keine Aufforderung. Und wenn man eine Katze von klein auf an menschlichen Kontakt gewöhnt, dann klappt das auch mit dem kuscheln (meistens), ansonsten sieht sie halt einfach nur gut aus. Es gab also nie einen Grund, die Tiere zu verpaaren, die ihrem Besitz am ehesten gefallen wollten. Katzenbesitzer sagen da ja gerne, dass sie sich ihre Unabhängigkeit bewahrt haben. Will man also einer Katze etwas beibringen, so funktioniert das mit der Belohnung genau wie beim Hund. Gewünschtes Verhalten gezeigt, Belohnen, topp. Hat man das auch gleich mit einer Geste verknüpft, kann man es bald immer wieder abrufen. Belohnungen mag nämlich jeder. Strafen und Katzen ist da allerdings anders als beim Hund. Bestraft man eine Katze, wird die sich denken: F**k dich! Und dann einfach gehen und die Handlung das nächste Mal halt machen, wenn Mensch nicht da ist. Oder in ganz schlimmen Fällen halt von zuhause ausziehen. Katzen “lernen” nicht aus Strafen, außer das das wer doofes ist, der gestraft hat.

So.. was hat das jetzt denn nun mit den LARPern zu tun? Vieles. Ich kann wieder mal nur fürs Vampire LARP sprechen, was ja eine Sonderform darstellt, weil es in der Regel häufiger und regelmässiger und mit durchgehender Handlung gespielt wird. Dementsprechend sind hier Belohnungen und Bestrafungen auch anders wertig als auf einem 1-3 Tages LARP. Nämlich unter Umständen für den Rest des Charakterlebens. Und genau darin besteht das Problem an der Sache mit der Bestrafung. Das Problem, warum eben LARPer eher Katzen sind. Denn ein Spieler, der eine Bestrafung erhält, die ihm nicht wirklich schmeckt, wird unter Umständen einfach sagen, dass die Gruppe/der Con blöde ist und das nächste Mal zuhause bleiben. Er MUSS ja nicht dort hin gehen. Ist ja alles freiwillig.

Das führt aber leider dazu, dass wirklich strikte und vor allem im Spiel logische und passende Konsequenzen negativer Art immer erst fünf mal überlegt werden müssen, weil man ja letztlich befürchten muss, dass der Spieler sich das zu sehr zu Herzen nimmt (und hier können die Leute mir 1000end Mal erzählen, dass man das ja locker trennen könnte. Das glaub ich schon keinem im PnP, erst recht aber nicht im LARP wo man noch viel näher an der Rolle ist) und dann einfach weg bleibt. Und alleine das es diese Überlegung gibt und schlimmsten Falls, dass es dann deswegen eben ein Ausbleiben einer negativen Reaktion gibt, ist ein großes Problem. Ein Problem das dafür sorgt, dass unter Umständen ständig vom eigenen Charakter auf den Spieler gewechselt werden muss um abzuschätzen welche Art Strafe denn für eine Aktion für den Spieler hinter dem anderen Charakter noch akzeptabel sein könnte und welche eben nicht. Eine Überlegung, die der Charakter vermutlich niemals treffen würde.

Das bedeutet allerdings weiterhin, dass wenn man – und sei es als SL oder eben als anderer Spieler – einen anderen Spieler zu etwas bestimmtem bringen möchte, man eben nicht über die Form der Bestrafung gehen kann, wenn der Spieler es nicht getan hat, sondern praktisch nur die, der Belohnung. Was allerdings wieder ein anders geartetes Problem mit sich bringt, weil die wenigstens Spieler Belohnungen so richtig zu würdigen wissen, sollten sie rein immaterieller Substanz sein. Klar, man freut sich natürlich erst einmal über die Ernennung zum xten, das Recht ein bestimmtes Gebiet zu beanspruchen etc. Aber spätestens nach ein, zwei Monaten ist das Alltag und Routine und daher nicht mehr Belohnung und das Verhalten, welches mit dieser Tat belohnt wurde, wird nicht wieder ausgeführt (natürlich auch deshalb nicht, weil man in der Regel nicht zweimal dasselbe coole immaterielle Zeugs bekommen kann).

Fassen wir also zusammen:

– Strafen sind im LARP eine eher unpraktische Lösung, wenn man denn seine Spieler behalten möchte.

– Belohnungen sind schwierig zu gestalten und die oftmals vergebenen immateriellen oft nicht haltbar.

Was kann man also tun? Ehrlich gesagt, so genau weiß ich das auch nicht. In der Katzen”erziehung” (und natürlich auch bei anderen Tieren) wird heutzutage mit Sekundärverstärkern (etwa ein Geräusch) gearbeitet, die mit einem Primärverstärker (Futter) verknüpft wurden. Diese Form des Verstärkers gibt es natürlich auch im Rollenspiel: Die Erfahrungspunkte. Aber sie sind per se schon ein Sekundärverstärker, weil sie nicht für den Spieler essentiell sind, wie eben Essen und in unserer heutigen Gesellschaft Geld um sich dieses zu kaufen, weswegen erfolgsorientierte Bezahlung auch wunderbar funktioniert. Über den Faktor EP kann man also nicht arbeiten, da er zu geringwertig ist. Man müsste etwas finden, dass einem “Leckerchen” entspricht und könnte diese Sache dann mit einem der Sekundärverstärker verknüpfen. Nur möchte vermutlich keine LARP SL anfangen und lauter Clicker mit sich führen und jedem Spieler nach erwünschtem Verhalten ein Gummibärchen zustecken. Auch wenn das vielleicht funktionieren könnte, die Handhabung ist einfach unpraktisch.

Was hier übrigens fehlt und bei sozial lebenden Tieren und somit auch Menschen eine große Rolle spielt ist die Sicht anderer Lebewesen der Gruppe auf einen selbst. Davon gibt es natürlich Abstufungen je nach Persönlichkeit und jemand den man nicht gut kennt, interessiert auch wenig, aber es ist theoretisch eine Möglichkeit, die es auszuprobieren gilt. Also eine Form der Belohnung in aller Öffentlichkeit. Eine Ehrung sozusagen. Die aber vermutlich, ähnlich wie eben andere immaterielle Güter, schnell ihre Wertigkeit verliert, wenn sie nicht ab und an erneuert wird.

Die Anerkennung muss also so groß, das positive Gefühl dessen so stark sein, dass die Tat, die dazu geführt hat, wiederholt werden möchte. Das funktioniert aber natürlich nur bei entsprechenden Personen, denen das Ansehen durch andere wichtig ist.

Natürlich könnte man im übrigen zu jedem Spieler hingehen und ihn fragen was er denn für eine Belohnung gerne hätte, aber da bekommt man vermutlich höchst selten eine sinnvolle Antwort, weil die wenigsten Spieler so über sich selbst reflektieren, dass sie überhaupt eine passende Antwort geben können, die eben Spieler beglückt und zeitgleich auch im Spiel sinnvoll anzuwenden ist.

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