E steht für Engel
Buchstabensalat mit Caninus
Engel, das eigene Rollenspielsystem von Feder und Schwert was vor und auch nach Erscheinen des Grundregelwerks sehr gehypt wurde, ist ja leider vor einigen Jahren beendet worden. Ich werde euch heute hier einen kleinen Überblick (wirklich klein, sonst würde das hier den Rahmen sprengen) über das System und die Rollenspielprodukte geben.
Auch wenn die meisten Leser hier wohl das Geheimnis von Engel kennen, warne ich doch mal vor, für den Fall das das eben nicht so ist: Ich werde natürlich darauf eingehen! Also wenn ihr es nicht kennt, lest bitte nicht weiter. Das selbst im Spiel zu begreifen ist eines der coolsten Erlebnisse.
Meinen ersten eigenen Kontakt zum Spielsystem hatte ich kurz vor Erscheinen der zweiten Auflage des Grundregelwerks, als ein damaliger Mitspieler meiner Vampirerunde anfragte ob ich (und ein paar andere) nicht Lust hätten Engel zu spielen. Hatten wir, also flux Charaktere gemacht und los gespielt. Ich habe damals tatsächliche das Geheimnis von Engel selbst im Spiel entdecken dürfen.. aber genug von meinen eigenen Runden, kommen wir zu einer..
Übersicht über das Spiel
Beim Rollenspiel Engel spielen die Spieler genau jenes: Engel. Also Wesen, welche einem irdischen Kind zwischen sieben und siebzehn Jahren entsprechen, ausgestattet mit großen Vogelschwingen und je nach Rang innerhalb der Engel mit mehr oder weniger starken Tätowierungen auf dem gesamten Körper. Außerdem natürlich mit engelsgleichen Kräften, je nach Orden zu dem dieser Engel gehört. Von diesen Orden gab es die meiste Zeit des Rollenspieles fünf: Michaeliten (die Anführer), Gabrieliten (die Kämpfer), Ramieliten (die Weisen), Raphaeliten (die Heiler) und Urieliten (die Kundschafter). Jeder Orden besitzt ein eigenes Gebäude in der Spielwelt, das viele Meter in den Himmel ragt und auch genau so genannt wird: Himmel. An der Spitze des Gebäudes treten die neuen Engel ihre Arbeit auf Erden an und werden dann nach einer Zeit der Ausbildung in die Wege des jeweiligen Ordens und natürlich ihre Kräfte in die Hauptstadt geschickt um dort mit Engeln anderer Orden zusammen eine Schar zu bilden, die ab dann Aufgaben erfüllt und die Welt von Bösem reinigt. Jene Welt ist mittelalterlich geprägt mit viel Landwirtschaft und noch mehr Kirche dazwischen. Es wird im eher tropisch verregnetem Klima viel Reis angebaut, Technologie ist als das Böse verschrien und deren Verwendung und Besitz wird hart bestraft. Meistens werden die Scharen gegen die Traumsaat geschickt, von der niemand weiß woher sie kommt, die den menschen übles will und fast immer in Gestalt perversierter Insekten in Erscheinung tritt. Die wohl größte, wenn auch überschaubare, Gefahr geht allerdings von etwas anderem aus: Den Fegefeuern. Riesige Flammensäulen von mehrern Kilometern Durchmesser, die sich über die Welt bewegen und das Brandland hinterlassen. Völlig zerstörten Boden und eine unzählige Masse an Traumsaatkreaturen. Kurz vor Beginn der Spielzeit wurde ein sechster Orden von Engeln von einem dieser Fegefeuer zerstört und die meisten sagen, es ist weil dieser Orden jener war, der danach trachtete die Technologien zu erforschen. Soweit der Hintergrund, den man seinen Spielern erzählen kann, wenn diese noch keine Ahnung haben und sie selbst im Spiel auf das Geheimnis stoßen lassen möchte.
Wenn man ihnen mehr Hinweise geben möchte, dann fügt man an, dass das Spiel in der Zukunft von Europa spielt (der Kontinent ist durch Fegefeuer abgeschottet) und es deshalb mittelalterlich ist, weil es die Veitztänze gab. Krankheiten die einen Großteil der Bevölkerung, vor allem Erwachsene ausgelöscht hat, so dass jedes mal viel Wissen um Technik verloren ging, die dann eben schießlich verbannt wurde. In meiner Spielrunde wurde zwar der Veitztanz erwähnt, aber nicht das es die Zukunft ist. Darauf stießen wir erst, als wir ein Hochhaus erkundeten, und eben merkten das es genau das war: Ein Hochaus aus dem 20ten Jahrhundert.
Ein weitere Hinweis ist dann, dass die Kirche ihren Zehnt nicht nur in Form von Geld und Lebensmitteln verlangt, sondern vor allem Kinder. Kinder, die von den sogenannten Beutereitern eingesammelt werden und von denen die Eltern zu hören bekommen, dass sie in der Kirche ausgebildet werden um dann den Menschen zu dienen.
Für diejenigen, die hier noch keine Schlüsse gezogen haben dann der ultimativ letzte Hinweis: Es gibt keine Engel, die einen Aussehen von über 18 Jahren haben, die meisten sogar nicht älter als fünfzehn/sechzehn, gepaart damit, dass Engel nach einiger Zeit auf Erden wieder zurück in den Himmel geschickt werden – vornehmlich diejenigen, die schon sechs, sieben oder acht Jahre auf der Erde sind…
Spätestens da merken dann die meisten was sie eigentlich spielen: Genetisch und nanotechnologisch veränderte Kinder, oder wie ein bekanntes Mitglied der Internetrollenspieler sie nennt: Kindersoldaten. Und das ist natürlich der völlig korrekte Begriff. Den veränderten Kindern der Bauern wird erzählt, sie seien aus dem Himmel gekommen und müssen nun Gottes Werk auf Erden tun, das natürlich von der Kirche weitergegeben wird und wenn die Engel zu sehr nicht mehr nach Engeln aussehen, also Bartwuchs und Brüste bekommen, dann wird der kleine Krieger eben “in den Himmel geschickt”.
Das kann ein sehr großes Aha Erlebnis sein, aber natürlich auch abschreckend, weil eigentlich ziemlich grausam.
Übersicht über die Spielmechanik
Engel kommt neben einer Variante der D20 Regeln, die ich selbst nicht ausprobiert habe, mit einem eher ungewöhnlichen – wenn auch nicht komplett neuem – Regelsystem daher: Den Arkanakarten. Diese sind hübsch aufgemachte Karten, die ähnlichen einem Tarot genutzt werden können. Sie besitzen einen Kartennamen und auf jeder Karte stehen zwei Begriffe, einer in weiß, einer in schwarz. Bei jeder Gelegenheit wo es gilt eine Entscheidung zu treffen, kann man als Spieler oder als Gruppe nun eine Karte ziehen und interpretieren was man sieht. Das ist am Anfang gewöhnungsbedürftig, weil es (bis auf Ja/Nein Fragen, da kann man schwarz oder weiß ist lesbar ohne die Karte umzudrehen nehmen) keinen Wert als Antwort gibt. Möchte man also etwa wissen ob man es schafft jemanden von etwas zu überzeugen, dann kann man zwar Ja/Nein nehmen, aber man kann auch versuchen mit den Begriffen auf der Karte, ja sogar den Bildern zu spielen. Dementsprechend haben die Charaktere natürlich keine Werte oder Attribute, sondern bloß Charaktereigenschaften (Beispielerschaffung). Macht das System einfach und gleichzeitig ultra schwierig.
Übersicht über die Produkte
Grundregelwerk: Hier steht natürlich alles nötig drin und man benötigt zum Spielen tatsächlich nur dieses eine Produkt. In der ersten Auflage hatte der Spielleiter allerdings noch das Problem, dass man das Buch seinen Spielern nicht in die Hand drücken konnte, da überall Spoiler rumlagen. Es gibt inzwischen zwei Auflagen davon, und man musste lange Zeit schon ein bisschen suchen, bis man eines gefunden hat – jetzt gibt es pod…
Traumsaat: Ein Kreaturenbuch der anderen Art. Hier gibt es (bis auf den D20 Teil) nicht Kreaturen und Werte, sondern einen Bericht eines Wanderers, der Traumsaatkreaturen erkundet hat und diese nun als Bericht an die Kirche beschreibt. Im Spiel verwendbar bringt dieses Büchlein nette Anregungen für Monster.
Ordensbücher: Für jeden der fünf spielbaren Orden ist ein eigenes dünnes Heftchen erschienen, das ein bisschen mehr auf den Orden eingeht. Mit dabei ist eine große Karte des Himmels und natürlich Beispielcharaktere. Ein nice-to-have für Spieler der Orden und auch den Spielleiter um spezifischer auf bestimmte Orden ein zu gehen
Mater Ecclesia: Natürlich hat die Kirche selbst auch einen eigenen Band bekommen in dem auf deren Fraktionen eingegangen und tatsächlich auch Regeln für das Spiel dieser normalen Leute gegeben werden. So kann man auch Engel ohne Engel spielen, falls die Spieler das wollen.
Codex Urbanis: Das “Technikbuch”. Hier wird vor allem auf jene Orte und Menschen eingegangen, die die Technik nicht verfluchen, sondern versuchen sie zu verstehen und zu nutzen, udn die sich zur Urbanisliga zusammengeschlossen haben. Einem Feind der angelitischen Kirche natürlich und abfällig als Schrottbarone bezeichnet. Definitiv ein brauchbares Buch um etwas mehr in die eigentliche Geschichte der Welt einzutauchen.
De bello britannico: Der Band, welcher die Eroberung der britannischen Inseln angeht. Jener Inseln, die nicht unter der angelitischen Kirche stehen, sondern ihren eigenen Druidenkult aufgebaut haben. Der Leser findet hier alles zum Krieg und natürlich auch etwas zum Leben auf den Inseln. Nett, aber brauchen tut man das nur, wenn man da auch spielen will.
Romane: Es sind einige Romane zu diesem Spielsystem erschienen, was ich selbst ja immer sehr begrüße. Nichts kann eine Spielwelt besser näher bringen als ein Roman in dem diese belebt wird. Mit diesen Romanen wollte Feder und Schwert die Handlung innerhlab der Spielwelt voran bringen und nachdem das System auslief wurde sie auch mit einem Roman abgeschlossen. Das kann man jetzt gut finden.. kann man aber auch lassen.
Hiobs Botschaft – Eine Trilogie mit erschreckenden Erkentnissen
Der Schwur des Sommerkönigs – Die Eroberung Britanniens
Exodus – Ein Fahrzeug, dass durchs Brandland fahren kann verspricht ungeahnte Möglichkeiten
Wir haben hier ein paar Rezensionen der Romane auf dem Blog (und vielleicht sollte ich die restlichen auch mal schreiben):
Homini Lupus – Ein bisschen was zu Schrottbaronen
Deus Vult – Nach der Rückkehr der Samaeliten
Apokalyptika – Der Abschlussroman
Abenteuer: So richtige Abenteuer sind nie erschienen und das ist vielleicht mit ein Grund warum das System dann doch nicht so richtig gelaufen ist. Eines gibt es allerdings, und das sind ein paar Abenteuer im Rollenspielamgazin mephisto. Eine kleine Kampagne wurde dann sogar als gebundenes Buch herausgebracht: Himmel über Aachen.
Comic: Ja, es gab ganz am Anfang einen Comic zum Spiel names Pandoramicum bei dem es um den vom Fegefeuer zerstörten Himmel geht. Komischerweise ist das nicht neu erhältlich..
Musik: Auch eine CD mit Musik für das Rollenspiel von In the Nursery ist damals erschienen. Enthält recht brauchbare Stücke auch für andere System und ist noch erhältlich.
Ich persönlich finde es schade, dass das ursprüngliche Konzept von Engel letztlich nicht umgesetzt werden konnte. Das Konzept, bei dem der Spielleiter mit zunehmenden Büchern selbst auch erst erfahren sollte was denn alles bedeutete (etwas das viele andere Spielleiter ziemlich aufgeregt hat und mit Sicherheit einer der Hauptgründe war, warum es nicht richtig angelaufen ist – Spielleiter fühlen sich ungerne so.. uninformiert). Das eher abrupte Ende von Engel lässt nun natürlich tausende Fragen offen und beendet einige für viele sehr unzufrieden, aber immerhin sind die Sachen wieder erhältlich, seit Uhrwerk Verlag die Lizenz letztes Jahr erworben hat. Undn wenn ihr alle fleißig kauft, gibt es vielleicht auch irgendwann neue Ordensbücher oder so..
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