Die Thorwalertrommel
Heldenwerk #005
Und hier haben wir auch schon die fünfte Ausgabe vom Heldenwerk – der DSA Kurzabenteuer für wenige Euros. Dieses Mal handelt es sich um ein Vorabenteuer zu einer größeren Kampagne von der bislang schon das erste Abenteuer (Der weiße See) erhältlich ist. Die Schwierigkeit für Spielleiter ist hoch und für Spieler mittel. Die Helden sollten durchschnittlich bis erfahren sein und Gesellschaftstalente, Kampf und Heimlichkeit gleichermaßen beherrschen. Handlungsort ist Festum im Phex 1038BF. In lebendiger Geschichte hat das Abenteuer zwei Punkte, es werden also wichtige Gegebenheiten thematisiert.
[Diese Rezension ist für SpielLEITER gedacht und enthält dementsprechend Informationen über den gesamten Plot, damit dieser sich vollstens bewusst ist, auf was er sich und seine Gruppe einlässt. SPIELER sollten diese Rezension nur lesen, wenn sie kein Problem damit haben, den Plot dann im Voraus zu kennen]
Die Helden bekommen vom Hauptmann der Stadtgarde den Auftrag den diesjährigen Atmaskot-Umzug zu überwachen und vor Störungen zu bewahren. Dabei handelt es sich um einen Umzug, welcher auf eine ältere Geschichte zurück geht, bei der ein Thorwaler den Hafen Festums für einige Zeit blockierte und nach seiner Ergreifung hingerichtet und seine Haut auf eine Trommel aufgespannt wurde. Jene Trommel wird normalerweise jährlich in der Speicherstadt von den Schauerleuten für eben jenen Umzug genutzt, aber dieses Jahr soll auch der Rest der Stadt daran teilnehmen, da sich der Gardehauptmann dadurch einen Vorteil erhofft (er sitzt auch im Stadtrat und möchte zeigen was die Garde kann). Kritisch, und deswegen werden extra Wachen benötigt, sind besonders die zusätzlichen Stationen, bei denen auch Mitglieder der Mannschaft symbolisch mit Strohpuppen verbrannt werden sollen und die dem Ganzen anhaftende Fremdenfeindlichkeit. Vor dem Umzug haben die Helden Zeit sich die Örtlichkeiten genauer anzuschauen und dabei schon einmal ein paar Probleme zu entdecken und auch eventuell aus dem Weg zu räumen. So führt der Weg geradewegs an sehr dreckigen Hafenkneipen vorbei, die auch noch von eben jenen Feindbildern (nämlich Thorwalern, Exil-Maraskanern und Norbarden) gerne besucht oder geführt werden, und auf dem Weg werden auch andere Streitigkeiten, welche nicht mit dem Umzug, aber mit Fremdenfeindlichkeit zu tun haben, angetroffen (so etwa einen Konflikt zwischen Norbarden und Wachsziehern). Beim Umzug selbst müssen die Helden versuchen mögliche spontane Störungen direkt an zu gehen und so für einen Reibungslosen Ablauf sorgen. Schwierigkeiten gibt es besonders durch eine Gegendemonstration von Seiten des Hesindedorfes und den Versuch die Trommel direkt beim Finale mit Gewalt zu entwenden.
Ist dieses alles Überstanden, so können die Helden nach einiger Zeit nochmals in Kontakt mit der Trommel kommen. Sie werden vom Adelsmarschall Jucho von Dallenthin und Persanzig beauftragt die Trommel aus der Asservatenkammer zu entwenden und ihm zu übergeben.
Hier haben wir ein Abenteuer, welches aus einem ganz anderen Grund jene Schwierigkeitseinteilung besitzt, die es bekommen hat. Das eigentliche Abenteuer zu leiten ist nämlich äußerst simpel. Ein paar Orte und Konflikte beschreiben, ein bisschen mit dem im Abenteuer genannten System von Störungen spielen und das war es auch schon, Karten für die Stadt und später die Asservatenkammer sind dabei. Die Schwierigkeit besteht hier eher darin, nicht von seiner Spielgruppe gesteinigt zu werden. Und auch hier nicht weil das Abenteuer per se schlecht ist, sondern weil das Thema einfach vielen Gruppen äußerst unangebracht erscheinen dürfte – gerade in der derzeitigen Lage (ja, eigentlich ist das Abenteuer um die Theaterritter schon lange geplant und vielleicht war dieser Teil auch schon lange ausgearbeitet, aber dann hätte man ihn jetzt ja ändern können). So sollen die Spieler einen Nazi-Umzug unterstützen in einer bis zu dieser Thematisierung relativ toleranten Welt (bei dem es wirklich extrem fremdenfeindlich zugeht und im Abenteuer nicht einmal ein Grund genannt wird, warum man so heftig gegen einen Menschen, bzw eine Mannschaft vor geht – Gräultaten dieser bis auf die Besetzung des Hafens, werden jedenfalls nicht genannt!). Zwar wird nicht davon ausgegangen, dass die Spieler das unbedingt gut finden müssen (es wird vorgeschlagen, dass man ja bei unpassenden Helden aka unwilligen Spielern auch Ersatzhelden spielen könnte), aber man hätte ja auch einfach das Abenteuer umdrehen können und die Helden generell auf Störerseite einsetzen lassen, anstatt diese Option nur am Rande zu erwähnen. Und dann hin zu gehen und im Nachgang noch das Objekt zu entwenden mit zwei völlig unterschiedlichen Argumentationsansätzen (je nach Ende des Umzugs) und ohne wirklich einen Grund dafür zu haben (zumindest wird kein sinnvoller genannt – ein “will herausfinden was gerade los ist” – ist ein denkbar merkwürdiges Argument).
Fazit:
Ein Vorabenteuer zu einer Kampagne bei der man einen extremst fremdenfeindlichen Umzug durch die Stadt beschützen muss, welcher wohl in vielen Spielgruppen aufgrund dieser Tatsache nicht gut ankommen dürfte. Vor einem Erwerb dieses Abenteuers sollte man sehr gut drüber nachdenken, welchen Eindruck das bei dem Mitspielern hinterlässt oder ob man sich die Mühe machen möchte, die gegnerische Seite auszuarbeiten um diese dann zu spielen. Dieses Abenteuer wäre wohl besser eine Kurzgeschichte geworden…
Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.
Ich könnte jetzt hoffen, dass irgendein Polizist, oder irgendeine Polizistin, nur den Cocktail aus Frust und Schock verarbeiten wollte, eine reale Neo-Nazi Demo schützen zu müssen. Erneut fällt sowas aber auch leichter, wenn man das Erwachsenwerden nicht völlig meidet, oder einfach mal das Kiffen sein lässt.
Die Orkland-Kriege hatten doch auch schon Rassismus-Debatten ausgelöst. Und eine “Künstlerin” hat sich doch auch offiziell als Freiheitsrechtlerin der Goblins äh… Engagiert. ;-) Und inzwischen erobert Ulysses Spiele ja “die ganze Welt” mit der Edition Fünf von Das Schwarze Auge.
Die Thorwaler-Trommel ist also ein kontroverses Abenteuer, dass man auch meiden kann und darf. Danke für die Rezension.