Das Leben eines Gezeichneten – Teil 28

Grenzenlose Macht - Teil 1

7 Praios
Vor den Toren Greifenfurts erwarten uns die Stadtwächter und ließen uns im schwindenden Licht des Tages in die Stadt ein. Wir wählten eines der besseren Gasthäuser und setzten uns gemütlich zusammen um uns dann am nächsten Tag nach dem Weg zum Kloster zu erkundigen.
Am Abend wollte ich gerade in mein Bett steigen um mit erschrecken festzustellen, dass sich in meinem Bett eine Person befand. Genauer gesagt das kleine Mädchen, das ich damals in Baliho gesehen hatte. Ich schaute zu Latu hinüber, der schon schlief und beschloss auf dem Boden unter meiner Robe zu nächtigen.
Kurz bevor es hell wurde, wurde ich unsanft durch eine Mädchenhand in meinem Gesicht geweckt. Ich muss einen kurzen Laut von mir gegeben haben, denn Latu erwachte und sah auf mich hinunter, natürlich mit der Frage auf den Lippen, warum ich auf dem Boden genächtigt hätte. Nach einigem hin und her erzählte ich zaghaft von dem Mädchen, dass mir diese unbequeme Position eingebracht hatte, und er wand sich kopfschüttelnd und mit einer Bemerkung, dass man das untersuchen müsste, ab.

28 Praios
Bevor wir überhaupt Gelegenheit hatten den Weg zu erfragen, wurden wir auf eine Prozession aufmerksam, die von Westen her durch Greifenfurt zum Praiostempel zogen. Die Männer hatten rote Mäntel und zwei Zwerge bei sich – und einen Toten unter einem Tuch. Einer der Praioten ging herum und hängte Zettel an der Straße auf. Latu bemerkte, dass es genau wie in seiner Vision aussehen würde, nur das es da alles Tiere gewesen wären… ahja… klar.
Wir gingen hinüber zu einem der Zettel und ich las ihn für Greifwin vor. Die Praioten suchten noch Handwerker und Wächter für den Wiederaufbau ihres Klosters. So konnten ich also vielleicht Geld verdienen und gleichzeitig herausfinden, warum ich diese Träume von dem Ort hatte.
Ein kleiner Zwerg auf der anderen Straßenseite lenkte unsere Aufmerksamkeit auf sich und so entgingen wir einem herunter stürzenden Balken eines Gerüstes. Latu zog es natürlich sofort hinüber zum Zwerg um sich zu bedanken, aber dieser war geistig nicht ganz vollständig und faselte etwas von gefunden.
Nach längerem Fragen konnten wir den Zwerg zurück zu seinem Käfig – pardon – Zuhause bringen, in dem er auch schon lange erwartet wurde. Der Zwerg war wohl während der Belagerung der Orks verrückt geworden und seitdem eine Art Prophet, oder vielleicht auch nicht, da war sich hier niemand sicher. In jedem Fall hatte er die Wände seiner ehemaligen Wohnstatt mit Schriften voll geschrieben.
Die mich natürlich doch irgendwie interessierten und so zogen wir los um sie uns anzusehen. Der Zwerg und seine Aufpasserin gesellten sich zu uns um uns den Weg zu weisen und an den Wachen vorbei zu lotsten. Unser Ziel war ein Turmzimmer in der Kaserne an der Breite und es war tatsächlich voll geschrieben. Mit Kusliker Zeichen und vermutlich mit Zwergenrunen, die ich nicht lesen konnte. Eigentlich stand aber nichts wirklich Interessantes an den Wänden, allerhöchsten sah man ein gewisses Talent so zu schreiben, dass man wirklich alles hineindeuten konnte, auch die Ereignisse des letzten Jahres.
Zurück auf der Straße trennten wir uns von Zwerg und Begleitung und zogen in Richtung Praiostempel. Ich ließ Greifwin und Latu die Sachen regeln, ich wollte nicht wirklich nahe an diese Menschen herantreten. Sie handelten uns einen Lohn von 2 Silber pro Tag aus und wollten am ersten Rondra zurück zum Kloster aufbrechen – offensichtlich gab es noch immer Überfälle der Orks in der Gegend um das Kloster und während der letzten Namenlosen Tage hatte ihr Hochgeweihter als einziger einen Angriff überlebt. Wir sollten auch den Weg der Karawane
bewachen und uns blieben dementsprechend noch zwei weitere Tage in Greifenfurt, die wir zunächst in einem Gasthaus verbrachten.
Greifwin bemerkte als erstes die beiden Zwerge aus der Gruppe, die die Schänke betraten und sich an einen entfernten Tisch setzten, schlich sich hinüber und lauschte den Gesprächen der Zwillingszwerge. Dann kehrte er zu uns zurück und deute uns an zu folgen. Latu und ich verließen nacheinander die Taverne und er erklärte uns, dass er den Zwergen folgen wolle wenn sie die Kneipe verließen, weil sie irgendwie verdächtig schienen.
Es interessierte mich nicht sonderlich und auch Latu schien nicht wirklich begeistert von der Idee zu sein. Wir ließen ihn also dort stehen und betraten wieder das Gasthaus.
Als ich später in den Raum in dem unsere Betten standen trat, lagen dieses Mal nicht nur ein sondern zwei Mädchen im Bett. Die zweite war dunkelhaarig und ebenso gebaut wie das erste Mädchen, und mit ebensolcher Kleidung – einem schlichte weißen Nachthemd.
Es reichte mir endgültig und ich zerrte die Dunkelhaarige aus dem Bett. Latu, der gerade den Raum betreten hatte, fragte etwas entsetzt warum ich denn meine Bettdecke aus dem Bett werfen würde. Ich sah nochmals hin, aber konnte nur das Mädchen sehen. Ich legte mich in mein Bett und warf auch das andere Mädchen hinaus – Latus Meinung nach ein Kissen – und versuchte zu schlafen.

29 Praios
Ich erwachte – ohne Mädchen neben mir – musste aber mit ansehen wie das dunkelhaarige Mädchen einen meiner Handschuhe in die Luft hielt und aus dem Zimmer verschwand. Natürlich den meiner rechten Hand und so war ich wohl gezwungen meine Hand so unauffällig wie möglich zu verstecken.
Den Rest des Tages ging ich den meisten Menschen aus dem Weg und stromerte eher in den verlassenen Seitengassen herum – bald hoffend jemand wäre so dumm mich zu überfallen, so dass ich meine Wut an ihm auslassen könnte, aber niemand kam.
Abends kurz vor dem zu Bett gehen sah mich Latu mit einem mitleidigen Blick an und fragte warum ich meine Hand so verstecken würde. Ich antwortete, dass ich meinen Handschuh verloren hätte, aber er meinte er wäre an meiner Hand – war er nicht, ich konnte deutlich sehen, wie sich das Rot vom schwarzen Finger mahnend abhob – und er wollte es mir demonstrieren und meinen Handschuh ausziehen. Ich streckte ihm meine Hand hin und er versuchte doch die Haut von meinem Fleisch abzuziehen. Ich schrie erschreckt auf und zog meine Hand wieder zurück. Die Haut am Handgelenk war leicht umgeklappt und ich konnte das warme Rot meines
Fleisches erkennen.
Er sah nur einen umgewölbten Handschuh und ich fragte mich unwillkürlich, wer hier begann noioniterreif zu werden – er oder ich. Da hielt mir die dunkelhaarige den zuvor gestohlenen Handschuh vor die Nase und ich ergriff ihn dankbar um ihn überzustreifen. Latu nach hatte ich mir einen Kopfkissenbezug um die Finger gewickelt, und bei zweiterem Blick war es tatsächlich einer. Ich weiß nicht warum ich diese Dinge zu sehen beginne, aber der Schmerz in meiner Hand
hatte nicht nachgelassen und konnte doch keine Einbildung sein!
Etwas verängstigt legte ich mich schlafen, gezwungenermaßen mit den beiden Mädchen, die sich im Verlaufe der Nacht an mich geschmiegt hatten.

30 Praios
Es erfreut mich zu sagen, dass an diesem Tag nichts weiter Ungewöhnliches passiert ist. Ich sah immer noch ab und an hinter Häusern die Mädchen hervorlugen, konnte sie aber fast die ganze Zeit ignorieren und mich von diesen Dingen ablenken.

1 Rondra
Der Tag des Aufbruchs! Schon früh am Morgen sammelte sich die kleine Karawane vor dem Andergaster Tor. Neben uns waren noch drei Handwerker dem Aufruf gefolgt und reihten sich in die Gruppe ein. Ich lief recht weit vorne zusammen mit Latu, Greifwin sicherte die Gruppe nach hinten ab. Wir zogen an recht malerischer Landschaft entlang und trafen abends in einem der kleineren Dörflein ein, an denen wir am Tage an einigen schon vorüber gezogen waren, und die alle irgendwie gleich aussahen.
Die Nacht war ruhig und ohne Vorkommnisse, auch wenn ich mein Bett wieder mit zwei Damen teilen musste, so hatte ich mich fast an ihre Körper gewöhnt.

2 Rondra
Wieder früh am morgen brachen wir auf und nahmen den Weg durch die inzwischen hügelige Landschaft wieder auf. Kurz nach unserer Rast gegen Mittag machte mich Latu auf ein Rascheln am Wegesrand aufmerksam und fast im selben Moment sprangen vier Orks aus dem Gebüsch am Rand des Weges.
Latu und Greifwin, sowie die beiden Zwerge stürzten sich in den Kampf und erschlugen zwei der Orks. Die anderen beiden flohen zurück in den Wald, aber ich wunderte mich schon über die so geringe Anzahl an Gegnern. Vielleicht haben sie eine Art Mutprobe ablegen wollen. Anders kann ich mir das kaum erklären.
Den Abend konnten wir nicht in einem Gasthaus verbringen, sondern mussten im Wald nächtigen. Da immer einer von uns Wache hielt, konnten zwei im Zelt nächtigen, denn es war nicht besonders warm in dieser Nacht und ich fror hier im Norden noch immer schnell. Für zusätzliche Wärme sorgten meine beiden Mädchen, die am Abend in die Erde vor dem Zelt einige Zhayadrunen gemalt hatten, die ich verwischte bevor irgendwer bemerken konnte was das hieß. Eigentlich bevor ich selber lesen konnte was da stehen würde. Die Buchstaben A und M reichten mir vollkommen aus um mir den Rest des Abends kalte Schauer über den Rücken laufen zu lassen. Und ich hatte gedacht ich wäre ihm entkommen.

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