Was macht ein Abenteuer episch?
- eine Analyse
Da die entsprechende Frage als ein Kommentar gepostet wurde und ich das ganze Thema für eine Antwort nur als Kommentar viel zu spannend finde, gibt es die Antwort dazu nun als ganzen Artikel.
Die Frage war was ein Abenteuer denn nun episch machen würde – da ich darauf hin wies, dass besagtes Abenteuer dies eben nicht sei.
Vorweg gesagt, ich hab mit Sprachwissenschaften in etwa so viel zu tun, wie ein Pinguin mit dem Fliegen.
Nehmen wir mal das Wort an sich. Epik (warum kennt meine Rechtschreibkorrektur das Wort nicht?!). Leitet sich ab von Epos [ein Hoch auf Wikipedia] und meint damit einfach und schlicht eine Literaturgattung. Die anderen beiden sind Dramatik und Lyrik. Hmpf… das hilft uns jetzt nur wenig, denn mit der Beschreibung kommen wir bei Abenteuern nicht weiter. Schließlich ist das ja irgendwo eine entweder oder Beziehung (*naturwisschenschaftliches winken*). Also entweder fallen alle Abenteuer unter die Literaturgattung Epik oder keines. Das kann also hier nicht gemeint sein.
Nächster Versuch: deutsche Jugendsprache. Wer sich öfters unter Schülern bewegt wird bemerkt haben, dass das Wort „episch“ Einzug in die deutsche Jugendsprache genommen hat. Und natürlich nicht so wie die obige Definition, sondern schlicht und ergreifend als Variante des offensichtlich altbackenen Wortes „cool“. Das führt uns hier allerdings auch nicht weiter, denn ob etwas „cool“ ist oder nicht, ist nun wirklich sehr persönlicher Geschmack und wird wohl auch nicht gemeint sein mit dem Zusatz, dass ein Abenteuer episch ist (wäre ja auch schön dreist, wenn ein Autor dem Leser einfach mal vorgibt, wie er das Abenteuer gefälligst zu finden hat).
Viele Möglichkeiten bleiben jetzt ja nicht mehr, aber einen Versuch wagen wir noch: Die englische Sprache:
Im englischen gibt es den Ausdruck „epic“, was laut Merriam-Webster zwei Bedeutungen haben kann:
- of, relating to, or having the characteristics of an epic <an epic poem>
- a : extending beyond the usual or ordinary especially in size or scope <his genius was epic — Times Literary Supplement>
b : heroic
Ooookay.. Hmm, also der erste Punkt ist dieselbe Bedeutung wie oben im deutschen. Soweit so schlecht. Aber die zweite.. die ergibt etwas mehr Sinn. Mit der können wir weitermachen, auch wenn wir sie natürlich für Rollenspielabenteuer etwas anpassen, bzw erweitern müssen:
Hier also meine Definition von „episch“ im Kontext eines Rollenspielabenteuers – erstellt mit der Hilfe von Teddy:
Ein Abenteuer, das mit Fug und Recht von sich behaupten kann episch zu sein, sollte:
- Vor einer großen Kulisse spielen.
- Muss eine spürbare Bedrohung für Charaktere und „Welt“ enthalten
- muss spürbare Auswirkungen auf „die Welt“ haben
- muss Emotionen auslösen
- darf sich auf keinen Fall wie ein „normales“ Abenteuer anfühlen, sondern muss sich deutlich von den üblichen Abenteuern abheben
Soweit die Stichpunkte, die wir auf die schnelle zusammengefasst haben. Was aber meine ich damit? Fangen wir mal oben an:
- Das Abenteuer muss vor einer großen Kulisse spielen. Damit ist natürlich nicht gemeint, dass die Spieler sich beim Spielen vor ein Hochhaus setzen sollen, und auch nicht, dass die Helden im Abenteuer zwangsweise vor Riesen oder weiten Landschaften lang laufen, sondern, dass der Handlungsschauplatz in Bezug auf die Handlung groß ist. Was genau groß in diesem Zusammenhang bedeutet hängt also von der Handlung an sich ab.
- Muss eine spürbare Bedrohung für Charaktere und „Welt“ enthalten. Dieser Punkt ist vermutlich relativ selbst erklärend. Episch zu sein, heißt eben auch, dass es gefährlich ist. Und dabei ist natürlich absolut NICHT gemeint, dass etwas episch ist, wenn man einen besonders schweren Gegner vor die Helden setzt, der einfach mal so drauf los haut. Denn das ist zwar für die Charaktere dann definitiv einen Bedrohung, aber den Rest der Welt schert das meist nicht.
- Muss spürbare Auswirkungen auf „die Welt“ haben. Ist wohl auch selbsterklärend. Wenn etwas episch sein soll, dann muss auch der Rest dessen in dem das Abenteuer angesiedelt ist – sei es nun der Kontinent oder die Kleinstadt (hier sind wir wieder bei Punkt 1 und der großen Bühne) – irgendwie durch die Ereignisse beeinflusst werden. Und zwar nachhaltig, so dass hinterher jedes Kind weiß was da abgelaufen ist und die Geschichte erzählen kann.
Dies dürfte der Punkt sein, an dem viele Abenteuer im episch sein scheitern, weil sie zwar für die Helden und Spieler Auswirkungen haben, aber die Welt um sie herum gar nichts, oder nicht viel davon mitbekommt, was dort passiert ist und wenn sie es mitbekommt, dann – wie ja auch viele reale Ereignisse in der Geschichte – erst sehr viel später. - Muss Emotionen auslösen. Das ist natürlich ein ganz individuelles Thema, denn was bei dem einen für einen Heulkrampf sorgt, wird der andere vielleicht todlangweilig finden. Dennoch empfinde ich es als wichtig für ein Abenteuer, dass episch sein soll, dass große Gefühle involviert sind. Das man um seinen Helden oder seine Heldin und vor allem auch um NSCs bangt und mit ihnen fühlt was da Großes gerade passiert.
- darf sich auf keinen Fall wie ein „normales“ Abenteuer anfühlen, sondern muss sich deutlich von den üblichen Abenteuern abheben. Hierzu muss ich, denke ich mal, wirklich nicht noch was sagen.
Das ganze soll jetzt einen groben Rahmen stecken und erhebt mitnichten einen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern eben meine Definition von episch.
Ein wirklich schöner Artikel.
Das erste, was mir beim Lesen in den Sinn kam, ist die Szene zwischen Sam und Frodo am Ende des zweiten Films, in der Frodo beinahe aufgibt und Sam ihm sagt, dass er nun weiß, weshalb die großen (epischen!) Heldengeschichten aus ihrer Kinderzeit so groß waren und man sich immer daran erinnert: Weil die Helden darin immer die Möglichkeit hatten, umzukehren.
Für mich bedeutet ein epischen Abenteuer, dass die Helden immer auch persönliche Opfer bringen – nicht monetär (sie verbrauchen Ressourcen, Schriftrollen, Tränke etc.), sondern wirklich persönlich (sie geben das letzte Erinnerungsstück an ihre Mutter fort, lassen ihr komplettes altes und glückliches Leben hinter sich o.ä.).
Sie führen den Kampf um das höhere Gut, selbst wenn die Welt es vielleicht gar nicht mitbekommen wird (wie die vier Hobbits im Herrn der Ringe, die am Ende wieder in Hobbingen sitzen). Es geht nicht um persönlichen Gewinn an Macht, Geld und Ruhm – die Helden auf einem epischen Abenteuer kämpfen nicht für sich, sondern für andere bzw. eben das höhere Gut. Sie ordnen ihre eigenen Wünsche und ihr Wohlergehen dem Ziel unter, ohne auf einen persönlichen Gewinn zu hoffen, und sind am Ende sogar bereit für die Erfüllung ihres Ziels unterzugehen, ohne dass jemand jemals von ihren Taten oder ihrem Namen hören wird.
Kurz gefasst ist ein episches Abenteuer für mich ein Abenteuer, in dem die Helden erkennen, dass das Ziel, das es zu erreichen gilt, so groß und wertvoll ist, dass dieses es wert ist, dass sie alles dafür opfern, was ihnen bisher wichtig war – inklusive sich selbst (egal, ob geistig oder körperlich).
Das finde ich in der Tat einen guten Punkt! Hab ich überhaupt nicht dran gedacht, aber du hast vollkommen recht.
Bitte und danke :)
Wie angemerkt hier meine Gedanken dazu:
http://eisparadies.wordpress.com/2014/04/15/das-epische-abenteuer-eine-reaktion/
Vielen Dank, Caninus,
diese Ausführungen haben meine Frage, was denn nun eigentlich „episch“ ausmacht, geklärt.