W steht für Wahrscheinlichkeit
Ein Buchstabensalat mit Caninus
Die meisten unserer Rollenspiele nutzen in irgendeiner Form ein Zufallselement um den Ausgang eines Ereignisses zu bestimmen. Bis auf diese wenigen Ausnahmen, bei denen der Erzähler, die Gruppe oder andere Mechanismen den Ausgang bestimmen, ist dieser von den Spielern nur zu einem gewissen Teil vorhersehbar. Aber was genau heißt das denn eigentlich? Vorhersehbar? In der Regel beschäftigt sich ein Spieler ja eher selten nur auf Grund der Rollenspiele mit dem Thema der Wahrscheinlichkeit und wird wohl auch in eher seltenen Fällen konkret ausrechnen können zu wie viel Prozent seine nächste Probe wohl ein Erfolg oder Misserfolg sein wird. Dennoch habe zumindest ich selten erlebt, dass ein Spieler nicht vorher schon zumindest eine Idee davon hatte, wie gut das wohl klappen könnte.
Diese Idee von der Wahrscheinlichkeit beruht in der Regel schlicht und ergreifend auf Erfahrung innerhalb des Systems. Man hat einen ähnlichen Wurf schon ein paar mal durchgeführt und weiß wie die ausgegangen sind und kann daher ungefähr abschätzen wie genau das wohl in Zukunft aussehen kann.
Bei einfacheren Systemen kann man allerdings tatsächlich sogar noch recht einfach wirklich ausrechnen, wie hoch die Erfolgswahrscheinlichkeit ist. Einfache System wären etwa ein einzelner Würfel, welcher über oder unter einen bestimmten Wert würfeln muss. Etwas komplexer wird es dann schon wenn es zwei Würfel sind, deren Summe man betrachtet und so richtig schwierig werden Poolsysteme, bei denen jeder einzelne Würfel einen bestimmten Wert erreichen muss und insgesamt eine gewisse Anzahl solcher Würfel fallen sollte. Wenn es dann auch noch explodierende Würfel gibt, also welche, die bei einer bestimmten Zahl noch einmal gewürfelt werden dürfen, ist es mit dem eben am Tisch ausrechnen ganz vorbei.
Aber ist das nun gut oder schlecht?
Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Das Element „Zufall“ ist ja in den Rollenspielsystemen um eben genau das Abzubilden. Eine Situation, welche nicht zu 100% der Kontrolle des Spielers unterliegt. Ist dies nicht der Fall, dann braucht und sollte man auch nicht würfeln. Dieses Würfeln – wobei jetzt ein Würfel einfach als Beispiel genommen wird, gleiches gilt natürlich für Münzen, Karten und sonstiges – bringt also ein Element der Unsicherheit und vor allem der Spannung in das Spiel, welches etwa den Spieler fordert zu entscheiden ob er Risiken eingehen möchte oder nicht. Das ist primär natürlich erst einmal eine gute Sache, da so der Spielfluss in eine eben „unberechenbare“ Bahn gelenkt wird.
Allerdings sorgt eine solche Mechanik unter Umständen für ein starkes Ungleichgewicht, welches sich dann durch unzufriedene Spieler manifestiert. Denn Probe ist ja nicht unbedingt gleich Probe. Und wer in einem der komplexeren Systeme spielt, bei denen man höchstens grob sagen kann, ob das nun funktionieren könnte oder nicht, was man da gerade auswürfelt, der hat es manchmal schwer. Wo nämlich der eine Spieler nur solche Tests macht, bei denen er relativ sicher ist, dass es funktioniert, würfelt der andere vielleicht einfach situationsbedingt unwahrscheinlichere Proben. Zu sehen ist allerdings nur das jeweilige Ergebnis, ob primär geschafft oder eben nicht und die beteiligten Spieler müssen nicht unbedingt wissen, wie wahrscheinlich es jeweils war. Somit sieht man nur, der eine schafft ständig alles, der andere äußerst selten, und das das zu Problemen führen kann, muss ich vermutlich keinem erklären.
Wie aber kann man dagegen steuern. Man kann schlecht hingehen und ein paar Mal die tatsächliche Wahrscheinlichkeit am Tisch ausrechnen und den Spielern zeigen, das was sie versucht haben so „leicht“ unwahrscheinlich klappen kann – wir sind hier ja schließlich nicht im Stochastikunterricht (und wirklich helfen würde das bei dem Problem auch nicht). Was aber möglich ist, ist, dass der Spielleiter durch seine Worte die jeweiligen Möglichkeiten klar aufzeigt. Also betont wie wahrscheinlich etwas sein könnte oder eben nicht. Und zwar nicht nur bezogen auf die allgemeine Situation, sondern charakterspezifisch. Das erfordert aber natürlich, dass sich der Spielleiter ein wenig mit dem Würfelsystem auseinandersetzt und vielleicht wirklich mal durchrechnen, wie denn die Wahrscheinlichkeiten eigentlich liegen. Das beugt auch dem vor, dass man Würfelproben ansetzt, die die Spieler nur frustrieren, wie etwa das fiktive Beispiel mit 3W20 mindestens eine 58 als Summe zu würfeln.
Also: Auch wenn ihr wenig Ahnung von Wahrscheinlichkeit habt, beschäftigt euch, wenn ihr Spielleiter seit, ein bisschen damit. Die Spieler werden es euch danken.
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