Völker des Eises
Pathfinder Handbuch
Es ist ein wenig schwierig zu erklären, was ich im Moment vor mir habe, da ich mir für den Augenblick selbst nicht vollkommen sicher bin, wie ich es umschreiben soll.
Werfen wir für den Anfang einfach mal eine Basisannahme in den Raum, die eher Anthropologisch ist: Wie eine Kultur sich entwickelt, hängt nicht nur von den Menschen ab, die sie aufbauen, sondern auch von den Umweltfaktoren, denen sich die entsprechenden Menschen ausgesetzt werden. Völker des Eises ist dabei ein Gedankenspiel, dass mit den Extremen spielt… um genau zu sein: Mit den extremen Minusgraden.
In „Völker des Eises“ geht es eben um genau diese speziellen Bedingungen. Der Fokus liegt dabei zwar in erster Linie auf menschlichen Gesellschaften, welche sich auf unterschiedliche Weise an das Leben angepasst haben. So werden mit den Kelliden stolze Barbaren, die eher conanesk daherkommen vorgeführt, während die Ulfen eher den heutigen Vorstellungen von Wikingern entsprechen. Die Erutaki schließlich sind in ihrer Darstellung mit Inuit gleichzusetzen und die Jadwiga, als Nachfahren der Hexe Baba Jaga, trotzen dem Winter eher in Gestalt eines zarristischem Russlands. Durchbrochen wird diese Aufzählung einzig durch die Schneezaubererelfen, welche eine spezielle, von den restlichen Elfenvölkern getrennt in Isolation lebende, neue Unterart sind. Jedes dieser Völker wird mit einer Auflistung zumeist typischer Namen, Wesenszüge, Sprichwörtern und spezifischen Rollen innerhalb ihrer Gesellschaft vorgestellt. (Bei letzteren handelt es sich um die Frage, welche „regulären“ Pathfinderklassen wie interpretiert werden müssen, damit sie auf das jeweilige Volk halbwegs überzeugend passen.
Ein gesondertes Unterkapitel stellt darüber hinaus die anderen Völker vor, welche auf Golarion anzutreffen sind und wie diese unter Umständen sich in das bunte Eistreiben integriert haben.
Den nächsten Schritt stellen dann die Landstriche „Irrisen“, welches vornehmlich von den Jadwiga kontrolliert wird und sich auf immer in einem magischen Winter unter der Knute der Hexenherrscherin in Baba Jagas Namen befindet, während die Länder der Lindwurmönige eher einen losen Zusammenschluss der einzelnen Stammesmonarchien der Ulfen widerspiegelt. Im Reich der Mammutherren ist eine lose Allianz an primitiven, barbarischen Stämmen am Werk.
Da diese sehr drastische Änderung der natürlichen Gewallten nicht nur Änderungen in der Mentalität der Völker mit sich bringt, und Pathfinder ein Spiel ist, dass gerade von einer sehr detaillierten Anzahl an Sonderregeln lebt, folgen darauf neue, wenn auch sehr kurze Kapitel für Kampf und Magie im Norden, die sich mit der Eisthematik beschäftigen.
Darauf folgt die übliche Erweiterung der möglichen Ausrüstungsliste: Neben dem, was man auf jeden Fall haben wollen sollte, wie einem Kohlepott für die rauen Nächte, sowie dem eigenem, getreuen Reitmammut, folgen dann die zwar wenigen, aber trotz alledem nicht gerade uninteressanten Sachen aus dem Bereich „neue Waffen“ und „magische Gegenstände“. Ob man jetzt einen „Helm der Mammutherren“ braucht, oder dann doch lieber mit dem Umhang des Sagenhüters durch die Gegend rennt, auf diesen zwei Seiten lässt sich alles finden, was man bis hierhin noch nicht wusste, dass man es vermisste. (Was ja nicht all zu unüblich ist, bei den Pathfinderbüchern.)
Den Abschluss bildet dann etwas, dass man hier eventuell erwartet hatte, oder auch nicht: Nämlich ein „Spiellerleitfaden“ für den Abenteuerpfad „Die Winterkönigin“, den wir hier ja bereits zum größten Teil besprochen haben. Hierbei wird sehr konkret auf die speziellen Bedingungen eingegangen, welche „Die Winterkönigin“ liefert, so dass die Charaktere Optionen mit einbringen können (und die Spieler bedenken können), die nicht direkt bis hierhin eingeplant werden konnten.
Der Punkt bei der Sache ist folgender: Hin und wieder sterben manche Charaktere innerhalb des Kosmos der Pathfinder-Regeln und Spieler stehen vor der Entscheidung, sich selbst neue Charaktere zu bauen. Da dabei auch sehr speziell auf das jeweilige Gebiet eingegangen werden muss, in dem sich die Gruppe gerade befindet, setzt das dann manchmal neue Fragen mit ein, wie sich der Charakter gerade für den speziellen Abenteuerpfad schnell in die Runde integrieren kann. (Ähnliches gilt für die Anfangsrunde: Da das komplette Thema der Winterkönigin eben Winter ist, stellt sich die Frage, ob man nicht ein paar besondere Eigenschaften gleich mit einbringen kann, welche das Überleben in der Kälte später vereinfachen könnten. Eben Dinge, die nicht sofort jedem bei der Hand liegen.) Das es sich hierbei natürlich um Meta-Gaming dann handelt, sollte aber auch jedem Spieler wie Spielleiter bewusst sein. Die Frage ist also: Kann man wirklich einen gerade durchreisenden Händler der Nordmannen in einer eigentlich deutlich wärmeren Gegend vernünftig erklären, der zufällig auch noch sehr geschickt mit der Streitaxt umgehen kann?
Fazit
Tja… und nachdem ich jetzt durch den Band bin, habe ich gerade ein Problem, weil ich nicht weiß, wie ich das Ganze beurteilen soll.
Vom ästhetischen Standpunkt aus betrachtet ist „Völker des Eises“ wirklich gut. Die Illustrationen sind gelungen und die 36 Seiten des PDFs lassen sich in keiner Weise verurteilen.
Auch von der üblichen Regelseite her kann man mit den Sachen sicher nichts verkehrt machen, auch wenn der Band als solcher kein „Rundumglücklichpaket“ für das Überleben in Eis und Schnee ist. (Um genau zu sein werden zwar Ausrüstungsgegenstände für ein besseres Überleben in Schnee und Eis hier präsentiert, aber Regeln für Erfrierungen und dergleichen muss man sich in einem anderen Regelband suchen.)
Und da beginnt dann auch schon langsam das Problem: Abseits von den eindeutigen Bezügen zu dem Adventurepath „Die Winterkönigin“ fehlt hier doch ein wenig die entsprechende Motivation für das Buch. Ich meine damit, dass das Thema „arktisches Klima“ doch sehr speziell ist was mögliche Interessenten anbelangt. Man spielt in den weiten von Schnee und Eis und… naja, irgendwie fehlt mir gerade spontan eine Idee, die über den Ärger eines plötzlichen Goldrausches in den entsprechenden Gegenden hinaus geht. (Das würde zwar einiges an möglichem Konflikt-Potential erzeugen, wenn ein nahe gelegener Kelliden-Stamm sich über die Eindringlinge in ihrem Gebiet aufregt, aber irgendwie fehlt mir persönlich dann doch das Potential in diesen Gegenden aus endlos weißer Wüste zu spielen.) Anders sieht es dann schon mit Charakteren aus diesen Regionen aus, auch wenn abseits von Gesandten der Schneezaubererelfen doch einige sehr arg konstruierte Gründe entstehen dürften, die dann dafür sorgen, dass die entsprechenden Personen sich außerhalb ihres normalen Einzugbereiches aufhalten wollen sollten.
Insgesamt bekommt man also ein Handbuch für Personen mit einem Fetisch für Abenteuer in Schnee und Eis in die Hand gedrückt, dass aber nicht viel mehr können will, als eben das. Für diesen Zweck taugt das Buch aber auf jeden Fall.
Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.
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