Strukturwandel

Ein paar Gedanken zur Kampagnenstruktur von Infernal Teddy

Ich habe vor kurzem mit Caninus darüber gesprochen wie meine Art zu Leiten sich über die Jahre geändert hat, und dachte, ich erzähle euch das auch mal. Ich weiß nicht ob mein Werdegang sonderlich typisch oder untypisch ist, aber vielleicht kann ja jemand von euch die das hier lesen etwas mit meinen zugegebenermaßen etwas wirren Gedanken anfangen.

Damals, when I were a wee lad und AD&D – und damit Rollenspiele allgemein – für mich noch etwas völlig neues waren war für mich eine Frage immer etwas drängend: woher Abenteuer nehmen? Gut, wer damals AD&D (Oder auch DSA, aber AD&D war halt mein Beispiel) spielte hatte eine riesige Auswahl an vorgefertigen Abenteuern, aber für mich sprachen da zwei Gründe deutlich dagegen: zum einen war da der Kostenfaktor – wenn ich die Wahl habe ob ich mein weniges Taschengeld in ein Abenteuer stecke das ich vielleicht mit viel wohlwollen einmal leiten werde oder statt dessen lieber ein cooles Quellen- oder Regelbuch kaufe von dem ich definitiv mehr haben werde weiß ich zumindest wo mein Geld hingeht – zum anderen waren auch meine ersten Gehversuche mit Abenteuerkonserven sagen wir mal… weniger erfolgreich. Was folgte war das, was jeder wohl an dieser Stelle gemacht hätte: es wurden eigene Abenteuer geschrieben… die zum einen ähnlich „erfolgreich“ waren wie die gekauften, und zum anderen so unsäglich peinlich waren das ich froh sein sollte das mein Bruder sich an nichts erinnern kann, sonst wäre ich längst erpresst worden…

Okay, wir können also feststellen, fertige, völlig durchgeskriptete Abenteuer haben bei mir keine Erfolge gebracht. Ich war kurz davor das Spielleiterdasein an den Nagel zu hängen als zwei Sachen zusammenkamen: ich entdeckte die „Attitude Games“ Shadowrun und die World of Darkness, und ich begann meine Abenteuer zu improvisieren. Und es lief gut, es lief sehr lange sehr gut auf diese Weise. Meine Spieler wußten, wenn ich irgendwas im Vorfeld aufgeschrieben hatte konnten sie sich auf einen Abend einstellen an dem ich nicht sonderlich gut drauf war als SL. Allerdings setzt ein solcher Leitstil eines voraus: eine Spielergruppe die Aktiv statt reaktiv an das Spiel herangeht. Mit Spielern die ich schon länger kannte war das kein Thema, die hatte ich mir ja schon entsprechend erzogen, und auch im WoD-Umfeld im Allgemeinen gab es da selten Probleme. Problematisch wurde das Ganze eigentlich nur, wenn ich es mit den stereotypen DSA-Spielern zu tun bekam, mit Spielern die von ihrem Spielleiter erwarten das er sie bei der Hand nimmt und entlang der Ploteisenbahn führt. Ein Verhalten das mich auch heute noch rasend macht.

So, und dann kommen wir ins 21. Jahrhundert. Die erste Hälfte war gut – weiter wie bisher, alles improvisiert, bis… ja. Kurz zusammengefasst hat eine Exfreundin und ihre damalige Gruppe mein Selbstvertrauen beim Leiten ziemlich zerschossen, und mich beinahe wieder dazu getrieben mit dem Leiten aufzuhören. Mittlerweile habe ich aber wieder einen neuen Weg zum Leiten gefunden, und mit dem ich im moment ganz gut fahre: ich nenne es die Serienmethode. Nachdem ich genug Opfer Spieler gefunden habe die was auch immer es gerade ist das ich leiten möchte spielen wollen erstelle ich meine „Pilotfolge“. Dieses Abenteuer soll – ähnlich wie die Pilotfolge einer Serie – die Charaktere „vorstellen“, ebenso Spieler und Charaktere mit dem Setting vertraut machen und das Thema der Kampagne einführen. Dieses Abenteuer besteht meist aus einer Handvoll mehr oder weniger leserlicher Notizen auf einer Karteikarte (Format A6 falls es jemanden interessiert). Nach der „Pilotfolge“ lasse ich meine Opfer Spieler drüber abstimmen ob sie eine ganze „Staffel“ „bestellen“ wollen (Um bei der Fernsehmetapher zu bleiben). Fällt die Entscheidung negativ aus hat den Spielern das Ganze nicht zugesagt, und ich denke mir bis zum nächsten Mal einen anderen Piloten aus. Stimmen sie allerdigns zu beginnt für mich die eigentliche Arbeit. Meine „Staffeln“ sind mit zwölf mehr oder weniger zusammenhängenden Abenteuern so lange wie eine britische Staffel in der Regel. Ich fange also an, mir zwölf Abenteuer auszudenken die mehr oder weniger mit dem Thema der „Pilotfolge“ zu tun haben, und fange an mir entsprechende Karteikarten anzulegen. Auf diesen Karten werden dann Ideen und Gedanken notiert die zusammen einen grobe Rahmen für das Abenteuer ergeben – manche fangen auch damit an das ich einen Titel habe aber noch nicht weiß was ich damit anfangen soll, andere beginnen mit einer Kernidee aber sonst auch nichts. Ihr wißt ja selbst am besten wie ihr Abenteuer schreiben wollt. Ist die Staffel zu ende werden wieder die Opfer Spieler befragt ob sie eine weiter „Staffel“ ordern wollen, oder ob sie lieber einen neuen Piloten ordern wollen. Meist lege ich meinen Spielern auch eine Zusammenfassung der kommenden Folge vor, im Stil einer Fernsehzeitschrift. Hier als Beispiel die (bereits bespielte) Pilotfolge und die zweite Folge meiner Dresden Files-Runde, Furious Angels:

S1 E1: Toxicity (Pilot)
Als aus einer möglichen Kindesentführung ein Anschlag auf einen Drogendealer wird müssen zwei ungleiche Freunde, der Vampir Valentin Raith (Bettina Budeus, Der Kindergeburtstag, Die Drachenchronik) und der Polizist und Ritter Gottes Harvey Walters (Holger Koch, Die Drachenchronik) dem ganzen auf die Spur gehen wenn sie verhindern wollen das eine merkwürdige neue Droge die Straßen von Los Angeles in ein urbanes Kriegsgebiet verwandelt. Können die beiden den Monstern auf die Spur kommen die diese Droge vertreiben wollen?

S1 E2: Take my Hunger
Als die Schauspielerin Mary Wateley völlig aufgelöst Valentine Raith erzählt das ihre Nichte im Malibu Creek State Park verschwunden ist ahnt dieser nicht das für ihn und Hervey Walters eine lange und gefährliche Nacht anbrechen wird: die beiden ungleichen Freunde müssen das kleine Mädchen finden und den Park verlassen – bevor sie selbst gefunden werden, denn irgendwer oder irgendwas sucht den Park seid kurzem heim. Können sie das Mäödchen retten, ohne das einer von ihnen selbst zum opfer wird?

Was können wir daraus lernen, außer das ich mich gerne reden höre? Man sollte als Spielleiter immer mal wieder seine Methoden überdenken – bloß weil es lange problemlos funktioniert hat heißt es nicht das man nicht besser werden kann.

1 Kommentar zu Strukturwandel

  1. Hey danke, sehr interessant, da ich mich selbst gerade in so einer Art Schaffenskrise sehe, sind mir solche Denkanstösse sehr willkommen.

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