Rückkehr von den Sternen

Dystopie

Ich vertraue nicht auf Versprechungen und glaube nicht an Versicherungen, die sich auf einen sogenannten Humanismus berufen. Gegen eine Technologie hilft nur eine andere Technologie. Der Mensch weiß heute mehr über seine gefährlichen Neigungen als noch vor hundert Jahren, und nach weiteren hundert wird sein Wissen noch vollkommener sein. Möge er dann davon Gebrauch machen.

Stanislaw Lem – Summa Technologiae

Die Geschichte von der Rückkehr von den Sternen ließe sich eigentlich relativ simpel zusammenfassen: Hal Bregg, ein Kosmonaut, ist nach einem 10-jährigen Flug durchs Weltall nach Hause zurückgekehrt und will hier wieder leben. Wenn da nur nicht irgendwann mal jemand die Gesetzmäßigkeit aufgestellt hätte, dass für einen Gegenstand, der annähernd mit Lichtgeschwindigkeit fliegt die Zeit deutlich langsamer vergeht als für jemanden, der ohne Lichtgeschwindigkeit lebt. Auf der Erde sind nämlich während Breggs Abwesenheit annähernd 123 Jahre vergangen und er findet sich nicht nur in einer technologisch weiterentwickelten Welt wieder, sondern in einer Welt, die sich gänzlich verändert hat und so ziemlich gar nichts mehr von dem vorweist, was er eigentlich erwartet hätte.
Eines der ärgsten Probleme der Menschheit ist nämlich auf radikalem Weg gelöst worden: Durch ein besonderes Verfahren sind sämtliche Menschen einem ihrer ureigensten, bestimmenden Triebe entledigt worden: Dem Hang zur Gewalt. Und dementsprechend hat sich die Gesellschaft auf die Bregg trifft, radikalst auf den Kopf gestellt. Er, der technische Neandertaler wird geradezu verabscheut und verzweifelt beinahe daran. Doch wie das so ist: Jetzt muss er sich in sein Schicksal fügen und versucht dies auch, wobei er weitestgehend den Problemen aus dem Weg zu gehen versuchen will. Das Problem wird nur in dem Moment verzwickt, als er sich in eines dieser unglaublich sanften, vor ihm teilweise ängstlich zurückweichenden Wesen verliebt.

Fazit:
Science Fiction ist für mich schon lange nicht mehr die Space Opera, wie sie von Star Trek, Star Wars oder auch (wenn wir aktueller sein wollen) Andromeda formuliert wird. Um genau zu sein haben mich die erstgenannten sogar eher langfristig für eine Zeit lang gänzlich von dieser Lektüre vertrieben. Das ich jetzt hier überhaupt über eben dieses Genre schreibe, ist Autoren wie Lem oder Gibson zu verdanken, die mit einem deutlich soziologischerem Auge an das Thema herangegangen sind. Das Problem dabei ist, dass die Geschichten dabei durch die Bank weg einen starken dystopischen Charakter haben. Bei „Rückkehr von den Sternen“ handelt es sich um eben einen solchen dystopischen Roman, der sich zum einen mit der Frage beschäftigt was passiert, wenn jemand mit einem extrem niedrigen, technischen Hintergrund auf Technologien trifft, die für ihn bereits in die Natur der Magie fallen. Genauso wie mit der Frage nach der menschlichen Natur, was diese Ausmacht und was passiert, wenn man eine zentrale Charakteristika in eben diesem Wesen radikal verändert. Das ungewöhnliche bei dieser Sache ist, dass dabei eine ungewöhnliche Gesellschaft am Ende entsteht, die trotzdem irgendwie Lebensfähig ist, aber zeitgleich auf seine Weise nur deswegen existieren kann, weil sie keinerlei anderen Input mehr erhält. Anders ausgedrückt: Der Frieden, den man sich von der Zukunft wünscht und der alle miteinander verbinden soll, wird auf seine Weise hart erkauft sein und auf diesem Weg für eine entsprechend allgemeinere Vorstellung irgendwie erschütternd. Und genau hier spielt Lem auch mit verschiedenen Ebenen von Vorstellungen, die bis in die heutige Wissenschaftsethik aktuell geblieben sind: Das Problem, dass man die Bedeutung und die Wirkung eines technischen Prinzips nur schwierig abschätzen kann, wenn man es nicht einsetzt. Zeitgleich stellt sich hierbei auch dar, dass man lediglich auf den zweiten Blick eine scheinbar erfolgreiche Lösung wirklich richtig beurteilen kann. Auf diesem Weg bleibt meistens eine weit gehaltene Sichtweise aus verschiedenen Blickwinkeln wohl leider doch notwendig.
Rückkehr von den Sternen, oder wie es in früheren Übersetzungen noch hieß – Transit – ist ein sehr schön geschriebener, spannender Roman der mit seinen kritischen Gedankenspiel auf mehreren Ebenen zum Nachdenken anregt. Nicht nur über die Möglichkeiten und Albträume, die die Wissenschaft verursacht, sondern auch über gesellschaftliche Gegebenheiten und Konzepte. Jedoch muss man sich für diese spezielle Art der Science Fiction begeistern können, um damit etwas anzufangen.

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