Sergei Lukjanenko: Wächter des Morgen
Kindle Edition
Es hat etwa 6 Jahre gedauert, bis Sergei Lukjanenko wieder einmal einen neuen Roman im Universum seines „Wächter Zyklus“ veröffentlichen sollte. Und zeitgleich stellte sich halt die Frage: Macht ein weiterer Roman, der auf den Abenteuern von Anton Gorodezki von der Nachtwache in Moskau handelt wirklich soviel Sinn? Um das herauszufinden, diese Rezension hier.
Worum geht es?
Wie bereits angedeutet: Wächter des Morgens spielt erneut in Moskau, wieder einmal liegt der Schwerpunkt der Handlung auf dem Lichten Anton Gorodezki, der für die Moskauer Nachtwache tätig ist. Zuerst muss man sich darüber im klaren sein: Die Anderen selbst hatten wir bereits in den letzten Bänden und insbesondere ihr Verhältnis zum Zwielicht weitestgehend abgefrühstückt.
Somit wird in Wächter des Morgens jetzt das Zwielicht selbst zum ersten Mal richtig thematisiert.
Alles beginnt damit, dass Anton auf dem Flughafen von Moskau einen Junge beobachtet, wie dieser seiner Mutter klar zu machen versucht, dass er nicht ein Flugzeug besteigen will, weil dieses abstürzen würde. Nach einer entsprechenden Untersuchung stellt sich heraus, dass der 10 Jährige Kescha ein noch nicht initiierter Anderer ist. Und nachdem sich Anton um Keschas Problem gekümmert hat, beginnt dieser die ersten wenige Worte einer Prophezeiung von sich zu geben.
Diese Prophezeiung hat einiges zu Folge. Zum einen taucht ein weiteres Wesen auf, dessen komplette Existenz es ist, auf Propheten Jagd zu machen, die ihre erste und wichtigste Prophezeiung noch nicht verkündet haben.
Da die Prophezeiung von Kescha etwas mit Anton zu tun, beginnt anschließend ein verzweifeltes Katz und Maus-Spiel, bei dem der „Tiger“, so wird das neue Wesen genannt, das sich der Nachtwache entgegenstellt, zu verhindern versucht, dass eben diese Prophezeiung von irgendjemandem gehört wird.
Da Lukianenko die Wächterromane allerdings nicht als eine einzige große, zusammenhängende Story erzählt, sondern eher in Form von jeweils in sich abgeschlossenen, aber aufeinander aufbauenden Kurzgeschichten, ist dieser Showdown in der Nachtwache natürlich nicht die einzige Geschichte, sondern nur eine von dreien. Insgesamt sind es also drei Geschichten. (Wirre Ziele, Wirre Zeiten und Wirre Taten.)
Während Wirre Ziele den neuen Gegner und sein Motiv vorstellt, geht es in Wirre Zeiten dann um den Hintergrund des Tigers und früheren Erscheinungsformen. Hierbei werden zwei neue Andere vorgestellt, die bereits Erfahrungen mit dem Tiger gemacht hatten und daher sein Vorgehen einschätzen können. Die lichte Hexe Arina hat dabei wieder ihre Finger im Spiel und versucht Anton mehr und mehr auf ihre abstrusen Ziele, die sie für Gut hält, einzustimmen.
Wirre Taten ist dann letzten Endes die große Auflösung, in der Lukianenko alles auflöst, mit einem großen Knall beendet und den tieferen Sinn hinter seinem Plot aufbaut. (Weswegen ich die Ausführungen nicht mehr all zu weit ausbreite. Nur folgendes sei gesagt: Die wichtigsten Personen aus den ersten beiden Geschichten treten erneut auf und werden in die ultimative Gefahr gebracht. Wobei nicht klar ist, ob alle dabei überleben werden.)
Fazit
Zuerst einmal folgendes: Wer bislang etwas mit Lukjanenkos Stil Geschichten erzählen zu können etwas anfangen konnte, wird auch hierbei auf seine Kosten kommen. Der Schreibstil, der es einem leicht macht das Buch sehr schnell durchzulesen ist unverkennbar. Und die Art und Weise Dinge zu beschreiben und Russland darzustellen, ist weiterhin aufrecht erhalten geblieben. (Und das die Übersetzung der Wächterromane etwas taugt, kennt man ja von den bisherigen anderen vier Romanen bereits. Der Heyne Verlag gibt sich dabei wirklich alle Mühe, damit die Bücher lesenswert bleiben.)
Kritisch bleibt aber folgendes festzuhalten: Brauchte man den Roman wirklich? Ich wage es irgendwie zu bezweifeln. (Wer mich kennt weiß allerdings, das ich in letzter Zeit mit einigen längeren Serien immer kritischer zu Rande gegangen bin, weil ich irgendwas zu meckern gefunden hatte.) Gerade hier habe ich eben genau dieses Gefühl. Nach Wächter der Ewigkeit waren alle notwendigen Rätsel des Wächterzyklus eigentlich beantwortet gewesen und man stellt sich irgendwie die ganze Zeit beim Lesen die Frage, wie man hier erneut etwas aus dem Hintergrund herauskitzeln könnte. Und spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem dann Klar wird, was der Tiger in Wirklichkeit ist (immerhin ist er der Dreh und Angelpunkt des kompletten Plots), hatte ich zumindest das dringende Bedürfnis meinen Kopf nochmal der Tischplatte vorstellig werden zu lassen.
Problematisch in meinen Augen mit der Geschichte von Wächter des Morgens ist nämlich, dass die Geschichte zu sehr aufgedrückt und konstruiert wirkt. Sprich: Letzten Endes bleibt der bittere Beigeschmack, dass man hier verzweifelt einen neuen Ansatz gesucht hat, um eine eigentlich zu Ende erzählte Geschichte nochmal aufzuwärmen. Und irgendwo schafft es unter dem Gesichtspunkt dann doch nicht der komplette Roman zu überzeugen.
Also wie gesagt: Wer einfach nur eine weitere Geschichte im Wächter-Universum nochmal lesen will, kann hier vielleicht auf seine Kosten kommen. Wer aber ein wenig Kritischer an die Sache herangeht wird nicht ganz zufrieden mit der ganzen Sache umgehen können.
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