Savage Worlds – Gentleman’s Edition

Savage Worlds, ein Spiel, welches mit der Aussage „Fast! Furious! Fun!“ wirbt und das sehr erfolgreich umsetzt, ist nun endlich mit der Gentleman’s Edition auch auf deutsch erschienen. Viele Fans des Spiels haben darauf schon sehnlichst gewartet, so auch ich. Entsprechend gefreut habe ich mich, als ich das Rezensionsexemplar bekommen habe. Im Verlaufe dieser Rezension möchte ich klären, ob diese Freude auch berechtigt war.

Zunächst einmal sei erwähnt, dass es sich bei Savage Worlds um ein Universalsystem handelt, welches sich zur Zielsetzung gemacht hat, sowohl Spieler als auch Spielleiter zu entlasten und es somit zu ermöglichen sich wieder der Hauptsache, dem Spiel, zu widmen. Wie der Erfolg von Savage Worlds aufzeigt, schafft es das äußerst gut. Die Regeln sind schnell, eingängig und plausibel. Die mir vorliegende deutsche Gentleman’s Edition lässt sich so ohne weiteres nicht mit amerikanischen Ausgaben vergleichen, da nicht nur das reine Grundregelwerk übersetzt wurde. Am ehesten kommt sie wohl an eine überarbeitete und aufgebohrte Explorer’s Edition heran. Prometheus Games hat sich nicht lumpen lassen und liefert den Savages da draußen ein 271 Seiten starkes Hardcover im Format B5 (17,6 cm x 25 cm). Dass es sich um eine vollgepackte und aufgebohrte Version handelt sieht man alleine schon an der Dicke des Buches. Selbst nach Abzug des Hardcovereinbandes bleibt das Buch dennoch fast 2 mal so breit wie die Explorer’s Edition. Zudem ist das Buch in den Ausmessungen noch knapp 2 cm höher und 1 cm breiter. Das Buch ist durchgehend farbig und Prometheus Games hat dem geneigten Leser noch ein integriertes Lesebändchen spendiert. Die Bindung war bei meinem Exemplar vorzüglich. Sie hat ohne Beanstandung direkt den Fronteinsatz auf einer Con sowie heftigstes durchblättern einiger interessierter Bekannter überstanden und sieht noch immer aus wie am ersten Tag.

Im inneren des Buches begegnet einem ein sandfarbener pergamentartiger Hintergrund, sowie ein umläufiger Rahmen in Lederoptik. Der Text ist im gesamten Buch zweispaltig gehalten. Fast jede Doppelseite wird durch mindestens eine Grafik aufgelockert, man findet also kaum die oftmals in Regelwerken vorherrschende Bleiwüste. Hilfreiche Tipps oder besondere Anmerkungen wurden in Pseudo-Schreibschrift in nach Notizzettel aussehenden Kästen verpackt, was sehr gut zur restlichen Aufmachung passt.

Die Qualität der Übersetzung ist ja immer ein sehr wichtiger Faktor bei Regelwerken. Diese ist bei der Gentleman’s Edition wirklich äußerst gelungen. Alles wurde sehr verständlich und stimmig übersetzt, manche Begriffe wurden auch einfach übernommen, da deren Übersetzung sicherlich nicht so einfach gewesen wäre, so z.B. „Wildcards“. Ein paar kleinere Zacken gibt es natürlich immer, so auch hier, so wurde beispielsweise „Pilot“ mit „Fluggeräte lenken“ übersetzt, statt einfach mit „fliegen“.

Das Buch ist in insgesamt 8 Kapitel unterteilt, begonnen wird mit der Charaktererschaffung, direkt im Anschluss kommen die Ausrüstungstabellen in Kapitel 2. Charaktere in Savage Worlds basieren, so wie in den meisten anderen Rollenspielen auch auf mehreren verschiedenen Werten, in diesem Fall Attributen, Fertigkeiten und Talenten sowie selbst wählbaren Handicaps. Attribute und Fertigkeiten besitzen hier jedoch keinen Wert wie beispielsweise Stärke 2. Stattdessen sind sowohl Attribute als auch Fertigkeiten direkt in Würfeln angegeben. So fängt ein Attribut immer mit W4 an und kann auf W6, W8, W10 oder gar W12 gesteigert werden. Selbiges gilt auch für Fertigkeiten. Die Besonderheit an Savage Worlds ist bei den Charakteren jedoch, dass der Schwerpunkt nicht wie bei vielen anderen Rollenspielen auf Attributen und Fertigkeiten liegt, sondern sich die Charaktere mehr über die verschiedensten Talente definieren. Die Fertigkeiten sind zum einen viel zu breit gefächert, und zum anderen auf Grund dessen auch nur in sehr geringer Anzahl vorhanden. Ewig lange Fertigkeitslisten sucht man hier vergebens. Will man sich also spezialisieren oder einen bestimmten Charaktertyp darstellen kommt es auf die richtige Auswahl der Talente an. Somit wird vermieden elendig viele EP auf Fertigkeiten zu verschwenden, die man dann so gut wie nie braucht. Die Charaktererschaffung geht getreu dem Motto „Fast! Furious! Fun!“ relativ flott vonstatten. Man verteilt einfach eine bestimmte Anzahl an Punkten auf Attribute und ebenso ein paar Punkte auf Fertigkeiten, wählt sich seine Talente und seine Nachteile aus, berechnet noch schnell die wenigen abgeleiteten Werte (wie etwa Parade und Robustheit) und der Charakter ist startklar. Den in Rollenspielen generell häufig umstrittenen Wert Charisma gibt es zwar auch, dieser beträgt aber bei jedem Charakter automatisch 0, sofern sich das nicht durch besondere Talente ändert. Talente sind zu vergleichen mit Feats bei D&D, es handelt sich dabei um Eigenheiten wie zum Beispiel Beidhändigkeit oder auch generelle Dinge wie „Dieb“, welche dem Charakter besondere Fähigkeiten oder Möglichkeiten oder einfach nur Boni auf bestimmte Proben ermöglichen. Anschließend kann man noch ein wenig in den Ausrüstungslisten in Kapitel 2 stöbern und schon kann es losgehen.

Kapitel 3 widmet sich den generellen Spielregeln während in Kapitel 4 auf Arkane Hintergründe und anschließend in Kapitel 5 auf Regeln für besondere Situationen eingegangen wird. Grundlegend sei noch zu erwähnen, das Savage Worlds bei der Wichtigkeit von Charakteren zwischen unwichtigen (sogenannten Extras) und wichtigen (sog. Wild Cards) Charakteren unterscheidet. Spielercharaktere sind immer Wild Cards, die meisten NSCs sind allerdings Extras. Wild Cards unterscheiden sich in einigen Punkten von Extras, so zum Beispiel darin dass sie drei statt wie Extras nur eine Wunde aushalten und auch darin, dass Wild Cards Wild Die beim Würfeln verwenden, Extras hingegen nicht. Das führt mich direkt zum nächsten Punkt, dem Würfeln. Grundsätzlich wird immer mit einem Würfel entsprechend dem Attribut oder der Fertigkeit gewürfelt. Hinzu kommt bei Wild Cards immer ein W6, der sogenannte Wild Die. Der Zielwert ist immer die 4, außer bei Angriffen, dort ist der Zielwert mit dem Paradewert des Gegners identisch. Bei einem Würfelwurf kann nun zwischen dem Ergebnis des Wild Die oder des normalen Würfels gewählt werden. Für jeweils 4 Punkte über dem notwendigen Ergebnis gibt es eine sogenannte Erhöhung. Diese bringt je nach Situation verschiedene Auswirkungen mit sich, als bestes Beispiel sei hier mehr Schaden im Angriff genannt. Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass mit explodierenden Würfeln gearbeitet wird, sprich fällt das höchstmögliche Ergebnis eines Würfels, darf dieser weiter gewürfelt werden und die Augenzahl wird auf den ersten Wurf hinzuaddiert.
Auch die Regelung für Initiative sticht bei Savage Worlds aus dem üblichen Bild heraus. Statt mit Würfeln wird hier mit Pokerkarten gearbeitet. Jeder Spieler sowie jedes Wild Card und jede Gruppe von Extras zieht hierbei eine Karte, die höchste Karte beginnt. Eine Sonderstellung hat hier der Joker, dessen Spieler nicht nur auswählen darf wann er ziehen möchte (auch als erstes), sondern auch noch einen Bonus auf seine Proben bekommt.
Bei den Regeln für besondere Situationen seien neben den Regeln für Fahrzeugkämpfe und berittenem Kampf vor allem die Massenkampfregeln erwähnt.

Das darauf folgende Kapitel Nr. 6 befasst sich mit den Besonderheiten der Spielleitung. Hier findet man die üblichen Hinweise wie man die Spielercharaktere zusammenbringt, NSCs erschafft und einsetzt oder auch wie man eine Kampagne aufbaut. Besonders hervorzuheben ist jedoch der Abschnitt über Settings. Es finden sich sowohl Hinweise darauf, welche Settings man wie umsetzen kann, als auch gezielte Hinweise wie man ein bereits bestehendes Setting zu Savage Worlds konvertiert. Dabei wird vor allem darauf abgezielt das Feeling dieses Settings einzufangen. Kapitel 7 bietet ausreichend Schurken & Monster um viel Spaß zu haben. Zum leichteren Einstieg gibt es mit „Die Gruft des Schreckens“ in Kapitel 8 noch ein Abenteuer, welches laut Kapiteleinleitung eigens Gary Gygax gewidmet wurde. Dem Abenteuer wurden bereits 5 vorgefertigte Charaktere beigefügt, jeweils mit eigenem ganzseitigem Charakterbild. Das Abenteuer selbst spielt in einer Fantasywelt, ist aber insoweit generisch gehalten, dass es problemlos in ziemlich jede gängige Fantasywelt integriert werden kann. Bei dem Abenteuer geht es um die düsteren Machenschaften eines Nekromanten, welcher die Stadt Socanth mit seinen Untoten malträtiert. Doch damit nicht genug, versucht der Nekromant auch noch selbst zu einem mächtigen Untoten zu werden. Der Aufbau des Abenteuers ist recht einfach, der Nekromant haust in der Kanalisation des Ortes und die Spielercharaktere müssen ihn unschädlich machen. Sehr kurzweilig, aber auch sehr linear. Das ist jedoch bei einem Anfängerabenteuer eher positiv zu bewerten. Anschließend folgen noch 5 Seiten Index sowie ein Charakterbogen.

Wie ich vorhin schon schrieb, ist die Gentleman’s Edition gut und gerne doppelt so dick wie das als Referenz herangezogene amerikanische Explorer’s Edition. Die Gründe hierfür sind allesamt nur positiv. Es wurden sämtliche Errata eingearbeitet, die Grundregeln sind also auf dem Stand der aktuellen amerikanischen Vorlage. Weiterhin wurden viele Abschnitte der amerikanischen „Revised Edition“ wieder eingearbeitet, die in Amerika beim Umstieg auf das kleinere Format der Explorer’s Edition weggelassen wurden. Dazu zählen unter anderem jede Menge Fahrzeuge sowie die Raumschiffe im Ausrüstungskapitel, als offensichtlichstes Merkmal jedoch die nichtmenschlichen Rassen. Als besonderes Schmankerl findet man in der deutschen Gentleman’s Edition als optionale Regeln alle Änderungen zwischen Revised Edtition und Explorer’s Edition. Dazu zählen zum Beispiel Regeln für Verfolgungsjagden sowie den Zustand „außer Gefecht“. Auch ein paar neue Talente haben Einzug gehalten, diese wurden ebenso wie die ein oder andere neue Kreatur aus den diversesten Ergänzungswerken direkt in das deutsche Grundregelwerk eingearbeitet.

Fazit:
Was soll ich sagen? Das mir vorliegende Regelwerk der Gentleman’s Edition hat mich restlos überzeugt. Es ist alles darin enthalten, was man zum losspielen braucht, die Aufmachung ist wunderschön, die Verarbeitung äußerst hochwertig. Das gewählte Format B5 ist eine äußerst gute Wahl seitens Prometheus Games, nicht nur dass man damit nahe an der Vorlage geblieben ist, sondern das Buch passt locker in jeden Rucksack oder eine kleinere Tasche, ist nicht schwer und behindert auch nicht. Damit ist es auch optimal geeignet um es zur auswärtigen Runde oder auf einen Con mitzunehmen. Was soll ich nocht sagen? Hm, vielleicht: Los KAUFEN! Die 25Euro ist das Buch WERT, also los, KAUFT!

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