Numenera, Teil I

Eine Rollenspiel-Rezension von Infernal Teddy

Eines der ersten richtig großen Erfolge im deutschsprachigen Raum, wenn es um Rollenspiel-Crowdfunding geht, war Numenera. Im englischsprachigen Original bereits schon sehr, sehr erfolgreich über Kickstarter finanziert worden, gelang es dem Uhrwerk Verlag und dem Team um Mháire Stritter das Spiel aus der Feder von Monte Cook auch für das deutsche Publikum zu finanzieren. Ich war zu diesem Zeitpunkt gerade auf das Spiel aufmerksam geworden, und wurde durch das Versprechen, Numenera als Box zu veröffentlichen, davon abgehalten, mir das Spiel im Original zu holen – wer hier schon länger mit liest weiß, dass ich eine Schwäche für Boxen habe. Da ich aus verschiedenen persönlichen Überzeugungen nicht an Crowdfundings teilnehme hatte ich mich dafür entschieden, einfach zu warten bis die Box im Handel erscheint… das war Januar 2015. Gut, es hat eine Weile gedauert, geholt habe ich mir die Box dann dieses Jahr im Herbst, aber es hat sich definitiv gelohnt. Wie gesagt, diese Rezension bespricht die erste Druckauflage der Box, welche in den Handel ging, und welche soweit ich weiß auch den Boxen entspricht, welche an die Backer gingen – die nachfolgenden Auflagen werden wohl keine Kartendecks oder Spielleiterschirm enthalten.

Katze dient nur als Maßstab und ist nicht in der Schachtel enthalten.

Katze dient nur als Maßstab und ist nicht in der Schachtel enthalten.

Die Box ist, wie man unserem Foto vielleicht entnehmen kann, nicht klein, aber sie ist dennoch sehr, sehr voll gepackt worden. Wenn man die Karten und den Spielleiterschirm extern lagert sollte noch ein Buch in die Schachtel passen, denke ich. Enthalten sind fünf Päckchen Karten, ein sehr stabiler Spielleiterschirm, die drei Hefte, welche das eigentliche Regelwerk ausmachen und eine Klebebindung erhalten haben, zwei weitere Hefte, welche getackert wurden, eine Posterkarte der bekannten Welt von Numenera im Format A1, und zehn farbige Charakterbögen. Alle Komponenten sind vollfarbig, und machen einen qualitativ hochwertigen Eindruck. Einziger Wermutstropfen an dieser Stelle ist die Klebebindung der drei Hefte, welche den Kern der Box ausmachen, diese knackt und knirscht, wenn man in den Heften blättert, so dass man sich fragen muss wie lange es dauert, bis man eine lose Blattsammlung in Händen hat. Schade, man sollte meinen das es möglich gewesen wäre, eine bessere Bindung zu bekommen. Das Layout der einzelnen Komponenten ist sehr hochwertig, und man merkt das Monte Cook hier weiter auf die Ideen aufsetzt, die er schon in Ptolus eingesetzt hat, und sie konsequent weiterentwickelt hat. Jedes der Hefte hat einen Rand für Querverweise, so das Begriffe, welche im Text auftauchen, nochmal hervorgehoben werden und auf die Seite verwiesen wird, wo man als Leser mehr zu diesem Begriff erfährt. Auf ähnlich hohem Niveau wie das Layout bewegen sich auch die Illustrationen, welche dazu betragen, dem Spieler das Gefühl zu vermitteln, in eine lebende Welt einzutauchen. Am besten, wir tauchen direkt in den Inhalt der Box ein.

Den Anfang macht das erste Buch, Die Regeln. Dieses ist 144 Seiten lang, und wird wie bereits schon erwähnt von einer Klebebindung zusammengehalten. Beim Inhaltsverzeichnis fällt de20161107_131054m Leser bereits eine sehr gute Idee auf – jedes der drei Hefte, welche das eigentliche Grundregelwerk ausmachen, ist das komplette Inhaltsverzeichnis enthalten, und alle Seitenangaben beginnen je nach Heft mit A, B, oder C, so dass man immer sehr schnell herausfinden kann, in welchem der Hefte man blättern soll. Das Buch eröffnet mit einem kurzen „Warum mache ich das hier?“ von Monte Cook, und einer kurzen Geschichte, welche zwar etwas von der Stimmung des Spiel zu portieren versucht, aber Hand aufs Herz – wer die Geschichte überspringt hat definitiv nichts verpasst. Das erste echte Kapitel bietet eine extrem kurze Übersicht darüber, in was für eine Welt Numenera angesiedelt ist. Acht unglaublich große und mächtige Zivilisationen oder „Welten“ sind zwischen uns und der Gegenwart des Spiels gekommen und verblichen, und die Charaktere leben am Anfang einer neuen, der neunten „Welt“, umgeben von den Trümmern der acht Vorhergegangenen. Danach wendet sich das Buch den eigentlichen Spielregeln zu. Die allermeisten Proben bei Numenera werden über einen w20 abgehandelt. Der Spielleiter gibt dabei eine Schwierigkeit vor, welche den Zielwert definiert, den es zu unterwürfeln gilt. Wenn also die Spielleiterin eine Schwierigkeit von Vier vorgibt, muss mit dem w20 ein Zielwert von 12 oder höher erreicht werden. Wenn der Charakter eine passende Fertigkeit besitzt oder gar eine Spezialisierung, so wird dadurch die Schwierigkeit – und damit der Zielwert –  um einen oder gar um zwei Punkte reduziert, so das aus der 4 (12) eine 3 (9) oder eine 2 (6) werden. Das Besondere daran ist, das der Spielleiter zu keinem Zeitpunkt selbst würfelt – alle Proben werden von den Spielern gewürfelt, und gegen statische Werte die der Spielleiter vorgibt verglichen. So würde ein Angriff gegen ein Monster gegen dessen Verteidigungswert gewürfelt werden, während man es mit einer Probe gegen den Angriffswert abwehren würde. Ein ebenfalls interessanter Mechanismus sind die Umsetzung von Erfahrungspunkte im Cypher-System, dem Regelwerk dem das Spiel zugrunde liegt. Ähnlich wie Fate-Punkte im gleichnamigen System lebt das Spiel von einem schnellen hin und her der Erfahrungspunkte, welche nicht ausschließlich für die Charakterentwicklung eingesetzt werden – ähnlich wie der Spielleiter bei Fate einem Spieler Fatepunkte geben kann, dafür das er einen Aspekt des Charakters „reizt“, kann der Spielleiter bei Numenera einem Spieler zwei Erfahrungspunkte anbieten, um dafür der Szene eine Komplikation hinzuzufügen, welche sich auf den Charakter auswirkt. Nimmt der Spieler an, so bekommt er zwei XP, von denen er einen an einen beliebigen anderen Spieler weiterreicht. Ist ihm das nicht recht, so muss er seinerseits XP aufwenden, um den Eingriff abzuwenden. Nach der Charaktererschaffung (Welche wir HIER schon besprochen haben) geht es an die eigentlichen Spielregeln. Den Kernmechanismus hatten wir bereits angesprochen, die hier besprochenen Regeln sind nur spezifische Anwendungen dieses Mechanismus. So wird auch bei einem Kampf nur von den Spielern gewürfelt, und mit den Werten verglichen, welche vom Spielleiter vorgegeben werden. Ein Großteil dessen, was in diesem Kapitel erklärt werden sind nur besonderen Anwendungen oder situationsspezifische Umstände. Ebenfalls in den Spielregeln erklärt werden Erfahrungspunkte und die Steigerungsmechanismen – Das Cyphersystem nutzt Charakterstufen, und um eine weitere Stufe zu erlangen muss man eine bestimmte Menge Steigerungen erlangt haben. Das letzte Kapitel enthält dann eine Sammlung von optionalen Sonderregeln, zu denen auch Optionen für alternative Charakteridividualisierung und nichtmenschliche Charaktere und Mutanten gehören. Abgeschlossen wird das Heft durch einige Doppelseiten mit Illustrationen aus den Promotionsmaterialien des ursprünglichen Kickstarters.

Mein erster Eindruck ist schon mal positiv, das Cyphersystem scheint tatsächlich recht schnell von der Hand zu gehen und leicht zu merken sein, aber das System ist ja nur ein Teil dessen, was Numenera ausmacht. Da wir aber schon eine gewisse Länge bei dieser Rezension erreicht haben, unterbrechen wir an dieser Stelle die Besprechung, und machen demnächst mit dem zweiten Heft der Box weiter, Die Welt. Bis bald!

Infernal Teddys Infinite Playlist: Shock the Monkey – Peter Gabriel

2 Kommentare zu Numenera, Teil I

  1. Schöner Artikel, aber ein kleiner Regelfehler ist mir aufgefallen ;)

    Fertigkeiten bzw. Spezialisierungen reduzieren nicht den Zielwert des W20 Wurfs um 1 oder 2, sondern den Schwierigkeitsgrad. Aus einem SG von 4 (Zielwert 12) wird eine 3 (Zielwert 9) bzw. eine 2 (Zielwert 3).

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