Jenseits des Weltuntergangs
Der Zerbrochene Stern 4/6
Die Jagd nach dem McGuffyn geht weiter, wie man so schön sagt. Bislang hatten wir ja bereits Die Scherben der Sünde, Im Schatten der grauen Jungfer und Der Asylstein aus dem „Der zerbrochenen Stern“-Abenteuerpfad durch genommen und dabei unterschiedliche Sichtweisen auf das Ganze dabei gehabt.
Bevor ich hierbei jetzt in irgendeiner Weise mit Infernal Teddy zu streiten Anfange, halte ich einen bestimmten Punkt erst einmal fest, der definitiv das große Merkmal dieses Pfades in erster Linie ist: Der zerbrochene Stern ist ein reiner Dungeoncrawler im allerklassischten Sinne: Die Monster sind weniger im Sinne von passenden Kontexten ausgewählt, als vielmehr im Sinne einer möglichst bunten, heterogenen Mix zu präsentieren, der eventuell mehr die Liebe zu den Monsterhandbüchern ausdrücken will, als eine präzisen Guss von zusammenhängen anzusehen.
Das trifft jetzt auch wieder auf den Band Jenseits des Weltuntergangs zu, der mir hier in PDF-Version vorliegt. Wir wissen ja bereits, das der zerbrochene Stern hierbei eine Ansammlung von Splittern eines Artefakts ist, das jeweils eine spezielle Todsünde unseres Kulturkreises wiedergibt. Und da die Todsünden ein religiöses Thema sind, geht (lustigerweise) in diesem Band tatsächlich um einen religiösen Ort: Zentrum der gesamten Handlung ist eine Klostergemeinschaft, respektive, was von dieser übrig geblieben ist. Dieses Kloster war dabei ein Zusammenschluss sämtlicher Religionen Golarions (sofern sie sich dazu durchringen konnten an diesen Ort einen Vertreter zu schicken), die friedlicher Koexistenz zueinander lebten.
Aufhänger des Ganzen ist dabei die Rückkehr eines ehemaligen Mitgliedes dieser Gemeinschaft an seinen ehemaligen Wirkungsort, den der entsprechende Elf vor einhundert Jahren verlassen hatte, nachdem er die Vorsitzende Äbtin in einem Anfall von geistiger Umnachtung erschlug, im Exil auf einen speziellen Dämonenkult traf und dabei mit der Scherbe des Neides.
Jetzt will er das Kloster übernehmen und verfällt dabei einem zusätzlichen Faktor der Versuchung, der sich innerhalb der Kathakomben des Klosters verbirgt: Einer Apokalypsenpforte. (Was übrigens dann auch das Titelbild in dieses Bandes darstellt: Den Schlimmsten anzunehmenden Unfall, den eine solche Pforte auslösen kann: das sie sich öffnet, und ihre Form der Apokalypse auf die Welt aus lässt.
Das alles findet man auf dem Gelände der bereits erwähnten Klosterruine, das derzeit ein hübscher Tummelplatz für allerlei Kreaturen wie Mumien, entsprechend dazugehörige Gruftkönige, Rotkappen und sonstigen Dämonen und Monstern. Wie bereits gesagt: Das alles ist ein bunter, wenn auch nicht unbedingt konsistent wirkender Mix, der vermutlich die bereits weiter oben vermutete Liebeserklärung an die Monsterhandbücher ist.
Dazu stehen wie immer gesondert die wichtigsten NSCs und die im Abenteuer vorkommenden Gegenstände in einem gesonderten Eintrag vorhanden.
Wichtig sind aber erst die darauf folgenden Kapitel, was die Frage nach einem „nach diesem Band“ anbelangt:
Einen gesonderten Blick kann man nämlich durchaus auf das Kapitel „Vor dem Sündenfall“ werfen, wo die Qilophs vorgestellt werden. Diese Wesen stammen aus einer Zeit vor jeglicher Ordnung. Es handelt sich hierbei in gewisser Weise um eine Art apokalyptische Brut, die sowohl den Anfang jeglicher Zeit darstellt, als auch scheinbar gerne das Ende sein würde. (Und um den Aufschrei zu vermeiden: Dieses Kapitel ergänzt den Eintrag aus dem Monsterhandbuch II. Man braucht also beide Bücher um die Viecher vollständig zu haben. ;) )
Groetus ist hingegen das Kapitel rund um das Thema Religionen. Um genau zu sein: Hiermit wird im Grunde die Apokalypse-Sekte Golarions speziell Thematisiert. Groetus ist ein Gott, dessen genauer Ursprung und Werdegang nicht bekannt ist. Und scheinbar handelt der Gott auch aus dem Verborgenen heraus, ohne größere Organisationen dabei zu Erstellen. Alle seien Priester sind Wahnsinnig und Verfolgen letzten Endes nur ein Ziel: Das unausweichliche zu Erwarten, ohne es Aufhalten zu wollen.
Das alles wird mit entsprechenden Informationen über das rituelle Leben der einzelnen Gläubigen des Groetus, sowie deren Fähigkeiten (Sprich: Zauber) und Beziehungen zu anderen Religionen erläutert.
Die Kurzgeschichte ist eine weitere Fortsetzung der Ereignisse, die schon in den letzten Bänden Angefangen wurde. Ob es sich lohnt, diese zu verfolgen, sollte jetzt mittlerweile wirklich jeder für sich entschieden haben. Da das dabei hier nur noch in Spoilern abzuhandeln wäre, kann ich nicht viel mehr dazu sagen.
Und natürlich wäre ein Abenteuerpfad-Band nichts ohne das Bestiarium, wo der Monsterkatalog wieder mal um ein paar hübsche Aspekte ergänzt wird.
Diesmal mit dabei sind:
Die Cephalophore: Eine Statue, die ihren Kopf in Händen hält. Es handelt sich hierbei um Konstrukt-Wächter von Tempelanlagen.
Kyton Ostiarius: Ein Ostiarius ist ein Höllengeschöpf. Um genau zu sein: Er ist ein Wächter von Pforten zur Unterwelt. Und er hat die Aufgabe, menschliche Wesen zu korrumpieren, so das sie zuerst ihre Artgenossen mit den Ideen der Ostiarii verführen und dann in der immer währenden Dunkelheit des „Reichs der Schatten“ endgültig zu Opfern der kythonischen Lebensformen werden. (Und ja: Wenn man sich die Illustration des Biestes ansieht, sieht das Ganze sehr stark danach aus, als währe es von der Verfilmung von Clive Bakers Hellraiser inspiriert.)
Der Quilloph Gongoriner ist dem Kapitel über die Quilophen anscheinend geschuldet hier ebenfalls vertreten: Ein weiterer Quilloph, der ein wenig was von einer tentakelbewaffneten Krabbe hat.
Seelenbegleiter Ker: Hier haben wir eine Art Friedhofswächterin. Es ist ein Externar, der sich als schwarzgekleidete, verschleierte Frau präsentiert. Keres beschützen abgelegene Friedhöfe in der Nacht vor den Übergriffen von Grabschändern.
Die Stimme des Weltenendes erinnert ein wenig an einen Mönch, der mit einem Morgenstern ausgerüstet ist. Auch hier handelt es sich um eine Verschuldung der Thematik des Bandes: Anders als der Quilloph handelt es sich hierbei aber um eine Kreatur des Gottes Groetus. Um genau zu sein: Es ist ein Herold eben jenes.
Den Abschluss bildet dann noch – wie so oft – die entsprechende Battlemap der wichtigsten Orte in diesem Abenteuer. Diesmal handelt es sich ausschließlich um die Battlemap des Klosters, über das sich die Gruppe fortbewegen kann.
Den Abschluss mache ich diesmal deswegen mit meinem Lieblingsthema, der optischen Aufmachung des ganzen, weil ich hiermit tatsächlich ein kleines Problem habe: Die übliche Foliantästehthik der normalen Buchseiten von Pathfinder ist wie üblich Standard. Gut gemacht und deswegen nicht zu bemeckern. Das Problem hingegen sind diesmal wirklich die Illustrationen: Ich habe bei diesem Band wirklich sehr lange und mehrfach mir die Dinger angesehen, nachdem mir irgendwann etwas spanisch vor kam. Und leider muss ich hier etwas eindeutig festhalten: Die Zeichenstile sind in diesem Band dermaßen unterschiedlich, dass es bricht. Wir kennen diesen typischen Pathfinder-Stil, der sich irgendwo zwischen dem malerischen Strichen eines Pinsels bewegt und der sehr detaillierten Verliebtheit der zeichnerischen Linie. In den anderen Bänden, die ich bislang zu Pathfinder in der Hand hatte war all dieses immer bandmäßig so ausgewählt, dass die entsprechenden Illustratoren irgendwie zusammenpassten und das Endergebnis wie aus einem Guss wirkte. Hier kommt in ein paar Bildern eine neue Varianz hinzu, die das Auge stört: Es ist zwar immer noch eine Pathfinder-Illustration, das will ich nicht bestreiten. Aber sie wirken in diesem Fall eher dem Comic-Bereich entsprungen, als Tatsächlich dem Pathfinder-Chick. Lustigerweise muss man dabei hinzufügen, das es sich dabei fast ausschließlich um die Bilder von Quilophen handelt, welche eine solche karrikarturenhafte Wirkung auf den Betrachter haben.
Fazit
Ich will nicht vollständig meine Vorschusslorbeeren aus der ersten Rezension zu diesem Abenteuerpfad zurückziehen. Ich habe bereits am Anfang dieser Rezension gesagt, wo ich diese Abenteuer mittlerweile Einordne. Und Grundsätzlich trifft das mal wieder auch auf dieses Abenteuer zu: Es handelt sich um einen kunterbunten Dungeoncrawl. Unter diesen Bedingungen ist er auch eindeutig gut gemacht.
Und vor allen Dingen ist der Aufmacher in diesem Bereich wesentlich überzeugender Aufgemacht, als es scheinbar in den Vorrausgegangenen beiden Bänden der Fall war. (Ich würde sogar soweit gehen: Hier haben wir selbst ohne den Aufhänger des McGuffin ein Abenteuer, das eindeutig für sich funktionieren kann, weil die Motivation des Korrumpierten Hauptanthagonisten der Handlung durchaus überzeugen kann.)
Das Problem allerdings ist halt trotzdem das kunterbunt im Mix: Wie ich schon sagte wirken die einzelnen aufgegriffenen Kreaturen als zu willkürlich ausgewählt, so als hätte hier ein Fan der Monsterhandbücher sich nicht an den Wahlspruch „weniger ist mehr“ halten wollen und zusätzlich zu den bereits erwarteten Dämonenhorden auch noch unbedingt die Brüder Grimm und Aliens einbauen wollen. (Bitte dieses Bild im übertragenen Sinn verstehen. Es kommen keine fliegenden Untertassen vor.)
Wer sich also in dem Bereich noch einmal Gedanken machen will, was die Monsterauswahl anbelangt, findet hier trotzdem ein brauchbares Abenteuer. Wer allerdings auch nur auf fröhliches Monstermetzeln im Dungeon steht, findet hier seine Freude. Und das sind auch eindeutig die beiden Hauptgruppen als Zielpublikum dabei.
Wer sich aber nicht in diesem Zielpublikum bewegt sollte sich Gedanken zu dem Ganzen machen, ob es ihm wirklich zusagt. Schlecht ist das Abenteuer, aber wie gesagt nicht, es gibt nur ein paar Kritikpunkte, die es noch ein wenig runder hätten machen können.
Und wie gesagt: Im Ästhetischen Sinne ist dieser Band beinahe ein Tiefschlag, was aber jetzt vermutlich jammern auf hohem Niveau ist. Das zeigt aber auch, dass man von der Stilikone Pathfinder nicht nur perfekte Bilderkathaloge erwarten kann. (Und das sollte man eventuell wieder als besondere Qualität im Hinterkopf bewahren.)
Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.
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