Jennifer Government
Ein Roman von Max Barry
Okay.. ihr kennt doch alle diese Bonusprogramme oder? Wo sie im Laden an der Kasse immer fragen ob man nicht die xy Karte hat? Und jetzt nehmt diese Bonusprogramme und macht sie gedanklich größer… so große, dass eigentlich jeder Konzern, der etwas auf sich hält mit drin ist. Und dann macht ihr zwei Bonusprogramme draus, die natürlich jeweils in Konkurrenz befindliche Firmen enthalten. Außerdem nehmt noch die Steuern weg, und reduziert den Staat als Entscheidungsgewalt, sowie erhöht die Identifikation mit seinem Arbeitgeber (Schule, Uni) soweit, dass man den Namen der Firma als Nachnamen annimmt. Dann habt ihr etwa das Setup für dieses Gedankenexperiment in Form eines Romans.
Es beginnt ganz harmlos. Mit dem Angebot zweier Personen aus der Marketingabteilung von Nike an Hack, einen Mann aus der Merchandising Abteilung, der zufällig in eine andere Etage läuft um Wasser zu holen. Nachdem er den Vertrag unterschrieben hat, stellt er fest, dass es wohl nicht so ein tolles Angebot ist, denn er soll rund 15 Teenager abknallen, die die neuen Schuhe von Nike – welche bis zu dem Zeitpunkt künstlich knapp gehalten wurden – kaufen. Nicht wirklich glücklich erklärt er die Situation seiner Lebensgefährtin – arbeitslose Hackerin, die an einem Programm arbeitet – welche darauf hin vorschlägt doch einfach zur Polizei zu gehen. Die ihm anbietet doch den Job an seiner statt zu machen. Was wiederum seine beiden Auftraggeber weniger gut finden, da die Polizei selber auch nochmals outsourcing betrieben hat und die NRA das hat machen lassen. Parallel dazu wird die Geschichte von Buy, einem nicht besonders erfolgreichem Broker, Jennifer, die Agentin des Government ist und mit dem oben genannten Auftraggeber noch ein Hühnchen zu rupfen hat, John – eben jenem Auftraggeber – und Billy, der eigentlich bloß Ski fahren wollte, erzählt. Und eben jene Personen treffen immer wieder in teils bizzaren Situationen aufeinander und versuchen eigentlich zu Großteil entweder zu überleben oder den größten Gewinn aus der Sache zu ziehen. Und was genau die Sache ist.. ja.. das müsst ihr schon selbst herausfinden. Denn die Marketingstrategie einfach die Käufer von Schuhen zu erschießen war nur der Anfang.
Okay, ja.. das klingt alles ziemlich wirr und ein wenig ist es das auch. Zwischen den handelnden Personen wird sehr häufig hin und her gesprungen und oftmals steht man vor dem Problem nicht mehr ganz genau zu wissen wer denn jetzt wer gewesen ist und was in der Sache gemacht hat. Hier hätte mit Sicherheit ein kleines Personenverzeichnis nicht geschadet. Wenn man da aber einmal durchgestiegen ist bekommt man eine wirklich erstaunliche Fähigkeit des Autors mit: Nämlich scheinbar unabhängige Ereignisse immer wieder zu verknüpfen. So sind am Anfang eigentlich die meisten Hauptfiguren in ihre eigenen Geschichten verwickelt, treffen aber nach und nach immer wieder aus – und das ist das besondere – völlig nachvollziehbaren und dennoch absurden Gründen. In der Regel hat man davon nämlich maximal eines von beiden. Entweder es passt alles zusammen (plattes Beispiel: Sie sitzen halt alle in einem Flugzeug) oder es ist wahnsinnig absurd (plattes Beispiel: alle werden zufällig von Aliens entführt), aber dieser Autor bekommt beides gleichzeitig hin. Hier wird jetzt kein Beispiel genannt, das würde die Spannung vorweg nehmen, aber es fügt sich am Ende alles wunderbar zusammen.
Zusätzlich bekommt man als Leser noch eine sehr interessante „What if?“ Welt präsentiert mit einigen sehr diskussionswürdigen Ansichten zum Thema Freiheit. Bestes Beispiel wohl der Vortrag einer Schülerin, die meint, dass man doch Arbeitslosen kein Geld abgeben sollte (per Steuern), weil man ja faulen Mitschülern von seiner eigenen guten Note doch nun auch nichts abgeben würde.
Fazit
Dieses Buch ist für zweierlei Lesergruppen geeignet. Zum einen jene, die einfach gerne so eine Zukunftsvisionsgeschichte lesen mögen – denn die ist eben wirklich interessant gestaltet. Zum zweiten jene, die Interesse an guter Plotführung haben. Den das sieht man hier praktisch par Excellence.
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