I steht für Identifikation

Buchstabensalat mit Caninus

Identifikation – also der Vorgang sich in einen anderen Menschen einzufühlen, ist in unserem Hobby ein wichtiger Bestandteil. Zumindest für manche Spielertypen. Und doch ist es dieses was den Rollenspielern immer wieder gerne den Ruf einbringt doch total verrückt zu sein und mit seinem Charakter etwas kompensieren zu wollen, da man mit dem ja viel besser, cooler und schlauer sein kann. Was also bringt das ganze mit sich? Welche Vorteile und Nachteile hat das ganze?

Wie gesagt, es spricht nur bestimmte Spielertypen an, die eben in ihrem Charakter gerne mehr sehen möchten als die Punkte auf dem Charakterblatt.  [Natürlich gibt es auch solche Spieler – ich gehöre jetzt nicht dazu und habe, da das einer der Sachen ist, bei denen man im Grunde nicht zusammen kommt, auch noch nie solche Spieler erlebt, aber es soll sie ja geben, die Spieler, die Rollenspiel wie Mensch-ärger-dich-nicht spielen und da wird ja auch keiner sagen, dass er sich jetzt traurig fühlt, weil seine Figur aus dem Spiel geworfen wurde… solche Spieler mein ich also nicht.]

Die Vorteile, die eine solche Identifikation mit sich bringen liegen im Grunde klar auf der Hand. Sie erlauben es nämlich tatsächlich für eine gewisse Zeit jemand anderes zu sein und nicht über die Sorgen und Problem des Spielers nachdenken zu müssen, sondern eben darum wie man jetzt die Prinzessin erschlägt um den Drachen zu retten. Und entgegen besagter landläufiger Meinung ist das beileibe nichts negatives oder gar seltenes, denn Menschen machen das natürlich auch bei anderen Sachen, wie etwa einer Fernsehserie, einem Kinofilm oder auch einem guten Buch. Das ganze verdanken wir biologisch sogenannten Spiegelneuronen, die ein beobachtetes Verhalten/ eine Emotion auf uns selbst übertragen und ein essentieller Bestandteil eines hoch entwickelten, sozial lebenden Säugetiers sind (wenn man sich ein bisschen in den anderen hinein versetzen kann, entsteht nämlich weniger Streit in der Gruppe). Der zweite direkt darauf folgende Vorteil ist natürlich, dass der Spielleiter in der Lage ist durch solche Identifikation weitaus bessere Geschichten auf zu bauen (ihr merkt schon, dass bedingt sich gegenseitig). Denn wer wirklich mit seinem Charakter fühlt, der hat ein sehr viel stärkeres Interesse die verschollene Tochter wieder zu finden – und macht es daher dem Spielleiter einfacher den Plot zu gestalten, weil er weiß, dass dem so ist.

Alles in allem klingt das ja also recht gut, diese Sache mit der Identifikation. Aber das ganze hat einen Haken…

Wenn man sich nämlich in diesen anderen Charakter mit Schwert oder Laserpistole hinein versetzt und empfindet wie dieser, dann.. ja dann ist das toll solange es gut läuft und man irgendwo noch Licht am Horizont sehen kann. Sobald das aber nicht mehr der Fall ist, kommt man in Probleme. Denn auch die negativen Gefühle der erdachten Figur sind natürlich vorhanden und können das Verhalten des Spielers beeinflussen. So kann es durchaus – und vor allem völlig ohne Absicht – dazu kommen, dass sich zwei Spieler nicht leiden können, da dies ihre Charaktere nicht können und man sich nur als Charakter kennt. Hier muss ich nochmal etwas trennen zwischen PnP und LARP, da bei erstem die Bindung weniger stark ausgeprägt ist als bei zweitem (denn wer nicht nur erzählt was er tut, sondern auch geht, steht und gekleidet ist wie er, “verfällt” natürlich viel eher in den Charakter). Besonders in sozialen, antagonistischen Spielen wie etwa Vampire tritt dieses Problem auf. Und gerade da habe ich in meinen nun über 11 Jahren Vampire Live SL schon so manches Mal gesehen, dass jemand der felsenfesten Überzeugung war, dass ein anderer Spieler etwas gegen einen hätte – weil der Charakter etwas gegen den Charakter des anderen getan oder gesagt hat.

Übrigens ist das nichts wo man den beteiligten Spielern direkt einen Vorwurf machen sollte, denn das ist eine ganz natürliche Sache, die nicht absichtlich passiert (Spiegelneuronen und so), sondern in der Regel unterbewusst und sich dann natürlich auch gerne hoch schaukelt. Da muss man dann sehr auf passen, aber in 9 von 10 Fällen endet sowas damit, dass Spieler keine Lust mehr haben.

Das Thema Identifikation ist als sehr zweischneidig und solltet ihr Spielleiter sein, dann gebt ein bisschen darauf acht, dass die Spieler nicht durch ihre Charaktere in Streit geraten, denn dann habt ihr den Bonus eine tolle Geschichte zusammen zu erleben. Und bitte Spieler, fragt euch ab und an woher bestimmte Gefühle und Ideen kommen…

1 Kommentar zu I steht für Identifikation

  1. Guter Artikel – werde ich verlinken, wenn ich demnächst mal über player stances schreibe.

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