Fünf Gründe für Requiem

Ein Friday Five von Caninus

Wie ihr vielleicht gesehen habt, hatten wir gestern einen Artikel über eine Vampire Live Gruppe, die seit einiger Zeit schon Requiem spielt. Ich habe mich bevor der Artikel gepostet wurde ausführlich mit den Spielern da unterhalten, gerade in Bezug auf die Probleme, die es so mit sich bringt, wenn man Requiem statt Maskerade spielt. Das wollen nämlich nach wie vor noch sehr wenige und sind – oft unreflektiert – der Meinung, dass nWod Vampire ist grundsätzlich Mist. Um dem vielleicht ein bisschen vorzubeugen gibt es den heutigen Artikel über meine fünf Gründe für Requiem. Das heißt natürlich nicht, dass deswegen Maskerade Mist ist. Es sind einfach zwei unterschiedliche Spiele, die eben beide ihren Reiz haben und man sollte Requiem, gerade im Kontext der Änderungen durch die God Machine eine Chance geben.

1. Anderer Fokus

Der erste und wohl auffälligste Unterschied ist der Fokus des Spiels. Oh, die eigentliche Intention bei beiden Spielen ist durchaus primär dieselbe (zumindest wenn man sich die erste Edition von Maskerade vornimmt), nämlich der persönliche Horror, aber die Entwickler haben natürlich aus der langen Zeit und den inzwischen ja dreieinhalb Auflagen des Spiels gelernt und eingesehen, dass die Idee zwar da war, die Regelmechanismen und das Umfeld des Spiels dies aber nicht gefördert haben. Was ja viele (Ex) Spieler von Maskerade immer gerne belächeln ist das „Vampir-mit-Superkräften“ Spiel, welches manch anderer dort betreibt und wenn man sich die Regeln anschaut, dann ist es auch etwas, dass man wirklich sehr leicht hinein interpretieren kann. Im Gegensatz zu Requiem. Natürlich kann man da auch so einen Charakter spielen – man kann ja erst einmal so ziemlich alles in jedem System spielen – aber die Regelmechanismen unterstützen das nicht wirklich. Diese sind tatsächlich darauf ausgelegt den Charakter eher mehr in die Abgründe zu führen als einen strahlenden Helden zu erschaffen. Aber: So eine Art Spiel muss man natürlich mögen. Und dank der 2.0 Version gibt es jetzt auch endlich sinnvolle Nachteile für Charaktere, die das nochmal mehr betonen (über die Nachteile der 1.0 verlieren wir hier mal besser kein Wort)

2. Bessere Archetypen

Archetypen. Klischees. Eine sehr, sehr wichtige Sache im Rollenspiel. Denn so kann man mit wenigen Worten direkt ein Bild in den Köpfen der Spieler erzeugen, und hat gleich alle in einer Szene und nicht jeden mit seiner eigenen Vorstellung (denn wer kennt sie nicht, diese Situationen bei denen dann plötzlich festgestellt wird, dass jeder eine ganz andere Vorstellung von der Szenerie hatte?). Aber auch für die Spieler selbst sind solche Klischees wichtig. Nicht nur um zu wissen was man wo machen sollte, sondern vor allem um bewusst an bestimmten Stellen damit zu brechen und so einen lebendigen Charakter zu erzeugen. Was hat aber jetzt Requiem mit besseren Archetypen zu tun? Nun, erst einmal sind in Requiem ja nur 5 Clans (ja, ich weiß es gibt Blutlinen, theoretisch noch und nöcher, aber die zählen hier nicht) vorhanden und nicht 13 wie in Maskerade (in dem es ja ebenfalls noch unzählige Blutlinen gibt..). Das verringert die Bandbreite schon mal enorm. Und dann sind da noch die verschiedenen Vampirbilder in der Gesellschaft, die sich zwar weiterentwickeln (und auch mal neue dazu kommen.. glitzernder weise) aber dennoch recht fest verankert sind. Jeder kann sich wohl etwas vorstellen, wenn man „Dracula“ sagt. Oder „Lost Boys“. Und diese Vorstellungen sind bei Requiem viel stärker in die Charakteristika eingeflossen, als das bei Maskerade der Fall war. Das macht es letztlich einfacher zu spielen.

3. Die Sache mit dem Einfluss

Spieler außerhalb von Maskerade haben im wieder belächelt wenn dann mal ein Maskerade-Spieler davon berichtete wie cool er doch jetzt der höchste Chef beim Multikonzern Dr.Oetker geworden ist und was er nicht sonst noch alles in der sterblichen Welt anfangen kann. Maskerade – und dieses Mal ist es tatsächlich etwas, das auch von den Romanen und Hintergründen vor gelebt und nicht nur primär durch die Spieler gemacht ist – hat einfach als Hintergrund, dass die Vampire dort die Welt beherrschen. Sie sitzen in allen wichtigen Aufsichtsräten und entscheiden darüber wie die Welt tickt. Das kann zwar nett sein – gerade wenn man wirklich Richtung „Mächtiger Vampir gegen mächtigen Vampir“ gehen möchte, wird aber auf Dauer sehr anstrengend und dann irgendwann auch merkwürdig, wenn zwar der Prinz die Ansiedlung einer riesen Firma klar macht, aber den simplen Maskeradebruch nicht aus der Zeitung halten kann. In Requiem ist das alles eine Stufe zurück geschraubt worden. Natürlich gibt es immer noch Einflüsse in der sterblichen Welt. Ganz ohne wäre ja auch merkwürdig. Aber es bewegt sich mehr auf einem Niveau, welches etwa in Moonlight ganz gut dargestellt ist. Man erfährt von Sachen, kann sie zum Teil unterbinden, ist aber eben nicht der Chef im Hintergrund.

4. Das Alter

Beständige Leser dieses Blogs haben hier vor einiger Zeit einen Artikel meinerseits über das Alters/Status Problem in Maskerade, gerade in Bezug auf Live Runden lesen können. Kurze Zusammenfassung: In Maskerade kommt es zu einer fürchterlichen Vermischung von Alter und Status, so dass automatisch ältere Charakter angesehener sind als jüngere, egal welchen Eindruck sie gerade machen, bzw. in den letzten Monaten auf die restliche Bevölkerung gemacht haben. Das das völliger Unsinn ist, brauch ich hier hoffentlich keinem zu erzählen. Es ist leider trotzdem in den Köpfen der Spieler drin und hat sich dort fest gesaugt wie ein Blutegel, der einfach nicht loslassen möchte. Bei Requiem hingegen sind Alter und Status auf eine Art und Weise entkoppelt, die das Ganze Problem erst gar nicht auftauchen lassen. Da gibt es nämlich einfach einen zusätzlichen Wert, der sagt wie „mächtig“ ein Vampir ist. Und „mächtig“ führt dort auch eher zu „ohgottogotto.. ich muss hier weg“ Eindrücken, denn zu dem „oh, da hinten hat ein Typ den Raum betreten, der sagt, er ist 300 Jahre alt. Jetzt muss ich definitiv alles machen was der sagt.“ Denn „mächtige“ Vampire essen unter Umständen weniger „mächtige“. Natürlich korrelieren in beiden Spielen nach wie vor Alter und Status stark positiv miteinander, einfach da durch eine gewisse Anzahl an Jahren auch eine Erfahrung und Beziehungen kommen, die dazu führen, dass man angesehener ist. Aber es muss eben nicht so sein.

5. Tagwandeln – zu gewissen Anteilen

Dies ist eine Neuerung durch die 2.0. Vampire mit entsprechend hoher Menschlichkeit (die jetzt ja auch neu geregelt ist) können eine gewisse Zeit auch vor Sonnenuntergang und nach Sonnenaufgang aktiv sein ohne gleich jede Runde würfeln zu müssen und eben sogar draußen herum laufen. Natürlich nicht direkt am Tag in hellstem Sonnenschein. So weit geht es dann (glücklicherweise) nicht. Aber eben ein bisschen. Und das macht dann das Spiel doch erst richtig interessant, oder?

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