Freebooter’s Fate

Ein Piraten-Skirmischer aus deutschen Landen

Ahoi, ye lilly-livered landlubbers! It be Capt’n Tabletop Guy! Talk-like-a-Pirate-Day mag vorbei sein, aber meine Crew hat mir da was nettes von der SPIEL mitgebracht, genau das richtige für solche möchtegern Piraten wie Euch: Freebooter’s Fate. Und weil Capt’n Tabletop Guy weiß das ihr alle irgendwann große böse Piratenkapitäne werden wollt (Außer dem Teddy, der wird höchstens mal worst mate…) stellt er Euch jetzt dieses Tabletop aus deutschen Landen mal vor, beim Jolly Rodger!

Das Regelbuch von Freebooter’s Fate (Ein Zusatz auf dem Cover bezeichnet meines als „Korrigierte Auflage“) präsentiert sich als vollfarbiges Softcover im A4-Format. Jede der 112 Seiten ist auf Hochglanzpapier gedruckt, mit einem pergamentartigen Hintergrund und sehr ansprechendem, sehr lesbarem Layout. Illustriert wurde das Buch zum einen mit Zeichnungen in Braun- und Sepiatönen, zum anderen mit sehr guten Fotos von Miniaturen und Situationen, vor allem bei den Regelbeispielen. Insgesamt also ein ansprechendes Produkt – von außen. Was das Innenleben angeht müssen wir uns erst noch einen Überblick verschaffen…

Das Buch beginnt mit einer Kurzgeschichte, die von den Erlebnissen vierer Charaktere erzählt, die den vier im Spiel vorkommenden Fraktionen angehören. Hier wird dem Leser auch klargemacht worum es geht – die vier Fraktionen kämpfen in einem Fantasyäquivalent der Karibik um die Vorherrschaft. Nach der Geschichte beginnt der Regelteil direkt mit einer Beschreibung dessen, als was Freebooter’s Fate sich versteht (Ein Skirmish-Spiel im 30mm Maßstab, mit Mannschaften von maximal 12 Figuren pro Seite), was zum Spielen neben den Figuren und den Regeln benötigt wird (Spielfeld, Maßband in cm, ein paar Marker und das spezielle Spielkartenset), und wie man die Karten lesen muss, auf denen die einzelnen Miniaturen beschrieben werden. Das die Werte und Sonderregeln einer Figur auf einer Karte beschrieben werden ist ja nichts ungewöhnliches mehr, das kennt man ja schon von Spielen wie Warmachine, und das hier als Maßeinheit Zentimeter verwendet werden ist zwar ungewohnt, aber bei einem Spiel aus Deutschland nicht weiter verwunderlich. Wirklich interessant ist dagegen das Kartenset. Dieses Spiel kommt komplett ohne Würfel aus, stattdessen wird ein Satz Karten verwendet, der aus drei verschiedenen Decks besteht. Zum einen gibt es das Schicksalsdeck, das aus vierzig Karten besteht, aufgeteilt in vier „Farben“ und durchnummeriert von eins bis zehn. Diese Karten werden für alle Arten von Proben verwendet, sei es Moral, Initiative oder Schaden. Das zweite Deck sind die Schicksalskarten, die von den Spielern verdeckt auf die Hand genommen werden und die ausgespielt werden können um eine Situation zu beeinflussen. Die letzte Kartenart sind die Trefferzonenkarten, die in zwei „Farben“ vorhanden sind. Ein solches Deck (das uns freundlicherweise zusätzlich zum Regelbuch zur Verfügung gestellt wurde) ist dabei ausreichend für zwei Spieler.

Nachdem das geklärt ist wird knapp die Spielvorbereitung beschrieben, sprich: „Baut das Spielfeld auf und erstellt eine Mannschaft“. Zum Erstellen einer Mannschaft hat hierbei jeder Spieler eine festgelegte Menge an Punkten – hier „Dublonen“ genannt – zur Verfügung, wie bei solchen Spielen üblich. Für Anfänger empfieht der Text 250 Punkte, normal sind wohl 500 Punkte. Wer zuerst aufstellen darf wird mit einem Initiativetest geklärt. Tests funktionieren so, dass man den passenden Attributswert (in diesem Fall die Moral des Anführers) nimmt, und dazu den Wert addiert, den man mit einer Schicksalskarte zieht. Nachdem die Spielvorbereitung abgeschlossen ist, geht es an den eigentlichen Spielablauf. Zu Beginn jeder Runde wird die Initiative neu bestimmt, danach führen die Figuren abwechselnd ihre Handlungen durch. Jede Figur darf nur einmal pro Runde handeln, und dabei entweder zwei einfache Aktionen oder eine komplexe Aktion durchführen. Wenn alle Figuren gehandelt haben ist die Runde vorbei und die nächste beginnt. Wenn nicht vorher das Ziel des Szenarios erreicht wurde oder ein Spieler keine Figuren mehr auf dem Spielfeld hat, endet das Spiel nach acht Runden. Die Regeln zur Bewegung sind einfach, aber recht ausführlich, mit speziellen Regeln für Situationen und Ereignissen die man bei Piraten erwarten würde, wie das Springen, Schwimmen und ähnliches – hier werden auch unterschiedliche Geländearten berücksichtigt. Auch die Kampfregeln sind recht einfach, kommen aber trotzdem mit Details aus. Hierbei funktionieren Nah- und Fernkampf ähnlich, unterscheiden sich aber in den kritischen Details – während beim Fernkampf eher die Modifikatoren für Reichweite wichtig sind kommen beim Nahkampf auch mal die Regeln für Unterstützung in Frage. Die Treffer- und Schadensermittlung wiederum sind recht witzig. Beide Spieler wählen verdeckt eine Anzahl von Trefferzonenkarten aus, die ihrem jeweiligen Angriffs- und Verteidigungswert entsprechen – sprich, der Angreifer sucht sich die Trefferzonen aus auf die er feuern will, legt diese verdeckt hin, und der Verteidiger sucht sich die Zonen aus, die ihm am wahrscheinlichsten vorkommen. Beide decken dann ihre Trefferzonen auf, und vergleichen – der Angreifer trifft wenn er dabei mindestens eine Zone ausgewählt hat die der Verteidiger nicht gewählt hat. Danach wird der jeweilige Angriffswert mit einer Schicksalskarte addiert, mit dem Ergebnis des Verteidigers (Widerstand + Schicksalskarte) verglichen, und wenn der Angreifer einen höheren Wert hat wird dem Verteidiger die Differenz als Schaden abgezogen. Natürlich gibt es weiterführende Details wie kritische Treffer, aber als Grundlage sollte diese Erklärung reichen. Im Anschluss an die Kampfregeln beschreibt das Buch auch, welche weiteren Aktionen dem Spieler für seine Figuren zur Verfügung stehen, und ob diese einfache oder komplexe Aktionen sind. Danach folgen die Beschreibungen der Sonderaktionen und Eigenschaften, die nur von bestimmten Charakteren eingesetzt werden können. Damit wäre der Regelteil von Freebooter’s Fate abgeschlossen.

Wer eine Mannschaft zusammenstellen will braucht die Mannschaftslisten, die dem Regelteil des Buches folgen. Vier Listen gibt es in diesem Bucht, die Piraten, die vor kurzem die Macht in diesem Setting an sich gerissen haben (eine bunte Allroundliste); die Imperialen, deren ehemalige Kolonie jetzt in den Händen der Piraten liegt (eine eher beschussfreudige Liste); die Goblins, die keine Lust mehr haben sich alles gefallen zu lassen (die „Sneaky Tricks“ Liste), und die Bruderschaft, ein Geheimbund der mit Attentätern und Mördern an die Macht will (Nahkämpfer- und Schleicherliste). Jede Liste folgt dem selben Schema, es gibt Anführer, von denen jede Mannschaft einen haben muss, Spezialisten, die jeweils nur einmal in einer Mannschaft auftauchen dürfen, und Gefolge das auch mehrfach ausgewählt werden darf. Wie viele Spezialisten man im Verhältnis zum Gefolge mitnehmen darf ist dabei von der Liste abhängig die man spielt, so darf man als Pirat pro Gefolgefigur einen Spezialisten mitnehmen, während die Bruderschaft für die selbe Gefolgefigur gleich zwei Spezialisten mitnehmen dürfen. Außerdem gibt es noch eine kleine Liste an Söldnerfiguren, die statt Spezialisten angeheuert werden können. Gefolgt werden die Listen noch von einer kleinen Auswahl an Szenarien, einem umfangreichen Index der auch gleichzeitig als Glossar fungiert, und einer kurzen Zusammenfassung der Regeln.

Fazit:
Wenn man ein Spiel vorgesetzt bekommt wie Freebooter’s Fate, stellen sich immer zwei Fragen: Ist es ein gutes Spiel und gelingt es, das Feeling zu portieren das man mit dem Thema verbindet das hier als Grundlage dient? Nun, ein gutes Spiel ist es allemal – rein vom Gelesenen her wirkt es wie ein schnelles, einfaches Skirmish-System bei dem die Komplexität nicht zu Lasten der Geschwindigkeit geht. Rein als Regelsystem macht Freebooter’s Fate eine gute Figur, auch das Gimmick mit den Karten statt Würfeln scheint gut durchdacht und macht tatsächlich Laune. Und die Stimmung? Auch die ist im Übermaß vorhanden. Seien es die Kästchen im Text in denen bestimmte Sachverhalte klargestellt werden, die Bilder oder der Flufftext, wer Piraten mag wird hier gut bedient. Einzig zwei kleinere Mankos stören das Rezensentenherz:
1.) Ab und an stößt man auf Stellen an denen eine Regel eher schlecht oder schwammig erklärt wird und mache Regeln werden an einer Stelle „versteckt“ erwähnt und nirgends sonst erklärt. Da wird dann darauf verwiesen – oder auch nicht – und auch mit dem Index findet man nicht immer was man sucht (Ich denke da zum Beispiel an die Punktgrößen für Mannschaften, die etwas untergehen in der Einleitung).
2.) Die Auswahl ist etwas gering, sowohl an Listen als auch an Figuren innerhalb einer Liste. Rein mit dem Material in diesem Buch wird man schnell das Problem haben, dass Piratenbande auf Piratenbande trifft. Mit gerade mal zwei Anführern pro Mannschaft und auch insgesamt einer eher geringen Figurenauswahl wird man wohl immer wieder auf die selbe Bande stoßen. Aber das sind Fehler, die bei einem neuen Spiel recht leicht zu verschmerzen sind. Die Figurenauswahl wird wohl, wenn das Spiel erfolgreich sein sollte, schnell anwachsen und eine weitere Überarbeitung des Buches wird auch die genannten Schönheitsfehler ausmerzen. Wer ein schnelles Skirmish-Spiel sucht das Laune macht und dem dann noch das Piratenthema gefällt, der sollte sich Freebooter’s Fate zumindest mal anschauen.

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