Fragen zum Kampagnenauftakt
Ein Friday Five mit Infernal Teddy
(Heute mal eine kurze Unterbrechung in meiner Reise durch die Settings, die hier bei uns im Regal stehen, nächste Woche geht es damit weiter, mir lag nur was auf der Seele das ich schreiben wollte.)
Ich glaube, ich habe bisher meine Kampagnenvorbereitungen alle falsch gemacht, und damit die meisten Runden verhauen, die ich in den letzten zehn bis zwölf Jahren geleitet habe. Klingt hart, oder? Aber im Ernst, bisher war meine bevorzugte Methode, meinen jeweiligen Spielern einen Stapel von fünf bis zehn Grundregelwerken auf den Tisch zu knallen und zu sagen „Die würde ich alle gerne leiten, sucht euch was aus“. Und seien wir doch mal ehrlich, die meisten von uns haben es so gemacht, oder? Das ist je schön und gut wenn man für ein bestimmtest Spiel eine Gruppe über die bekannten Plattformen zusammenstellt, aber vielleicht nicht optimal wenn man einige Freunde zusammengetrommelt hat, mit denen man danach noch befreundet sein möchte. Ich habe mir also Gedanken gemacht, wie ich das in Zukunft besser machen könnte, und bin dabei auf fünf Fragen gekommen.
I.) Welche Art von Geschichte bzw. Abenteuer wollt ihr spielen?
Was soll es werden, Erkundungsabenteuer, romantische Ritterquesten, Detektivgeschichten mit Kobolden? Ich denke, es ist wichtig mit den Spielern darüber zu reden, welche Art von Geschichten man erzählen will. Es bringt ja nichts, wenn man als Spielleiter eine komplexe, politische Kampagne leiten will, wenn die Spieler eher eine lockere Actionrunde haben wollen – oder umgekehrt. Diese Diskussion sollte man erstmal unabhängig von einem bestimmten System halten – zum einen gibt es die meisten Arten von Abenteuern bzw. Kampagnen gibt es in den meisten Rollenspielen, zum anderen sollte man sich so früh in der Diskussion nicht schon einschränken (lassen). Hat man sich erst einmal auf eine bestimmte Art von Kampagne einigen können, auf ein bestimmtes „Thema“ wenn man so will, kann man zur nächsten Frage übergehen…
II.) In welcher Art von Welt wollt ihr sie spielen?
Es macht einen deutlichen Unterscheid aus, in welcher Art von Welt man spielt – unter Umständen möchte man vielleicht auch diese Frage und die Erste vertauschen, oder beide gleichzeitig beantworten. Schließlich fühlt sich eine Diebesrunde in einer Fantasywelt anders an als eine, welche in einer postmodernen Cyberpunk-Welt angesiedelt ist, oder in einem galaktischen Imperium. Und selbst mit der Wahl des Genres ist es nicht unbedingt getan. Schließlich kann „Fantasy“ einerseits „typische“ Fantasy-Welten wie Aventurien oder Mittelerde bedeuten, aber auch „historische Fantasy“ wie das mystische Europa von Ars Magica oder das blutsaugerdurchsetzte Rom aus Requiem for Rome, Sword & Sorcery im Stile von Moorcocks Melniboné, oder solche „sekundäre“ Welten wie Narnia oder Nest. Und selbst darin gibt es noch Abstufungen, wie die Welt aussehen und wirken soll. Man sollte sich als Gruppe auf jeden Fall einigen, welche Art von Welt man möchte, und wie sie aussehen soll – und sich das auf die Gruppe zuschneiden.
III.) Welche Charaktere schweben euch dabei vor?
Bei dieser Frage sollte meiner Meinung nach der Spielleiter eher in den Hintergrund treten, statt wie bei den ersten beiden gleichberechtigter Partner zu sein. Schließlich ist die Wahl der Charaktere etwas, dass die Spieler für sich ausmachen müssen. Als Spielleiter würde ich persönlich nur darauf bestehen das die Spieler Charaktere machen, welche gruppentauglich sind, sich kennen, und zur Spielwelt passen. Wohlgemerkt, dieser Punkt ist nicht „baut euch Charaktere“, sondern die ernste Diskussion darüber, welche Arten von Charakteren man in der gemeinsam festgelegten Welt spielen möchte. Ob man jetzt eine reine Diebesgruppe in einem phantastischen Stadtstaat spielen möchte, oder in seiner Space Opera vielleicht keine umherwandernde mystische Krieger mit Energieschwertern sehen möchte. In meinen Augen haben die Antworten auf diese Frage genauso viel Einfluss auf die entstehende Spielwelt, wie es die ersten beiden auch schon haben – schließlich hat diese Frage auch Einfluss darauf, welche Antagonisten und Bewohner der Welt die Spielleitung einbringen wird, was das Spielgefühl entscheidend beeinflussen kann.
IV.) Welche Art Regelsystem würdet ihr bevorzugen?
Eine weitere sehr wichtige Frage, welche darüber entscheiden kann wie viel Spaß die Gruppe haben wird – welche Art von System man nutzen möchte. Soll es eher ein traditionelles Rollenspiel sein wie D&D, Shadowrun oder die Welten der Dunkelheit, oder eher eines dieser dreckigen Indies wie Sorcerer, PbtA, oder Trollbabes? Oder doch eher so ein komischer Hybride wie Fate oder Heroquest? Ein gut anpassbares Universalsystem wie GURPS, Hero System oder Savage Worlds, oder doch ein System, das auf ein bestimmtes Genre oder eine bestimmte Welt zugeschnitten ist, wie Earthdawn oder Traveller? Und wie sieht es mit der Komplexität aus? Wie komplex (bzw. kompliziert) darf das System werden? Ich werde zum Beispiel als Spielleiter nie mit der (in meinen Augen unnötigen) Kompliziertheit von Shadowrun glücklich sein, während andere genau dies Komplexität sehr schätzen. Hier schon darüber zu reden wo die Präferenzen der Gruppe liegen, kann helfen, das richtige Werkzeug, das richtige System für die Art von Spiel auszuwählen, welches man spielen will. Und unter Umständen tun sich dann Optionen auf, auf die man vorher vielleicht nicht gekommen wäre.
V.) Gibt es etwas, das für euch ein No-Go ist?
Dieser letzte Punkt wäre mir vor fünfzehn Jahren nicht in den Sinn gekommen. Ich habe da meine Spieler durch Horrorszenarien in KULT und Wraith durchgeprügelt, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden ob die Szenen, welche ich beschreibe auch so ohne weiteres für meine Spieler okay sind. Ein Spieler hat regelmäßig nach dem Spiel Alpträume, kommt aber trotzdem immer wieder? Na, dann kann es ja nicht so schlimm sein, oder? Doch. Man sollte als Gruppe immer darüber sprechen, welche Themen im Spiel tabu sein sollten. Vergewaltigungen, Folter, Sex, Phobien – jeder weiß, wo für ihn selbst die Grenzen sind, aber bisher kann keiner von uns dem anderen in den Kopf sehen, oder? Einfach im Vorfeld abklären, was denn grob nicht geht, oder welche Themen man im Spiel absolut nicht behandelt sehen möchte. Es sollte auch keiner eine Begründung einfordern, man sollte eine solche Setzung stillschweigend akzeptieren. Übrigens sollten diese thematischen Setzungen auch nicht nur für den Spielleiter, sondern auch für die Mitspieler gelten.
Hat man als Gruppe sich dann mit diesen Fragen auseinandergesetzt und sich entsprechende Antworten zu den gegebenen Fragen zurechtgelegt, kann man dann mit den entsprechenden „üblichen“ Schritten weitermachen – also Auswahl des Systems, Charaktererschaffung, und so weiter. Aber dieses Mal mit einer stabilen, gemeinsam festgelegten Basis für die getroffenen Entscheidungen, und damit auch einem sichereren Fundament für die beginnende Kampagne.
Kommentar hinterlassen