Fate of Cthulhu

Ein gruseliges Horrorspiel auf Fate-Basis, besprochen von Infernal Teddy

Zeit für ein Geständnis:

Ich finde Lovecraft und seine ganze Yog-Sothothery ziemlich ausgelutscht.

Kosmischer Horror als solches? Immer noch ein faszinierendes Thema. Aber der Zyklus den Lovecraft und seine Freunde geschaffen haben? Verbraucht, verbrannt – wenn dein seelenverschlingendes Wesen von jenseits der Wirklichkeit als Plüschtier verkauft wird, wie viel Horror kann da noch sein? Da ist doch die Disneyfizierung längst durch, oder? Natürlich gibt es auch einen Grund warum ich euch das erzählt – wir reden heute über Fate of Cthulhu, einem Horrorrollenspiel das Lovecrafts Zyklus mit der neusten Inkarnation von Fate Core verbindet, auf deutsch beim Uhrwerk Verlag erschienen.

Muss man eigentlich noch groß Worte zur Aufmachung eines Fate-Produktes aus dem Hause Uhrwerk verlieren? Das Buch umfasst 263 Seiten, komplett in Farbe, mit dem Layout das man auch von anderen Büchern aus dieser Reihe kennt. Es ist ein Hardcoverband im vertrauten Format der restlichen Reihe, mit einem grünen Lesebändchen. Das Artwork ist atmosphärisch und kompetent, aber zumindest in meinen Augen nichts herausragendes. Leider bin ich nicht dazu gekommen dieses Spiel am Tisch zu testen, so das diese Besprechung auf meine Lektüre basieren muss.

Im Gegensatz zu den bisher bei Uhrwerk veröffentlichten Fate-Regelwerken handelt es sich bei Fate of Cthulhu nicht um eine Variante von Fate Core oder Turbo Fate, sondern um das letztes Jahr von Evil Hat vorgestellt Fate Condensed, einer Variante die von der Komplexität zwischen den beiden Vorgängern angesiedelt ist. Die Fertigkeitenliste ist verändert worden, Stress wird etwas anders behandelt, und die Initiative wird „herumgereicht“, aber im großen und ganzen ist es immer noch Fate Core nur etwas minimalistischer, ohne ganz so stromlinienförmig zu sein wie es Turbo Fate ist. Wer sich das neue Regelsystem anschauen will ohne das vorliegende Buch kaufen zu müssen kann es auf Englisch als Pay What You Want auf DrivethruRPG erwerben (Kein Affiliate link, keine Angst), oder auf deutsch über die deutsche Fate-Seite.

Das Setting von Fate of Cthulhu entspricht nicht dem, was man hierzulande unbedingt von einem von Lovecraft inspiriertem Rollenspiel erwarten würde. Hier findet man keine verschreckten Gelehrten und Privatschnüffler die in den Hinterlassenschaften eines verstorbenen Onkels Hinweise auf verstörende Dinge finden und daraufhin etwas entdecken das ihnen den Verstand raubt. Statt dessen zeichnet FoC ein insgesamt finsteres Bild: in einer gar nicht so fernen Zukunft ist einer der Großen Alten erwacht und hat die Welt wie wir sie kennen zugrunde gehen lassen. Den letzten Überlebenden dieser grausamen Welt haben einen verzweifelten Plan gefasst – mit Hilfe der arkanen Technologie der Alten und ihren Dienern nutzen sie Yog-Sothoth um eine Handvoll auserwählter in die Zeit zurückzuschicken, zu unserer Gegenwart, in der Hoffnung die Apokalypse zu verhindern. Und wer sind die mutigen Freiwilligen die sich auf diese Reise ohne Wiederkehr begeben werden? Richtig, die Spielercharaktere. Man kann auch Bewohner der Gegenwart spielen, die dank der Zeitreisenden auf die drohende Gefahr aufmerksam werden, aber der Fokus liegt auf die korrumpierten Helden aus der Zukunft. Ach ja, korrumpiert ist ein gutes Stichwort. Jede Berührung mit der Technologie der Großen Alten – Gerätschaften, Magie, die Zeitreise selbst – führt unweigerlich dazu das man körperlich und Geistig korrumpiert, verändert wird und mehr und mehr zu einem Diener der Alten wird. Jeder Charakter hat eine Korruptionsuhr, und sobald sie voll wird, wir einer der Charakteraspekte zu einem korrumpierten Aspekt, und man bekommt einen zusätzlichen Korruptionsstunt. Das bedeutet zwar in der Regel das man eine mehr oder weniger coole neue Kraft erhält, aber man wird zunehmend zu etwas unmenschlichem, und wenn alle vier Aspekte korrumpiert wurde ist der Charakter aus dem Spiel. Diese Art der Veränderung hat Ähnlichkeiten mit Mooorcocks Chaos in seinem Zyklus vom Ewigen Helden, und ist in meinen Augen eine willkommene Abwechslung zum üblichen „Geistige Stabilität abstreichen und einen zufällige, meist überhaupt nicht passende Geisteskrankheit aufschreiben“ das man in der Regel mit Lovecraft-Rollenspielen verbindet.

Aber wie sieht denn die schreckliche Zukunft aus vor dem die Charaktere in der Zeit zurückgeflüchtet sind? Um diese Frage zu beantworten sind fünf „Zeitlinien“ im Buch enthalten, welche sich jeweils mit der Ankunft eines der Großen Alten beschäftigen: Cthulhu, Dagon, Shub-Niggurath, Nyarlathotep und der König in Gelb. Jeder dieser Zeitlinien besteht aus fünf Ereignissen, welche zum Erwachen des Großen Alten führen, wobei das letzte Ereignis das eigentliche Erwachen ist. Jedes dieser Ereignisse wird natürlich durch einen Aspekt definiert, und hat vier Katalysatoren, Elemente die für das Ereignis von entscheidender Bedeutung sind und die man verändern kann und soll um die Zukunft zu verhindern. Man hat also fünf „Zeitfenster“ die man bearbeiten kann um den Aufstieg des gewählten Alten zu verhindern. Um den Fortschritt bei der Bekämpfung des Untergangs festzuhalten gibt es einen passenden Bogen. Jeder der Zeitlinien beschreibt die Apokalypse, wie es dazu kam, und die beschriebenen Ereignisse, zusammen mit eienr Reihe von dazugehörigen Antagonisten, sowohl menschlicher als auch monströser Natur – allerdings ohne Werte für die Großen Alten, die meiner unbescheidenen Meinung nach auch wirklich keine brauchen.

Nach den Zeitlinien präsentiert Fate of Cthulhu drei Kapitel um das Thema Spielleitung. Das Erste ist recht generisch, und sollte als entsprechendes Kapitel zu Fate Condensed versstanden werden, während das zweite detailierter auf FoC selbst eingeht. Im Dritten bekommt die geneigte Spielleitung dann das entsprechende Handwerkszeug um eigene Zeitlinien zu planen und auszuarbeiten – wer also eine Apokalypse um Azathoth oder Gozer the Gozerian bespielen will findet hier etwas an Hilfestellung. Den Abschluss des Bandes bilden eine Handvoll Beispielcharaktere, drei Seiten zur Verwendung des Buchs mit Turbo Fate, den Index und die benötigten Spieldokumente.

Fazit:
Fate of Cthulhu ist von vielen Stellen als „Terminator meets Cthulhu“ beschrieben worden, und ich muss zugeben, die Einschätzung trifft es sehr gut. Die Verbindung des Lovecraft-Mythos mit der Zeitreisethematik aus Terminator (Oder, für meine geneigten Leser die britische Science Fiction mögen, Folge 11 der vierten Staffel vom neuen Doctor Who. Ihr wisst schon, Links abbiegen und so…) macht aus FoC zu mehr als ein weiteres Rollenspiel in dem man mal wieder die selben ausgelutschten Monster von jenseits von Zeit und Raum bekämpft – wir haben es hier tatsächlich mit einem Spiel um den Mythos zu tun, bei dem die Spielfiguren tatsächlich gegen den Mythos bestehen, bei dem sie GEWINNEN können.
Die Regeländerungen von Core zu Condensed sind interessant, und präsentieren eine Entschlackung des Fate-Regelsystems, ohne wie Turbo Fate einen Punkt zu erreichen bei dem es auf dem ersten Blick leicht fällt von einem anderem Spiel zu sprechen. Aber das entscheidende an diesem Buch ist nicht das Regelsystem, sondern das wirklich gelungene, fast schon optimistisch zu nennende Setting. Wer auf die Schnelle noch ein Weihnachtsgeschenk für einen Rollenspieler sucht: this is it. Hier zuzuschlagen lohnt sich auf jeden Fall wenn man sich für Zeitreisen und Tentaklemonster begeistern kann.

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