F steht für Fantasy

Buchstabensalat mit Infernal Teddy

Kein literarisches Feld ist so offen wie das der Fantasy. In keiner anderen Gattung sind die Grenzen und Beschränkungen, welchen man in anderen Genres unterliegt, so bedeutungslos, und kein anderes Genre lädt so sehr dazu ein, einfach etwas völlig neues zu schaffen wie es die Fantasy tut.

Warum bekommen wir statt dessen immer nur irgendwelche wiederaufgewärmten Tolkien-Klone?

Ich bin zugegebenermaßen eher ein Science Fiction-Fan, deren jüngere Schwester, die Fantasy, übt auf mich keinen so großen Reiz aus wie bei den meisten Rollenspielern. Aber das heißt nicht, das ich Fantasy gar nicht mag, und schuld daran ist meine Mutter (Hi Mum!). Kurz nachdem wir nach Deutschland zogen gab sie mir einige Bücher zu lesen, da ich mich ziemlich langweilte (Klar, wenn man die Gegend nicht kennt und auch die Sprache nicht spricht wird es schwierig etwas zu tun zu finden bei dem man nicht die ganze Zeit im Haus herumlungern muss). Als erstes die Merlin-Trilogie von Mary Steward, die Unendliche Geschichte von Michael Ende (Welches ich immer noch nicht im Original gelesen habe, wie ich zugeben muss), und das Buch, welches mein Leben nachhaltig veränderte, The Lord of the Rings. Und damit war es vorbei, keine Chance mehr, jemals eine normale Person zu werden.

Mein eigener Geschmack, wenn es um Fantasy-Literatur geht, neigt sich eher dem Bereich der Sword & Sorcery zu, da vor allem dem Werk von Michael Moorcock – irgendwie gibt mir die ganze High Fantasy-Schoße nicht wirklich was. Daneben noch historische Fantasy, und den New Weird. Danach wird es schon wieder eng, wie gesagt, literarisch ist die Fantasy einfach nicht mein Zuhause. Um so ironischer ist es natürlich, das ich mich im Rollenspielbereich hauptsächlich in der Fantasy bewege, vor allem bei D&D bzw. Pathfinder, und das liegt nicht (nur) an der Verfügbarkeit von Spielern. Vielleicht liegt es daran das D&D mein erstes „richtiges“ Rollenspiel war, vielleicht an den ganzen Fighting Fantasy-Bücher, die ich als Kind verschlungen habe. Vielleicht liegt es an Terry Pratchett, wer weiß. Vielleicht liegt es tatsächlich daran das ich in diesem Genre, wie eingangs schon gesagt wurde, ich Welten bauen kann wie ich sie zum Beispiel in der Science Fiction nicht glaubwürdig schaffen könnte – und ich erfinde doch so gerne neue Welten. Vielleicht liegt es wirklich daran das ich für kein anderes Genre schneller und mehr Spieler zusammenbekomme.

Aber im Rollenspiel mehr noch als in der Literatur muss man sich die Frage gefallen lassen: Warum kehrt man immer wieder zu Tolkien zurück, statt sich auf neues, auf eigenes zu verlassen? Zum einen wird das wohl daaruf zurückzuführen sein das isch natürlich jeder etwas darunter vorstellen kann. Wenn ich sagen „Elfen, Zwerge, Orks und Zauberer“ ist die Chance recht hoch das wir alle ungefähr die selbe Art von Welt vor unseren geistigen Augen sehen. Von dort aus ist es natürlich leichter zu einem Konsens zu kommen. Womit wir natürlich auch wieder beim Konservativen sind, was sich in der Fantasy widerspiegelt, das Sehnen nach einer „guten alten Zeit“ als man Probleme noch mit einem Schwert in der Hand lösen konnte. Jeder kann sich unter „Ritter“, „Schwert“ oder „Troll“ etwas vorstellen, das wird bei „Marinekampfanzug“, „General Contact Unit“ oder „Psychohistorie“ etwas schwierig. Fantasy ist also – scheinbar paradoxerweise – das Genre des Vertrauten. Aber warum diese Begeisterung für das „Schema Tolkien“, warum EDO-Fantasy statt dem Sword & Sorcery wie es Robert E. Howard, Michael Moorcock oder Karl Edward Wagner? Eine gute Frage. Möglicherweise wegen der Eroberung der Fantasy durch den Feminismus? Weil Tolkiens Welt die Nostalgie nach der „Guten Alten Zeit“ bedient? Schlauere Köpfe als ich es bin haben sich mit dieser Frage beschäftigt, und ich bezweifle das es je eine konkrete Antwort geben wird. Aber die Fantasy ist weder aus der Phantastik, noch aus den Buchhandlungen und vor allem nicht aus unserem Hobby herauszudenken, und ich werde mich wohl oder übel irgendwann damit anfreunden müssen.

3 Kommentare zu F steht für Fantasy

  1. Interessanter Artikel. Solche und ähnliche Diskussionen findet man im Netz ja zuhauf und ich habe sie auch schon mehrfach geführt.
    Gestolpert bin allerdings über einen Satz:

    „Möglicherweise wegen der Eroberung der Fantasy durch den Feminismus?“

    Kannst Du etwas näher erläutern, was Du damit meinst?
    Soweit mir bekannt haben die bekannteren Autor(innen) des Feminismus ja gerade nicht NUR im Bereich Fantasy, sondern auch im Bereich SF geschrieben.

    • Infernal_Teddy // Oktober 19, 2014 um 19:34 // Antworten

      Ich würde sagen, die meisten Leute kennen eher Marion Zimmer Bradleys Avalon-Romane als Ursula K. LeGuins Left Hand of Darkness

  2. An die „Nebel von Avalon“ hatte ich überhaupt nicht gedacht.
    Ja, die hatte sicherlich auch einen Einfluss auf die Wahrnehmung von Fantasy innerhalb der letzten Jahrzehnte.
    Ich würde den aber auch nicht überbewerten und MZB hatte ja auch im Bereich SF (Darkover) genug Veröffentlichungen.

    MZB ist aber momentan auch ziemliches Minenfeld per se:
    http://en.wikipedia.org/wiki/Marion_Zimmer_Bradley#Child_sex_abuse_allegations
    http://hermanstadt.blogspot.de/2014/06/kindheit-in-avalon.html
    Von daher würde ich die Frau erst mal aus der Betrachtung heraus nehmen.
    Alles was man dazu sagen/schreiben kann ist sowieso das herumwackeln auf einem Hochseil, bei dem man die Wahrheit nicht mal einfach heraus liest. Ich will das auch weder Verharmlosen noch Beschönigen -> Es ist derzeit ein Tanz auf dem Hochseil.

    Da bleibe ich lieber bei der Grande Dame der SF/Fantasy UKL, die auch in beiden Richtungen geschrieben hat.

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