Engel: Hiobs Botschaft
Eine Rezension von Infernal Teddy
Schaut man sich die Publikationshistorie von Chroniken der Engel an, dem wichtigsten Vertreter der Neuen Deutschen Endzeit, so fällt einem rückblickend auf, wie sehr die Reihe von den Romanen geprägt wurde, welche dazu erschienen sind. Große Teile des Metaplots sind überhaupt erst in den Romanen erklärt oder aufgezeigt worden, und am Ende erschienen nur noch Romane, so das man das Gefühl bekommt, es seien sogar mehr Romane als Rollenspielbücher erschienen. Wir haben uns vor kurzen den Beginn der Chroniken angeschaut, den Comic Pandoramicum, und heute wenden wir uns wieder der „Frühphase“ zu, der Romantrilogie Hiobs Botschaft, bestehend aus den Romanen Brandland, Traumsaat und Fegefeuer.
Ich habe die Trilogie das erste Mal in der ursprünglichen, dreibändigen Fassung gelesen, für die Rezension liegt mir allerdings die „Jubiläumsausgabe“ vor, welche die Einzelromane zu einem 720 Seiten dickem Taschenbuch zusammenfasst. Das Schriftbild ist angenehm, und weder die gewählte Schriftart noch das Layout strengen die Augen an. Dankenswerterweise hat man darauf verzichtet, das Layout der Rollenspielbücher (Wo es wirklich großartig aussieht) auf die Romane zu übertragen – das hätte den Lesefluss deutlich gestört, denke ich. Ebenfalls im Band enthalten ist eine Karte Europas im Jahr 2642, so das der Leser sich ein Bild der Welt machen kann, welche in diesem Roman beschrieben wird.
Die Geschichte, welche in Brandland erzählt wird, beginnt im Jahre 2644 mit einem Engel vom Orden der Ragueliten, Calliel, welcher verzweifelt versucht, trotz eines Sturms zum Kloster Cluny in Südfrankreich vorzudringen. Sein Auftrag ist es, das Kloster vor einem Angriff der Traumsaat, dem üblen Gezücht des Herrn der Fliegen, zu warnen. Doch unterwegs wird er selbst von mehreren Traumsaatkreaturen angegriffen, und er stürzt schwerverletzt über einen Wald ab. Dort entdeckt ihn die junge Witwe Irène, welche ihn wieder gesund pflegt. Allerdings fallen ihn während schlimmer Fieberschübe die großen Schwingen ab. Und damit werden Ereignisse in Gang gesetzt, welche dazu beitragen, die Welt von Engel zu dem Ort zu machen, die sie zu Beginn der Rollenspielreihe ist. Kurz nachdem Calliel – der sich nun Hiob nennt – wieder zu kräften gekommen ist wird das Dorf in dem Irène lebt von einer Rotte Beutereiter besucht. Diese nehmen Irènes Sohn Dominic mit, um ihn zun nächstgelegenen Kloster der Angelitischen Kirche zu bringen, doch Hiob nimmt die Verfolgung auf, und versucht Dominic wieder zu befreien. Doch Hiob scheitert, und wird gefangen genommen. Doch auf der Reise freundet sich Hiob ein wenig mit den Beutereitern und ihrem Anführer, Elphas von Bern, an, und nachdem ein von Irène angeheuerter Söldner, Wittgenstein, Dominic befreit hat, kann Hiob Elphas davon überzeugen, ihn nach Trondheim ziehen zu lassen, nachdem sie erfahren das der Himmel seines Ordens, welcher in Trondheim stand, von der Traumsaat zerstört wurde. Gleichzeitig wird von einer jungen Schar von Engeln erzählt, welche vom Himmel der Urieliten aus einen Ketzer jagt, welcher einen unter ihrem Schutz sich befindlichen Geistlichen ermordet hat, und Kraft seiner Stimme Gläubige zu Ketzer machen kann. Sie können zwar den Ketzer töten, doch sie bezahlen dafür einen hohen Preis…
Der zweite Teil der Trilogie, Traumsaat, beginnt kurz nach dem Ende des ersten Bands. Die junge Schar um Ariel ist in den Himmel von Mont Salvage zurückgekehrt, von wo aus sie wenig später als Teil einer Armee losgeschickt wird, welche in Frankreich die Städte erobern soll, welche sich von der Angelitischen Kirche losgesagt hat und sich den Ketzern angeschlossen haben. Gleichzeitig führt Hiobs Reise ihn nach Süden – er sucht das Liber Raguelitorum, das geheime Buch des untergeganenen Ordens der Ragueliten, welches er im Himmel von Prag vermutet. Er wird dort zunächst auch fündig – dank der Hilfe von Elphas und seinen Beutereitern – doch damit holt ere sich nur noch mehr ärger ein, denn er steht auf einmal zwischen der Kirche, einem fanatischen geheimen Orden innerhalb der Kirche, und einer Gruppe von ketzern, welche von entsetzlichen Traumsaatkreaturen gelenkt werden. Hiob und Elphas gelingt es nur mit mühe und not aus Prag herauszukommen, doch wenige Tage später wird Hiob dann gefangen genommen – von Ariel und ihrer Schar, welche aus den Ketzerkriegen Frankreichs zurückgekehrt sind.
Fegefeuer führt dann unsere Protagonisten in die Ewige Stadt, nach Roma Eterna, wo Hiob der Prozess gemacht werden soll. Die Kardinäle der Angelitischen Kirche sollen entscheiden ob er ein gefährlicher Ketzer ist, welcher zum Schutze der Menschheit hingerichtet werden muss, oder ob er „nur“ durch den Verlust seiner Flügel geistesgestört ist, und man ihn deshalb behandeln muss. Doch schnell bemerkt Ariels Schar das hier etwas ganz und gar nicht mit rechten Dingen umgeht – bereits die Art, wie die Wachen des Himmels Der Michaeliten mit ihnen und ihren Gefangenen umgehen lässt den Schluss zu das hinter dem Prozess und den begeleitenden Umständen mehr steckt als ein flügelloser Engel. Doch sie geraten bei ihren versuchen herauszufinden, was denn nun hinter ihren Fragen steckt, in größte Gefahr, denn überall in der der Stadt Michaels lauern Verschwörungen, Pläne und Gefahren, und selbst wenn sie selbst davonkommen – Hiobs Schicksal, und damit das Schicksal des Liber Raguelitorum, der Ragueliten, und möglicherweise der ganzen Kirche sind noch immer in der Schwebe, und niemand kann vorhersagen was entschieden werden wird…
Fazit:
Wenn ich Hiobs Botschaft mit einem Wort umschreiben sollte, so wäre es „episch“. Diese Trilogie erzählt eine spannende und wirklich großartige Geschichte, welche mit einem beinahe unscheinbaren, einfachen Moment beginnt, und von dort aus immer größer und immer spannender wird. Hiobs Botschaft führt den Leser von einem Ende des postapokalyptischen Europas zum anderen, und baut dabei nicht nur eine spannende Welt auf, sondern auch eine spannende Geschichte, welche bis zur letzten Seite spannend bleibt. Aber auch die Charaktere, welche hier vorgestellt werden wirken lebendig und glaubwürdig. Als störend empfinde ich hier eigentlich nur zwei Dinge. Zum Einen gibt es immer wieder kleine Nebenhandlungen, welche auftauchen, eine kurze Weile verfolgt werden, und dann wieder untergehen, ohne das sie wirklich etwas für die Handlung tun. Damit geht auch der zweite Kritikpunkt einher – man darf den Roman wie auch den Comic nicht neuen Engel-Spielern in die Hand geben, weil hier viel zu viele Geheimnisse des Settings nicht nur angedeutet sondern ganz offen ausgesprochen werden, und damit viele Überraschungen für einen Spieler zunichte gemacht werden. Alles in allem ist Hiobs Botschaft aber auf jeden Fall einer der besten Rollenspielromane die ich bisher gelesen habe, und jedem potentziellen Spielleiter für Die Chroniken der Engel nur wärmstens zu empfehlen.
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