Elvis hat das Gebäude verlassen

Infernal Teddy bespricht eine Anthologie

Retro ist bekanntlich in, Nostalgie das Stichwort der Stunde. Das schlägt sich natürlich auch in der Literatur wieder, selbst in der Science Fiction sehen wir diesen Trend. Warum ich das erwähne? Weil wir hier wieder eine Anthologie aus dem Hause Begedia haben, und diese sich mit genau diesem Thema beschäftigt: Retrofuturismus. Elf Geschichten die sich mit alternativen Entwicklungen in alternativen der Fünfziger Jahre beschäftigen – oder mit Zukünften die von den Fünfzigern beeinflusst wurden. Man könnte lange und breit darüber diskutieren das die Kultur der Gegenwart mehr oder weniger in den Fünfzigern erfunden wurde, es bleibt also spannend zu sehen was wir hier vorfinden.

Die Anthologie kommt wieder als handliches Taschenbuch daher, mit angenehmen Papier, einer stabilen Bindung und gut lesbarem Schriftbild. Die elf Geschichten die hier von Frank Hebben, André Skora und Armin Rößler zusammengestellt wurden verteilen sich 241 Seiten, zu denen sich die Kurzbiographien der Autoren und Grafiker gesellen, ebenso die Farbtafeln die wir vom Begedia-Verlag gewohnt sind und als „Titelbilder“ für die einzelnen Geschichten dienen.

„Ja gut Teddy,“ sagt ihr, „aber was ist denn da jetzt an Retrofuturismus in diesem Band zu finden?“ Eine exzellente Frage, und wie immer werde ich mir drei Geschichten heraussuchen um diese Frage zu beantworten.

Phönix am Zonenrand, von Tobias Fromme
Diese ruhige, nachdenkliche Geschichte beginnt als die Geschichte eines amerikanischen Offiziers in Westdeutschland zu Zeiten des Kalten Krieges, und bewegt sich in eine unerwartete Richtung, sowohl von dem her was passiert, als auch von der Richtung in der sich der Protagonist entwickel. Es ist eine kurze Geschichte, aber vom Gefühl her spricht es in mir zu Erinnerungen an Ramstein und Sembach Air Bases Ende der Achtziger. Eine ungewöhnlich romantische Geschichte.

Random Gunn und der Griff nach der Weltherrschaft, von Armin Rößler
Diese Geschichte wiederum nimmt die Tropes der amerikanischen Crime Stories, der Detektivshows der Fünfziger, und wirft sie zusammen mit Zeitreisen und Parallelwelten in einen Mixer. Der Protagonist bezeichnet sich selbst als Zeitdetektiv, und wird – wie üblich – von einer schönen Frau angeheuert. In diesem speziellen Fall um einen begnadeten Forscher aus dem Griff von Zeitreisenden Kommunisten zu retten, dafür sorgen wollen das ihre Zukunft stattfindet.

Rattenfänger 2.0, von Peter Hohmann
Die letzte Geschichte die ich hier hervorheben möchte greift die Verschwörungstheorien auf, wonach das Dritte Reich an okkulten Technologien gearbeitet hätte. Der Protagonist dringt ins Sperrgebiet um Paderborn ein, wo die Amerikaner eine Atombombe abgeworfen hatten. Sein Vater hatte dort an eine Maschine zur Gedankenkontrolle gearbeitet – und sein Bruder war das erste Versuchskaninchen für die Maschine. Aber als er in die Anlage eindringt macht er eine schreckliche Entdeckung…

Fazit:
Elvis hat das Gebäude verlassen ist eine gelungene Anthologie mit einer „quirky“ Prämisse. Die Idee, SF zu präsentieren die durch die Fünfziger inspiriert wurde – oder auch von unseren Vorstellungen der Fünfziger in den USA – klingt im ersten Moment merkwürdig, aber das Ergebnis ist eine faszinierende und interessante Vision des Retrofuturismus. Wer eine schicke Anthologie sucht oder mal einen Blick in Zukünfte werfen möchte die es so nicht gab ist hier sehr gut aufgehoben.

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