Die Smaragdspitze

Pathfinder Modul

Ja: Pathfinder ist ein Dungeoncrawl-System. Ja, Pathfinder hat sehr viele Dungeons in den bisher veröffentlichten Abenteuern. (Und zum Teil habe ich das irgendwann auch schon mal mit Erschöpfung festgestellt, während meiner Rezensionen hier.) Was mir allerdings bis jetzt zu meinem „Glück“ fehlte, was die Erfahrung anbelangt ist jetzt unter meinen Blick gekommen: Das PDF mit dem Inhalt eines s.g. „Superdungeons“.

Mit 160 Seiten Umfang und einer Größe von 29,7 MB umfasst dieses Modul beinahe alles was man für diesen speziellen Ansatz von Abenteuer-“Kampagne“ erwarten kann. (Wobei man noch erwähnen sollte: Zumindest in dem mir vorliegendem PDF wurde nicht das zugegebenermaßen extrem schlicht gestaltete – Cover mit eingepflegt. Schlimm ist das allerdings nicht, dass „Die Smaragdspitze“ dann doch eher schlicht gehalten worden ist.)

Bevor ich irgendwelche Bewertungen dabei in den Raum schmeiße, was haben wir eigentlich Inhaltlich zu erwarten? Das Modul beschreibt mit der Unvermeidbarfeste eine nahe gelegene Ortschaft unter dem Herrschaft eines Ordens der Höllenritter.
Dazu kommen dann noch 16 Ebenen unterschiedlicher Kolör, sowie ein Bestiarium, das einige neue Wesenheiten vorstellt, die innerhalb des Smaragdspitze ihren Auftritt haben.

So, das wäre die grobe Übersicht. Schauen wir uns dann mal ein paar Detail doch genauer an:
Wie ich schon geschrieben habe, ist die Unvermeidbarfeste eine Ortschaft unter der Herrschaft eines Ordens der Höllenritter. Das heißt tatsächlich das, wonach es klingt: Die Höllenritter sind (soweit mein Überblick) Ritterorden, deren Mitglieder Rechtschaffen-Bösartig in ihrer Gesinnung sind und Asmodeus als ihren Schutzpatron ausgewählt haben. (Wer das erste Buch der Verdammten gelesen hat weiß, dass der Höllenmythos in Pathfinder ein wenig anders konzipiert wurde, als es das popkulturelle Klischee hergeben würde.) Feste ist dabei auch Programm im Namen, weil die entsprechende Ortschaft tatsächlich von den Höllenrittern als befestigt worden ist und diese als Schutzherren der Gegend dafür Sorge tragen, dass Kreuzfahrer auf dem Weg nach Sakoris nicht von irgendwelchen Diebesbanden belästigt werden. Zusätzlich dazu gibt es dann natürlich auch noch einige andere Persönlichkeiten, welche zivile Einwohner innerhalb der Unvermeidbarfeste darstellen, und jeweils eigene Agenden besitzen. So gibt es eine mehr oder weniger straff organisierte, heimliche Rebellion gegen die Höllenritter und diverse Geschäftsmänner und Gelehrte, welche besondere Questen innerhalb der Unvermeidbarfeste bieten, aber auch direkt auf die Smaragdspitze hinarbeiten, so das die SCs nicht nur mit der üblichen Munchkin-Attitüde in den Dungeon einstürmen, um Schätze zu plündern und Monster zu erschlagen.

Die Smaragdspitze selbst ist darüber hinaus noch ein jahrtausendealter Bau, der tief in die Erde Golarions hineingeht und mehr Mythe und Rätsel aufweist, als man vermuten könnte. Recht einfach herauszufinden ist die Tatsache, dass hier ein Rebell, der aus Thassilon fliehen musste, sein Exil aufgebaut hatte. Aber da die Smaragdspitze deutlich älter als das Reicher der Runenherrscher ist, stellt der Dungeon dann natürlich deutlich mehr als nur dieses Bereits.

Ebene für Ebene ist jeweils einem eigenen, kleineren Thema gewidmet und so stellt beinahe jede Ebene eine eigenen, kleinen Mikrokosmos dar, der von einem anderen Autor ausgestaltet wurde und nur hier und da gibt es Verbindungen durch entsprechende Konflikte zu den jeweils angrenzenden „Nachbarvölkern“. So kann man hier neben den Überresten thassionischer Technologie auch friedfertige Troklodyten finden, die eine intelligente Maschine anbeten, Echsenmenschen, die sich als Sekten organisiert um den „wahren Glauben“ bekriegen und natürlich der extraplanare Kampf der Kräfte der Ordnung gegen das Chaos.

Wer jetzt verwirrt genug ist, was meine Beschreibung angeht, hat natürlich recht: Wirklich Sinn machen die einzelnen Ebenen für sich betrachtet nicht, wenn man sie zusammenpackt. Aber das ist auch nicht unbedingt Notwendig. Es gibt eine einfache Erklärung, welche die Smaragdspitze in diesem Wirrwarr von Kreaturen und Hintergründen miteinander vereint, aber um diese zu erfahren muss man sich bis ganz nach unten durch kämpfen. (Und selbst dann müssen die Spieler nicht unbedingt den Grund mitbekommen.) Insofern erspare ich mir einfach mal hier die Spoiler, was dieses spezielle Thema angeht und sage Einfach: Ja, Superdungeons machen auf den ersten Blick einfach keinen Sinn. (Und da man sich bei der Smaragdspitze sogar soweit bemüßigt hat, jeder einzelnen Ebene einen eigenenen Autor zu spendieren, ist das noch nicht mal unbedingt Notwendig.) Aber der Superdungeon ist in der Entwicklung unseres Hobbys als Konzept auch gar nicht darauf ausgelegt, besonders Sinnvoll zu sein. Viel mehr geht es darum, in möglichst vielen Wellen die Spieler auf irgendeine Weise vor Herausforderungen zu stellen. Hierbei geht es zentral um Kämpfe. Das Sahnehäubchen hierbei ist eher, dass diese jeweiligen Konflikte nicht unbedingt alle kämpfend bestritten werden müssen und das dazu noch auf jeder einzelnen Ebene neben einem gesondertem, eigenem Thema auch noch zusätzlich eine eigene Geschichte des jeweiligen, ebenen abhängigen Mikrokosmos geboten wird. Man kann im Grunde genommen sagen: Man erforscht, während man sich durch die Smaragdspitze als Spielergruppe bewegt, zwei Dinge: Zum einen die Ebene mit ihrer jeweils eigenen Kultur und der dahinter steckenden Geschichte (so man sich nicht durch eben diese Ebene vollständig Blutfontänen-Spritzend hindurch hacken will) und zum anderen fahndet man zusätzlich als Bonusziel nach den jeweiligen Schlüsseln, um in die nächste Ebene ein Stockwerk tiefer vorzudringen. (Oder aber auch nach der jeweiligen Abkürzung magischer Natur, weil die einzelnen Ebenen natürlich in einem magischen Transportsystem aus Teleportern miteinander verbunden sind… doch dafür muss man die jeweiligen Koordinaten kennen.)

Man bewegt sich also immer Progressiv durch die Gewölbe und muss nicht immer wieder erneut in dem jeweiligem, nächsten Moment erneut damit rechnen, irgendwo wieder mal an einem alten Gegner hängen zu bleiben, nur weil man sich von ganz Oben wieder nach ganz Unten durcharbeiten musste, weil einem die Heiltränke ausgegangen sind.

Das Bestiarium ist schließlich genau auf dieses Abenteuer-Modul zugeschnitten: Es enthält neue Kreaturen, die einem innerhalb der Smaragdspitze angreifen könnten. (Bis auf eine Ausnahme, die aber den Eintrag eher vervollständigend ergänzt, als wirklich nur eine zusätzliche, überflüssige Kreatur nutzlos in den Raum zu werfen.)

So begegnet man in der Smaragdspitze dem „Kaustischer Pirscher“, der ein Externar aus giftige Gasen von der Ebene der Luft ist. Die „Knochenpriester“ hingegen sind die untoten Skelette von Anhängern finsterer Götter, welche zu Lebzeiten in irgendeiner Prüfung gescheitert sind, und jetzt für ihre Herren als „zweite Chance“ ihren Wert noch einmal bis in alle Ewigkeit unter Beweis stellen müssen. Der „Lavalaurer“sind Externare aus Magma, welche in ihrer Stumpfsinnigkeit nur all zu gerne Dinge in Brand setzen, sofern sie aus ihren warmen Zuhause in den tiefen des Erdkerns vertrieben wurden. Mondspinnen sind halbwegs intelligente Riesenspinnen, welche mit magischer Begabung Wanderer zu Weilen schon ins Unheil stoßen können. Die „Schattenfeuerkreatur“ eine Schablone, welche jeglicher Form von Schattenkreaturen einen zusätzlichen Vorteil verschafft. Das „Smaragdmaschinenwersen“ ist eine Schöpfung von tassilonischer Technologie, welche auf magischem Weg durch Splitter der Smaragdspitze angetrieben wird und dadurch auch nur in dieser Ecke von Golarion zu finden ist. Die „Xiomorn“ schließlich sind eine längst in Vergessenheit geratene Rasse, die sich in zwei Kasten auftrennt. Die eine sind die Grufthüter, die andere sind die Grufterbauer. Diese Rasse ist von der Idee besessen, die Entwicklung jeglichen Lebens zu erforschen und zu beschleunigen. Allerdings mit äußerst egoistischen Absichten dahinter. Letzten Endes sind die Xiomorn der Ansicht, dass sie als Krone der Schöpfung über jegliches Leben gebieten sollten und es deshalb auch zu ihrem eigenen Vorteil evolutionär verändern dürften.

Fazit

Was sage ich jetzt hier? Meine Meinung über den Dungeon an sich ist ja nicht unbedingt unkritisch, was durchaus bekannt ist. Und gerade das Konzept des Superdungeon potenziert diese Unmengen an Logiklücken in der Regel immer zusätzlich. Daher heißt es auf dem Gebiet der Logiklücken meistens „Augen zu und durch“, da man bei dieser Art von Unterhaltung nur sehr schnell sehr unglücklich wird, wenn man zu Häufig nach dem Sinn hinter einer entsprechenden Konstruktion dieser Art fragt. (Aber wir befinden uns auch nicht innerhalb dieser speziellen Art von Diskussion, die jetzt auch seit über zehn Jahren geführt wird.)
Was man sagen kann ist, dass „Die Smaragdspitze“ innerhalb der Gesetzmäßigkeiten ihres speziellen Subgenres des Dungeoncrawls funktioniert und gerade durch die Auswahl unterschiedlicher Autoren, die jeder für sich seine eigenen Ideen ins Spiel gebracht haben, um einen jeweils eigenen Mikrokomos ins Spiel zu bringen, genügend Widersprüche produziert, um die letzte Wahrheit hinter dem entsprechendem Abenteuersettings hier, überzeugend rüberbringen zu können. Es ist wirr, es ist Chaotisch, es wirft so machen WtF-Moment ins Spiel… und es bringt dabei eine überraschend logische, wenn auch eher schwachsinnig wirkende, Begründung für diese Konstruktion ins Spiel. Von daher muss man letzten Endes sagen, dass „Die Smaragdspitze“ in all ihrer Eigensinnigkeit für einen sehr speziellen Rahmen von Fans des Dungeoncrawl-Abenteuers entwickelt worden ist. (Und vor allen Dingen ist sie weitaus weniger Problematisch, als es ein gewisser, problematischer Abenteuerpfad war.) Hier kommt also definitiv nicht jedermann auf seine Kosten, sondern nur die Spieler, welche die klassischen, alten Dungeons mit ihren Herausforderungen und deutlich größeren Logik-Löchern gerade der Herausforderung wegen, die hinter jeder Tür sich verstecken konnte, liebten.

Ansonsten ist das Abenteuer von der Aufmachung her mehr als nur Passabel: Jede Ebene bekam als „Kapiteleröffnung“ eine entsprechend stimmungstransportierende Illustration als Kopfzeile und Aufhänger verpasst, die einzelne ikonische Charaktere aus dem Pathfinder-Universum in unterschiedlichen Situationen beim erforschen der jeweiligen Ebene zeigen. Insgesamt muss man auch zum den vollständig aufgefahrenen Illustrationen, welche für diesen Band ausgewählt worden sind, sagen, dass hier sehr viele, sehr stimmige und vor allen Dingen zusammenpassende Bilder ausgewählt worden sind, was die stilistischen Fragen betrifft.

Insofern haben wir hier durchaus ein rundes Abenteuermodul, was Pathfinder anbelangt. Allerdings ist es auch auf eine sehr spezielle Zielgruppe von Runden abgeschnitten, die gerade diese spezielle Form des Dungeoncrawls zu schätzen weiß.

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.

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