Das Leben eines Gezeichneten – Teil 93
Rohals Versprechen - Teil 15
29 Praios
Etwa gegen frühen Nachmittag am 29 Praios – wir konnten schon fast die Küste Perricums erkennen – entdeckte ich in einiger Entfernung einen Karakil vorbei in Richtung Beilunk ziehen und fast gleichzeitig hatten Ayla und Leo eine Art Erscheinung. Leo berichtete, dass er einen Hilferuf von Faldegorn empfangen hätte, der irgendwo auf einer Insel war. Mit Rohezal. Ayla bestätigte es und hatte sogar die Insel erkannt, die hier in der Bucht von Perricum und fast auf unserem Weg lag. Da der Beginn der Tjoste erst in einigen Tagen sein würde und wir nicht bei den Vorbereitungen helfen mussten – mir reicht wirklich die wenige Zeit mit Geweihten dort! – würden wir uns um die Sache kümmern und dort an Land gehen.
Wir erreichten die Insel erst in den späten Abendstunden und wurden mittels Beiboot an Land gerudert. Das Schiff würde zunächst die Geweihte und Anhängsel nach Perricum bringen und dann zurückkehren und uns abholen. Die Insel sah von Ferne wie ein recht kleiner bewaldeter Flecken aus, aber im leichten Mondlicht konnte ich in einiger Entfernung etwa am anderen Ende eine Art Turm oder Burg erkennen.
Am Strand angelangt erklärte ich es den anderen und Darken versuchte grob die Richtung im Wald zu halten, welche ich noch grober vorgegeben hatte. Da Leo seine andere Art der Wahrnehmung angenommen hatte, sah er als erstes Gestalten im Blätterdickicht. Ich sah nur das er irgendwie zu winken begann, was äußerst merkwürdig und im Nachineinen ziemlich dämlich war. Jetzt wussten sie, dass wir sie sehen konnten, wer auch immer sie waren. Aber sie verschwanden ohne das etwas passierte und wir liefen weiter bis wir auf eine große Lichtung stießen auf der einige Ponys im Morgengrauen grasten. Obwohl uns der Weg eigentlich weiter in die Mitte führen sollte, bog Leo ab und meinte das er eher wüsste wohin es gehen musste. Immerhin hatte er die Botschaft auch erhalten.
Nach einer weiteren Stunde erreichten wir eine Art kleines Tal, welches von Felsen eingerahmt war und in dem Faldegorn in schrecklichem Zustand lag. Er hatte große Verletzungen auf dem Rücken und sein Atem zeigte, dass er vermutlich nicht mehr lange leben würde. Trotzdem bat er uns noch Rohezal zu finden, der auch hier irgendwo auf der Insel sein musste, nachdem Rhazzazor ihn an der Küste angegriffen und hier zur Landung gezwungen hatte. Außerdem sollten wir seinen Karfunkel nach Kunchom bringen. Dann schloss er die Augen und starb und da ich als einziger wohl wusste wo der Karfunkel eines Drachen steckte, begann ich
damit ihn mit meinem kleinen Dolch zu entfernen.
Ich schaute von dem kleine Stein in meiner Hand auf die seltsamen Wesen die sich aus dem Regenschleier geschält hatten. Na wunderbar. Die haben bestimmt kein Problem mit Wasser…
“Chk Tok Nor wachk. Charybizz!” Zischte die vorderste Echse die mit einem Dreizack bewaffnet war und diesen drohend auf uns richtete. Die zwei hintersten legten ihre Armbrüste auf uns an, während der mittlere ein Netz schwang.
Odius Hand begann leicht zu Schimmern.
Leise flüsterte er “Vorsicht” zu uns und deutete dabei mit einem Kopfnicken auf seine Hand.
Leowulf versuchte wohl unter den fremden Wesen eine Art Anführer auszumachen.
“Ah… haben wir ihn endlich gefunden. War auch freilich schwere Arbeit. Ich fürchte ihr habt uns die Arbeit doch sehr erspart. ”
Die Stimme erklang von hinter den Krakoniern und gehörte zu einem Mann mit Augenklappe und Matrosenuniform sowie seltsam blutunterlaufenen Augen.
“Wenn ich um den Stein bitten dürfte?”
Er streckte eine Hand aus.
Wie? Meiner!
Ich binzelte den Regen weg, der mir in das eine Auge das es kümmerte gelaufen war, und versuchte mir ein besseres Bild von dem Mann hinter den Fischwesen zu machen.
“Und warum sollten wir dieses durchaus kostbare Gut an euch offensichtlich feindlich gesinnten abgeben, hmm? Ist es nicht eher so, dass ihr euch besser ergeben solltet wenn euch euer …Leben lieb ist?”
Darken hob die Ochsenherde und sein Schild in Abwehrhaltung und funkelte die Fremden durch den Sichtschlitz hindurch böse an. Meinen wohl gesprochenen Worten konnte er derzeit aber kaum etwas hinzufügen, also wartete er die Antwort des Anführers ab – selbst wenn sie aus einem Bolzen bestehen sollte.
“Du spukst ganz schön große Töne Quacksalber, dafür das du in der Unterzahl bist und nur so von meinen Kriegern umzingelt. Dein Ego muss ziemlich gigantisch sein, wie halten das deine Freunde nur mit dir aus? ha ha ha ha ha ha.”
Offensichtlich belustigt über seinen eigenen Witz fing er an zu Lachen, und da er der einzige war den dies zu amüsieren schien, fügte er einen bösen Blick auf die Krakonier zu, die daraufhin seltsame Laute von sich gaben, die auch an Lachen erinnern konnte.
Als er `umzingelt` hörte, schaute sich Darken nach links und rechts um, so gut es ihm sein eingeschränkter Sichtbereich erlaubt.
Der Tod des Drachens und der schwere Geruch des heißen Drachenblutes brachten Leowulfs Instinkte an den Rand des Kollaps. Jetzt, wo sich der Feind offenbarte schien es ein Ventil zu geben… Leowulfs Körper bebte während sich langsam Schuppen über seinen Körper zogen. Ein Fluss aus heißem Blut hat sich den Weg entlang zu dem Geweihten gebahnt und floß zäh sein Bein hoch. Es schien als würden sich die Schuppen etwas abheben und Energieentladungen unter ihnen zucken. Selbst die sonderbare Rüstung schien das eigentümliche Muster nachzubilden und strahlte angesichts der wirkenden Magie heller.
“Du ssseelenloser Bassstard.”
Leowulf schob seinen Kopf vor und musterte den Menschen genau. “Wir werden dich aufreißen und dein Herz im Dreck zertreten du Diener des Drachenmörders!”
Der hintere Teil des Satze war nicht mehr länger Garethi sondern sein seltsamer Mischmasch aus Echsisch und etwas anderem.
Drohend bedeutete er dem Menschen sich ihm zu stellen.
“Das ich nicht lache, ist wirklich nur ein Wunder. Zereisst sie!” brüllte der komische Matrose.
Darken schaute kurz zu Leowulf hinüber.
“Deckt Ihr die rechte Flanke, Leowulf”, rief er dem Geweihten zu, “ich nehme die linke. Die anderen stoßen zu, wo es geeignet erscheint.”` Mit erhobenen Waffen trat er den Angreifern entgegen.
Natürlich gingen Leo und Darken direkt zum Angriff über aber mich mussten wieder zwei Bolzen treffen. Als kleine Rache warf ich ein Pandämonium über das Kampffeld, welches leider ein bisschen zu groß geriet und daher auch Darken und Leo mit einschloss – Leo versuchte den Piraten zu erreichen indem er die Wand zu erklimmen suchte, aber immer wieder wie ein kleiner Käfer von der Wand herunter fiel. Der Anführer, der auch vorher schon auf einer kleine Klippe gestanden hatte, verschwand hinter dieser und als alle sichtbaren Gegner tot waren – der Pirtat ebenfalls, aber das konnte niemand wissen außer mir – und Darken darum gebeten
hatte, ließ ich das Pandämonium wieder verschwinden. Er war dann auch so freundlich sich um meine Wunden zu kümmern, wenngleich er wenig tun konnte, als die Bolzen zu ziehen.
Ohne Vorwarnung trat dann plötzlich Adaque aus den Büschen am Rande der Lichtung und trat auf uns zu. Sie sei hier weil sie etwas mit den Zwergen zu erledigen hätte… ah ja… ich glaubte ja nicht wirklich daran, aber sie wollte auch nicht mehr darüber erzählen. Die Burg wurde von Zwergen bewohnt war aber belagert worden vor zwei Wochen, als sie schon mal hier gewesen war und konnte uns so zumindest den Weg zeigen.
Kurz vor der Burg noch im Schatten der Bäume schlug ich den anderen vor, dass ich zunächst alleine die Burg betreten würde – sie hatten obenauf seine Fahne gehisst – und nachforschen wie es dort aussah. Immerhin konnte ich aussehen wie ich wollte und hatte auch das Wissen vernünftig zu reagieren. Die anderen wollten sich auf die Suche nach dem Geheimgang machen von dem die Zwerge Adaque erzählt hatten.
Ich wirkte also einen Impersona auf mich und begab mich – als Iribaan Van – zur Festung hinüber und an den Aufstieg des steilen Hanges, der nur oben einen Eingang zu besitzen schien. Dort wartete eine leere Terrase auf mich von der eine offene Falltüre im Boden nach unten zu einer Wendeltreppe führte. Immer wieder meine Anwesenheit durch lautes Rufen bekundend, lief ich jene herunter um nach einigen Schritten in einen Seitengang abzubiegen, durch den ich mehrere völlig leere Zimmer erreichte, die letzlich in eine Art Thronsaal mündeten von dem ebenfalls eine Wendeltreppe hinunter führte. Diese weiter runter befand sich jedoch nur ein Gang nach außen und eine Art kleiner Teich, so dass ich zurück lief, mich wundernd, dass niemand anwesen war und die große Wendeltreppe weiter nach unten stieg.
Auch die nächste Ebene war völlig leer bis auf zwei Räume in denen vermutlich eine Bibliothek gewesen war, aber die Bücher lagen nun einfach auf einen Haufen geworfen in der Mitte des Raums und nachdem ich zwei Bücher herausgezogen hatte – beide über zwergische und für mich völlig uninteressante Themen – war dieser Raum keinen weiteren Blick mehr wert. Diese Ebene war analog zur oberen aufgebaut, aber an Stelle des Thronsaales befand sich eine Art Festsaal hier und keine Wendeltreppe.
Wieder zurück auf der Haupttreppe hörte ich schon die anderen kommen, die vermutlich den Geheimgang endeckt hatten oder einfach des Suchens müde geworden waren, so dass wir dann zusammen weiter runter gingen und in einem Quergang endeten. Ich trat wieder vorraus, die anderen einige Schritt hinter mir lassend nach links in einen kleinen Seitengang hinein in dem eine Barrikade fein säuberlich von irgendetwas in kleine scharfkantige Teile zerschnitten worden war. Seltsamerweise lagen keine Leichenteile herum.
Ich trat vorsichtig an den Überresten vorbei bis zum Ende des Ganges, der sich in einen großen Raum öffnete in dem eine Art Altar stand, der mir die Sicht auf den hinteren Teil des Bodens verdeckte. Zudem konnte ich den Raum zuerst nicht betreten, obwohl ich wollte und ein Odem und Analys offenbarten mir – neben einer seltsamen Schrift an der gegenüberliegenden Wand – einen Band und Fessel. Mir nun des Zaubers bewusst, der mein Vorranschreiten verhinderte, trat ich entschlossener auf den Durchgang zu und dieses Mal funktionierte es. Inzwischen waren aber auch alle anderen bei mir angelangt, so dass ich meinen Impersona fallen ließ um nicht eventuellen Feinden Informationen zu liefern, die nicht für sie gedacht waren.
Nachdem ich etwas weiter in den Raum herein getreten war, konnte ich hinter dem Altar Rohezal sitzen sehen, aber wohl versteinert und zwar mit Kleidung, was nur auf einen Granit und Marmor schließen lassen konnte, den ich so nicht aufheben konnte. Warum er da so saß war mir allerdings schleierhaft und mich interessierte auch mehr die Schrift die ich an der Wand gesehen hatte und die jetzt mit bloßen Augen nicht mehr sichtbar war, was natürlich dazu führte, dass mir mal wieder niemand Glauben schenken wollte. Nicht mal in Bezug auf den Magier, den ich erst mit voller Wucht vor den Kopf schlagen musste, bis Adaque einsah, dass da zur Zeit nichts zu machen war.
Ich besah mir die Schrift also nochmals mittels Odem und rezitierte das gelesene, damit die anderen auch mitraten konnten und wirkte danach zur Sicherheit noch einen Analys auf die gesammte Wand. Nur um zu sehen, dass dort ein Widerwille lag, den ich dann mittels Reversalis entfernte um dahinter – natürlich war es eigentlich schon die ganze Zeit dort gewesen – einen kleinen Gang zu entdecken an dessen Ende eine Art Kelch stand. Vermutlich jener den wir bergen sollten. Also – vorallem weil ich fürchtete, dass mir wieder wer zuvor kommen würde – kletterte ich in den Schacht und griff nach dem Kelch, nur um dann eine Stimme zu hören, welche mich fragte ob ich den Kelch im Namen der Götter zu Ayla bringen wollte. Tja… das war jetzt ein Problem. Ich könnte lügen, würde dabei aber vielleicht eine Falle auslösen, weil ich gelogen hatte und es bemerkt wurde. Würde ich die Wahrheit sagen, könnte genau dasselbe passieren… eine echte Zwickmühle und mir fiel auch spontan kein Ausweg ein wie man das anders interpretieren konnte. Also entschloss ich mich für die Wahrheit. Und wurde mit einem Auge des Limbus belohnt, der mich in waberndes Grau riss…
Kommentar hinterlassen