Das Leben eines Gezeichneten – Teil 85
Rohals Versprechen - Teil 7
Nachdem wir das Archiv verlassen hatten und in das warme Licht der Praiossonne traten verlor ich schon nach wenigen Schritt den Überblick in welche Richtung wir denn nun mussten. Nach einigem Durchfragen erreichten wir dann auch schließlich das richtige Inselchen mit dem beschreibenem Vorgarten. Das muss es sein, kein Zweifel.
Bei jedem erneuten Fragen eines Bewohners blieb ich weiter hinten zurück, als üblich. Wenn wir noch einen weiteren hier fragen müssen, ruf ich jemanden der die Stadt in Schutt und Asche leg…
So.. das also soll es sein? Ziemlich… städtisch.
Ich trat auf den Weg der zum Haus hoch führt.
Der Vorgarten war klassisch aber stilvoll eingerichtet. Von Praiosblumen bis hin zu Rondralilien war hier fast jede farbenfrohe Blütenpracht vertreten, und besonders fein penibel gepflegt, geradezu pingelig. Ein Gärtner war gerade dabei sich um den Garten zu kümmern, als er uns erblickte.
“ Kann ich euch weiterhelfen, meine Herren?“ erschallte es durch den Garten.
Na wunderbar. Mann mit Geld… Horasier… alles verkappte Mittelreicher, die auf Stil pochen.
„Wir suchen…, wie war das gleich? Einen Herrn Dollachic?“
„Da seid ihr wohl richtig“, antwortete der Gärtner. Er ließ den Rechen sinken und schaute sich uns genauer an. „Dies ist die Villa Dollacchio“, erklärte er und wies auf das Haus. „Die älteren Herrschaften sind verreist“, ergänzte er dann, „aber die jungen Herrschaften sind daheim. Geht nur und klopft!“
Hmm… wenigstens höflich.
Ich ging weiter auf das Haus zu und klopfte an die Tür.
Es dauerte ein paar Momente, dann öffnete sich die Tür und ein livirierter Diener schaute mir ins Gesicht. Für einen Moment weiten sich seine Augen vor Schreck, dann gewann er die Contenance zurück. „Hesinde zum Gruße, Magister“, grüßte er uns mit einer formvollendeten Verbeugung. „Ihr wünscht?“
Hphm.
Odius, der beeindruckt von dem schönen Vorgarten noch einige Zeit vor dem Gang zum Haus stehen geblieben war um die Eindrücke auf sich wirken zu lassen, schloss schnell zu mir auf. Gerade rechtzeitig als die Tür geöffnet wurde.
„Auch euch einen schönen Tag. Wir, “ ich blickte den Weg hinunter auf meinen Begleiter, „wünschen den Herren des Hauses in einer wichtigen Angelegenheit zu sprechen.“
Der Diener mustert uns einen weiteren Moment, trat dann einen Schritt zurück und bat uns herein. „Wen darf ich melden?“
„Man nennt mich“ Odius, stockte kurz und musste leicht grinsen „Oduis Lamir“ danach folgte eine grazile verbeugung, „die Zwölwe zum Gruße.“
Ich beschaute mir das höfische Gehabe meines Begleiters und fügte dann ein „Connar Zeel“ hinzu. Hoffentlich braucht das jetzt nicht ne halbe Ewigkeit…
„Sehr wohl. Wenn Ihr bitte einen Moment warten würdet? Ihr mögt auch Platz nehmen.“ Der Diener verbeugte sich noch einmal und verschwand durch eine Tür an der hinteren Wand der Eingangshalle. Die Halle war recht groß und exquisit eingerichtet. Der Boden bestand aus reinstem Marmor, einige Teppiche waren verlegt, und an den Wänden hingen prachtvolle Gemälde und Wandteppiche mit den verschiedensten Motiven. Insgesamt wirkte der Raum vielleicht eine Idee überladen, aber repräsentativ. An der Rückwand und an den Seitenwänden gingen Türen ab, und ebenfalls an den Seitenwänden führten Treppen hinauf zu einer Galerie, von wo weitere Türen abgingen. Von der Decke hing ein kristallener Kronleuchter, und direkt darunter war aus drei Sesseln und einem kleinen Tisch eine Sitzgruppe eingerichtet, die durch einen Beistelltisch ergänzt wurde, auf dem sich außer drei Gläsern noch eine Karaffe mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit fand.
Allzuviel Zeit blieb aber gar nicht, um sich den Raum genauer anzuschauen, denn kurz darauf kehrte der Diener schon wieder zurück. „Signore ya Dollacchio wird Euch nun empfangen“, verkündete er und verbeugte sich wieder. „Wenn Ihr mir bitte folgen würdet?“ Er ging voran durch dieselbe Türe in der Rückwand und führte uns in den rückwärtigen Teil des Hauses.
Nach wenigen Augenblicken betraten wir den Salon des Hauses und dort saß in der Tat Adaque auf einem bequemen Sofa und las in einem Buch. Der Hausherr stellte sich und seinen Bruder und Adaque vor, ich begnügte mich mit meinem Namen und überließ es dem Dieb selbst sich mit einem anderen Namen vorzustellen. Wie es schien hatte Adaque lediglich den Bruder des Hausherren als Begleiter von Punin bis hierher gehabt und auf dem Weg just eine Vision, ähnlich jener die Leowulf hatte, bekommen und hatte sich darauf natürlich das Buch besorgt – in dem wie ich schon nach wenigen Minuten feststellte aber auch mal so gar nichts nützliches drin stand. Aber Adaque begann Fragen über die Sache zu stellen, denn in ihrer Version war ein Lichtvogel aufgetaucht der im Feuer vergangen war, was ja normalerweise ein eher schlechtes Zeichen sein könnte und ich erklärte dann was es mit dem Lichtvogel auf sich hatte. Anschließend schlug Darken – so hieß Adaques Begleiter und möglicherweise war er nicht das was er vorgab – vor, dass wir es doch im Efferdtempel versuchen könnten. Aber dafür wollte ich Leo dabei haben, der kannte sich immerhin besser als ich – verständlicher Weise – in diesen Dingen aus. Also zuerst zum Tsatempel um Leowulf abzuholen – Adaque wollte doch tatsächlich das ich den Tempel betrat um zu sehen ob ich noch ganz bin… lächerlich, aber ich tat ihr den Gefallen und unterdrückte wie immer jenes grässliche Gefühl, dass in mir hochwallte.
Im Efferdtempel konnte man uns nicht weiterhelfen, schickte uns aber zum Rahjatempel, da damals eine Hochgeweihte der Göttin umgekommen war und ihre Diener möglicherweise entsprechende Nachforschungen angestellt hatten. Dort konnte man uns aber auch lediglich sagen, dass wir eine weitere Rahjadienerin finden müssten, die aber verschollen sei und deren Aufenthaltsort nur die Hochgeweihte, die aber zurzeit in Bethana bei den Feierlichkeiten weilte,
kannte. Also war alles hier umsonst gewesen! Es sei denn es war Absicht Adaque und ihren Begleiter zu treffen… eine Möglichkeit.
Wir liefen zurück zum großen Haus – er hatte uns freundlicherweise angeboten bei ihm zu nächtigen – und quartierten uns dort ein. Mitten in der Nacht wurde ich durch Adaques Herumgelaufe geweckt. An sich nichts außergewöhnliches, aber dieses Mal hatte sie einen Dolch in der Hand und schlich aus dem Zimmer. Nachdem ich sie vor dem Zimmer von Leo und dem Dieb erwischt hatte, meinte sie nur, dass sie befürchtete, dass uns etwas überfallen würde diese Nacht. Recht unwahrscheinlich eigentlich, aber da ich eh nicht schlafen konnte, hielt ich
noch ein wenig mit ihr Wache.
4 Rahja
Da der gestrige Besuch im Hafen ergeben hatte, dass zur Zeit kein Schiff nach Belhanka fahren würde, hatten wir beschlossen indes zu Pferde zu reisen – Darken wollte uns begleiten, er hatte offensichtliches Interesse an der Geschichte, was mich noch misstrauischer machte – und so machten wir uns nach einem ausgiebigen Frühstück, dass aber trotzdem irgendwie nach nichts schmeckte auf den Weg nach Süden. Schon früh tauchten auch hier Flüchtlinge auf die uns anstarrten als seien wir allesamt gehörnte Dämonen – eigentlich kein Wunder wenn man bedachte in welchem Aufzug Darken unterwegs war.
Wir quartierten uns des Abends in einem weiteren der vielen Gasthäuser ein und direkt nachdem wir uns gesetzt hatten, tauchte auch der Wirt auf und stellte Fragen nach unserem Ziel. Sehr aufdringliche Fragen. Da stimmte irgendetwas nicht. Und als ich einen Blick in die Gedanken wagte, stieß ich auf derart heftigen Widerstand der meine Meinung sogar noch verstärkte. Adaque lief mit ihm zur Theke und unterhielt sich weiter kehrte aber ohne Ergebnis zurück, so dass ich mich selbst auf den Weg machte, aber feststellen musste, dass er überhaupt nicht mehr dort stand. Ich wirkte einen Widerwille auf mich und betrat die Küche. Dort befand sich der Wirt. Allerdings gefesselt und geknebelt am Boden liegend. Das konnte nicht dieselbe Person sein. Also musste jemand oder etwas seine Gestalt angenommen haben und zumindest eine Variante konnte ich ausschließen.
Ich trat durch die Hintertür hindurch, aber auch draußen war nichts zu sehen. In der Scheune fand ich allerdings eine große Blutlache und zwei tote Personen. Ich kehrte zurück ins Gasthaus, teilte den anderen meine Erkenntnisse mit und Adaque lief direkt in die Küche um nach dem Wirt zu sehen. Leo begann die Leute aus dem Gasthaus zu entfernen und ich kehrte durch die Küche mit mehr Licht zurück in die Scheune. Dort waren nicht einfach nur zwei Leichen, sondern daneben ein Heptagramm, leider ohne Beschwörernamen, aus ihrem Blut gemalt. Die beiden Toten waren wohl Dienstmädchen gewesen.
Da der Wirt mit Sicherheit gesehen hatte wer ihn gefesselte hatte ging ich also nochmals in die Küche – einen irritierenden Blick auf Adaque werfend, die weiter kochte – und befragt den Wirt. Laut seiner Beschreibung waren es zwei Personen gewesen, die es gemacht hatten und er hatte sogar bei der Beschwörung zusehen müssen. Wie es schien hatte der gerufene Dämon die Fähigkeit Leben direkt aus einer Person zu ziehen und dies zeigte sich durch ein leuchtendes Band.
Wieder im Schankraum – dieser war inzwischen fast leer – erklärte Leo gerade, dass er für die beiden Toten Totenwache halten würde und so ging ich in die Scheune um dort zu nächtigen. Der Trubel im Haus war mir noch immer zu groß.
Mitten in der Nacht wurde ich durch ein merkwürdiges Geräusch wach. Eine Art tropfen, wie wenn es regnet, aber irgendwie weicher. Ich blickte mich um und fand in meiner Nähe einen großen Flecken Schleim und als ich nach oben Blickte lag auf einem Balken ein noch größerer Klumpen Schleim, der langsam zu Boden tropfte. Vermutlich der gerufene Dämon. Sollte sich Leo darum kümmern, ich hatte gerade keine Lust diesen zu verscheuchen zumal mir Calin’jaars Dämonen eh zu wider sind.
Leo besah sich das Tierchen ebenfalls und kam zu demselben Ergebnis und begann einen Schutzsegen auf die Scheune zu sprechen. Hoffentlich konnte ich da danach noch drin schlafen. Die anderen waren inzwischen auch aufgetaucht und besahen sich das Schauspiel interessiert, kehrten dann aber nachdem Leo und ich den Dämon in der Scheune nicht hatten wieder finden können zum Haus zurück. Ich fand lediglich einen kleine Wasserschlauch an der Stelle an der der Schleim zuerst aufgetaucht war, der sich nach meiner Berührung in Staub zersetzte.
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